VwGH vom 25.11.2004, 2003/03/0303
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Handstanger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des C S in K, vertreten durch Dr. Christian Ortner, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Meinhardstraße 7, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom , Zl. 53466/1-II/L1/02, betreffend Zurückweisung einer Vorstellung in einer luftfahrtrechtlichen Angelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den am verkündeten und am schriftlich ausgefertigten Bescheid der belangten Behörde gemäß § 63 Abs. 5 iVm § 66 Abs. 4 AVG wegen fehlender Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes aus:
Mit mündlichem Bescheid vom , beurkundet mit Niederschrift vom , habe die belangte Behörde als Aufsichtsbehörde dem Luftfahrtunternehmen T GmbH gemäß § 141 Abs. 3 LFG iVm § 57 AVG unter anderem aufgetragen, den Beschwerdeführer bis zur endgültigen Klärung seiner körperlichen und geistigen Tauglichkeit sowie der Verlässlichkeit nicht zum Flugdienst einzusetzen. Dieser aufsichtsbehördlichen Maßnahme sei ein Selbstmordversuch des Beschwerdeführers vorausgegangen. Da die T GmbH gegen diesen Bescheid kein Rechtsmittel erhoben habe, sei er rechtskräftig geworden.
Mit Eingabe vom habe der Beschwerdeführer Vorstellung gegen den genannten Bescheid erhoben. Der Beschwerdeführer sei aber nicht Partei des aufsichtsbehördlichen Verfahrens gewesen. Gemäß § 141 LFG unterlägen Zivilluftfahrerschulen, Zivilflugplätze, Luftfahrzeug-Vermietungsunternehmen und Luftverkehrsunternehmen der Aufsicht der jeweiligen Bewilligungsbehörde. Diese habe gemäß § 141 Abs. 3 LFG den Unternehmern von Zivilluftfahrerschulen, Haltern von Zivilflugplätzen, Luftfahrzeug-Vermietungsunternehmern und Luftverkehrsunternehmern die Durchführung jener Maßnahmen aufzuerlegen, die zur Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt erforderlich seien. Adressaten der aufsichtsbehördlichen Maßnahmen könnten daher ausschließlich die Beaufsichtigten, vorliegend also die T GmbH, sein; eine Parteistellung der Arbeitnehmer der Unternehmen sei gesetzlich nicht vorgesehen. Dementsprechend sei der Bescheid der Aufsichtsbehörde auch lediglich dem Unternehmen, der T GmbH, zuzustellen gewesen. Die Weiterleitung einer Fotokopie des Bescheides durch dieses Unternehmen an den Beschwerdeführer sei einer Erlassung des Bescheides gegenüber dem Beschwerdeführer nicht gleichzuhalten. Da gemäß § 63 Abs. 5 AVG Rechtsmittel nur von den Parteien eingebracht werden könnten, sei die Vorstellung des Beschwerdeführers wegen Unzulässigkeit auf Grund fehlender Parteistellung zurückzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom , B 358/03-8, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab.
2. Über diese abgetretene - und mit Schriftsatz vom ergänzte - Beschwerde, zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattete, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
§ 141 Luftfahrtgesetz (LFG), BGBl. Nr. 253/1957 idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 73/2003, lautete:
"§ 141. Aufsicht.
(1) Zivilluftfahrerschulen, Zivilflugplätze, Luftfahrzeug-Vermietungsunternehmen und Luftverkehrsunternehmen unterliegen der Aufsicht der Behörde, die zur Bewilligung des Betriebes zuständig ist (Aufsichtsbehörde).
(1a) Ein Flughafen, der im Rahmen einer Mitbenützungsbewilligung gemäß § 62 Abs. 1 lit. a für Zwecke der Zivilluftfahrt betrieben wird, unterliegt der Aufsicht des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr. Die Aufsicht kann daneben auch vom Bundesminister für Landesverteidigung ausgeübt werden, soweit dies für die Wahrung militärischer Interessen erforderlich ist. Die Abs. 2 bis 6 sind sinngemäß anzuwenden.
(2) Unternehmer von Zivilluftfahrerschulen, Halter von Zivilflugplätzen, Luftfahrzeug-Vermietungsunternehmer und Luftverkehrsunternehmer haben der Aufsichtsbehörde jede im Interesse der Verkehrssicherheit oder der Luftverkehrsstatistik erforderliche Auskunft über ihren Betrieb zu erteilen. Bei juristischen Personen trifft diese Verpflichtung die verantwortlichen Organe.
(3) Die Aufsichtsbehörde hat den in Abs. 2 erster Satz bezeichneten Personen die Durchführung jener Maßnahmen aufzuerlegen, die zur Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt erforderlich sind.
..."
Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des AVG
lauten:
"§ 8. Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, sind Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien."
