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VwGH vom 24.09.2003, 2003/13/0084

VwGH vom 24.09.2003, 2003/13/0084

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Ginthör, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Mag. DI Markus Petrowsky, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Rainergasse 3, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom , Zl. FSRV/0009-W/03, betreffend Abweisung eines Ansuchens um Gewährung von Zahlungserleichterungen für die Entrichtung einer Geldstrafe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Erkenntnis des Spruchsenates beim Finanzamt für den

1. Bezirk in Wien vom wurde der Beschwerdeführer des Finanzvergehens der fahrlässigen Abgabenverkürzung nach § 34 Abs. 1 FinStrG schuldig erkannt und mit einer Geldstrafe in Höhe von S 650.000,-- bestraft, an deren Stelle für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 80 Tagen zu treten habe.

Mit Anbringen vom ersuchte der Beschwerdeführer das Finanzamt um die Gewährung von Zahlungserleichterungen. Auf seinem Abgabenkonto bestehe ein aushaftender Saldo in großer Höhe. Im Jahre 2002 habe er den Rückstand nur bis März verringern können, seither sei ihm eine weitere Einzahlung unmöglich gewesen, weil er nur Einkünfte aus einer Geschäftsführertätigkeit in monatlicher Höhe von EUR 485,-- bezogen habe, welcher Betrag die Zahlung von rückstandstilgenden Raten nicht möglich gemacht habe. Seit dem beziehe der Beschwerdeführer ein Monatsgehalt von EUR 1.200,--. Sein Anstellungsverhältnis befinde sich in der Probezeit; bei entsprechender Bewährung werde das Dienstverhältnis in ein solches dauerhafter Natur mit besserem Gehalt umgewandelt werden. Ab Juli 2003 würden zusätzlich zum Gehalt auch Provisionszahlungen zufließen. Er ersuche daher, ihm Zahlungserleichterungen bis zum in Form von Monatsraten zu EUR 485,-- zu gewähren. Ab August 2003 werde er einen wesentlich besseren Tilgungsplan für den dann noch aushaftenden Rückstand anbieten können. Er stehe im

52. Lebensjahr, habe nach monatelangem Suchen einen Posten gefunden, den er nunmehr in der Probezeit ausübe. Für den Fall des Vollzuges der Ersatzfreiheitsstrafe müsste der Beschwerdeführer mit dem Verlust seines Arbeitsplatzes rechnen und würde dann als Sozialfall den Staatshaushalt belasten, weil er am Arbeitsmarkt nicht mehr vermittelbar wäre.

Gegen die mit Bescheid des Finanzamtes vom ausgesprochene Abweisung seines Ansuchens um Zahlungserleichterung erhob der Beschwerdeführer Berufung unter Hinweis auf die in seinem Ratengesuch dargelegten Gründe. Er würde für den Fall eines Haftantritts seine bescheidene berufliche Existenz verlieren.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers mit der Begründung ab, dass die Bestimmung des § 212 BAO über die Gewährung von Zahlungserleichterungen auf Geldstrafen nur insoweit Anwendung finden könne, als die mit der sofortigen Entrichtung verbundene Härte über die mit der Bestrafung zwangsläufig verbundene und gewollte Härte hinausginge. Bei Strafrückständen seien jedenfalls höhere Ratenzahlungen und kürzere Abstattungszeiträume als im Falle eines Zahlungsaufschubes zur Entrichtung von Abgaben geboten. Ein mehrjähriger Abstattungszeitraum könne daher in aller Regel nur bei hohen Geldstrafen oder sehr eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten in Betracht kommen. Der Beschwerdeführer habe einen "verbesserten Zahlungsplan" für August 2003 ohne Nennung konkreter Zahlen angekündigt, doch habe die Vergangenheit gezeigt, dass diverse Zusagen nicht eingehalten worden seien. Am Strafkonto hafte derzeit ein Betrag von EUR 37.636,88 unberichtigt aus. Gleichzeitig bestehe am Abgabenkonto ein offener Saldo von EUR 43.470,--, wobei zusätzlich ein Betrag von EUR 705.405,83 wegen derzeitiger Aussichtslosigkeit von der Einbringung ausgesetzt sei. Den Verwaltungsakten seien darüber hinaus auch noch diverse Haftungen zu entnehmen. Ausgehend von den angebotenen Monatsraten von EUR 485,-- würde die Laufzeit bei einer aushaftenden Geldstrafe von EUR 37.636,88 mehr als sechs Jahre betragen. Eine derart geringfügige Monatsrate könne nicht als ausreichend angesehen werden, um einerseits dem Pönalcharakter der Geldstrafe zur Wirkung zu verhelfen und andererseits die Abstattung der Strafe in angemessener Zeit sicherzustellen, "weshalb zusammengefasst Uneinbringlichkeit der Geldstrafe gegeben" sei. Wenn der Beschwerdeführer ausführe, im Falle des Vollzuges der Ersatzfreiheitsstrafe zum Sozialfall zu werden, der den Staatshaushalt belasten würde, müsse ihm erwidert werden, dass er durch das Unterlassen der Entrichtung geschuldeter Abgaben den Staatshaushalt schon bisher mit einem Betrag von EUR 748.875,83 belastet habe. Auf das Argument des Drohens eines Verlustes des Arbeitsplatzes habe mangels Vorliegens der Voraussetzungen einer Ermessensentscheidung nicht Bedacht genommen werden können.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Erstattung einer Gegenschrift und Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Die Einhebung, Sicherung und Einbringung der Geldstrafen und Wertersätze sowie der Zwangs- und Ordnungsstrafen und die Geltendmachung der Haftung obliegt gemäß § 172 Abs. 1 FinStrG den Finanzstrafbehörden erster Instanz, wobei, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, die Bundesabgabenordnung und die Abgabenexekutionsordnung sinngemäß gelten.

