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VwGH vom 18.03.1992, 91/12/0016

VwGH vom 18.03.1992, 91/12/0016

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Haid, über die Beschwerde des NN in G, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom , Zl. Präs.-K-75/1987-22, betreffend Unfallfürsorge, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.450,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren auf Ersatz weiterer Stempelgebühren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Landeshauptstadt Graz; seit befindet er sich im Ruhestand.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Antrag des Beschwerdeführers vom auf Anerkennung seiner Schwerhörigkeit als Lärmschwerhörigkeit und als Berufskrankheit mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen keine Folge und stellte fest, daß keine Leistungen aus der Unfallfürsorge zu erbringen seien.

In der Bescheidbegründung wird nach zusammenfassender Darstellung des bisherigen Ganges des Verwaltungsverfahrens Nachstehendes ausgeführt:

"Das Ermittlungsverfahren hat auf Grund der Gutachten des Amtes für Umweltschutz vom und , des Gesundheitsamtes vom , 17.5. und , des gerichtlich beeideten Sachverständigen Dr. X, Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, vom , der Stellungnahme der Mag.Abt. 11 vom sowie des klinischen HNO-fachärztlichen Gutachtens des Univ.Prof.Dr.Y vom folgendes ergeben:

Der Berufungswerber stand in den Jahren 1955 bis 1976 in den Bundesministerien für Finanzen sowie Handel, Gewerbe und Industrie in dienstlicher Verwendung und war dort keiner Lärmbelastung ausgesetzt. Vom bis September 1982 war er in der Magistratsabteilung 11 - Hauptbuchhaltung beschäftigt. Dort befand sich sein Arbeitsplatz an einem Schreibtisch in ca. 2,5 Meter Entfernung von einer Buchungsmaschine der Type Philips P 359. Dabei war er während der Arbeitszeit von 7.00 bis 15.00 Uhr einer Lärmexposition ausgesetzt. Ab September 1982 war der Berufungswerber zufolge einer anderen dienstlichen Verwendung keinem Betriebslärm ausgesetzt.

Nach den diesbezüglichen Gutachten der Abteilung für technisches Sicherheitswesen (Umweltschutz) vom sowie des Amtes für Umweltschutz vom und ist hiebei von einem mittleren Belastungswert von 74 dB bei Lärmspitzen von 82 dB auszugehen, die aber noch durchaus höher gewesen sein könnten. Der Arbeitsplatz des Berufungswerbers befand sich ca. 2 bis 3 m von der Maschine entfernt in der linken Ecke des Büroraumes, wobei durch die Raumresonanz in den Ecken Schallpegelerhöhungen erfolgten.

Hinsichtlich der beim Berufungswerber gegebenen Beeinträchtigung des Hörvermögens ergibt sich seit dem Jahre 1982 auf Grund der vorliegenden amts- und fachärztlichen Gutachten folgender Verlauf:

Seit Juni 1982 besteht beim Berufungswerber eine Innenohrschwerhörigkeit beiderseits vom Hochtontyp mit einem Hörverlust bei 8000 Hz bis 80 dB abfallend. Der Hörverlust in den tieferen Frequenzen liegt zwischen 20 und 30 dB, welcher sich im Jahre 1985 gegenüber 1982 um durchschnittlich 15 bis 20 dB verschlechterte. Anläßlich einer im Krankenhaus der Elisabethinen am durchgeführten Untersuchung ergab sich nach Kontrolle des Audiogramms eine Besserung der Innenohrschwerhörigkeit von 10 bis 20 dB gegenüber dem Vorbefund. Im Oktober 1987 wurde in einem Bericht der HNO-Klinik des LKH Graz ein Audiogramm des Berufungswerbers beschrieben, das in den tiefen Frequenzen ein normales Hörvermögen zeigte, während ab 1500 Hz sich beiderseits ein Hochtonschrägabfall von 70 bis 80 dB bei 8000 Hz zeigte. Gegenüber dem Audiogramm des Jahres 1982 kam es somit zu einer geringfügigen Besserung der tiefen Frequenzen, wobei hier der Hörverlust 1982 20 bis 30 dB betrug, während in den hohen Frequenzen das Hörvermögen gegenüber dem Jahre 1982 annähernd gleich war.

