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VwGH vom 30.06.2006, 2003/03/0033

VwGH vom 30.06.2006, 2003/03/0033

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Berger und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des MP in W, vertreten durch Dr. Egon Duschek, Rechtsanwalt in 8720 Knittelfeld, Schulgasse 22, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , Zl. UVS 30.8-52/2002-7, betreffend Übertretungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinen Spruchpunkten 2) und

3) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Schwechat vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am um 12.00 Uhr im Gemeindegebiet von Schwechat, B 9, bei Strkm 4,4, als bestellter verantwortlicher Beauftragter der Firma P GmbH, gefährliche Güter der Klasse 8, Ziffer 16c ADR (UN 3260, Masse 510 kg, verpackt in Säcken aus Kunststoff) mit dem Lastkraftwagen mit dem Kennzeichen JU-1... und dem Anhängewagen mit dem Kennzeichen JU-9... als Beförderer befördert, obwohl 1) die Vorschriften über die Handhabung und Verstauung der Ladung nicht beachtet worden seien, da die Versandstücke nicht gegen das Verrutschen bzw Umfallen gesichert gewesen seien, 2) die Verwendung des Containers hinsichtlich der Kennzeichnung nicht zulässig gewesen sei, da der Container an der Vorder- und Rückseite nicht mit einem Gefahrzettel nach Muster Nr 8 versehen gewesen sei und die an beiden Längsseiten angebrachten Gefahrzettel nach Muster Nr 8 nicht den Vorschriften nach Anhang A.9 des ADR entsprochen hätten, weil sie keinen schwarzen Rand aufwiesen und die dargestellte Hand grau anstatt schwarz gewesen sei, und 3) dem Lenker die in den Sicherheitshinweisen nach Rn 10385 ADR vorgeschriebenen Ausrüstungsgegenstände nicht ordnungsgemäß übergeben worden seien, da ein geeigneter Atemschutz gefehlt hätte. Der Beschwerdeführer habe dadurch näher bezeichnete Bestimmungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes (GGBG) und ADR in Verbindung mit § 9 Abs 2 VStG verletzt. Über den Beschwerdeführer wurden gemäß § 27 Abs 1 Z 1 GGBG hinsichtlich jedes Spruchpunktes Geldstrafen in der Höhe von jeweils S 10.000,-- (20 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Niederösterreich vom wurde dieses Straferkenntnis wegen örtlicher Unzuständigkeit der Bundespolizeidirektion Schwechat aufgehoben.

Mit Verfügung vom trat die Bundespolizeidirektion Schwechat das beschwerdegegenständliche Verwaltungsstrafverfahren an die Bezirkshauptmannschaft Judenburg ab.

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom wurde der Beschwerdeführer (neuerlich) für schuldig erkannt, er habe am um 12.00 Uhr im Gemeindegebiet von Schwechat, B 9, bei Strkm 4,4, als bestellter verantwortlicher Beauftragter der Firma P GmbH, gefährliche Güter der Klasse 8, Ziffer 16c ADR (UN 3260), Herrn C als Lenker des Lastkraftwagens mit dem Kennzeichen JU-1... und des Anhängewagens mit dem Kennzeichen JU-9... zur Beförderung überlassen, obwohl er als Beförderer nicht dafür gesorgt habe, dass

1) die Vorschriften über die Handhabung und Verstauung der Ladung beachtet worden seien, da die Versandstücke nicht gegen das Verrutschen bzw Umfallen gesichert gewesen seien,

2) die Verwendung des Containers hinsichtlich der Kennzeichnung zulässig gewesen sei, weil der Container an der Vorder- und Rückseite nicht mit einem Gefahrzettel nach Muster Nr 8 versehen gewesen sei und die an beiden Längsseiten angebrachten Gefahrzettel nach Muster Nr 8 nicht den Vorschriften nach Anhang A.9 des ADR entsprochen hätten, weil sie keinen schwarzen Rand aufwiesen und die dargestellte Hand grau anstatt schwarz gewesen sei, und

3) dem Lenker die in den Sicherheitshinweisen nach Rn 10385 ADR vorgeschriebenen Ausrüstungsgegenstände ordnungsgemäß übergeben worden seien, da ein geeigneter Atemschutz gefehlt hätte.

