VwGH vom 20.04.1998, 96/17/0385
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek, Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des Dr. R, Rechtsanwalt in A, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom , Zl. IIIa-256/7, betreffend eine Ausgleichsabgabe nach dem Vorarlberger Baugesetz (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Feldkirch, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom wurde dem Beschwerdeführer eine Ausgleichsabgabe gemäß § 13 Vorarlberger Baugesetz, LGBl. Nr. 39/1972, für den Umbau eines näher bezeichneten Wohn- und Geschäftshauses vorgeschrieben. Der Umbau war mit (rechtskräftigem) Bescheid der Baubehörde vom genehmigt worden; mit diesem Bescheid vom wurde auch gemäß § 12 Abs. 7 Vorarlberger Baugesetz (ebenfalls rechtskräftig) festgestellt, daß zwei Pkw-Einstellplätze und ein Pkw-Abstellplatz fehlten.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diese Vorschreibung Berufung. Die Berufung wurde mit Bescheid der Abgabenkommission der Stadt Feldkirch als unbegründet abgewiesen. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung.
Mit dem nun angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Begründend führt die belangte Behörde nach Wiedergabe des Inhaltes von § 12 Abs. 7 und § 13 Abs. 1 Vorarlberger Baugesetz insbesondere aus, daß der Ausspruch in der Baubewilligung, um wieviel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß zurückbleibe, eine Vorfrage für die Vorschreibung und Einhebung der Ausgleichsabgabe im Abgabenverfahren sei. Die Abgabenbehörden seien bei der Feststellung der gegenüber dem gesetzlich geforderten Ausmaß fehlenden Stellplätze an die baubehördliche Feststellung gebunden.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser wies die Beschwerde mit Erkenntnis vom ab und trat die Beschwerde über Antrag an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung, ob der Beschwerdeführer in einfachgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt ist, ab.
Die Beschwerdeausführungen lassen erkennen, daß sich der Beschwerdeführer im Rahmen der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Prüfung des angefochtenen Bescheides auf seine Übereinstimmung mit dem einfachen Gesetz deshalb in seinen Rechten verletzt erachtet, weil aus dem Vorarlberger Baugesetz in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Vorarlberger Abgabenverfahrensgesetz hervorgehe, daß der in Rede stehende Abgabentatbestand erst mit der Errichtung des Gebäudes erfüllt sei (und eine Abgabenvorschreibung somit zu dem Zeitpunkt, zu dem die Abgabe dem Beschwerdeführer vorgeschrieben wurde, noch nicht erfolgen hätte dürfen).
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Rahmen des dargestellten Beschwerdepunktes ist dem Beschwerdeführer folgendes entgegenzuhalten:
Gemäß § 12 Abs. 7 des Vorarlberger Baugesetzes, LGBl. Nr. 39/1972 (BauG), können Erleichterungen oder Ausnahmen von der Verpflichtung nach Abs. 1 und 6 (zur Schaffung von erforderlichen Garagen und Abstellplätzen) von der Behörde gewährt werden, wenn die Schaffung von Garagen oder Abstellplätzen auf dem Baugrundstück unmöglich, unzulässig oder unwirtschaftlich wäre.
Nach § 13 Abs. 1 leg. cit. ist die Gemeinde ermächtigt, durch Beschluß der Gemeindevertretung in den Fällen des § 12 Abs. 7 für jede fehlende Garage und jeden fehlenden Abstellplatz einmalig eine Ausgleichsabgabe bis zu dem sich nach Abs. 3 (gemeint offenbar: Abs. 4; vgl. hiezu Feurstein,
Das Vorarlberger Baugesetz2, Bregenz 1991, Seite 44, Anmerkung 4 zu § 13) ergebenden Höchstausmaß zu erheben. Die Abgabepflicht trifft den Eigentümer eines Bauwerkes, der auf dem Grundstück oder in dessen Nähe (§ 12 Abs. 3) die vorgeschriebenen Garagen oder Abstellplätze nicht schaffen kann.
§ 13 Vlbg Baugesetz lautet auszugsweise:
"§ 13
Ausgleichsabgabe für fehlende Garagen und Abstellplätze
(1) Die Gemeinde ist ermächtigt, durch Beschluß der Gemeindevertretung in den Fällen des § 12 Abs. 7 für jede fehlende Garage und jeden fehlenden Abstellplatz einmalig eine Ausgleichsabgabe bis zu dem sich nach Abs. 3 ergebenden Höchstausmaß zu erheben. Die Abgabepflicht trifft den Eigentümer eines Bauwerkes, der auf dem Grundstück oder in dessen Nähe (§ 12 Abs. 3) die vorgeschriebenen Garagen oder Abstellplätze nicht schaffen kann.
(2) Die Gemeinde hat dem Eigentümer die geleistete Ausgleichsabgabe zurückzuzahlen, soweit innerhalb von fünf Jahren nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides über die Vorschreibung der Ausgleichsabgabe fehlende Garagen oder fehlende Abstellplätze errichtet worden sind.