Aus dem fachärztlichen Gutachten Dris. X vom geht hervor, daß das Audiogramm des Berufungswerbers eine mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit rechts mit einem Hörverlust zwischen 40 und 70 dB sowie eine gering- bis mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit besonders ab 1000 Hz links auf 90 dB bei 8000 Hz zeigte. Als Diagnose wurde eine mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit rechts sowie eine geringbis mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit links mit Ohrgeräuschen beiderseits angegeben, wobei ein Drittel als berufsbedingte Lärmschwerhörigkeit angenommen wurde.

Schließlich wurde der Berufungswerber in Entsprechung des Gemeinderatsbeschlusses vom am durch Univ.Prof.Dr. Y an der Grazer HNO-Universitätsklinik neuerlich untersucht, wobei aus dem auf Grund dieser Untersuchung erstellten klinischen HNO-fachärztlichen Gutachten vom hinsichtlich der Beeinträchtigung des Hörvermögens des Berufungswerbers folgendes hervorgeht:

Die Hörweiten betragen bei Umgangssprache beiderseits 6 m, bei Flüstersprache hingegen 0 m. Das Reintonaudiogramm ergab einen Abfall der Knochenleitkurve ab 500 Hz beiderseits mit einem flachen Kurvenverlauf bis zu einem Maximum von 60 dB bei 6000 Hz. Die Luftleitungskurve weicht von der Knochenleitungskurve ca. um 20 dB ab. Das Sprachaudiogramm ergab einen Hörverlust für Zahlen beiderseits von 25 dB, während der Discriminationsverlust rechts 0 % bei einer Verstärkung von 90 dB und links ebenfalls 0 % bei einer Verstärkung von 80 dB betrug.

Auf Grund des vorliegenden Untersuchungsergebnisses in Verbindung mit den bisher im Akt erliegenden Befunden kommt der Sachverständige zum Schluß, daß beim Berufungswerber eine geringgradige lärmbedingte Schwerhörigkeit vorliegt, die sich im Laufe der Jahre durch lärmakausale Faktoren verschlechtert hat. Der Grund für diese Verschlechterung liegt, wie schon erwähnt, in lärmakausalen Faktoren, die wahrscheinlich in einer verminderten Durchblutung über das Gebiet der Arteria vertebralis zu suchen sind. Dies ist sicherlich auch der Grund für die vom Berufungswerber wahrgenommenen Ohrgeräusche, die wiederum in ihrer paukenschlagförmigen Art und Tonhöhe für lärmbedingt nicht typisch sind.

Der Berufungswerber hat zu letzterem Gutachten dahingehend Stellung genommen, daß bereits im Jahre 1982 durch den Facharzt Dr. Wukonig eine mittelgradige beiderseitige lärmbedingte Schwerhörigkeit festgestellt und dies auch im Jahre 1985 vom Genannten bestätigt worden sei. Bei den magistratsinternen Lärmmessungen seien Werte bis 82 dB ermittelt worden und sei das Lärmproblem bereits vor dem Jahre 1982 permanent aufgezeigt worden, ohne daß von seiten des Magistrates irgend etwas unternommen worden wäre, um Abhilfe zu schaffen. Auch jene Kollegen, die weiter vom Computer entfernt gesessen seien, hätten über ein gemindertes Hörvermögen geklagt. Er selbst habe ein Telefonläuten aus dem Nebenraum gar nicht mehr hören können. Mit Rücksicht auf die im Akt vorliegenden Gutachten ersuche er um Anerkennung seiner Beeinträchtigung als berufsbedingte Lärmschwerhörigkeit.

Die vom Berufungswerber erwähnten, in der Mag. Abt. n1 - tätigen Kollegen wurden im Zuge des Ermittlungsverfahrens einer amtsärztlichen Untersuchung zugeführt, der hinsichtlich der ohrenfachärztlichen Untersuchung Primarius Dr. K beigezogen wurde.