Der Beschwerdeführer habe dadurch

1) Rn 10414 Abs 1 ADR iVm § 7 Abs 2 Z 4 und § 27 Abs. 1 Z 1 GGBG iVm § 9 Abs 2 VStG,

2) Rn 10500 Abs 9 und Rn 3902 ADR iVm § 7 Abs 2 Z 3 und § 27 Abs 1 Z 1 GGBG iVm § 9 Abs 2 VStG und

3) Rn 10260 lit c ADR iVm § 7 Abs 2 Z 7 und § 27 Abs 1 Z 1 GGBG iVm § 9 Abs 2 VStG verletzt.

Über den Beschwerdeführer wurden gemäß § 27 Abs 1 Z 1 GGBG jeweils Geldstrafen in der Höhe von EUR 727,-- (5 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung.

Die belangte Behörde führte am eine Berufungsverhandlung durch, in der der Beschwerdeführer ergänzend vorbrachte, neue Fahrer würden nach zwei Monaten einer Gefahrgutschulung unterzogen. Es gebe regelmäßig - etwa zweimal im Monat - Besprechungen zu Problemen beim Transport von Gefahrgut. Im Betrieb und beim Verlassen des Firmengeländes würden die Fahrzeuge genau kontrolliert. Die Fahrzeuge seien zur Ladungssicherung mit 8 Zurrgurten und Spannlatten für Motorwagen und Anhänger ausgerüstet. Wenn der Beschwerdeführer unterwegs einen Wagen antreffe, führe er stichprobenartige Kontrollen auch auf Parkplätzen durch. Der Lenker C P gab als Zeuge an, er werde vom Beschwerdeführer einmal im Monat am Firmengelände bei der Beladung kontrolliert, hingegen sei er beim Transport auf der Straße noch nicht kontrolliert worden. Zweimal jährlich gebe es auch eine Besprechung in Bezug auf Gefahrguttransporte; mit dem Beschwerdeführer werde laufend über Gefahrgutrecht gesprochen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses hinsichtlich der vorgeworfenen Tathandlungen wie folgt zu lauten habe:

Der Beschwerdeführer habe in seiner Eigenschaft als handelrechtlicher Geschäftsführer, somit als gemäß § 9 Abs 1 VStG Verantwortlicher, des weiteren als bestellter verantwortlicher Beauftragter für die Einhaltung der Bestimmungen des GGBG der Firma P GmbH mit Sitz in F, wie anlässlich einer Kontrolle am um 12.00 Uhr auf der B 9, auf Höhe Strkm 4,4, festgestellt worden sei, als Beförderer nicht dafür gesorgt, dass

C P als Lenker der Beförderungseinheit mit dem behördlichen Kennzeichen JU-1... und des Anhängewagens mit dem Kennzeichen JU- 9..., beladen mit 510 kg Bruttomasse, Gefahrgut der Klasse 8, Ziffer 16 c, ätzender saurer anorganischer fester Stoff n.a.g., UN-Nummer 3260, die Bestimmungen des GGBG beachte, weil

1) die Vorschriften über die Handhabung und Verstauung der Ladung (nicht) beachtet worden seien, da die Versandstücke nicht gegen das Verrutschen bzw Umfallen gesichert gewesen seien,

2) die Verwendung des Containers hinsichtlich der Kennzeichnung nicht zulässig gewesen sei, da der Container an der Vorder- und Rückseite nicht mit einem Gefahrzettel nach Muster 8 versehen gewesen sei, und

3) dem Lenker Ausrüstungsgegenstände (nicht), wie in den Sicherheitshinweisen nach Randnummer 10385 ADR vorgeschrieben, ordnungsgemäß übergeben worden seien, da ein geeigneter Atemschutz gefehlt habe.

