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VwGH vom 17.03.2004, 99/08/0158

VwGH vom 17.03.2004, 99/08/0158

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der G GmbH & Co KG in G, vertreten durch Dr. Georg Maxwald und Dr. Georg Bauer, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Dametzstraße 51, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. SV(SanR)-410023/4-1999-Ti, betreffend Beitragsnachverrechnung (mitbeteiligte Partei: Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, 4021 Linz, Gruberstraße 77), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei betreibt eine Autowerkstätte. Vom bis zum fand eine Betriebsprüfung durch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse statt. Diese ersuchte die beschwerdeführende Partei am ua um eine Sachverhaltsdarstellung über die gewährte Schmutzzulage, insbesondere über "a) Personenkreis b) für welche Tätigkeiten c) für wie viele Arbeitsstunden d) Berechnungsweise (zB Teil des KV-Lohnes)". Mit Schreiben vom teilte die beschwerdeführende Partei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse zur Schmutzzulage nur Folgendes mit:

"Die Schmutzzulage erhalten nur Personen wie Mechaniker und Reinigungskräfte. Die Schmutzzulage ist zum Teil im Kollektivvertrag enthalten (sv-pflichtig) oder zusätzlich zum KV-Lohn."

Mit Bescheid vom schrieb die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse der beschwerdeführenden Partei allgemeine Beiträge in Höhe von S 254.668,80, Sonderbeiträge in Höhe von S 161.889,60 sowie einen Beitragszuschlag in Höhe von S 39.100,-- vor. Unter Berücksichtigung einer Gutschrift über Versicherungsbeiträge in Höhe von S 3.168,-- wurde die beschwerdeführenden Partei zur Zahlung von insgesamt S 452.490,40 verpflichtet und dies - soweit für das vorliegende Verfahren noch von Bedeutung - damit begründet, dass die beschwerdeführende Partei ihren Dienstnehmern einerseits Schmutzzulagen über das im Kollektivvertrag für Arbeiter im Metallgewerbe vorgesehene Ausmaß hinaus gewährt, jedoch zur Gänze sozialversicherungsfrei belassen habe, und andererseits ihre Dienstnehmer unterkollektivvertraglich entlohnt habe.

Die beschwerdeführende Partei erhob "gegen die Vorschreibung allgemeiner Beiträge und damit zusammenhängend gegen die Höhe des Beitragszuschlages" Einspruch, den sie wie folgt begründete:

"Wenn die Gebietskrankenkasse die Abrechnung niedrigerer Entgelte als des kollektivvertraglichen Anspruchslohnes geltend macht, so übersieht sie bereits, daß Schmutzzulagenanteile, die nicht beitragsfrei gehalten werden können, bei der anzustellenden 'Deckungsprüfung' zwingend einzurechnen sind. Bei den Schmutzzulagen selbst wurden nur jene Sätze beitragsfrei belassen, die dem Dienstnehmer laut KV 'mindestens' gebühren: diese Beurteilung wäre systematisch vorweg zu hinterfragen."

Mit Schreiben vom brachte die Beschwerdeführerin ergänzend vor, ein zu niedrig angesetzter Lohn und jener Teil der Schmutzzulage, der der Beitragspflicht unterliege, seien zusammenzurechnen. Die Vereinbarung eines untertariflichen Lohnes sei nichtig. Hätten die Vertragsparteien diese Nichtigkeit erkannt, wäre keine überhöhte Schmutzzulage gewährt worden.

Im Berufungsverfahren teilte die belangte Behörde dem Vertreter der beschwerdeführenden Partei am mit, das Ermittlungsverfahren beim Finanzamt ... habe ergeben, dass die Zulagen der Arbeiter in einer Höhe von 10 % des Grundlohnes (Freibetrag max. S 4.940,--) lohnsteuerfrei behandelt worden seien. Ein darüber hinausgehender Betrag unterliege der Lohnsteuer.