Aus den diesbezüglichen amtsärztlichen Gutachten vom 17.5. und geht hervor, daß von den 3 untersuchten Bediensteten einer als normalhörend eingestuft wurde, bei einem weiteren eine mäßiggradige Herabsetzung des Hörvermögens, die für eine Lärmschädigung nicht typisch ist, und beim Dritten schließlich eine geringgradige Einschränkung des Hörvermögens infolge berufsbedingter längerdauernder Lärmeinwirkung festgestellt werden konnte.

Zusammenfassend hiezu ist darauf zu verweisen, daß die vorliegenden Gutachten übereinstimmend zum Schluß kommen, daß die Beeinträchtigung des Hörvermögens der untersuchten Bediensteten durchwegs geringgradig und nur zum Teil lärmkausal ist. Auch beim Berufungswerber ist nach dem HNO-klinischen Gutachten vom davon auszugehen, daß die lärmkausalen Beeinträchtigungen des Hörvermögens nur in einem solchen Ausmaß vorliegen, die einen Anspruch auf Leistungen aus der Unfallfürsorge nicht begründen.

Gemäß § 101 Abs. 1 des B-KUVG, idgF, besteht Anspruch auf solche Leistungen, nämlich eine Versehrtenrente, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versehrten durch die Folgen eines Dienstunfalles oder einer Berufskrankheit über drei Monate nach dem Eintritt des Versicherungsfalles hinaus um mindestens 20 vH vermindert ist. Gemäß § 92 Abs. 1 leg. cit. in Verbindung mit Z. 33 der Anlage 1 zu § 177 ASVG gilt die durch Lärm verursachte Schwerhörigkeit als Berufskrankheit bezogen auf alle Unternehmungen bzw. Dienststätten, doch ist in Ansehung des § 101 Abs. 1 B-KUVG zu prüfen, ob und inwieweit hiedurch eine Minderung der Erwerbsfähigkeit eingetreten ist. Hiebei ist die Verwendungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in Relation mit dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu setzen.

Die beim Berufungswerber seit dem Jahre 1982 bestehende Beeinträchtigung des Hörvermögens stellt nach dem klinischen HNO-fachärztlichen Gutachten vom eine geringgradige lärmbedingte Schwerhörigkeit dar, die sich im Lauf der Jahre durch lärmakausale Faktoren verschlechtert hat. Die im § 101 Abs. 1 B-KUVG geforderte Verminderung der Erwerbsfähigkeit von 20 % wird durch die gegebene lärmkausale Beeinträchtigung des Hörvermögens nicht erreicht. Dem Berufungswerber gebühren daher keine Leistungen aus der Unfallfürsorge.

Es war wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, nach der sich der Beschwerdeführer in seinem Recht, auf Grund seines Gesundheitszustandes Leistungen aus der Unfallfürsorge zu erhalten, verletzt erachtet. In Ausführung dieses so formulierten Beschwerdepunktes macht er unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, daß das (von Univ.Prof. Dr. Y erstellte) Fakultätsgutachten, auf das sich die belangte Behörde stütze, nicht nur in sich widersprüchlich sei, sondern auch in krassem Widerspruch zu den Vorgutachten stehe, mit denen sich der Sachverständige auch in keiner Weise auseinandergesetzt habe. Inhaltlich rechtswidrig sei der angefochtene Bescheid deshalb, weil auch eine neben der Betriebstätigkeit vorhandene körperliche Veranlagung eines Versicherten den Anspruch auf Gewährung einer Versehrtenrente nicht ausschließe; sei nämlich die dienstliche Tätigkeit wesentliche Ursache für den Eintritt des Erfolges, ohne die aller menschlichen Voraussicht nach der Schaden nicht eingetreten wäre, so bestehe Anspruch auf Versehrtenrente. Nach dem Gutachten Dris. X lasse sich eine lärmkausale berufsbedingte Schwerhörigkeit zumindest in jenem Maß feststellen, die zur Gewährung der Versehrtenrente haben führen müssen. Die gegenteiligen Feststellungen der belangten Behörde beruhten aber, wie bereits ausgeführt worden sei, auf dem unzureichenden Fakultätsgutachten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Bei der nach § 41 Abs. 1 VwGG im Rahmen des geltend gemachten, oben wiedergegebenen Beschwerdepunktes vorzunehmenden Überprüfung des angefochtenen Bescheides, mit dem dem Antrag des Beschwerdeführers vom auf Anerkennung seiner Schwerhörigkeit als Lärmschwerhörigkeit und als Berufskrankheit mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen keine Folge gegeben und festgestellt wurde, daß keine Leistungen aus der Unfallfürsorge zu erbringen seien, ist - vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur maßgeblichen Rechtslage (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 9315/A) - wegen der Zeitraumbezogenheit der vom Beschwerdeführer geltend gemachten "Leistungen aus der Unfallfürsorge" von der mit "Unfallfürsorge" überschriebenen Bestimmung des § 37a der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956, LGBl. für das Land Steiermark Nr. 30 in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 37/1989 (DO), auszugehen. Die im Beschwerdefall maßgebenden Absätze 1 bis 3 lauten:

"(1) Die Stadt hat für die Unfallfürsorge ihrer Beamten Sorge zu tragen.

(2) Die Mittel zur Bestreitung der Unfallfürsorge sind durch Beiträge der Stadt aufzubringen.

(3) Hinsichtlich der Leistungen der Unfallfürsorge gelten die Bestimmungen des Zweiten Teiles Abschnitt I und III sowie des Dritten Teiles Abschnitt II und die Übergangsbestimmungen zum Zweiten Teil des Beamten-, Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 200/1967, sinngemäß."

Die im Beschwerdefall zunächst wesentlichen, gemäß § 37a Abs. 3 DO anwendbaren Bestimmungen des Beamten-, Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes (B-KUVG) in der Stammfassung BGBl. Nr. 200/1967 lauten:

"§ 87. (1) Die Unfallversicherung hat ausreichende Vorsorge für die Erste-Hilfe-Leistung bei Dienstunfällen sowie für die Unfallheilbehandlung und für die Entschädigung nach Dienstunfällen und Berufskrankheiten zu treffen.

...

§ 88. Als Leistungen der Unfallversicherung sind zu gewähren:

1. im Falle einer durch einen Dienstunfall oder eine Berufskrankheit verursachten körperlichen Schädigung des Versicherten:


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a)
Unfallheilbehandlung (§§ 96, 97 und 99);
b)
Beistellung von Körperersatzstücken, orthopädischen Behelfen und anderen Hilfsmitteln (§ 100);
c)
Versehrtenrente (§§ 101 bis 108);
d)
Versehrtengeld (§ 109);
e)
Witwenbeihilfe (§ 110).
...

§ 89. Der Versicherungsfall gilt als eingetreten:


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1.
bei Dienstunfällen mit dem Unfallereignis;
2.
bei Berufskrankheiten mit dem Beginn der Krankheit (§ 53 Abs. 1) oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, mit dem Beginn der Minderung der Erwerbsfähigkeit (§ 101).
...

§ 92. (1) Als Berufskrankheiten gelten die in der Anlage 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes bezeichneten Krankheiten unter den dort angeführten Voraussetzungen; wenn sie durch das Dienstverhältnis in einem in Spalte 3 dieser Anlage bezeichneten Betrieb verursacht sind, mit der Maßgabe, daß unter dem in der Anlage 1 zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz verwendeten Begriff der Unternehmen entsprechend auch die Dienststätten der nach diesem Bundesgesetz unfallversicherten Personen zu verstehen sind.

...

§ 96. (1) Die Unfallheilbehandlung hat mit allen geeigneten Mitteln die durch den Dienstunfall oder die Berufskrankheit hervorgerufene Gesundheitsstörung oder Körperbeschädigung sowie die durch den Dienstunfall oder die Berufskrankheit verursachte Minderung der Erwerbsfähigkeit zu beseitigen und eine Verschlimmerung der Folgen der Verletzung der Erkrankung zu verhüten.

(2) Die Unfallheilbehandlung umfaßt insbesondere:


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1.
ärztliche Hilfe,
2.
Heilmittel,
3.
Heilbehelfe,
4.
Pflege in Kranken-, Kur- und sonstigen Anstalten.
...