Hinsichtlich des Strafausspruches blieb der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses unberührt.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Ladung - zehn Kunststoffsäcke zu je 50 kg - sei schon beim Beladen derart verrutscht, dass ein Sack von der Palette, auf der die Säcke lose lagen, heruntergerutscht und zwischen die Ladebordwand und die Palette gerutscht sei, was vom Lenker im Zuge des Beladens festgestellt aber nicht beanstandet worden sei. Der Lenker selbst habe schon beim Beladen erkannt, dass nur durch die Verwendung einer geeigneten Schrumpffolie die Säcke vor der Gefahr des Verrutschens gesichert werden könnten. Die Beförderungseinheit sei an der Front- und an der Rückseite durch orange Warntafeln gekennzeichnet gewesen, rechts und links am Wechselaufbau des Anhängewagens sei ein Gefahrzettel nach Muster 8 angebracht gewesen. An der Front- und Rückseite des Containers, Wechselaufbau, seien keine Gefahrzettel angebracht gewesen. Weiters sei der Beschwerdeführer durch die Angabe des Kontrollortes Schwechat und der Tatzeit ausreichend vor Doppelbestrafung geschützt. Die Inanspruchnahme der Freigrenze im Sinne der Rn 10011 ADR sei nicht zwingend vorgeschrieben, woraus der Schluss zu ziehen sei, dass bei Nichtinanspruchnahme der Freigrenze - der Lkw hätte die Warntafeln aufgeklappt gehabt - eine ADR-konforme Bezettelung durchzuführen sei. Der Lenker der Beförderungseinheit habe somit die Möglichkeit, entweder die Regelung der Rn 10011 ADR in Anspruch zu nehmen und seine Beförderungseinheit nicht zu kennzeichnen, oder diese Regelung nicht in Anspruch zu nehmen und regelungskonform die Warntafeln aufzuklappen und die geforderten Gefahrzettel, hier nach Muster 8, anzubringen. Zum Verschulden führte die belangte Behörde aus, mit dem Vorbringen, es seien Dienstanweisungen an die Fahrer erteilt worden, es gebe regelmäßige Ausfahrkontrollen im Betrieb, gelegentlich wiederkehrende Besprechungen mit den Fahrern und halbjährliche Schulungen, habe der Beschwerdeführer kein ausreichendes Kontrollsystem dargetan. Der seit zehn Jahren im Betrieb des Beschwerdeführers beschäftigte Lenker C habe angegeben, noch nie auf einer Fahrtstrecke kontrolliert worden zu sein. Kontrollen der Gegenstände würden immer nur im Betrieb stattfinden. Der Beschwerdeführer kontrolliere beim Verlassen des Betriebsgeländes die Fahrer und die Kraftfahrzeuge. Eine Kontrolle während der Fahrt, an den entsprechenden Be- bzw Entladeorten habe der Beschwerdeführer aber nicht behauptet. Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde aus, die Verwaltungsübertretungen des Beschwerdeführers würden insgesamt ein hohes Ausmaß an Fahrlässigkeit darstellen, welches diametral zum behaupteten Kontrollsystem stehe. Erschwerungs- und Milderungsgründe habe es keine gegeben, sodass die Verhängung der Mindeststrafe schuldangemessen sei, auch seien die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers berücksichtigt worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Akten, Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde und Äußerung zur Gegenschrift durch den Beschwerdeführer erwogen:

1. Nach der im Zeitpunkt der Tat geltenden Rechtslage ist das Gefahrgutbeförderungsgesetz, BGBl I Nr 145/1998 idF BGBl I Nr 108/1999 (GGBG), gemäß seinem § 1 Abs 1 Z 1 auf die Beförderung gefährlicher Güter ganz oder teilweise auf Straßen mit öffentlichem Verkehr (§ 1 Abs 1 StVO 1960, BGBl Nr 159/1960) anzuwenden, wenn die Beförderung nicht ausschließlich innerhalb eines geschlossenen Betriebsgeländes stattfindet.

Gemäß § 2 Z 1 lit a GGBG gelten für die Beförderung gefährlicher Güter gemäß § 1 Abs 1 Z 1 innerhalb Österreichs sowie mit einem in einem Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes registrierten oder zum Verkehr zugelassenen Fahrzeug von Österreich in einen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes und von einem Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes nach Österreich:

"die Anlagen A und B der Richtlinie 94/55/EG des Rates vom zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für den Gefahrguttransport auf der Straße, ABl. Nr. L 319 vom , S 7, in der Fassung der Richtlinie 1999/47/EG der Kommission vom , ABl. Nr. L 169 vom , S 1".

Gemäß § 7 Abs 2 GGBG dürfen gefährliche Güter nur befördert werden, wenn - unter anderem - die Verwendung der Verpackung einschließlich Großpackmittel (IBC) als Versandstück oder die Verwendung des Containers oder Tanks gemäß § 4 zulässig ist (Z 3), die Bestimmungen der gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften über die Beförderungsart, die Höchstmengen, das Zusammenladen, die Handhabung und Verstauung sowie das Reinigen oder Entgiften oder anders Dekontaminieren erfüllt sind (Z 4), und dem zuständigen bei der Beförderung tätigen Personal die in den gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften vorgeschriebenen Begleitpapiere und Ausstattungsgegenstände sowie gegebenenfalls der Bescheid über die Ausnahmebewilligung gemäß § 9 übergeben worden sind, soweit dieses nicht bereits im Besitz dieser Gegenstände oder Papiere ist (Z 7).