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse nahm mit Schreiben vom dazu unter anderem wie folgt Stellung:

"Wie dem Prüfbericht zu entnehmen ist (Seite 2 des

Prüfaktendeckels), wurden im Zuge der Prüfung - trotz Ersuchen des

Beitragsprüfers - vom Dienstgeber keine Angaben darüber gemacht,

bei welchen Tätigkeiten im Betrieb erhebliche Verschmutzung

anfällt und wie viele Arbeitsstunden dies jeweils betrifft. Es

fehlte also an der entsprechenden Auskunft des Dienstgebers, den

diesbezüglich jedenfalls eine qualifizierte Mitwirkungspflicht

träfe (...). Angesichts dieser Verhaltensweise wurde von uns in

den konkreten Fällen zur Ermittlung der lohnsteuerfreien

Schmutzzulagensummen trotzdem jeweils die gesamte monatliche

Arbeitszeit und der laut Kollektivvertrag (Metallgewerbe)

gebührende Mindestschmutzzulagensatz herangezogen. Die sich

hierbei im Vergleich mit den im Lohnkonto ausgewiesenen höheren

Schmutzzulagensummen ergebenden Differenzen haben wir als

beitragspflichtige Schmutzzulagenteile der Beitragsnachverrechnung

zugrunde gelegt. Es ist daher wegen der Berücksichtigung der

gesamten Monatsarbeitszeiten durchaus möglich, dass die vom

Finanzamt ... als lohnsteuerfrei anerkannten Schmutzzulagensummen

niedriger sind, als die von uns berechneten beitragsfreien

Schmutzzulagensummen. Es mögen daher allenfalls die betreffenden

Erhebungen bzw. Ermittlungen des Finanzamtes ... angefordert

werden. Im übrigen erfordert die Zuerkennung einer höheren lohnsteuerfreien Schmutzzulage als des kollektivvertraglich vorgesehenen Mindestsatzes unserer Auffassung nach eine betriebliche Vereinbarung, ohne die nur der kollektivvertragliche Mindestsatz als lohnsteuerfreie Schmutzzulage anerkannt werden dürfte (...). Weiters ist einem handschriftlichen Vermerk des Beitragsprüfers, den wir versehentlich der Kassenakte nicht beilegten, zu entnehmen, dass der Dienstgeber offenbar Arbeitskleidung beistellte und deren Reinigung die Fa. übernimmt. Hier stellt sich die Frage, ob unter diesen Umständen die Schmutzzulage überhaupt bzw. nur mehr teilweise lohnsteuerbegünstigt sein können. Wir meinen daher, daß die Vorgangsweise des Beitragsprüfers ohnehin großzügig war und die Nachverrechnung eher zu erhöhen wäre. Es wird daher der Antrag auf Abweisung des Einspruches aufrechterhalten."

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dem Einspruch keine Folge gegeben. Er richte sich gegen die Vorschreibung der allgemeinen Beiträge und damit zusammenhängend gegen die Höhe des Beitragszuschlages. Da sich die Sonderbeiträge an den allgemeinen Beiträgen orientieren würden, sei der Einspruch so zu interpretieren, dass er sich somit auch gegen die Höhe der Sonderbeiträge richte.

Die belangte Behörde stellte fest, dass Löhne in einer unterkollektivvertraglichen Höhe und Schmutzzulagen in einer überkollektivvertraglichen Höhe gewährt worden seien. Im erstinstanzlichen Bescheid sei die Differenz zwischen bezahltem Lohn und kollektivvertraglichem Mindestlohn sowie die überkollektivvertraglichen Schmutzzulagen als sozialversicherungspflichtig nachverrechnet worden.