§ 97. Die Unfallheilbehandlung wird so lange und so oft gewährt, als eine Besserung der Folgen des Dienstunfalles beziehungsweise der Berufskrankheit oder eine Steigerung der Erwerbsfähigkeit zu erwarten ist oder Heilmaßnahmen erforderlich sind, um eine Verschlimmerung zu verhüten.

...

§ 101. Anspruch auf Versehrtenrente besteht, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versehrten durch die Folgen eines Dienstunfalles oder einer Berufskrankheit über drei Monate nach dem Eintritt des Versicherungsfalles hinaus um mindestens 20 v.H. vermindert ist; die Versehrtenrente gebührt für die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v.H.

§ 102. Die Versehrtenrente fällt mit dem Tag nach dem Wegfall der durch den Dienstunfall oder die Berufskrankheit verursachten Arbeitsunfähigkeit, spätestens nach Ablauf des dritten Monates nach dem Eintritt des Versicherungsfalles an."

Nach Z. 33 der Anlage 1 zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955 in der Fassung der 9. Novelle, BGBl. Nr. 13/1962, gilt eine "durch Lärm verursachte Schwerhörigkeit" in allen Unternehmen als Berufskrankheit.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist der angefochtene Bescheid, ausgehend von der auf das Fakultätsgutachten gestützten Feststellung der belangten Behörde, es liege beim Beschwerdeführer seit 1982 eine geringgradige (berufs)lärmbedingte (sich später durch berufslärmakausale Faktoren verschlechternde) Schwerhörigkeit vor, schon insofern mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet, als die belangte Behörde die Anerkennung der Schwerhörigkeit des Beschwerdeführers als Lärmschwerhörigkeit und als Berufskrankheit abgelehnt und deshalb ganz allgemein festgestellt hat, es seien keine Leistungen aus der Unfallfürsorge zu erbringen. Denn die nach § 37a Abs. 3 DO sinngemäß anzuwendenden Bestimmungen des § 92 Abs. 1 B-KUVG und der Z. 33 der Anlage 1 zum ASVG stellen hinsichtlich der Anerkennung einer bestehenden Schwerhörigkeit als "Lärmschwerhörigkeit und als Berufskrankheit" lediglich darauf ab, daß die Schwerhörigkeit durch Einwirkung von Lärm in einer Dienststätte während der Ausübung des Dienstverhältnisses verursacht wurde. Darauf, ob die Schwerhörigkeit gering- oder mittelgradig ist, kommt es insofern ebensowenig wie auf die durch die Folgen der Schwerhörigkeit bedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit an. Gilt aber eine Krankheit als Berufskrankheit im Sinne der genannten Bestimmungen, so widerspricht es den obgenannten Rechtsnormen, insbesondere der nach § 37a Abs. 3 DO sinngemäß anzuwendenden Bestimmung des § 88 B-KUVG, daß, wie offensichtlich die belangte Behörde annimmt, mangels Vorliegens der für den Anspruch auf Versehrtenrente nach § 101 B-KUVG zusätzlich erforderlichen Voraussetzung einer berufslärmbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 % "keine Leistungen aus der Unfallfürsorge" (und nicht nur nicht die spezifische Leistung der Versehrtenrente) zu erbringen seien. Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Rechtswidrig ist der angefochtene Bescheid aber aus nachstehenden Gründen auch insofern, als mit ihm der Anspruch des Beschwerdeführers auf Versehrtenrente verneint wurde:

Diesbezüglich hatte die belangte Behörde

- sachverhaltsbezogen - nach § 37a Abs. 3 DO in Verbindung mit § 101 B-KUVG zu klären, ob (und bejahendenfalls seit wann) die Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers im maßgeblichen Zeitraum durch die Folgen der unstrittig seit 1982 bestehenden Berufskrankheit, nämlich der durch Berufslärm verursachten Schwerhörigkeit, über drei Monate nach dem Eintritt des Versicherungsfalles (im Sinne des § 89 B-KUVG) hinaus um mindestens 20 % vermindert wurde. Dies hat die belangte Behörde, wiederum gestützt auf das Fakultätsgutachten, mit der Begründung verneint, daß die berufslärmbedingte Schwerhörigkeit nur geringgradig sei, sie sich im Laufe der Jahre durch lärmakausale Faktoren verschlechtert habe und daher "die im § 101 Abs. 1 B-KUVG geforderte Verminderung der Erwerbsfähigkeit von 20 % ... durch die gegebene lärmkausale Beeinträchtigung des Hörvermögens nicht erreicht" werde. Ob die Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers zu irgendeinem Zeitpunkt nach Eintritt der Berufskrankheit überhaupt um mindestens 20 % vermindert war, wurde - offensichtlich wegen der aus der zuletzt genannten Rechtsauffassung folgenden Irrelevanz - von der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht beurteilt.