Gemäß § 27 Abs 1 Z 1 GGBG begeht, wer als Beförderer gefährliche Güter entgegen § 7 Abs 2 befördert, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von

S 10.000,-- bis S 600.000,-- (EUR 726,73 bis EUR 43.603,70) zu bestrafen.

2. Im vorliegenden Fall fand eine Beförderung im Sinne des § 2 Z 1 lit a GGBG, nämlich innerhalb Österreichs, statt. Es war daher die in dieser Bestimmung genannte Richtlinie in der angeführten Fassung (im Folgenden: Richtlinie/ADR) anzuwenden. Die in § 2 Z 1 GGBG angeführte Richtlinie 1999/47/EG, mit der eine Änderung der Richtlinie 94/55/EG erfolgt ist, ist jene Richtlinie, mit der die Richtlinie/ADR im Zeitpunkt der Erlassung der Novelle BGBl I Nr 108/1999 zuletzt geändert worden war. Vor dieser Änderung war die Richtlinie/ADR auch durch die Richtlinie 96/86/EG geändert worden. Mit der Richtlinie/ADR wurden die Regelungen des Europäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR; Stammfassung im BGBl Nr 522/1973) in das Gemeinschaftsrecht umgesetzt (siehe dazu die Erwägungsgründe 2 und 12 der Richtlinie 94/55/EG). Da der Inhalt der Richtlinie/ADR mit dem ADR übereinstimmt, wird der Beschwerdeführer nicht dadurch in Rechten verletzt, wenn die belangte Behörde die inhaltsgleiche Regelung des ADR herangezogen hat (vgl etwa das Erkenntnis vom , Zl 2003/03/0168).

3. Zur Verjährung:

Der Beschwerdeführer bringt zunächst - wie schon in seiner Berufung - vor, ihm sei während des gesamten Verwaltungsstrafverfahrens als Tatort stets Schwechat ("im Gemeindegebiet von Schwechat, bei StrKm 4,4") und als Tatzeit stets die am um 12.00 Uhr durchgeführte Kontrolle des Lkw und des Anhängewagens mit den bezeichneten Kennzeichen zur Last gelegt worden. Bei Unterlassungsdelikten in Zusammenhang mit dem Betrieb eines Unternehmens sei der Tatort der Sitz des Unternehmens, welcher aber in W gelegen sei. Deshalb sei auch die Tatzeit unrichtig, weil der Beschwerdeführer die Verwaltungsübertretungen nicht anlässlich der Kontrolle am um 12.00 Uhr habe begehen können. Eine taugliche Verfolgungshandlung mit dem richtigen Tatort- bzw Tatzeitvorwurf sei gegenüber dem Beschwerdeführer innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist nicht gesetzt worden.

Gemäß § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs 2 und 3) vorgenommen worden ist.

Gemäß § 31 Abs 2 VStG beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

Gemäß § 32 Abs 2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung und dgl), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl die Erkenntnisse vom , Zl 97/03/0120, mwN, und vom , Zl 2000/10/0024) bildet das Zurkenntnisbringen einer Anzeige, in der die Tat hinsichtlich aller, der späteren Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente eindeutig umschrieben ist, verbunden mit der Aufforderung zur Rechtfertigung eine den Eintritt der Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs 2 VStG (vgl in diesem Sinn auch das Erkenntnis vom , Zl 2000/03/0342).

Ausnahmen vom Grundsatz, wonach eine taugliche Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs 2 VStG unter anderem die Nennung des richtigen Tatortes und der Tatzeit voraussetzt, kommen unter Rechtsschutzgesichtspunkten dann in Betracht, wenn im Zweifel der Sitz des Unternehmens als Tatort anzusehen ist und mit Rücksicht auf die sonst angeführten Sachverhaltselemente kein Zweifel übrig bleibt, auf welchen konkreten Tatvorwurf abgestellt wird (vgl die Erkenntnisse vom , Zl 2003/03/0231, und vom , Zlen 2003/03/0094 und 2003/03/0149).