(3) Ausgleichsabgaben auf Grund einer Verordnung nach Abs. 1 hat die Gemeinde zur Deckung ihres Aufwandes für öffentliche Garagen oder öffentliche Abstellplätze zu verwenden.
(4) Die Höhe der Ausgleichsabgabe ist von der Gemeindevertretung für jeden m2 fehlender Garagenfläche und für jeden m2 fehlenden Abstellplatzes festzusetzen. Hiebei darf das aus der Summe folgender Beträge sich ergebende Höchstausmaß nicht überschritten werden: ..."
Die aufgrund dieser Ermächtigung ergangene Verordnung der Stadtvertretung von Feldkirch vom über die Einhebung einer Ausgleichsabgabe für fehlende Garagen und Abstellplätze lautet (Hervorhebungen durch den Verwaltungsgerichtshof):
"§ 1
Auf Grund des § 13 Abs. 1 Baugesetz, LGBl. Nr. 39/1972, wird für den Bereich der Stadt Feldkirch eine Ausgleichsabgabe für fehlende Garagen und Abstellplätze nach Maßgabe folgender Bestimmungen eingehoben:
§ 2
Eigentümer von Bauwerken, welchen von der Baubehörde auf Grund des § 12 Abs. 7 Baugesetz, LGBl. 39/1972, hinsichtlich der Verpflichtung zur Errichtung von Garagen und Abstellplätzen Erleichterungen und Ausnahmen gewährt wurden, haben für jede fehlende Garage und jeden fehlenden Abstellplatz einmalig eine Ausgleichsabgabe zu entrichten.
§ 3
(1) Die für die Festsetzung der Ausgleichsabgabe maßgebliche Fläche der Stellplätze beträgt für einen Garagen- und Abstellplatz je 11,50 m2.
(2) Die Ausgleichsabgabe ergibt sich aus der Summe
...
§ 4
(1) Der Anspruch auf die Ausgleichsabgabe entsteht mit Eintritt der Rechtskraft des Baubescheides.
(2) Erlischt die Baubewilligung durch ausdrücklichen Verzicht oder durch Zeitablauf, so ist dem Abgabepflichtigen auf Antrag die entrichtete Abgabe unverzinst zurückzuerstatten.
(3) Wird zunächst eine Ausgleichsabgabe entrichtet, werden die fehlenden Stellplätze jedoch innerhalb von fünf Jahren nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides über die Vorschreibung der Ausgleichsabgabe errichtet, so ist die Ausgleichsabgabe unverzinst zurückzuerstatten.
(4) Dem Abgabepflichtigen erwächst durch die Entrichtung der Ausgleichsabgabe kein Anspruch gegenüber der Stadt Feldkirch auf Bereitstellung von Garagen und Abstellplätzen.
§ 5
Diese Verordnung tritt am in Kraft."
Abgabentatbestand gemäß § 2 der genannten Verordnung ist somit die bescheidmäßige Gewährung von Ausnahmen von der Stellplatzpflicht.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 90/17/0331, zu § 12 Abs. 7 und § 13 Vlbg Baugesetz allgemein festgestellt hat, ist die Rechtslage nach diesen Vorschriften keine wesentlich andere als nach den Bestimmungen des § 40 Abs. 1 und des § 41 Abs. 1 des Wiener Garagengesetzes, LGBl. Nr. 22/1957 i.d.F. LGBl. Nr. 7/1975, wonach als rechtlicher Anknüpfungspunkt für die Vorschreibung und Einhebung der Ausgleichsabgabe der Ausspruch in der Baubewilligung gilt, um wieviel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß zurückbleibt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 88/17/0107, sowie die dort angeführte weitere Rechtsprechung). Auch nach § 9 Abs. 3 und 4 der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 43/1978, ist die Verwirklichung des Abgabentatbestandes, was den Umfang der Schaffung von Abstellmöglichkeiten anlangt, ausschließlich vom korrespondierenden, rechtskräftig gewordenen Befreiungsbescheid abhängig gemacht (Erkenntnis vom , Zlen. 83/17/0112, 0113). Sowohl nach der Tiroler als auch nach der Wiener Rechtslage ist sohin bei Festsetzung der Ausgleichsabgabe vom Inhalt des Befreiungsbescheides auszugehen (Erkenntnis vom , Zl. 85/17/0070) bzw. es ist die Abgabenbehörde an die baubehördliche Feststellung darüber, daß das bewilligte Bauvorhaben um eine bestimmte Anzahl von Stellplätzen hinter dem gesetzlichen Ausmaß zurückbleibt, gebunden (Erkenntnis vom , Zl. 86/17/0006).
