VwGH vom 20.07.1999, 99/13/0018
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
2000/13/0065 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde 1) der Dr. M und
2) des Dr. A, beide in W und beide vertreten durch Dr. Marcella Prunbauer, Dr. Andreas Peyrer-Heimstätt und Dr. Leonhard Romig, Rechtsanwälte in Wien I, Mahlerstraße 7, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/276-15/06/97, betreffend Feststellung von Einkünften für das Jahr 1995,
Spruch
1. den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers wird zurückgewiesen; und 2. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Den Beschwerdeschriften und der ihnen angeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides lässt sich entnehmen, dass zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ausschließlich die Frage in Streit steht, ob bei der Feststellung der Einkünfte der beiden beschwerdeführenden Rechtsanwälte für das Kalenderjahr 1995, in welchem die Beschwerdeführer ihre Tätigkeit als Rechtsanwälte in Form einer bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft ausgeübt hatten, die Ausgaben der seit dem Jahre 1992 verwitweten Erstbeschwerdeführerin für eine Tageskraft zur Betreuung ihrer in den Jahren 1983, 1986 und 1990 geborenen Kinder bei der Erstbeschwerdeführerin als Sonderbetriebsausgaben abzugsfähig waren.
Die belangte Behörde verneinte dies im angefochtenen Bescheid mit dem Hinweis auf die Bestimmung des § 20 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988, indem sie die Auffassung vertrat, dass eine wegen Berufstätigkeit der Mutter notwendig gewordene Beschäftigung eines Kindermädchens der Haushaltsführung zuzurechnen und deshalb nicht als betrieblich veranlasst anzusehen sei. Wenn die Beschwerdeführer dem mit der Auffassung entgegenträten, dass der Erstbeschwerdeführerin die Ausübung ihrer Tätigkeit ohne Anstellung eines Kindermädchens gar nicht ermöglicht worden wäre, seien sie auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. N.F. Nr. 7.055/F, hinzuweisen.
In ihrer vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung der Behandlung mit Beschluss vom , B 2182/98, dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetretenen Beschwerde treten die Beschwerdeführer der behördlichen Auffassung mit dem Vorbringen entgegen, dass die mit den geltend gemachten Kosten getragene Betreuung der Kinder der Erstbeschwerdeführerin ihr die Ausübung des Berufes überhaupt erst ermöglicht habe, sodass der Aufwand über seine betriebliche Kausalität hinaus schlechthin die Voraussetzung der beruflichen Tätigkeit gebildet habe; aus diesem Grund sei es unzutreffend, in der Kinderbetreuung einen zur privaten Sphäre gehörenden Faktor zu erblicken. Der Hinweis der belangten Behörde auf das hg. Erkenntnis vom , Slg. N.F. Nr. 7.055/F, lasse den Umstand außer Acht, dass dieses Erkenntnis zur Einkommensteuer für das Kalenderjahr 1990 ergangen sei, in welchem die Erstbeschwerdeführerin noch nicht verwitwet gewesen sei. Nach dem Tod ihres Mannes sei die Erstbeschwerdeführerin ihren Kindern gegenüber jedenfalls unterhaltspflichtig geworden, weil die Einkünfte aus den Witwen- und Waisenrenten zur Deckung der Unterhaltspflichten in keiner Weise hinreichten. Ein Unterhaltspflichtiger habe im Interesse seiner Kinder alle persönlichen Fähigkeiten und insbesondere seine Arbeitskraft bestmöglich einzusetzen; tue er dies nicht, werde er so behandelt, als bezöge er Einkünfte, die er bei zumutbarer Erwerbstätigkeit hätte erzielen können. Der geschuldete Unterhalt bemesse sich nicht nach dem tatsächlich erzielten Einkommen, sondern nach dem bei zumutbarer Anspannung der Leistungskraft erzielbaren Erwerbseinkommen, was zur Bemessung des Unterhaltsanspruches der Kinder auf Grundlage des fiktiv erzielbaren Einkommens führe. Würde die Erstbeschwerdeführerin ihren Beruf als Rechtsanwalt nicht weiter ausüben, hätte dies eine Reduzierung des Lebensstandards ihrer Kinder bis an die Grenze des Existenzminimums zur Folge haben müssen. Eine Deckung der den bisherigen Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse der Kinder und eine Förderung ihrer Anlagen und Fähigkeiten so wie bisher wäre ausgeschlossen. Das von der belangten Behörde gewonnene Verständnis vom Betriebsausgabenbegriff verstoße gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Eine Zuordnung der Aufwendungen der Erstbeschwerdeführerin für die Kinderbetreuung zum Bereich der privaten Lebensführung würde diese gegenüber kinderlosen Steuerpflichtigen derselben Einkommensstufe wesentlich benachteiligen. Die belangte Behörde unterstelle der Bestimmung des § 20 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 und jener des § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a leg. cit. einen gleichheitswidrigen Inhalt, was den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit belaste.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der zweitbeschwerdeführende Rechtsanwalt kann durch das Unterbleiben des begehrten Abzuges von Sonderbetriebsausgaben der Erstbeschwerdeführerin bei deren Einkünften in der Feststellung der Einkünfte in seinen Rechten nicht berührt sein. Ihm fehlt zur Erhebung der Beschwerde die Berechtigung, weshalb die vom Zweitbeschwerdeführer erhobene Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in einem nach § 12 Abs. 3 leg. cit. gebildeten Senat zurückzuweisen war.