Im vorliegenden Beschwerdefall forderte die Bundespolizeidirektion Schwechat mit Schreiben vom den Beschwerdeführer gemäß §§ 40 und 42 VStG auf, sich zu den ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen zu rechtfertigen. Diese Aufforderung war persönlich an den Beschwerdeführer,

"p. Adr. Firma P GmbH" unter Anführung der Adresse des Unternehmenssitzes der P GmbH gerichtet, die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen wurden dem Beschwerdeführer "als bestelltem verantwortlichem Beauftragten der Firma P GmbH" zur Last gelegt. Es tut daher im Sinne der dargestellten Rechtsprechung der ausreichenden Konkretisierung der Tat keinen Abbruch, dass nicht ausdrücklich der Sitz des Unternehmens, sondern der Ort der Kontrolle als Tatort angeführt wurde. Ebenso ist die Tatzeit mit der Angabe des Tages der Kontrolle ausreichend konkretisiert. Auf Grund dieser Umschreibung der vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen war der Beschwerdeführer in die Lage versetzt, seine Verteidigungsrechte wahrzunehmen, ebenso war er vor einer Doppelbestrafung geschützt.

Die Verjährungsfrist begann am Tattag, dem , zu laufen und endete daher gemäß § 31 Abs 2 VStG am . Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers wurde daher durch die Aufforderung zur Rechtfertigung vom - dass diese durch die örtlich unzuständige Bundespolizeidirektion Schwechat erfolgte, schadet nicht (vgl § 32 Abs 2 VStG) - vor Ablauf der Verjährungsfrist eine taugliche Verfolgungshandlung gemäß § 32 Abs 2 VStG vorgenommen.

4. Zu Spruchpunkt 1 (Ladegutsicherung)

Zu Spruchpunkt 1) des angefochtenen Bescheides bringt der Beschwerdeführer vor, dass durch das bereits bei der Beladung erfolgte Verrutschen eines Kunststoffsackes die Ladung insgesamt derart fixiert worden sei, dass ein weiteres Verrutschen der Ladung bzw ein Verändern der Lage der Ladung zueinander sowie zu den Wänden des Fahrzeuges über die Geringfügigkeitsgrenze hinaus nicht mehr möglich gewesen sei.

Rn 10414 Abs 1 der Anlage B der Richtlinie/ADR bestimmt:

"(1) Die einzelnen Teile einer Ladung mit gefährlichen Gütern müssen auf dem Fahrzeug so verstaut oder durch geeignete Mittel gesichert sein, dass sie ihre Lage zueinander sowie zu den Wänden des Fahrzeugs nur geringfügig verändern können. Die Ladung kann z. B. durch Zurrgurte, Klemmbalken, Transportschutzkissen, rutschhemmende Unterlagen gesichert werden. Eine ausreichende Ladungssicherung im Sinne des ersten Satzes liegt auch vor, wenn die gesamte Ladefläche in jeder Lage mit Versandstücken vollständig ausgefüllt ist."

Auf einem im Verwaltungsakt aufliegenden Lichtbild mit den Ladungsstücken ist der zwischen dem Stapel mit den (übrigen) Säcken und der Fahrzeugwand eingeklemmte Sack erkennbar. Dieser Umstand stellt schon deshalb keine der zitierten Bestimmung entsprechende Verstauung bzw Sicherung dar, weil - wie dem Lichtbild ebenfalls zu entnehmen ist, im angefochtenen Bescheid festgestellt und vom Beschwerdeführer nicht bestritten wurde - (weitere) Säcke auf der Palette "lose lagen" und somit nicht entsprechend gesichert waren. Die Ladung war auch nicht etwa dadurch gesichert, dass die gesamte Ladefläche im Sinne des letzten Satzes der genannten Bestimmung in jeder Lage mit Versandstücken vollständig ausgefüllt gewesen wäre.

Auch die Bedenken gegen die ausreichende Bestimmtheit des - im angefochtenen Bescheid abgeänderten - Spruchpunktes 1) werden vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt, zumal der Beschwerdeführer auf Grund der oben wiedergegebenen Umschreibung seines Verhaltens im Spruchpunkt 1) in die Lage versetzt wurde, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten und keine Gefahr der Doppelbestrafung besteht. Auf welche Art und Weise die Ladung ihre Lage zueinander sowie zu den Wänden des Fahrzeuges - über die Geringfügigkeitsgrenze hinaus - hätte verändern können, muss gemäß § 44a VStG im Spruch des Verwaltungsstrafbescheides nicht konkretisiert sein (vgl nochmals das bereits zitierte Erkenntnis vom , Zl 2003/03/0168).