"§ 57. (1) Wenn es sich um die Vorschreibung von Geldleistungen nach einem gesetzlich, statutarisch oder tarifmäßig feststehenden Maßstab oder bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, ist die Behörde berechtigt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen.
(2) Gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid kann bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist.
(3) Die Behörde hat binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren einzuleiten, widrigenfalls der angefochtene Bescheid von Gesetzes wegen außer Kraft tritt. Auf Verlangen der Partei ist das Außerkrafttreten des Bescheides schriftlich zu bestätigen."
"§ 63. (1) Der Instanzenzug und das Recht zur Einbringung der Berufung und sonstiger Rechtsmittel (Vorstellung) richten sich, abgesehen von den in diesem Bundesgesetz besonders geregelten Fällen, nach den Verwaltungsvorschriften.
..."
Das Recht, Vorstellung zu erheben, steht nur der vom Mandat betroffenen Partei iS des § 8 AVG zu (Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze, Band I2 (1998), Anm. 11 zu § 57 AVG; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/10/0386).
Der Rechtsanspruch oder das rechtliche Interesse im Sinne des § 8 AVG kann nur aus der Wirksamkeit erschlossen werden, die die den Einzelfall regelnde materielle Norm auf den interessierenden Personenkreis entfaltet, es sei denn, dass der Gesetzgeber eine Parteistellung ausdrücklich bestimmt und damit die Prüfung des Falles auf die Grundsätze des § 8 AVG entbehrlich macht. Die Parteistellung in einem Verwaltungsverfahren bestimmt sich demnach nach den in der Rechtssache anzuwendenden Vorschriften. Maßgebend ist, dass die Sachentscheidung in die Rechtssphäre des Betreffenden bestimmend eingreift und darin eine unmittelbare, nicht bloß abgeleitete mittelbare Wirkung zum Ausdruck kommt. Bloße wirtschaftliche Interessen, die durch keine Rechtsvorschrift zu rechtlichen Interessen erhoben werden, begründen keine Parteistellung im Verwaltungsverfahren (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2004/03/0142, und vom , Zl. 2004/03/0002).
Nach Auffassung des Beschwerdeführers ergebe sich sein rechtliches Interesse und damit seine Parteistellung schon daraus, dass er auf Grund des Bescheides vom von seinem Dienstgeber nicht mehr im Liniendienst eingesetzt werden dürfe. Im Übrigen habe die belangte Behörde insoweit gegen § 68 AVG verstoßen, als sie ihn nur bei Zutreffen der Voraussetzungen dieser Bestimmung entgegen dem Bescheid der Austro Control GmbH vom , mit dem die Pilotenberechtigung des Beschwerdeführers verlängert worden sei, vom Einsatz im Liniendienst hätte ausschließen dürfen.
Dem kann der Verwaltungsgerichtshof nicht beitreten:
Der Beschwerdeführer nimmt an dem im § 141 LFG geregelten Aufsichtsverfahren zur Wahrung der Sicherheit der Luftfahrt nicht als Partei im Sinne des § 8 AVG teil, weil ihm nach dieser Bestimmung kein Rechtsanspruch darauf eingeräumt ist und ihm auch sonst kein rechtliches Interesse daran zukommt, dass den in § 141 Abs. 2 LFG genannten Personen, zu denen er unstrittig nicht gehört, aufsichtsbehördliche Maßnahmen - nicht - auferlegt oder solche Maßnahmen wieder aufgehoben werden. Auch wenn der Nichteinsatz des Beschwerdeführers zum Flugdienst "bis zur endgültigen Klärung der im Sinne der §§ 30 Abs. 1, 32 und 33 LFG
... geforderten körperlichen und geistigen Tauglichkeit für den
Flugdienst sowie der Verlässlichkeit" zu einer beruflichen Beeinträchtigung des Beschwerdeführers führen mag, ist damit kein unmittelbarer Eingriff in die Rechtssphäre des Beschwerdeführers verbunden. Dem Beschwerdeführer kann daher im aufsichtsbehördlichen Verfahren nach § 141 LFG nur die Stellung eines Beteiligten (im Sinne des § 8 AVG), auf den die Tätigkeit der Behörde sich bezieht, zukommen.
Fehlt ihm jedoch die Stellung einer Verfahrenspartei, dann mangelt ihm auch die Rechtsmittellegitimation im Sinne des § 57 Abs. 2 AVG. Die belangte Behörde hat daher die Vorstellung des Beschwerdeführers zutreffend zurückgewiesen.
Ein Verstoß gegen § 68 AVG kann entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers in der Zurückweisung der Vorstellung schon deshalb nicht liegen, weil damit nicht über die dem Vorbringen des Beschwerdeführers nach mit Bescheid vom erfolgte Verlängerung der Pilotenberechtigung abgesprochen wurde.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am