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VwGH vom 06.08.1996, 96/17/0078

VwGH vom 06.08.1996, 96/17/0078

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der N-GesmbH in W, vertreten durch Mag. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien vom , Zl. MD-VfR-E 20/95, betreffend Stundung einer Ausgleichsabgabe nach Wiener Garagengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 70 der Wiener Bauordnung die baubehördliche Bewilligung für den Ausbau des Dachbodens zur Schaffung von drei Maisonettenwohnungen eines Gebäudes auf einer Liegenschaft im 2. Wiener Gemeindebezirk erteilt. Gleichzeitig wurde festgestellt, daß die Anzahl der Pflichtstellplätze, welche gemäß § 36 Abs. 1 des Wiener Garagengesetzes, LGBl. Nr. 22/1957 in der derzeit geltenden Fassung, durch die Bauführung geschaffen werden müßten, um drei Stellplätze hinter der gesetzlichen Stellplatzpflicht zurückbleibe. Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 41 Abs. 1 und 2 und § 42 des Wiener Garagengesetzes, LGBl. Nr. 22/1957, in der derzeit geltenden Fassung, in Verbindung mit § 2 der Verordnung der Wiener Landesregierung zur Durchführung des Wiener Garagengesetzes, LGBl. für Wien Nr. 9/1975, in der derzeit geltenden Fassung, die Ausgleichsabgabe in der Höhe von S 240.000,-- vorgeschrieben. Mit Schreiben vom suchte die Beschwerdeführerin um Stundung des vorgeschriebenen Betrages "bis Fertigstellung des Dachausbaues" an. Mit Schreiben vom des Magistrates der Stadt Wien wurde die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die Voraussetzung des Nachweises, daß die Einbringlichkeit des Abgabenrückstandes durch den Zahlungsaufschub nicht gefährdet werde, ersucht, eine Bankgarantie vorzulegen oder für den Fall, daß keine Bankgarantie beigebracht werde, einen anderen Vorschlag zur Sicherstellung der Abgabenschuld zu unterbreiten. Mit Bescheid vom des Magistrates der Stadt Wien wurde der Antrag gemäß § 160 Wiener Abgabenordnung, LGBl. für Wien Nr. 21/1962, in der derzeit geltenden Fassung, abgewiesen. Begründend führte die Behörde erster Instanz nach Wiedergabe des § 160 WAO aus, daß das Ansuchen abgewiesen hätte werden müssen, da trotz Aufforderung vom keine entsprechende Sicherstellung beigebracht worden sei. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom Berufung und begründete diese mit dem Hinweis darauf, daß die Ausbauarbeiten des Dachbodens des Hauses im 2. Wiener Gemeindebezirk noch nicht begonnen worden seien und daher um Stundung des geforderten Betrages bis Baufertigstellung ersucht werde. Über diese Berufung erging zunächst eine Berufungsvorentscheidung vom , in der die Behörde erster Instanz einerseits neuerlich begründend darauf hinwies, daß die Beschwerdeführerin trotz Aufforderung keine Sicherstellung beigebracht habe, sodaß die Einbringlichkeit der Abgabe durch den Zahlungsaufschub gefährdet erscheine, andererseits aber auch festhält, daß die Beschwerdeführerin weder in ihrem Antrag noch in der Berufung angegeben habe, aus welchen Gründen die sofortige und volle Entrichtung des Abgabebetrages für die Beschwerdeführerin mit erheblichen Härten verbunden wäre. Die Beschwerdeführerin brachte einen Vorlageantrag ein. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Begründend wird nach Wiedergabe des Inhalts des § 160 Abs. 1 der Wiener Abgabenordnung (WAO) zunächst darauf hingewiesen, daß gegen den Bemessungsbescheid betreffend die Ausgleichsabgabe kein Rechtsmittel erhoben worden sei. Es liege somit eine rechtskräftige Abgabenvorschreibung vor; die Entrichtung einer rechtskräftig vorgeschriebenen Abgabe könne grundsätzlich keine erhebliche Härte darstellen, da sie nur die Erfüllung eines gesetzlichen Gebotes bilde.

