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VwGH vom 25.09.1991, 91/02/0037

VwGH vom 25.09.1991, 91/02/0037

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Mandl, über die Beschwerde des Dr. NN in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. MA 70-10/174/91/Str, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Erstbehörde, die Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Mariahilf, adressierte an den Beschwerdeführer - einen Rechtsanwalt - in seiner Eigenschaft als Zulassungsbesitzer eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges eine mit datierte Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe nach § 103 Abs. 2 KFG 1967, und zwar an die Kanzleianschrift des Beschwerdeführers. Die dieses Schriftstück enthaltende Sendung wurde am von einer Angestellten des Beschwerdeführers übernommen. Diese Angestellte teilte der Behörde mit Schreiben vom mit, daß sich der Beschwerdeführer bis auf Urlaub befinde und die gewünschte Auskunft daher erst nach seiner Rückkehr erteilt werden könne.

Mit Datum erließ die Erstbehörde eine Strafverfügung, in der der Beschwerdeführer wegen Unterlassung der Beantwortung der Aufforderung vom einer Übertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 für schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Die betreffende Sendung wurde am von einer Angestellten des Beschwerdeführers in dessen Kanzlei übernommen.

Gegen diese Strafverfügung vom erhob der Beschwerdeführer einen mit datierten und zur Post gegebenen Einspruch. Mit Aktenvermerk vom wurde das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen Übertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 gemäß § 45 Abs. 1 lit. b VStG eingestellt.

Die Erstbehörde adressierte sodann an den Beschwerdeführer eine in Ansehung von Zeit und Ort des zugrundeliegenden Vorfalles mit der Aufforderung vom gleichlautende, mit datierte Aufforderung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967.

Auch diese Aufforderung blieb unbeantwortet. Es erging sohin eine (neuerliche) Strafverfügung der Erstbehörde vom wegen Unterlassung der Beantwortung der Aufforderung vom . Nach Erhebung eines Einspruchs, Erlassung eines Straferkenntnisses (vom ) und Erhebung einer Berufung gegen dieses Straferkenntnis erging der angefochtene Bescheid, mit dem der Beschwerdeführer schuldig erkannt wurde, er habe "es als Zulassungsbesitzer ... unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom , zugestellt am , binnen zwei Wochen nach Zustellung bekanntzugeben, wer sein Kraftfahrzeug" zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort gelenkt habe.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt unter Berufung auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß die Auskunftspflicht des Zulassungsbesitzers nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 nur einmal bestehe. Mit der Aufforderung vom habe die Behörde "ihr gesetzliches Auskunftsrecht konsumiert". Er dürfe wegen Unterlassung der Beantwortung einer weiteren, identen Aufforderung nicht bestraft werden, weil eine Verpflichtung zur Beantwortung dieser Aufforderung nicht bestanden habe.

Der Beschwerdeführer ist damit unter der Voraussetzung im Recht, daß ihm die Aufforderung vom rechtswirksam zugestellt worden ist. Der Beschwerdeführer hat über Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes mitgeteilt, daß er am "urlaubsbedingt nicht in Wien" gewesen sei; er sei am in seine Kanzlei zurückgekehrt; an diesem Tag sei ihm die Aufforderung vom von seiner Angestellten ausgefolgt worden. Der Verwaltungsgerichtshof hat keinen Grund, an der Richtigkeit dieser Angabe, die mit der Aktenlage auch sonst nicht im Widerspruch steht, zu zweifeln.

Es kann nun dahinstehen, ob die rechtswirksame Zustellung der Aufforderung vom durch ihr tatsächliches Zukommen - im Sinne des § 7 des Zustellgesetzes - erfolgt ist oder ob dies bereits durch die Übernahme der die Aufforderung enthaltenden Sendung durch eine Angestellte des Beschwerdeführers in seiner Kanzlei vom erfolgte (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 88/03/0137, wonach an eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person auch in eigener Sache an einen Angestellten in der Kanzlei auch im Falle ihrer Abwesenheit von dieser Abgabestelle rechtswirksam zugestellt werden kann). Diese Frage wäre zu beantworten, wenn es - etwa im Zusammenhang mit einem Verwaltungsstrafverfahren betreffend verspätete Abgabe einer Lenkerauskunft - um den Zeitpunkt der rechtswirksamen Zustellung der Aufforderung ginge. Im vorliegenden Zusammenhang brauchte diese Frage nicht beantwortet zu werden, ist doch jedenfalls davon auszugehen, daß die Aufforderung vom am - dem Tag der Zustellung der (2.) Aufforderung vom - bereits rechtswirksam zugestellt war.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht die Auskunftspflicht des Zulasssungsbesitzers nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 tatsächlich nur einmal (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 85/03/0080). Das bedeutet, daß der Beschwerdeführer nicht verpflichtet war, die zweite Anfrage vom zu beantworten. Die Behörden des Verwaltungsstrafverfahrens wären gehalten gewesen, die Nichtbeantwortung der Aufforderung vom zu ahnden. Der von der belangten Behörde in der Gegenschrift vertretene Standpunkt, der Grundsatz der Einmaligkeit der Auskunftspflicht nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 gelte nicht im Fall der Nichtbeantwortung der ersten Aufforderung, sondern nur dann, wenn der Zulassungsbesitzer eine - wenn auch unrichtige - Auskunft erteilt habe, ist unzutreffend. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. N.F. Nr. 9215/A, dem zwar ein Fall zugrundelag, in dem auf die erste Anfrage hin eine Auskunft erteilt worden war; der in Rede stehende Rechtssatz enthält jedoch keine entsprechende Einschränkung. Der angefochtene Bescheid erweist sich damit als mit der vom Beschwerdeführer der Sache nach geltend gemachten inhaltlichen Rechtswidrigkeit behaftet. Er war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Fundstelle(n):
YAAAE-55729