Die Beschwerdeführerin habe keine Begründung für die Gewährung der (höheren) Schmutzzulage und keine "Definition der Tätigkeiten, für die die Zulage gewährt wurde" vorgelegt. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse habe den im Kollektivvertrag angeführten (Mindest)Stundensatz von S 4,40 (für die Schmutzzulage) sozialversicherungsfrei belassen, die über den kollektivvertraglich vorgesehenen Betrag hinausgehenden Zulagen nachverrechnet und den Grundlohn in der Höhe des kollektivvertraglichen Lohnes festgesetzt. Für die Beitragsfreiheit der Schmutzzulage genüge nicht bloß die Tatsache ihrer Gewährung auf Grund kollektivvertraglicher Bestimmungen. Es sei erforderlich, dass sie dem jeweiligen Arbeitnehmer deshalb gewährt worden sei, weil die von ihm zu leistenden Arbeiten überwiegend unter Umständen erfolgten, die in erheblichem Maß zwangsläufig eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung bewirken würden. Den Dienstgeber treffe eine qualifizierte Mitwirkungspflicht, konkrete Behauptungen aufzustellen und Beweisanbote zu unterbreiten. Dies habe die beschwerdeführende Partei unterlassen. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hätte daher auch die nach dem Kollektivvertrag gewährten Schmutzzulagen der Beitragspflicht unterwerfen können. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse habe die Schmutzzulage (jedoch) in der kollektivvertraglichen Höhe beitragsfrei behandelt und für die diesen Betrag übersteigenden Zulagen Sozialversicherungsbeiträge nachverrechnet. Die Schmutzzulage habe einen anderen Hintergrund als der Lohn. Da ihr ein besonderer Aufwand gegenüberstehe, sei sie mit dem Grundlohn nicht vergleichbar und daher auch nicht (auf den kollektivvertraglichen Mindestlohn) anrechenbar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat den Verwaltungsakt vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse - eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 49 Abs. 3 ASVG enthält eine Aufzählung jener Geld- und Sachbezüge, die nicht als Entgelt im Sinne des Abs. 1 und 2 leg. cit. gelten, das heißt, die an sich die Merkmale der in den Abs. 1 und 2 angeführten Leistungen des Dienstgebers aufweisen, jedoch kraft besonderer gesetzlicher Vorschriften von der Wertung als beitragspflichtiges Entgelt ausgenommen sind.

Nach § 49 Abs. 3 Z. 2 ASVG (in der zeitraumbezogen anzuwendenden, ab geltenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 660/1989) gelten Schmutzzulagen, soweit sie nach § 68 Abs. 1, 5 und 7 des Einkommensteuergesetzes 1988 nicht der Einkommensteuer (Lohnsteuer)pflicht unterliegen, nicht als Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1 und 2 ASVG.

Nach § 68 Abs. 1 Einkommensteuergesetz 1988 sind Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen sowie Zuschläge für die Sonntags- , Feiertags- und Nachtarbeit und mit diesen Arbeiten zusammenhängende Überstundenzuschläge insgesamt bis S 4.940,-- monatlich steuerfrei. Nach § 68 Abs. 5 Einkommensteuergesetz 1988 sind unter Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen jene Teile des Arbeitslohnes zu verstehen, die dem Arbeitnehmer deshalb gewährt werden, weil die von ihm zu leistenden Arbeiten überwiegend unter Umständen erfolgen, die - u.a. - in erheblichem Maß zwangsläufig eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung bewirken. Diese Zulagen sind nach dieser Gesetzesstelle nur begünstigt, soweit sie unter anderem (Z. 5 leg. cit.) auf Grund von Kollektivverträgen oder Betriebsvereinbarungen, die auf Grund besonderer kollektivvertraglicher Ermächtigungen abgeschlossen worden sind, gewährt werden.