§ 2 der genannten Verordnung sieht in diesem Sinne als Voraussetzung für die Abgabepflicht nur die Befreiung von der Stellplatzpflicht vor. Daß auch die Errichtung des Gebäudes, aus Anlaß der Erteilung der Baubewilligung, für welches die Befreiung von der Stellplatzpflicht ausgesprochen wurde, Voraussetzung für die Abgabepflicht sei, ist in § 2 der Verordnung nicht vorgesehen. § 4 Abs. 1 der Verordnung sieht auch ausdrücklich vor, daß der Abgabenanspruch mit Eintritt der Rechtskraft des Baubescheides entstehe. Die Bezugnahme auf die "Eigentümer von Bauwerken, welchen ... Ausnahmen gewährt wurden" in § 2 ist daher im systematischen Zusammenhang nicht dahingehend zu verstehen, daß das Bauwerk, im Zusammenhang mit dessen Bewilligung die Ausnahme gewährt wurde, im Zeitpunkt der Abgabenvorschreibung bereits errichtet sein muß. Diese Bezugnahme auf die Eigentümer des Bauwerks bedeutet vielmehr lediglich die Festlegung des persönlichen Geltungsbereiches der Abgabennorm. Für den Fall, daß die Baubewilligung durch Zeitablauf erlischt, sieht § 4 Abs. 2 der Verordnung einen Rückerstattungsantrag vor. Wird das Bauvorhaben, das die Abgabepflicht ausgelöst hat, nicht ausgeführt, erlischt gemäß § 36 Abs. 1 Baugesetz die Baubewilligung. Der Abgabepflichtige hat in diesem Fall den Rückerstattungsanspruch.
Daraus ergibt sich, daß der Tatbestand, an den die Verordnung die Abgabepflicht knüpft, mit der Rechtskraft der baubehördlichen Bewilligung der Erleichterungen oder Ausnahmen gemäß § 12 Abs. 7 Vlbg Baugesetz erfüllt ist. Gegen diese Regelung bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken, handelt es sich bei der gegenständlichen Abgabe doch um eine Gemeindeabgabe aufgrund freien Beschlußrechtes der Gemeinde gemäß § 8 Abs. 5 F-VG, demzufolge der Landesgesetzgeber zwar die wesentlichen Merkmale der Abgabe, insbesondere ihr höchstzulässiges Ausmaß zu bestimmen hat, im übrigen aber die Konkretisierung des Abgabentatbestandes (sohin auch die Festlegung des Zeitpunktes des Entstehens des Anspruches) der Gemeinde überlassen kann. Daher kam auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkennntnis vom , V 108/95, Slg. Nr. 14.523, im Zusammenhang mit der hier gegenständlichen Ausgleichsabgabeverordnung der mitbeteiligten Stadtgemeinde zum Ergebnis, daß dem Vorarlberger Baugesetz keine eindeutige Aussage über den Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld, die als Vorgabe für den Verordnungsgeber maßgebend wäre, zu entnehmen sei; die Gemeinde habe bei Erlassung der Verordnung unbedenklich davon ausgehen können, daß der Landesgesetzgeber eine Aussage zum Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld nicht getroffen und die Festlegung dieses Zeitpunktes ihrem freien Beschlußrecht überantwortet habe. Wie der Verfassungsgerichtshof in diesem Erkenntnis festgehalten hat, kann § 13 Abs. 2 Vlbg Baugesetz nur dann ein Sinn beigemessen werden, wenn der Bescheid über die Vorschreibung der Ausgleichsabgabe bereits geraume Zeit vor dem Beginn der Bauführung ergehen kann. Auch der Wendung "Eigentümer eines Bauwerkes" in § 13 Abs. 1 des Gesetzes ("Die Abgabepflicht trifft den Eigentümer eines Bauwerkes, der auf dem Grundstück oder in dessen Nähe ħ 12 Abs. 3ö die vorgeschriebenen Garagen oder Abstellplätze nicht schaffen kann.") kann somit im systematischen Zusammenhang lediglich hinsichtlich der Festlegung des Normadressaten, nicht jedoch hinsichtlich des Zeitpunkts der Entstehung des Abgabenanspruches normative Bedeutung beigemessen werden.
Der Abgabenanspruch entsteht daher gemäß § 3 Abs. 1 Vorarlberger Abgabenverfahrensgesetz, LGBl. Nr. 23/1984, mit der Rechtskraft des Ausnahmebewilligungsbescheides gemäß § 12 Abs. 7 des Baugesetzes. Auch im Lichte des § 3 Abgabenverfahrensgesetz ist daher die Vorschreibung der Abgabe im Beschwerdefall nicht rechtswidrig, insbesondere trifft es nicht zu, daß der Abgabentatbestand erst mit der Errichtung des Gebäudes erfüllt wäre. Die Regelung erweist sich aber auch aus dem Gesichtspunkt des Sachlichkeitsgebotes der Bundesverfassung als unbedenklich, da es nicht zu einer endgültigen Belastung mit der Abgabe kommt, wenn das Projekt, in dessen Zusammenhang die Abgabe vorgeschrieben wurde, nicht verwirklicht wird.
Die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit liegt daher nicht vor. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.