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VwGH vom 30.04.1998, 97/06/0111

VwGH vom 30.04.1998, 97/06/0111

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer sowie die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde der W in S, vertreten durch D, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Bauberufungskommission der Landeshauptstadt Salzburg vom , Zl. MD/00/65046/96/10 (BBK/51/96), betreffend einen Beseitigungsauftrag gemäß § 16 Abs. 3 Salzburger Baupolizeigesetz in der Fassung von 1992,

Spruch

1. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wird hinsichtlich des Punktes a) des angefochtenen Bescheides als unzulässig zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Salzburg vom , Zl. 5/01/83103/95/12, wurde der Beschwerdeführerin als Eigentümerin des Grundstückes K, gemäß § 16 Abs. 3 des Salzburger Baupolizeigesetz in der Fassung LGBl. Nr. 100/1992 aufgetragen, 1) ein Gartenhaus mit den Ausmessungen 4,65 m x 3,10 m bei einer Traufenhöhe von 2,30 m und 2) ein Glashaus mit den Ausmessungen 2,20 m x 1,90 m bei einer Traufenhöhe von 1,20 m und einer Firsthöhe von 2 m zu beseitigen. Zur Begründung führte die Behörde an, es handle sich bei den gegenständlichen baulichen Anlagen gemäß § 2 Abs. 1 des Salzburger Baupolizeigesetzes, LGBl. Nr. 117/1973, um bewilligungspflichtige Objekte und eine entsprechende Baubewilligung sei weder erteilt noch ein allfälliges Baubewilligungsverfahren anhängig.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom Berufung.

Nachdem von der belangten Behörde bei einem Lokalaugenschein am festgestellt worden war, daß es sich bei dem gegenständlichen Gartenhaus um dasjenige hölzerne Gartenhaus handelt, dessen Beseitigung der Beschwerdeführerin bereits mit Bescheid des Magistrats der Landeshauptstadt Salzburg vom , bestätigt durch den Berufungsbescheid vom , aufgetragen worden war, wurde von der belangten Behörde mit Berufungsbescheid vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG


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a)
der Beseitigungsauftrag bezüglich des im Punkt 1) angeführten Gartenhauses ersatzlos behoben und
b)
bezüglich des im Punkt 2) angeführten Glashauses bestätigt und die Berufung diesbezüglich als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde erstattete unter gleichzeitiger Aktenvorlage eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Auch die Einleitung eines Verfahrens von Amts wegen in einer "entschiedenen Sache" ist unzulässig.

Die Beschwerdeführerin wendet in ihrer Beschwerde ein, im Spruchpunkt a) des angefochtenen Bescheides werde der Beseitigungsauftrag bezüglich des Gartenhauses wegen entschiedener Sache aufgehoben, obwohl die Beschwerdeführerin das Gartenhaus zur besseren Nutzung desselben nunmehr mit großen Fenstern versehen habe und es sich dabei um entscheidungswesentliche Änderungen des Sachverhaltes handle, die zu einer neuerlichen Entscheidung führen müßten, weil sie die Anwendbarkeit des § 2 Abs. 2 des Slbg BauPolG bedingten. Ein weiterer wesentlicher Verfahrensmangel liege darin, daß die belangte Behörde über den in der Berufung gestellten Antrag auf Durchführung eines Lokalaugenscheins zum Beweis dafür, daß das Gartenhaus nur zur Aufbewahrung von Werkzeug und Erntegütern diene und entgegen der Behauptung der belangten Behörde keinen Aufenthaltsraum beinhalte, nicht entschieden habe.

Die Frage, ob die Aufhebung des Beseitigungsauftrages bezüglich des Gartenhauses zu Recht wegen Vorliegens eines rechtskräftigen Beseitigungsauftrages in gesetzmäßiger Weise erfolgte, kann ebenso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob über den Antrag der Beschwerdeführerin auf Durchführung eines Lokalaugenscheines von der belangten Behörde bescheidmäßig entschieden hätte werden müssen. Die Beschwerdeführerin kann nämlich durch die Aufhebung des sie belastenden baupolizeilichen Auftrages nicht in einem Recht verletzt sein (vgl. den hg. Beschluß vom , Zl. 90/05/0222). Fehlt die Möglichkeit einer Rechtsverletzung in der Sphäre einer beschwerdeführenden Partei, so mangelt dieser die Beschwerdeberechtigung (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/07/0083), sodaß die Beschwerde insoweit, als sie die Aufhebung des Beseitigungsauftrages bezüglich des Gartenhauses bekämpft, gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG als unzulässig zurückzuweisen ist. Durch die Begründung der Aufhebung gemäß § 66 Abs. 4 AVG kann die Beschwerdeführerin - anders als dies bei einer Aufhebung nach § 66 Abs. 2 AVG oder bei einer Aufhebung durch eine Vorstellungsbehörde der Fall ist - nicht in ihren Rechten verletzt sein. Für die Frage, ob tatsächlich Identität der Sache mit dem seinerzeitigen Bauauftrag gegeben ist, kommt der Begründung der belangten Behörde für die Aufhebung des Spruchpunktes a) keine bindende Wirkung zu. Auch insofern kann daher mit der Aufhebung des Beseitigungsauftrages bezüglich des Gartenhauses nicht in Rechte der Beschwerdeführerin eingegriffen werden. Die Beschwerde war daher insoweit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