Die belangte Behörde hat die von der beschwerdeführenden Partei gewährten Schmutzzulagen (zumindest) in dem gemäß § 49 Abs. 3 Z. 2 ASVG iVm § 68 Abs. 1, 5 und 7 EStG 1988 vorgesehenen monatlichen Höchstbetrag als beitragsfrei behandelt, obwohl die Beschwerdeführerin die oben dargestellten Voraussetzungen dafür nicht nachgewiesen hat. Strittig ist zunächst, ob die über den beitragsfreien Teil hinaus bezahlten Schmutzzulagen zu Recht der Beitragspflicht unterworfen wurden. Dies ist zu bejahen, weil die Teile der Schmutzzulagen, die nach den obigen Ausführungen wegen Überschreitung des Höchstbetrages die Voraussetzungen für die Beitragsfreiheit nicht erfüllen, Entgelt iSd § 44 Abs. 1 Z. 1 iVm § 49 Abs. 1 ASVG sind.

Strittig ist weiters, ob diese Teile der Schmutzzulagen bei der Prüfung der Auszahlung des kollektivvertraglichen Mindestlohnes ("Anspruchslohnes") als Lohnzahlung angerechnet werden dürfen. Für die Bemessung der allgemeinen Beiträge ist im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG nicht lediglich das im Beitragszeitraum an den pflichtversicherten Dienstnehmer tatsächlich gezahlte Entgelt (die Geld- und Sachbezüge) maßgebend, sondern, wenn es das tatsächliche gezahlte Entgelt übersteigt, jenes Entgelt, auf dessen Bezahlung bei Fälligkeit des Beitrages ein Rechtsanspruch des pflichtversicherten Dienstnehmers bestand. § 44 Abs. 1 und § 49 Abs. 1 ASVG stellen auf den Anspruchslohn ab. Ob ein Anspruch auf einen Geld- oder Sachbezug besteht, ist nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zu beurteilen. Danach bleibt die Regelung dieser Frage, sofern nicht eine gesetzliche Grundlage besteht, einer Vereinbarung (Einzel- oder Kollektivvertrag), mangels einer solchen dem Ortsgebrauch überlassen. In jenen Fällen, in denen kollektivvertragliche Vereinbarungen in Betracht kommen, hat - entsprechend dem § 3 ArbVG - zumindest das nach diesen Vereinbarungen den Dienstnehmern zustehende Entgelt die Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherungsbeiträge zu bilden (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung zum Beispiel das Erkenntnis vom , Zl. 2001/08/0225).

Die belangte Behörde ist schließlich auch mit ihrer Auffassung im Recht, dass die einzelvertraglich vereinbarte Schmutzzulage nicht auf den kollektivvertraglichen Mindestlohn anzurechnen ist. Wenn nämlich ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern (oder bestimmten Gruppen seiner Arbeitnehmer) einzelvertraglich eine Zusatzzahlung als "Schmutzzulage" zusagt, dann muss der Erklärungsempfänger nach der Übung des redlichen Verkehrs ohne ausdrücklichen Hinweis des Arbeitgebers auf diesen Umstand nicht damit rechnen, dass mit dieser Schmutzzulage (bzw. einem Teil davon) auch ein Teil des kollektivvertraglichen Mindestentgelts abgegolten werden soll, weil dieses unabhängig davon gebührt, ob und in welchem Ausmaß mit einer Tätigkeit eine bestimmte Verschmutzung einhergeht. Die Arbeitnehmer durften diese Zusage vielmehr so verstehen, dass mit der Zusage der beschwerdeführenden Partei zwar eine Zulage gewährt werden sollte, deren Ausmaß über jenes der kollektivvertraglich vorgesehenen Schmutzzulage hinausging, sein Anspruch auf den kollektivvertraglichen Mindestlohn davon aber unberührt bleibt. Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass neben der (zum Teil als beitragspflichtig behandelten) Schmutzzulage auch das kollektivvertragliche Mindestentgelt gebührte.

Die belangte Behörde hat daher die der Höhe nach nicht bestrittenen Differenzen zwischen tatsächlich bezahltem Grundlohn und kollektivvertraglichem Mindestlohn sowie die über die beitragsfrei behandelten Grenzen hinaus gewährten Teile der Schmutzzulagen zutreffend der Beitragspflicht unterworfen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 41 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am