Betriebsausgaben sind nach § 4 Abs. 4 Satz 1 EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind.
Nach § 20 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden, was nach § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a leg. cit. auch für Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung gilt, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Der Erstbeschwerdeführerin ist einzuräumen, dass ungeprüft der Frage, ob ihr in Anbetracht des Lebensalters ihrer Kinder zivilrechtlich die Annahme und Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit zugemutet werden dürfte, die Fortsetzung ihrer Berufstätigkeit als Rechtsanwältin der nächst liegende, mag sein auch einzige Weg war, für den Unterhalt ihrer Kinder bestmöglich zu sorgen.
Die Kosten der Tageskraft für die Kinderbetreuung der Erstbeschwerdeführerin erfuhren deswegen den für ihre Beurteilbarkeit als Betriebsausgaben unabdingbar erforderlichen Veranlassungszusammenhang mit der Berufstätigkeit als solcher aber trotzdem nicht. Die Bedeutung der Bestimmung des § 20 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 liegt in der Kausalitätsbegrenzung von Aufwendungen. Einkünfte kann nur jemand erzielen, dessen elementare Lebensbedürfnisse, wie etwa auch jenes nach Nahrung und Unterkunft, so weit befriedigt sind, dass er arbeiten kann. Auch die für Nahrung und Unterkunft nötigen Aufwendungen stellen damit eine Voraussetzung der beruflichen Tätigkeit dar, sind aber nach der Klarstellung des § 20 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 mangels Veranlassungszusammenhanges mit der beruflichen Tätigkeit als solcher als Betriebsausgaben nicht absetzbar. Hat ein Steuerpflichtiger Kinder, ohne deren Betreuung ihm die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht möglich ist, dann verhält es sich mit den für die Fremdbetreuung dieser Kinder aufgewendeten Kosten in gleicher Weise wie mit den Kosten für Nahrung und Unterkunft. Denn auch die Tatsache, dass der Steuerpflichtige Kinder hat, hat nicht mit seinem Beruf, sondern mit seiner Privatsphäre zu tun. Die organisatorische Gestaltung der privaten Sphäre gehört auch dann zur Einkommensverwendung, wenn dadurch eine Erwerbstätigkeit erst ermöglicht oder erleichtert wird (Ruppe, zitiert nach Doralt, EStG3, § 20 Tz 13, ebenso Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, Tz 7 zu § 20 EStG 1988).
Dem von der Erstbeschwerdeführerin ins Treffen geführten Prinzip der Besteuerung nach der Leistungskraft des Steuerpflichtigen kann nicht dadurch zum Durchbruch verholfen werden, dass grundsätzlich auf die persönliche Leistungsfähigkeit Einfluss nehmende Umstände des privaten Bereiches (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 168/96, G 285/96) in einem Zusammenhang wie jenem der durch die betriebliche Tätigkeit als solcher veranlassten Ausgaben berücksichtigt werden, in den sie vom System des Einkommensteuerrechtes und der Funktion des Betriebsausgabenbegriffes her nicht hingehören.
Die belangte Behörde hat in der Ablehnung der Abzugsfähigkeit der Kinderbetreuungskosten der Erstbeschwerdeführerin als Sonderbetriebsausgaben in der Einkünftefeststellung für das Jahr 1995 die Rechtslage demnach nicht verkannt.
Es war die Beschwerde, deren Inhalt somit schon erkennen ließ, dass die von der Erstbeschwerdeführerin zulässig gerügt Rechtsverletzung nicht vorliegt, im von der Erstbeschwerdeführerin zulässig erhobenen Umfang deshalb gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.
Wien, am