VwGH vom 28.10.1997, 94/05/0163
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der im Zeitpunkt der Beschwerderhebung minderjährigen Patricia Sedlar in Wien, vertreten durch den Sachwalter
Dr. Christian Burghardt, Rechtsanwalt in Wien I, Am Hof 13, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. R/1-V-88213/02, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Strasshof an der Nordbahn, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Aus dem hg. Beschwerdeverfahren Zl. 88/05/0049 ergibt sich nachstehender Sachverhalt: Mit Bescheid vom untersagte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde unter Berufung auf § 100 Abs. 4 der NÖ Bauordnung 1976 die Errichtung von drei Hausobjekten auf den Grundstücken Nr. 173/13 und 173/14, KG Strasserfeld. Zu diesem Bescheid war es aufgrund eines modifizierten Bauansuchens gekommen, welches die "Erweiterung der Betriebssportstätte" (Tennissportanlage mit sieben Tennisplätzen und einem Schwimmbecken) "durch Errichtung von drei Sportlerunterkünften" betraf. Eine gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde im wesentlichen mit der Begründung ab, daß die geplanten sechs Wohnungen (je zwei pro Gebäude) nicht den Erfordernissen der §§ 45 und 55 der NÖ Bauordnung 1976 entsprächen. Die angerufene Vorstellungsbehörde schloß sich dieser Auffassung an; für die vom damaligen Beschwerdeführer als "Sportlerunterkünfte" bezeichneten Wohnungen bestimme die NÖ Bauordnung 1976 keine Ausnahme.
Der Verwaltungsgerichtshof wies mit Erkenntnis vom , Zl. 88/05/0049, eine gegen die genannte Vorstellungsentscheidung gerichtete Beschwerde als unbegründet ab. Die vom Beschwerdeführer geplanten Wohnungen wiesen weder die im § 45 Abs. 1 der NÖ Bauordnung 1976 geforderte Mindestgröße von 60 m2 noch die im § 55 Abs. 1 leg. cit. festgelegte Trennung von Badezimmer und Abort für Wohnungen, die der Unterbringung von mehr als einer Einzelperson dienen sollen, auf. Wörtlich wurde weiters ausgeführt: "Da es bei mehreren denkbaren Versagungsgründen genügt, daß einer davon zu Recht angenommen wird, kann im Beschwerdefall die Frage der Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit der im Flächenwidmungsplan ausgewiesenen Widmung dahingestellt bleiben".
Gegenstand der vorliegenden Beschwerde ist ein daran anknüpfendes Bauauftragsverfahren. Anläßlich der Verhandlung am an Ort und Stelle, betreffend den Abbruch von Baulichkeiten gemäß § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. a der NÖ Bauordnung 1976 wurde festgestellt, daß - wie auch im erwähnten Verwaltungsgerichtshoferkenntnis vom gegenständlich - drei Wohnungen mit drei Räumen und Nebenräumen und drei Wohnungen mit zwei Räumen und Nebenräumen errichtet wurden, wobei beide Wohnungstypen unter 60 m2 Wohnnutzfläche aufwiesen; bei der kleineren Wohnungstype waren Bad und WC in einem Raum errichtet. Bei dieser Verhandlung erklärte der Vertreter der Beschwerdeführerin, daß die Eigentümer Einreichpläne für ein abgeändertes Projekt vorlegen würden, welches den in der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes angeführten Kriterien entsprechen würde.
Mit Bescheid vom ordnete der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den unverzüglichen Abbruch der auf den Grundstücken Nr. 173/14 und 173/13 konsenslos errichteten Baulichkeiten (sechs Wohneinheiten gemäß der in der Niederschrift aufgenommenen Skizze) an. Begründend wurde ausgeführt, daß die Größe dieser Wohneinheiten, für welche keine baubehördliche Bewilligung vorliege, zwischen rund 45 m2und 55 m2 betrage und daß nur bei drei Wohneinheiten Bad und WC getrennt seien. Die fehlende Bewilligung dürfe gar nicht erteilt werden, weil die Errichtung dieser Baulichkeiten unzulässig sei.
In ihrer dagegen gerichteten Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, sie habe einen Antrag auf nachträgliche Bewilligung der Errichtung einer Erweiterung der bestehenden Tennis- und Freizeitanlage gestellt, welche genehmigungsfähig sei. Die diesem Antrag zugrundeliegenden Baupläne sähen eine derartige Abänderung der bereits bestehenden Baulichkeiten vor, daß sie der NÖ Bauordnung entsprechen, da insbesondere eine Wohnnutzfläche von zumindest 60 m2 sowie eine Trennung von Bad und WC vorgesehen seien. Da somit Genehmigungsfähigkeit bestünde, dürfe der Abbruch nicht angeordnet werden.