Diese Argumentation läßt sich - im Ergebnis in Übereinstimmung mit den Beschwerdeausführungen - zunächst schon ausgehend von den auf das Fakultätsgutachten gestützten Feststellungen nicht auf seine Rechtmäßigkeit hin überprüfen. Denn die im § 101 B-KUVG (§ 37a Abs. 3 DO) angesprochenen Kausalitätsprobleme sind entsprechend der in der Unfallversicherung geltenden und zufolge der Verweisung auf die Unfallversicherungsnormen auch für Ansprüche auf Versehrtenrente nach der DO anwendbaren Theorie der wesentlichen Bedingung zu lösen (vgl. im Zusammenhang mit ähnlichen öffentlich-rechtlichen Unfallfürsorgenormen die ausführlichen Darlegungen zu dieser Theorie sowie zum Begriff und zur Ermittlung der Minderung der Erwerbsfähigkeit die Erkenntnisse vom , Zl. 88/12/0137 und Zl. 89/12/0245 mit Hinweisen auf die Judikatur des Obersten Gerichtshofes und das Schrifttum). Unter Anwendung dieser Kausalitätstheorie ist es für die Bedingtheit einer bestehenden Minderung der Erwerbsfähigkeit (im Ausmaß von mindestens 20 %) durch die Folgen einer Berufskrankheit (hier einer berufslärmbedingten Schwerhörigkeit) dann, wenn die die Minderung der Erwerbsfähigkeit bedingende gesundheitliche Beeinträchtigung (hier die bestehende Schwerhörigkeit) auf mehrere Ursachen zurückzuführen ist (hier: auf Berufslärm und auf "lärmakausale Faktoren"), erforderlich, daß die berufslärmbedingte Schwerhörigkeit eine wesentliche Ursache der bestehenden Schwerhörigkeit ist. Letzteres trifft aber - in sinngemäßer Übertragung der diesbezüglichen Grundsätze zur unfallbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit (vgl. dazu die eben zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes und die darin genannte Judikatur des Obersten Gerichtshofes sowie aus jüngerer Zeit das Urteil vom , SSV-NF 5/22) - auch dann zu, wenn ohne die Berufskrankheit, also die berufslärmbedingte Schwerhörigkeit, die bestehende, durch "lärmakausale Faktoren verschlechterte" Schwerhörigkeit erheblich später oder erheblich geringer eingetreten wäre. In diesem Fall ist vom Träger der Unfallfürsorge der gesamte Schaden und nicht nur der Verfrühungs- oder Verschlechterungsschaden solange zu zahlen, als der insofern durch die Berufskrankheit bedingte Leidenszustand nicht gebessert ist. Der bloße Umstand, daß nach Annahme der belangten Behörde durch die gegebene lärmkausale Beeinträchtigung des Hörvermögens die erforderliche Verminderung der Erwerbsfähigkeit von 20 % nicht erreicht worden sei, genügt daher für die Verneinung des Anspruches auf Versehrtenrente nicht.