Diese Gesetzesvorschrift stellt die Gewährung von Zahlungserleichterungen für die Entrichtung von Geldstrafen nach dem Finanzstrafgesetz damit unter das Regelungsregime des § 212 BAO (siehe Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz II6, Rz 9 zu §§ 171-174 FinStrG, ebenso wie Dorazil/Harbich, Finanzstrafgesetz, Anm. 8 zu § 172 FinStrG).

Gemäß § 212 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Ansuchen des Abgabepflichtigen für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird. Eine vom Ansuchen abweichende Bewilligung von Zahlungserleichterungen kann sich auch auf Abgaben erstrecken, deren Gebarung mit jener der den Gegenstand des Ansuchens bildenden Abgaben zusammengefasst verbucht wird (§ 213).

Die nach der Bestimmung des § 172 FinStrG gebotene Anwendbarkeit der Vorschrift des § 212 BAO auf Geldstrafen besteht mit der Einschränkung, dass die mit der sofortigen Entrichtung verbundene Härte über die mit jeder Bestrafung zwangsläufig verbundene und gewollte Härte hinausgeht (siehe die in den zuvor zitierten Literaturstellen angeführte Rechtsprechung). Hievon gehen die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens dem Grunde nach übereinstimmend aus, wobei der Beschwerdeführer allerdings vorträgt, dass der Sinn des Strafvollzuges nicht darin liegen könne, die Existenz des Bestraften zu ruinieren, während die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift die Begründung des angefochtenen Bescheides dahin interpretiert, dass das Ansuchen des Beschwerdeführers um Gewährung von Zahlungserleichterungen der Sache nach aus dem Grunde einer zu besorgenden Uneinbringlichkeit der Geldstrafe abgewiesen worden sei.

Nun trifft es zwar zu, dass die Vorschrift des § 212 Abs. 1 BAO als Tatbestandsvoraussetzung der Gewährung von Zahlungserleichterungen auch den Umstand normiert, dass die Einbringlichkeit des aushaftenden Betrages durch den Aufschub nicht gefährdet wird. Die Unterstellung der Gewährung von Zahlungserleichterungen für die Entrichtung von Geldstrafen nach dem Finanzstrafgesetz unter das Regelungsregime des § 212 BAO erfolgt nach dem Wortlaut der Vorschrift des § 172 Abs. 1 FinStrG aber nur "sinngemäß". Da die Uneinbringlichkeit einer Geldstrafe ohnehin unter der Sanktion des Vollzuges der Ersatzfreiheitsstrafe steht, kommt dem Umstand der Gefährdung der Einbringlichkeit der aushaftenden Forderung im Falle einer Geldstrafe kein Gewicht zu. Maßgebend für die Entscheidung über Zahlungserleichterungen zur Entrichtung einer Geldstrafe ist vielmehr allein die sachgerechte Verwirklichung des Strafzweckes. Dieser besteht in einem dem Bestraften zugefügten Übel, das ihn künftig von der Begehung strafbarer Handlungen abhalten soll. Dass die Gewährung solcher Zahlungserleichterungen, welche dem Bestraften eine "bequeme" Ratenzahlung einer Geldstrafe gleichsam in Art der Kaufpreisabstattung für einen Bedarfsgegenstand ermöglichen soll, dem Strafzweck zuwider liefe, liegt auf der Hand. Ebenso ist allerdings dem Beschwerdeführer einzuräumen, dass der Ruin der wirtschaftlichen Existenz eines Bestraften den mit der Bestrafung verfolgten Zweck auch nicht sinnvoll erreicht.

Wie der letzte Satz der Bestimmung des § 212 Abs. 1 BAO ausdrücklich klarstellt, steht es der mit einem Ansuchen um Gewährung von Zahlungserleichterungen konfrontierten Behörde frei, losgelöst von den Wünschen des Antragstellers Zahlungserleichterungen ohne Bindung an den gestellten Antrag zu gewähren. Der belangten Behörde war damit die gesetzliche Möglichkeit eröffnet, dem Beschwerdeführer die Entrichtung der Geldstrafe in Raten zwar nicht in der von ihm gewünschten, aber doch in solcher Höhe zu gestatten, mit der sowohl das Strafübel wirksam zugefügt, als auch die wirtschaftliche Existenz des Beschwerdeführers bei Anspannung aller seiner Kräfte erhaltbar blieb.

Indem die belangte Behörde aus dem bei bloß sinngemäßer Anwendung der Vorschrift des § 212 Abs. 1 BAO nicht tragfähigen Argument einer zu besorgenden Uneinbringlichkeit der Geldstrafe den ihr durch § 212 Abs. 1 letzter Satz BAO eröffneten Handlungsspielraum nicht erkannt und sich deshalb auch mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, in absehbarer Zeit höhere Raten zahlen zu können, nicht auseinander gesetzt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Der angefochtene Bescheid war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, was der Gerichtshof in einem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat beschlossen hat.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am