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VwGH vom 04.06.2008, 2003/13/0110

VwGH vom 04.06.2008, 2003/13/0110

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. Peter Klein, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Platz 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. AO 670/8-16/2002, betreffend Zurückweisung eines Devolutionsantrages, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom beantragte der Beschwerdeführer Neufestsetzungen der bereits bescheidmäßig festgesetzten Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer 1992.

Da das Finanzamt über diesen Antrag nicht entschied, beantragte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom die Entscheidung der belangten Behörde über den Antrag vom .

Die belangte Behörde entschied darüber mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid insoweit, als sich der Antrag auf die Einkommen- und die Gewerbesteuer bezog. Hinsichtlich der Umsatzsteuer erging mit Bescheid der belangten Behörde vom eine gesonderte - weitere, die Umsatzsteuer für spätere Jahre betreffende Devolutionsanträge des Beschwerdeführers einbeziehende - Entscheidung.

Der Spruch des angefochtenen Bescheides lautet:

"Der Antrag des ... auf Übergang der Entscheidungspflicht auf

die Abgabenbehörde zweiter Instanz (Devolutionsantrag) gemäß § 311 Abs 2 Bundesabgabenordnung (BAO) vom betreffend die Neufestsetzung der Einkommensteuer 1992 und der Gewerbesteuer 1992 wird zurückgewiesen."

Begründend führte die belangte Behörde - soweit hier wesentlich - aus:

"Die Entscheidungspflicht besteht nicht nur für Anbringen, die meritorisch zu erledigen sind. Sie besteht auch dann, wenn das Anbringen zurückzuweisen ist.

Ein Anbringen ist zurückzuweisen, wenn es unzulässig ist. Eine Unzulässigkeit liegt z.B. vor bei einer entschiedenen Sache (Bundesabgabenordnung, Kommentar, Ritz, § 311 Tz10).

Im gegenständlichen Fall war der Antrag als unzulässig zurückzuweisen, da über die Einkommensteuer 1992 und die Gewerbesteuer 1992 bereits entschieden worden ist."

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

In der Beschwerde und in der Replik auf die Gegenschrift der belangten Behörde wird vor allem geltend gemacht, der Antrag vom wäre als Wiederaufnahmsantrag zu werten gewesen. Als Wiederaufnahmegründe wären dabei - nach dem in der Beschwerde vertretenen Standpunkt - offenbar Annahmen zu verstehen gewesen, die dem letztinstanzlichen Bescheid u.a. über die Einkommensteuer 1992 bereits zugrunde gelegen waren. Darüber hinaus wird mit Hinweis darauf, dass sich der Bescheid vom auf einen die Umsatzsteuer 1992 betreffenden Devolutionsantrag vom (richtigerweise bloß das Datum des Einlangen des Devolutionsantrages vom ) beziehe, bestritten, dass der Antrag vom mit dem zweiten Bescheid der belangten Behörde insoweit erledigt worden sei.

Eine Auseinandersetzung mit diesen Argumenten erübrigt sich, weil der angefochtene Bescheid wegen des verfehlten Inhaltes der in seinem Spruch formulierten Entscheidung nicht Bestand haben kann. Ist ein Anbringen zurückzuweisen und kommt die Erstbehörde ihrer diesbezüglichen Entscheidungspflicht nicht nach, so hat die mit Devolutionsantrag angerufene Oberbehörde nicht den Devolutionsantrag, sondern in Stattgebung des Devolutionsantrages den Sachantrag zurückzuweisen (vgl. in diesem Sinn vor allem die zu § 73 AVG ergangenen hg. Erkenntnisse vom , Zl. 95/11/0419 und Zl. 95/11/0352; zur Entscheidungspflicht bei zurückzuweisenden Anbringen als Beispiel für viele etwa auch das Erkenntnis vom , Zl. 2005/13/0064). Die Zurückweisung des Devolutionsantrages aus dem von der belangten Behörde angeführten Grund, nämlich wegen Unzulässigkeit des zugrunde liegenden Sachantrages, entsprach daher nicht dem Gesetz.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , Zl. 2000/05/0107, ausgesprochen, es liege ein bloßes Vergreifen im Ausdruck vor, wenn der in einem abweisenden Spruch (im entschiedenen Fall: mit Datum) bezeichnete Antrag zwar der Devolutionsantrag sei, aus der Begründung aber zweifelsfrei hervorgehe, dass die belangte Behörde vom Übergang der Zuständigkeit zur Sachentscheidung ausgegangen sei und eine Abweisung nicht des Devolutionsantrages, sondern des verfahrenseinleitenden Antrages beabsichtigt habe. Den Devolutionsantrag hatte die belangte Behörde in diesem Fall - mit Hinweis auf die "Säumnis" der Behörde erster Instanz - in der Begründung als "zulässig" bezeichnet.

An dieses Erkenntnis anknüpfend hat der Verwaltungsgerichtshof in dem Erkenntnis vom , Zl. 99/12/0039, auch für die (scheinbare) spruchmäßige Zurückweisung eines Devolutionsantrages statt des verfahrenseinleitenden Antrages ein bloßes Vergreifen im Ausdruck angenommen. Diese Entscheidung stützte sich auf die "weitere Formulierung des Spruches" der Entscheidung in Verbindung mit der Begründung. In den beiden Spruchpunkten waren der "Devolutionsantrag auf bescheidmäßige Feststellung ... zurückgewiesen" bzw. der "Devolutionsantrag auf zusätzliche

Abgeltung ... abgewiesen" worden.

Von diesen Fällen unterscheidet sich der vorliegende zunächst dadurch, dass die belangte Behörde ihre Entscheidung im Spruch nicht nur auf einen Antrag bezogen hat, bei dem es sich seiner datumsmäßigen Bezeichnung nach um den Devolutionsantrag handelte, wie im Fall des Erkenntnisses vom , oder sich in Verbindung mit einer Wiedergabe der die Sache selbst betreffenden Antragsinhalte versehentlich des Ausdrucks "Devolutionsantrag" bedient hat, wie im Fall des Erkenntnisses vom , sondern sich ihr Spruch unter ausdrücklicher Bezeichnung des Antragszieles "auf Übergang der Entscheidungspflicht auf die Abgabenbehörde zweiter Instanz" auf den Devolutionsantrag bezog. Die belangte Behörde hat andererseits in der Begründung ihrer Entscheidung zwar Rechtsausführungen aneinander gereiht, die eine Zulässigkeit des Devolutionsantrages implizieren, diese aber auch in der Begründung ihrer Entscheidung nicht ausdrücklich bejaht. Damit steht der Fall insbesondere dem mit dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/11/0352, entschiedenen Fall, in dem ein Devolutionsantrag "gemäß § 68 Abs. 1 AVG ... wegen entschiedener Sache" (gemeint: hinsichtlich des zugrunde liegenden Sachanliegens) zurückgewiesen worden war, näher als den mit den Erkenntnissen vom und vom entschiedenen Fällen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz im Ausmaß des im Beschwerdeschriftsatz vom gestellten Begehrens gründet

sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am