Dem Beschwerdeführer ist aber auch darin beizupflichten, daß das Fakultätsgutachten, auf das die belangte Behörde ihre Feststellungen gestützt hat, nicht den Anforderungen entspricht, die an Gutachten zu stellen sind (vgl. dazu u.a. die schon zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom mit weiteren Judikaturhinweisen sowie die Erkenntnisse vom , Zl. 81/08/0083, und , Zl. 90/12/0140). Denn die Aufgabe des Sachverständigen bestand darin, in Auseinandersetzung mit den Vorgutachten, insbesondere dem amtsärztlichen Gutachten vom und dem Gutachten Dris. X vom , aus naturwissenschaftlicher (medizinischer) Sicht zum Zusammenhang zwischen der bestehenden Schwerhörigkeit und der berufslärmbedingten Schwerhörigkeit einerseits und zu der dadurch bedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit (an sich, ihrem Eintritt und ihrem Ausmaß) andererseits in einer den Regeln der ärztlichen Fachkunde entsprechenden und eine Schlüssigkeitsprüfung ermöglichenden Weise unter Darlegung, auf welchen Wegen er zu seinen Schlußfolgerungen gekommen ist, gutächtlich Stellung zu nehmen und dadurch hinreichende Grundlagen für die rechtliche Beurteilung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers und ihrer Bedingtheit durch die durch Berufslärm verursachte Schwerhörigkeit zu liefern. Dem entspricht das Gutachten schon insofern nicht, als sich ihm nicht in nachvollziehbarer Weise eine Begründung dafür entnehmen läßt, warum und inwieweit die lärmbedingte Schwerhörigkeit des Beschwerdeführers eine "geringgradige" sei und sie allein - aus medizinischer Sicht - keine Minderung der Erwerbsfähigkeit erzeuge. (Ausführungen zum Ausmaß der im Zeitpunkt der Untersuchung durch den Sachverständigen aus medizinischer Sicht bestehenden Minderung der Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers sowie zu dem oben angesprochenen im Beschwerdefall allenfalls relevanten Problem eines Verschlimmerungs- oder Verfrühungsschadens fehlen überhaupt). Solcher, eine Schlüssigkeitsprüfung ermöglichender Darlegungen hätte es umsomehr bedurft, als die genannten Vorgutachter - im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde in der Gegenschrift - zu völlig anderen Ergebnissen gelangten: Der Amtssachverständige kam in seinem Gutachten vom zum Schluß, daß die bestehende Schwerhörigkeit des Beschwerdeführers durch die Einwirkung von berufsbedingtem Lärm verursacht worden sei, seit 1982 ohne wesentliche Änderung bestehe, die im Jahre 1985 festgestellten, stoffwechselbedingten Risikofaktoren für Gefäßerkrankungen aller Wahrscheinlichkeit nach keinen erheblichen Einfluß auf die Schwerhörigkeit, insbesondere im Zeitraum von 1982 bis 1985, gehabt hätten und demnach ab 1982 - aus seiner medizinischen Sicht - eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 % bestehe. Der Sachverständige Dr. X gelangte zu dem Ergebnis, daß beim Beschwerdeführer auf Grund der von ihm durchgeführten Untersuchung eine mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit rechts (prozentualer Hörverlust von 60 %) und eine gering- und mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit links (prozentualer Hörverlust von 30 %) bestehe. Bei Umrechnung dieses prozentualen Hörverlustes beider Ohren ergebe sich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 25 % ohne Berücksichtigung der glaubhaften Ohrgeräusche, bei ihrer Einbeziehung von 30 % "ensprechend den allgemeinen gutachterlichen Richtlinien". Diese Gesamtminderung der Arbeitsfähigkeit von 30 % sei - auf Grund näher dargelegter Erwägungen des Sachverständigen - eine Folge seiner Schwerhörigkeit einschließlich der Ohrgeräusche an beiden Ohren, wobei - entgegen der diesbezüglichen Deutung im Fakultätsgutachten und in der Begründung des angefochtenen Bescheides - "zwei Drittel einer berufsbedingten Lärmschwerhörigkeit sowie ein Drittel akausalen Faktoren zugeordnet werden". Angesichts dieser Ergebnisse der Vorgutachten hätte es nicht nur der schon genannten, einer Schlüssigkeitsprüfung zugänglichen Darlegungen im Fakultätsgutachten, sondern auch einer ausführlichen Auseinandersetzung mit den eben wiedergegebenen Ergebnissen der Vorgutachten bedurft. Insofern ist der angefochtene Bescheid mit relevanten Verfahrensmängeln behaftet.

Aus den eingangs der Erwägungen angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid aber gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren auf Ersatz weiterer Stempelgebühen war abzuweisen, da es nur der Einbringung der Beschwerde in zweifacher Ausfertigung bedurfte.