Auch die subjektive Tatseite ist erfüllt. Beim vorliegenden Delikt als Ungehorsamsdelikt ist gemäß § 5 Abs 1 VStG Fahrlässigkeit anzunehmen, es sei denn, der Beschuldigte macht glaubhaft, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dies ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann der Fall, wenn der Beschuldigte im Betrieb ein wirksames Kontrollsystem eingerichtet hat, sodass er unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten konnte. Nur ein solches, durch den Beschuldigten eingerichtetes Kontrollsystem hätte daher exkulpierende Wirkung. Ein solches liegt aber nur dann vor, wenn dadurch die Überwachung des Zustandes aller im Betrieb eingesetzter Fahrzeuge jederzeit sichergestellt werden kann (vgl die Erkenntnisse vom , Zl 2002/03/0191, vom , Zl 2001/03/0429, und vom , Zl 2001/03/0322). Im Lichte dieser Rechtsprechung begegnet die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer - der gegen den Verschuldensvorwurf in der Beschwerde nichts Konkretes vorbringt - habe mit seinem im Verwaltungsstrafverfahren erstatteten Vorbringen kein ausreichendes Kontrollsystem dargetan, keinen Bedenken.

Schließlich gelten die Bestimmungen über die Ladegutsicherung im 4. Abschnitt der Anlage B der Richtlinie/ADR, zu denen Rn 10414 (betreffend Handhabung und Verstauung) gehört, unabhängig davon, ob die Menge der beförderten gefährlichen Güter unterhalb der Freigrenzen liegt, sodass die im Folgenden noch zu behandelnde Freigrenzenregelung nach Rn 10011 ADR im Zusammenhang mit Spruchpunkt 1) des angefochtenen Bescheides nicht von Belang ist.

Die Beschwerde war daher insoweit, als sie sich gegen Spruchpunkt 1) des angefochtenen Bescheides richtet, gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Zu Spruchpunkt 2) und 3) (Kleinmengentransport)

In Bezug auf die Spruchpunkte 2) und 3) des angefochtenen Bescheides rügt der Beschwerdeführer, die Inanspruchnahme der Freigrenzen und der Regelungen nach Rn 10011 ADR erfolge - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - gemäß Rn10012 Abs 1 ADR ausschließlich dadurch, dass im Beförderungspapier der Vermerk "Beförderungen ohne Überschreitung der nach Rn 10011 vorgeschriebenen Freigrenzen" aufgenommen werde. Eine "Verwirkung" der Inanspruchnahme der Freigrenzen durch Aufklappen bzw Nichtverdecken von Warntafeln sei weder dem GGBG noch dem ADR zu entnehmen.

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht:

Gemäß Anlage B Rn 10011 Abs 1 der Richtlinie/ADR gelten Erleichterungen für Kleinmengentransporte, bei denen bestimmte Freigrenzen nicht überschritten werden. Rn 10011 Abs 1 und 2 lauten:

"(1) Gefährliche Güter in Versandstücken dürfen in einer Beförderungseinheit befördert werden, ohne dass die Vorschriften dieser Anlage, mit Ausnahme der nachstehend genannten, anzuwenden sind:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
Allgemeine Vorschriften - Rn. 10 010 bis 10 099,
-
Beförderungsart des Gutes - I. Teil und II. Teil Abschnitte 1 Rn. XX 100 bis Rn. XX 199,
-
Feuerlöschmittel - Rn. 10 240 (1) a),
-
Tragbare Beleuchtungsgeräte - Rn. 10 353,
-
Begleitpapiere und gegebenenfalls Texte von Sondervereinbarungen - Rn. 10 381 (1),
-
Besondere Vorschriften für das Beladen, Entladen und für die Handhabung - I. Teil und II. Teil Abschnitte 4, ausgenommen die Einschränkungen nach dem II. Teil Rn. XX 407,
-
Überwachung der Fahrzeuge, die gefährliche Güter in Mengen befördern, die bestimmte in den Rn. 10 321 und XX 321 genannte Grenzen überschreiten,
-
Verbot von Feuer und offenem Licht beim Beladen, Entladen und bei der Beförderung von Stoffen und Gegenständen der Klasse 1 - Rn. 11 354,
-
Ausreichende Belüftung der Fahrzeuge, die bestimmte Gase der Klasse 2 befördern Rn. 21 212,
sofern die Gesamtmenge je Beförderungseinheit die in den Absätzen (2) und (3) angegebenen Werte nicht übersteigt, und vorbehaltlich der Vorschriften des Absatzes (4).