2. § 16 Abs. 3 des Slbg BauPolG in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 100/1992 lautet:

"Ist eine bauliche Anlage ohne Bewilligung ausgeführt oder ist ihre Bewilligung nachträglich aufgehoben worden, so hat die Baubehörde dem Eigentümer und allenfalls auch dem Veranlasser aufzutragen, die bauliche Anlage binnen einer angemessenen Frist zu beseitigen. Wird ein Ansuchen um nachträgliche Baubewilligung gestellt, darf eine Vollstreckung des Beseitigungsauftrages nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden. Bei Versagung der nachträglichen Bewilligung beginnt die Frist zur Beseitigung ab Rechtskraft des Versagungsbescheides neu zu laufen."

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a des Slbg BauPolG (immer noch gültig in der Stammfassung LGBl. Nr. 117/1973) bedürfen einer Bewilligung der Baubehörde die Errichtung von oberirdischen und unterirdischen Bauten einschließlich der Zu- und Aufbauten.

Nach § 1 Abs. 1 des Slbg BauPolG in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 48/1993 ist ein Bau ein überdachtes oder überdecktes Bauwerk, das von Menschen betreten werden kann und wenigstens einen Raum zum Aufenthalt von Menschen oder zur Unterbringung von Sachen umfaßt. Als Bauwerk ist hiebei eine bauliche Anlage anzusehen, die bei ordnungsgemäßer Errichtung mit dem Boden verbunden ist und zu deren Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind. Das Vorliegen von Seitenwänden ist für einen Bau nicht wesentlich.

Eine bauliche Anlage ist gemäß § 1 Abs. 1 des Slbg BauPolG das durch eine bauliche Maßnahme Hergestellte, eine bauliche Maßnahme ist nach § 1 Abs. 1 des Slbg BauPolG die Durchführung einer nach baurechtlichen Vorschriften bewilligungspflichtigen Maßnahme.

Die Beschwerdeführerin bringt in ihrer Beschwerde vor, es handle sich bei dem Glashaus entgegen der Meinung der belangten Behörde nicht um einen Bau im Sinne des § 2 Abs. 1