Worin ungeachtet der rechtskräftigen Abgabenfestsetzung die erhebliche Härte für die Berufungswerberin im Falle der sofortigen Entrichtung der Abgabe liege, sei weder im Stundungsantrag noch in der der Berufung dargelegt worden. Sowohl im Stundungsantrag als auch in der Berufung führe die Beschwerdeführerin lediglich an, daß mit dem mit dem Baubewilligungsbescheid vom bewilligten Ausbau des Dachbodens noch nicht begonnen worden sei und daher um Stundung bis zur Fertigstellung des Dachbodenausbaues angesucht werde. Die Beschwerdeführerin übersehe, daß dieses Vorbringen nichts darüber aussage, worin die erhebliche Härte im Falle der sofortigen Entrichtung der Abgabe liegen solle. Daß finanzielle Mittel zur Entrichtung der rechtskräftig vorgeschriebenen Ausgleichsabgabe in der Höhe von S 240.000,-- nicht vorhanden seien, habe die Berufungswerberin in ihren Schriftsätzen nicht einmal behauptet.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei das Tatbestandsmerkmal der "erheblichen Härte" dann anzunehmen, wenn die sofortige Einziehung dem Abgabepflichtigen, gemessen an den sonstigen Verbindlichkeiten und unter Berücksichtigung seiner anzuerkennenden Interessen an der Erhaltung und am Bestand der ihm zur Verfügung stehenden Erwerbsquellen, nicht zugemutet werden könne. Da im vorliegenden Fall weder das Vorbringen der Beschwerdeführerin, noch die Aktenlage Anhaltspunkte dafür böten, daß die sofortige Entrichtung der Ausgleichsabgabe nach dem Wiener Garagengesetz für die Beschwerdeführerin mit erheblichen Härten verbunden wäre, habe die Berufung erfolglos bleiben müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung im Recht, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 160 WAO Zahlungserleichterungen zu erlangen, geltend gemacht wird. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes bekämpft die Beschwerdeführerin den angefochtenen Bescheid insbesondere mit dem Hinweis, daß die belangte Behörde den Bescheid ohne konkrete Tatsachenfeststellungen erlassen hätte. Dem angefochtenen Bescheid seien keine ausdrücklichen Tatsachenfeststellungen zu entnehmen.

Es könne dem von der belangten Behörde ermittelten Sachverhalt nicht entnommen werden, daß keine erheblichen Härten im Sinne des § 160 WAO vorlägen.

2. Die Beschwerdeführerin übersieht mit diesem Vorbringen - worauf die belangte Behörde in der Gegenschrift zu Recht hinweist -, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der § 160 WAO vergleichbaren Bestimmung des § 212 BAO und zu vergleichbaren Bestimmungen anderer Landesabgabenordnungen (vgl. z.B. § 160 Tiroler Landesabgabenordnung) den Antragsteller um eine Begünstigung (etwa die Stundung der Entrichtung einer Abgabe) tatsächlich die Verpflichtung trifft, die Umstände, die das Vorliegen einer erheblichen Härte begründen können, zu behaupten und auch näher zu konkretisieren (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 84/14/0182, vom , Zl. 83/17/0114, oder zur Tiroler Landesabgabenordnung vom , Zl. 86/17/0110).

Der Grundsatz der amtswegigen Sachverhaltsermittlung tritt nach dieser Judikatur gegenüber der erhöhten Mitwirkungspflicht der die Begünstigung anstrebenden Partei in den Hintergrund. Es kann der belangten Behörde daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie in dem bloßen Hinweis in der Berufung auf den Umstand, daß mit dem in Rede stehenden Bauvorhaben noch nicht begonnen worden sei, keine Erfüllung dieser Behauptungs- und Konkretisierungspflicht gesehen hat.

