VwGH vom 21.08.2001, 99/09/0061

VwGH vom 21.08.2001, 99/09/0061

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. Christian Kuhn und Dr. Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Elisabethstraße 22, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom , Zl. Senat-MD-97-003, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) dahingehend schuldig erkannt, er habe als Vorstandsmitglied der B AG zu verantworten, dass diese Aktiengesellschaft als Arbeitgeberin von 14. bis eine näher bezeichnete jugoslawische Staatsangehörige ohne arbeitsmarktbehördliche Genehmigung beschäftigt habe. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurden über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 30.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) und Kostenbeiträge von S 3.000,-- für das erstinstanzliche Verfahren und S 6.000,-- für das Berufungsverfahren verhängt.

Zur Begründung führte die belangte Behörde - insoweit diese für die Erledigung der Beschwerde von Belang ist - aus, die Bestellung des Gebietsleiters S zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 VStG auch hinsichtlich der Einhaltung des AuslBG sei "nicht gesichert". Der Bestellungsurkunde vom sei ex pressis verbis keine diesbezügliche Kompetenz zu entnehmen. Dass die Personalabteilung (und nicht die Filiale) die Meldung an das Arbeitsmarktservice gerichtet habe, spreche dafür, dass der Gebietsleiter samt dem unterstellten Filialleiter nicht befugt gewesen sei, selbstständig tätig zu werden. Selbst wenn entsprechende Kompetenzen bestanden hätten, sei der Arbeitgeber und nur dieser für die Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG haftbar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, nicht der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung nach dem AuslBG schuldig erkannt und dafür bestraft zu werden. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die vom Beschwerdeführer (in der Verhandlung am ) vorgelegte Urkunde vom betreffend "Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 VStG" hat unter anderem folgenden Wortlaut:

"2.) Ihre Verantwortung umfasst räumlich ... und erstreckt

sich auf alle zur Anwendung gelangenen Vorschriften, insbesondere auf ...

3.) Sie sind berechtigt, zur Erfüllung ihrer Obliegenheiten und in Ergänzung allgemein ergangener Dienstanweisungen spezielle Anweisungen für ihren Verantwortungsbereich zu erlassen. Davon ist ihr zuständiger Filialinspektor zu unterrichten."

Gemäß § 9 Abs. 1 VStG (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998) ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeiten, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

Gemäß § 9 Abs. 4 leg. cit. kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.

Die belangte Behörde hat im vorliegenden Fall die Bestellung des S zum verantwortlichen Beauftragten mit der Begründung verneint, dass dieser nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Bestellungsurkunde vom für die Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG nicht verantwortlich und ihm in dieser Hinsicht keine Anordnungsbefugnis zugewiesen worden sei.

Die vorgelegte Urkunde vom bringt jedoch - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass der damit Bestellte für die Einhaltung aller "die geleiteten Filialen" (laut einer angeschlossenen Rayonseinteilung, also unter anderem auch die vorliegende Filiale Nr. 5115) betreffenden Verwaltungsvorschriften verantwortlich ist. Dass davon die Bestimmungen des AuslBG ausgenommen sein sollten, ist der Bestellungsurkunde nicht zu entnehmen. Die beispielhafte Aufzählung einzelner Vorschriften (insbesondere lit. a bis lit. j) stellt keine derartige Einschränkung oder Ausnahme eines Verantwortungsbereiches dar. Für den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zweifelhaft, dass die Bestellungsurkunde auch die Einhaltung des AuslBG umfasst (vgl. zu diesem Wortlaut einer Bestellungsurkunde die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 90/19/0323, vom , Zl. 91/19/0239, und vom , Zl. 92/18/0117).

Der vorgelegte Zustimmungsnachweis stammt auch aus der Zeit vor der Begehung der Verwaltungsübertretung. Der Behörde ist - gleich der Zustimmung zur Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten - die Zuweisung einer "entsprechenden Anordnungsbefugnis" nachzuweisen. Auch dieser Nachweis muss aus der Zeit vor der Begehung der Tat stammen (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 94/07/0027, und vom , Zl. 95/07/0095, und die darin angegebene Judikatur).

Die Bestellungsurkunde vom berechtigt den Bestellten (unter Punkt 3.) ausdrücklich dazu, zur Erfüllung seiner Obliegenheiten "spezielle Anweisungen für ihren Verantwortungsbereich zu erlassen". Entgegen der Ansicht der belangten Behörde war daher von einer entsprechenden Anordnungsbefugnis des S - auch hinsichtlich der Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG - auszugehen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/02/0267). Bei der Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten ist es nicht erforderlich, jede einzelne Anordnungsbefugnis anzuführen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 88/08/0212, vom , Zl. 94/09/0171, und vom , Zl. 94/09/0184).

Die belangte Behörde hat daher insoweit die Rechtslage verkannt, als sie davon ausging, dass der vom Beschwerdeführer genannte S nicht als zum verantwortlichen Beauftragten bestellt anzusehen sei. Diese aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des § 28a Abs. 3 AuslBG (in der Fassung BGBl. Nr. 895/1995) stammende Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten ist - auch ohne Mitteilung an das zuständige Arbeitsinspektorat - nach dem weiterhin wirksam geblieben (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/09/0084).

Die belangte Behörde ist somit zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass den Beschwerdeführer die Verantwortung für die angelastete Verwaltungsübertretung treffe.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am