lit. a Slbg BauPolG. Das Haus könne von jedermann unter Zuhilfenahme der Aufstellungsanleitung ohne bautechnische Kenntnisse gleichsam in Form eines Stecksystems, welches beim Aufstellen von Zelten angewendet werde, aufgestellt werden. Darüber hinaus weist die Beschwerdeführerin darauf hin, daß die Nutzung der gärtnerischen Liegenschaft ein Ausmaß erreicht habe, welches die Gründung eines landwirtschaftlichen Betriebes als zweckmäßig erscheinen lasse.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgeht, daß es sich bei dem Glashaus um einen Bau im Sinne des § 1 Abs. 1 Slbg BauPolG handelt. Bei dem verfahrensgegenständlichen Glashaus mit den Außenabmessungen von 2,20 m x 1,90 m, einer Traufenhöhe von 1,20 m und einer Firsthöhe von 2 m handelt es sich nämlich um einen umschlossenen Raum, der zur Unterbringung von Sachen dient, und zwar der Aufzucht von Pflanzen und Setzlingen. Diese Räumlichkeit kann weiters durch eine im Glashaus vorhandene Tür und aufgrund der Firsthöhe von 2 m auch aufrechten Ganges betreten werden, obgleich dies für den Begriff des Baues im Sinne des § 1 Abs. 1 des Salzburger Baupolizeigesetzes nicht erforderlich ist. Unerheblich ist zudem, ob das Betreten nur im Zuge einer ausnahmsweisen Tätigkeit (Wartung, Reinigung, Räumung udgl.) erfolgt (vgl. den Bericht des Verfassungs- und Verwaltungsausschusses zur Vorlage der Landesregierung betreffend das Bautechnikgesetz, LGBl. Nr. 76/1976, Nr. 304 der Beilagen der 2. Session der 7. Gesetzgebungsperiode, 20, zum Begriff des Baues nach § 1 Abs. 1 BaupolG). Soweit die Beschwerdeführerin in Zweifel zieht, daß das Glashaus als Bau im Sinne des § 1 Abs. 1 Slbg BauPolG anzusehen sei, weil es von jedermann unter Zuhilfenahme der Aufstellungsanleitung ohne bautechnische Kenntnisse gleichsam in Form eines Stecksystems wie beim Aufstellen von Zelten aufgestellt werden könne, verkennt sie, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei baulichen Konstruktionen zur Herstellung eines abgeschlossenen Raumes nicht im einzelnen die Frage geprüft zu werden braucht, inwieweit für die Herstellung ein gewisses Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist, weil bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können, stets gewisse bautechnische Kenntnisse erfordern (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 93/10/0110, und vom , Zl. 86/05/0028). Der Beschwerdeführerin ist entgegenzuhalten, daß für die fachgerechte Herstellung des Glashauses bautechnische Kenntnisse erforderlich sind, da es durch die nichtsachgerechte Erstellung eines solchen Glashauses zu einer Gefahr für das Leben und die Gesundheit der das Glashaus benützenden Personen und der Sicherheit der darin befindlichen Sachen kommen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/06/0116). Es kommt im übrigen auch nicht darauf an, ob bei der Errichtung des Glashauses fachtechnische Kenntnisse angewendet wurden, sondern nur darauf, ob diese für eine werkgerechte Errichtung notwendig gewesen wären (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 85/05/0003, und vom , Zl. 91/10/0007). Weiters ist der belangten Behörde zuzustimmen, daß die erforderliche Verbindung mit dem Boden gegeben ist. Eine Verbindung mit dem Boden ist selbst dann anzunehmen, wenn eine Anlage zwar so wie sie ausgeführt wurde, keine Verbindung mit dem Boden hat, eine solche aber bei ordnungsgemäßer Ausführung nach den Regeln der technischen Wissenschaften hätte haben müssen. Es kommt entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin auch nicht auf die rasche Montage- oder Demontagemöglichkeit an, sondern nur darauf, ob die Anlage bei werkgerechter Herstellung im Boden sturm- und betriebssicher verankert sein muß (siehe zum Ganzen hg. Erkenntnis vom , Zl. 81/06/0045). Es kann nun keinem Zweifel unterliegen, daß das verfahrensgegenständliche Glashaus, welches auch nur vorübergehend dem Aufenthalt der sie benützenden Personen dient, zwecks Vermeidung einer Sicherheitsgefährdung sowie zur Gewährleistung der Sturm- und Kippsicherheit einer Verbindung mit dem Boden bedarf.

Schließlich hat die belangte Behörde zu Recht die Anwendbarkeit der in § 2 Abs. 2 lit. d Slbg BauPolG in der Fassung LGBl. Nr. 100/1992 enthaltenen Ausnahmebestimmung von der grundsätzlichen Bewilligungspflicht verneint. Danach bedürfen keiner Baubewilligung Bauten, die im Rahmen eines land- oder forstwirschaftlichen Betriebes außerhalb des Baulandes oder bebauten Gebiete in größerer Entfernung von Bauten in ortsüblicher Weise und überwiegend aus Holz errichtet werden bzw. sind, keinen Aufenthaltsraum aufweisen und nur der Aufbewahrung von land- oder forstwirtschaftlichen Geräten, Erntegütern, Holz oder Torf oder der Haltung von Bienenvölkern dienen oder als Unterstand für das Weidevieh genutzt werden.

Wie die Beschwerdeführerin selbst einräumt, hat aber weder im Zeitpunkt der Errichtung des Glashauses noch im Zeitpunkt der Erlassung der Berufungsentscheidung ein landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne des § 2 Abs. 2 des Salzburger Baupolizeigesetzes vorgelegen. Die Beschwerdeführerin weist lediglich darauf hin, daß das Ausmaß der Nutzung die Gründung eines landwirtschaftlichen Betriebes nahelege.

Die belangte Behörde durfte daher zu Recht von der Bewilligungspflichtigkeit des Glashauses ausgehen. Der Abbruchauftrag konnte zu Recht ergehen.

Die Beschwerde war daher bezüglich des Punktes b) des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.