3. Die Entrichtung einer rechtskräftig festgesetzten Abgabe ist für sich allein gesehen grundsätzlich keine erhebliche Härte im Sinn des § 160 WAO.

4. Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft die Beschwerdeführerin den angefochtenen Bescheid dahingehend, daß sich die belangte Behörde nicht mit dem Hinweis darauf begnügen hätte dürfen, daß die Beschwerdeführerin kein Vorbringen zum Vorliegen erheblicher Härten erstattet hätte.

Die belangte Behörde hätte die anwaltlich nicht vertretene Einschreiterin im Hinblick auf deren Vorbringen in der Berufung zumindest zur ergänzenden Stellungnahme darüber auffordern müssen, aus welchen Gründen sie vom Vorliegen einer erheblichen Härte ausgehe. Die Behörde hätte der Einschreiterin so Gelegenheit gegeben, ihre Rechte und rechtlichen Interessen im Sinne des § 90 Abs. 2 WAO geltend zu machen. Zu diesem Vorbringen ist darauf hinzuweisen, daß entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Angaben, die eine Beurteilung des Vorliegens einer erheblichen Härte ermöglichen können, grundsätzlich bereits im Antrag, mit dem um die Begünstigung angesucht wird, enthalten sein, vom Begünstigungswerber also aus eigenem Antrieb (initiativ) geltend gemacht werden müssen. Wenngleich die Abgabenbehörden sämtliche bis zur Erlassung der Entscheidung bekanntwerdenden Sachverhaltselemente bei der Entscheidung berücksichtigen müssen und die Abgabenbehörden auch im Fall der erhöhten Mitwirkungspflicht der Partei nicht von der Verpflichtung zur Wahrung des Parteiengehörs entbunden sind, besteht jedoch keine Verpflichtung der Abgabenbehörden, die Abgabenpflichtigen zur Erstattung weiteren Vorbringens aufzufordern. Soweit sich die Beschwerdeführerin auf § 90 Abs. 2 BAO beruft, ist darauf hinzuweisen, daß § 90 Abs. 2 den Grundsatz des Parteiengehörs normiert. § 90 Abs. 2 WAO entspricht insofern § 115 Abs. 2 BAO (vgl. auch § 183 BAO). Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa in dem bereits genannten Erkenntnis vom , Zl. 84/14/0182, unter Hinweis auf das Erkenntnis vom , Zl. 83/13/0040, ausgesprochen hat, setzt erst ein konkretes Vorbringen des Abgabepflichtigen, aus welchen Gründen die sofortige Abgabeneinhebung für ihn mit einer erheblichen Härte verbunden wäre, die Abgabenbehörde in die Lage, das Vorbringen auf seine Stichhaltigkeit hin zu überprüfen und kontrollierend ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht gemäß § 115 (Abs. 1) BAO zu entsprechen. Zwischen der Einräumung des Parteiengehörs und einer Aufforderung zur Erstattung weiteren Vorbringens ist zu unterscheiden. Auch wenn man das Vorbringen in der Beschwerde dahingehend verstehen wollte, daß die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Parteiengehörs geltend machen möchte, wäre für die Beschwerdeführerin nichts gewonnen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 88/16/0148, vom , Zl. 91/16/0019, oder vom , Zl. 91/13/0256, u.v.a.) liegt es am Berufungswerber, zu den in der Begründung einer Berufungsvorentscheidung enthaltenen Sachverhaltsfeststellungen allenfalls ein Gegenvorbringen zu erstatten; stützt die Berufungsbehörde ihren Bescheid auf Feststellungen, die bereits in der Begründung der Berufungsvorentscheidung getroffen worden sind, liegt eine Verletzung des Parteiengehörs nicht vor. Auch der Hinweis auf § 90 WAO vermag der Beschwerde somit nicht zum Erfolg zu verhelfen.

5. Die behaupteten Rechtsverletzungen liegen daher nicht vor. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 als unbegründet abzuweisen.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.