VwGH 26.04.1994, 94/05/0075
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | |
RS 1 | Die Bestimmungen des § 58 AVG und des § 59 AVG normieren nicht ausdrücklich die Pflicht, im Bescheid den Adressaten zu nennen. Dennoch muß der Bescheid eindeutig erkennen lassen, wer Bescheidadressat ist, dies gerade auch im Hinblick auf eine allfällige Vollstreckung. Es bedeutet keinen Verstoß gegen die Vorschrift des § 59 Abs 1 AVG, wenn die Behörde im Spruch zwar den Verpflichteten zunächst abstrakt bezeichnet (zB Eigentümer der Liegenschaft), dann aber in der Zustellverfügung diejenige physische oder juristische Person benennt, auf welche sich der Spruch bezieht, weil durch eine solche Erfassung der Person des zu einer Leistung Verpflichteten das im Spruch des Bescheides zu begründende Rechtsverhältnis klar zum Ausdruck kommt. Wird also im Spruch eine Person nur abstrakt bezeichnet, so kommt der Zustellverfügung, in der sie dann namentlich bezeichnet ist, wesentliche Bedeutung zu, weil dadurch erst die notwendige Individualisierung bewirkt wird (Hinweis E , 311/69, VwSlg 7703 A/1970). Wird hingegen im Spruch des Bescheides niemand angesprochen, kommt mangels ausdrücklicher Spezifikation nur dem in der Zustellverfügung genannten Bescheidadressaten Parteistellung zu. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der X Aktiengesellschaft in W, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. MD-VfR-B XVI-43/93, betreffend Gehsteigauf- und -überfahrt, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 28, vom wurde folgender Auftrag erlassen: "Die Auffahrtsrampe auf den Gehsteig ist bis zu beseitigen". Zur Begründung wurde ausgeführt, gemäß § 54 Abs. 9 der Bauordnung für Wien dürften Auffahrten von der Fahrbahn auf den Gehsteig sowie Gehsteigüberfahrten nur mit Bewilligung und nach den Weisungen der Behörde hergestellt werden, nach den aufliegenden Aufzeichnungen sei die vor der Liegenschaft S-Gasse 16 bestehende Gehsteigauf- und -überfahrtsanlage nicht bewilligt worden. Dieser Bescheid bezeichnete in seinem Spruch weder die Adressaten des Auftrages noch richtete er sich an die Eigentümer dieser Liegenschaft, nach seiner Zustellverfügung war er an die Gebäudeverwaltung R gerichtet.
Gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin die Berufung ein, in der sie darauf hinwies, mit dem angefochtenen Bescheid sei den Miteigentümern der Liegenschaft in S-Gasse 16 aufgetragen worden, die Auffahrtsrampe auf den Gehsteig bis zu beseitigen. Die Auffahrt bestehe seit rund 100 Jahren.
Die belangte Behörde hat nunmehr mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid vom die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Magistrates vom als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, das Berufungsrecht stehe gemäß § 63 AVG der Partei zu; wer in einem Verfahren Partei sei, ergebe sich aus den jeweils anzuwendenden Verwaltungsvorschriften. Nach § 134 Abs. 7 der Bauordnung für Wien sei dann, wenn ein Bescheid von Amts wegen erlassen werde, jene Person Partei, die hiedurch zu einer Leistung, Unterlassung oder Duldung verpflichtet werde. Alle sonstigen Parteien, die hiedurch in ihren Privatrechten oder Interessen betroffen werden, seien Beteiligte (§ 8 AVG). Durch den Bescheid vom werde der Beschwerdeführerin, dergegenüber der Bescheid auch gar nicht erlassen worden sei, keine Verpflichtung zu einer Leistung auferlegt, sodaß ihr nach der zitierten Vorschrift des § 134 Abs. 7 BO keine Parteistellung zukomme. Die Berufung sei eindeutig der Beschwerdeführerin zuzurechnen und sei von dieser Gesellschaft im eigenen Namen erhoben worden. Sie sei daher wegen der mangelnden Parteistellung der Gesellschaft zurückzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin ist ihren Ausführungen und dem beigelegten Grundbuchsauszug zufolge Miteigentümerin zu 45/100 Anteilen an der Liegenschaft S-Gasse 16.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 134 Abs. 7 der Bauordnung für Wien (BO) in der hier maßgeblichen Fassung der Novelle LGBl. für Wien Nr. 34/1992 ist dann, wenn ein Bescheid von Amts wegen erlassen wird, jene Person Partei, die hiedurch zu einer Leistung, Unterlassung oder Duldung verpflichtet wird. Alle sonstigen Parteien, die hiedurch in ihren Privatrechten oder Interessen betroffen werden, sind Beteiligte (§ 8 AVG).
Die Bestimmungen der §§ 58 und 59 AVG normieren nicht ausdrücklich die Pflicht, im Bescheid den Adressaten zu nennen; dennoch muß der Bescheid eindeutig erkennen lassen, wer Bescheidadressat ist, dies gerade auch im Hinblick auf eine allfällige Vollstreckung. Der Verwaltungsgerichtshof hat etwa in seinem Erkenntnis vom , Slg. 7.703, unter Hinweis auf seine Vorjudikatur ausgesprochen, es bedeute keinen Verstoß gegen die Vorschrift des § 59 Abs. 1 AVG, wenn die Behörde im Spruch zwar den Verpflichteten zunächst abstrakt bezeichne (z.B. Eigentümer der Liegenschaft), dann aber in der Zustellungsverfügung diejenige physische oder juristische Person benenne, auf welche sich der Spruch beziehe; dann könne man nicht sagen, daß durch eine solche Erfassung der Person des zu einer Leistung Verpflichteten das im Spruch des Bescheides zu begründende Rechtsverhältnis nicht klar zum Ausruck kommen würde. Werde also im Spruch eine Person nur abstrakt bezeichnet, so komme der Zustellverfügung, in der sie dann namentlich bezeichnet sei, wesentliche Bedeutung zu, weil dadurch erst die notwendige Individualisierung bewirkt werde.
Im vorliegenden Fall wurde aber im Spruch des Bescheides niemand, so auch nicht die Eigentümer bzw. Miteigentümer der Liegenschaft angesprochen. Der erstinstanzliche Bescheid war daher mangels ausdrücklicher Spezifikation ausschließlich an die in der Zustellverfügung genannte Bescheidadressatin, die Gebäudeverwaltung R, gerichtet. Eine Verpflichtung eines oder aller Miteigentümer an der Liegenschaft kann diesem Bescheid nicht entnommen werden. Zutreffend hat daher die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin, die diese im eigenen Namen eingebracht hat, mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Es erübrigte sich daher eine Entscheidung über den mit der Beschwerde gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
Zusatzinformationen
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Normen | |
Sammlungsnummer | VwSlg 14048 A/1994 |
Schlagworte | Einhaltung der Formvorschriften Inhalt des Spruches Anführung des Bescheidadressaten Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:1994:1994050075.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
YAAAE-55486