(2) Werden gefährliche Güter derselben Beförderungskategorie, wie in der folgenden Tabelle festgelegt, in derselben Beförderungseinheit befördert, gilt die in dieser Tabelle angegebene höchstzulässige Gesamtmenge je Beförderungseinheit:

..."

Als höchstzulässige Gesamtmenge je Beförderungseinheit ist für Güter der Beförderungskategorie 3 "1000" angeführt. Für feste Stoffe, verflüssigte Gase, tiefgekühlt verflüssigte Gase und unter Druck gelöste Gase bedeutet "höchstzulässige Gesamtmenge je Beförderungseinheit" gemäß Rn 10011 Abs 2 die Nettomasse in kg.

Zu den Vorschriften, die auch bei Inanspruchnahme dieser Kleinmengenregelung anzuwenden sind, gehört zwar die oben behandelte Rn 10414 im Abschnitt 4 dieser Anlage (Besondere Vorschriften für das Beladen, Entladen und für die Handhabung - I. Teil und II. Teil Abschnitte 4), jedoch sind die Randnummern 10500 Abs 9 und 3902, auf die in Spruchpunkt 2) des mit dem angefochtenen Bescheid übernommenen erstinstanzlichen Straferkenntnisses abgestellt wird, und die Randnummern 10260 lit c und 10385, auf die im Spruchpunkt 3) Bezug genommen wird, in Rn 10011 Abs 1 nicht angeführt.

Die belangte Behörde deutete allerdings den Umstand, dass beim kontrollierten Lkw die Warntafeln aufgeklappt waren, dahingehend, dass der Beschwerdeführer die Freigrenzen nach Rn 10011 Richtlinie/ADR nicht in Anspruch genommen habe und deshalb "eine ADR-konforme Bezettelung" durchzuführen gehabt hätte.

Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Gemäß Rn 10012 Abs 1 ADR ist im Falle der nach Rn 10011 vorgesehenen Befreiungen in das nach Rn 2002 (3) vorgeschriebene Beförderungspapier zusätzlich zu den in Kapitel B der besonderen Vorschriften der Anlage A für die jeweilige Klasse aufgeführten Vermerk folgende Angabe aufzunehmen: "Beförderung ohne Überschreitung der nach Rn 10011 festgesetzten Freigrenzen."

Der gemäß Rn 10012 Abs 1 ADR erforderliche Vermerk "Beförderung ohne Überschreitung der nach Rn 10011 festgesetzten Freigrenzen" war - unstrittig - auf dem im Verwaltungsakt aufliegenden Beförderungspapier der Firma D (der Versandstelle) vom in Form einer Stampiglie angebracht. Ebenso waren auf diesem Papier die weiteren gemäß Rn 10012 Abs 1 ADR erforderlichen Angaben enthalten. An weitere Voraussetzungen ist die Inanspruchnahme der Befreiungen nach Rn 10011 Richtlinie/ADR aber nicht geknüpft. Wenn aber im vorliegenden Fall Gefahrgut unter Ausnutzung der Freigrenzen nach der Rn 10011 Abs 1 Richtlinie/ADR durchgeführt wurde, waren weder die Randnummern 10500 Abs 9 der Anlage B der Richtlinie/ADR und 3902 der Anlage A der Richtlinie/ADR (betreffend die nicht ordnungsgemäße Kennzeichnung des Containers), noch die Randnummern 10260 lit c und 10385 der Anlage B der Richtlinie/ADR (betreffend das Fehlen eines geeigneten Atemschutzes) anwendbar, weshalb der angefochtene Bescheid in seinen Spruchpunkten 2) und

3) mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet ist.

6. Der angefochtene Bescheid war daher in seinen Spruchpunkten 2) und 3) gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, während die Beschwerde, soweit sie sich gegen Spruchpunkt 1) richtet, gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.

Wien, am