Die Berufungsbehörde ging auf dieses Vorbringen nicht ein, sondern begründete ihre mit Bescheid vom erfolgte Abweisung der Berufung damit, daß das Vorhaben der Flächenwidmung Bauland/Industriegebiet widerspreche, weshalb der Abbruch gemäß § 113 Abs. 2 Z. 3 der NÖ Bauordnung 1976 anzuordnen war.
In ihrer dagegen erhobenen Vorstellung wies die Beschwerdeführerin darauf hin, daß die mangelnde Genehmigungsfähigkeit wegen der zu geringen Wohnnutzfläche und der teilweise nicht gegebenen Trennung von Bad und WC beseitigt worden sei. Ein anderer Abweisungsgrund sei seinerzeit nicht angeführt worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Vorstellung als unbegründet ab. Gemäß § 66 AVG sei der Gemeinderat berechtigt gewesen, einen weiteren Versagungsgrund anzuführen; im konkreten Fall habe es sich um den Widerspruch zum Flächenwidmungsplan gehandelt. Für Sportstätten sei im NÖ Raumordnungsgesetz 1976 eine eigene Widmungs- und Nutzungsart vorgesehen (nämlich Grünland-Sportstätte bzw. Bauland-Sondergebiet, Spiel- und Sportanlagen). Objekte, die der Sportausübung dienten, seien im Bauland-Industriegebiet unzulässig.
In der dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht verletzt, nicht zum Abbruch der auf ihren Grundstücken gelegenen Baulichkeiten verhalten zu werden. Sie begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und
erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 113 Abs. 2 Z. 3 der NÖ Bauordnung 1976 in der Fassung der Novelle LGBl. 8200-6 (BO) lautet:
"(2) Die Baubehörde hat den Abbruch eines Bauwerkes anzuordnen, wenn
...
3. für das Bauwerk keine baubehördliche Bewilligung vorliegt und
a) die fehlende Bewilligung nicht erteilt werden darf, weil das Bauvorhaben nicht zulässig ist oder
b) der Eigentümer den für die fehlende Bewilligung erforderlichen Antrag nicht innerhalb der von der Baubehörde bestimmten Frist ab der Zustellung der Aufforderung hiezu eingebracht hat."
Die Berufungs- und die Vorstellungsbehörde sahen die Unzulässigkeit der Errichtung von drei Gebäuden mit insgesamt sechs Kleinwohnungen deshalb als gegeben an, weil derartige Wohngebäude mit der Flächenwidmung Bauland-Industriegebiet nicht vereinbar seien.
Gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 des NÖ Raumordnungesetzes 1976 in der Stammfassung (ROG) sind in Betriebs-, Industrie- und Sondergebieten sowie in Gebieten für Einkaufszentren Wohngebäude nur insoweit zuzulassen, als sie mit Rücksicht auf die Nutzung vorhanden sein müssen. Der Verwaltungsgerichtshof hat schon in dem auch die Beschwerdeführerin betreffenden Erkenntnis vom , Zl. 89/05/0158, zu dieser Bestimmung betont, daß Wohngebäude eben nur insoweit zuzulassen sind, als sie mit Rücksicht auf die Nutzung vohanden sein müssen. Damals ging es um das Projekt eines zu der bestehenden Tennissportanlage gehörenden Hotels; der vom Gesetz geforderte zwingende Zusammenhang ("vorhanden sein müssen") wurde nicht erkannt. Die vorliegende Beschwerde enthält keinerlei Begründung dafür, warum die sechs Wohnungen für die Nutzung der Tennisplätze vorhanden sein müssen. Allein der Hinweis, daß Wohnungen "mit Mitglieder" (gemeint wohl: für Mitglieder eines Tennisclubs) unter die genannte Bestimmung zu subsumieren seien, vermag den vom Gesetz geforderten zwingenden Zusammenhang keinesfalls zu begründen.
Da die Beschwerdeführerin auch in der Vorstellung kein entsprechendes Sachvorbringen zu einer Widmungskonformität erstattet hat, hat die belangte Behörde zu Recht die Vorstellung als unbegründet abgewiesen, sodaß die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde ein Erfolg zu versagen war. Da die Rechtslage eindeutig ist und insbesondere durch das auch an die Beschwerdeführerin ergangene Vorerkenntnis geklärt war, konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994.