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VwGH vom 17.12.1998, 96/16/0241

VwGH vom 17.12.1998, 96/16/0241

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa über die Beschwerde der I in K, vertreten durch Dr. Herwig Hammerer und Dr. Alois Autheried, Rechtsanwälte in Krems, Utzstr. 13, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, vom , Zl. GA 9-556/96, betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin schloß mit ihrer Cousine am einen "Kaufvertrag" über 9/224 Anteile an der Liegenschaft EZ. 235, KG Krems, wobei sie einen mit einem anteiligen Einheitswert von S 38.491,11 bewerteten Liegenschaftsanteil um einen Kaufpreis von S 10.000,-- erwarb.

Die Abgabenbehörde erster Instanz schrieb der Beschwerdeführerin in der Folge mit Bescheid vom Schenkungssteuer für jenen Betrag vor, um den der Einheitswert den Kaufpreis des Grundstückes, abzüglich des Freibetrages i.S.d. § 14 Abs. 1 Z. 3 ErbStG, überstieg.

In ihrer Berufung gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, der Wille der Vertragsparteien sei auf den Abschluß eines "entgeltlichen" Rechtsgeschäftes gerichtet gewesen. Ein "Scheingeschäft" zur Umgehung der Schenkungssteuer liege nicht vor, da mit den übertragenen Anteilen am Liegenschaftseigentum weder die Mehrheit der Liegenschaftsanteile, noch eine "Sperrminorität", noch eine Befugnis zur ausschließlichen Nutzung einer der Miteigentumsquote entsprechenden Grundfläche oder Wohnung verbunden sei. Aus der Miteigentumsquote ergebe sich lediglich die Berechtigung, zu 9/224 Anteilen an der Nutzung der Liegenschaft teilzuhaben.

Die Abgabenbehörde wies die Berufung in ihrer Berufungsvorentscheidung unter Hinweis auf § 3 Abs. 1 Z. 2 ErbStG ab.

Nach entsprechendem Antrag der Beschwerdeführerin wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung als unbegründet ab. Von einer "freigebigen Zuwendung" i.S.d. § 3 Abs. 1 Z. 2 ErbStG sei im konkreten Fall deshalb auszugehen, weil wirtschaftlich betrachtet (§ 21 BAO) eine Bereicherung im Vermögen der Beschwerdeführerin eingetreten sei. Die Beschwerdeführerin sei "tatsächlich" bereichert, auch wenn sie von der Liegenschaft derzeit noch keinen Gebrauch mache. Die Schenkungsabsicht lasse sich "aus dem Umstand allein, daß den Parteien das Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bekannt war und sie in dieser Form den Vertrag geschlossen haben", ableiten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin sieht sich durch den angefochtenen Bescheid dadurch in Rechten verletzt, daß ihr aus Anlaß des Kaufvertrages vom Schenkungssteuer vorgeschrieben wurde "statt den Erwerbsvorgang der Grunderwerbssteuer zu unterwerfen", sowie in ihrem "Recht auf ein gesetzmäßiges Verfahren".

Der Bundesminister für Finanzen legte die Akten und die Gegenschrift der belangte Behörde vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 ErbStG gelten als "Schenkung" im Sinne des ErbStG Schenkungen im Sinne des bürgerlichen Rechtes (Z. 1) und "jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird" (Z. 2).

Eine "freigebige Zuwendung" im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 2 ErbStG liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 84/15/0048 und vom , Zl. 89/16/0214, 0215) vor, wenn


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a)
die Zuwendung unter Lebenden erfolgt,
b)
der Bedachte auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird und sich der Bereicherung nicht bewußt ist (andernfalls würde eine Schenkung im bürgerlich-rechtlichen Sinn vorliegen) und
c) der Zuwendende den (einseitigen) Willen hat, den Bedachten auf seine Kosten zu bereichern, das heißt diesem unentgeltlich etwas zuzuwenden.
Da im vorliegenden Fall für den Liegenschaftsanteil ein Kaufpreis vereinbart war, stellt sich die Frage nach dem Vorliegen einer gemischten freigebigen Zuwendung. Auch dabei muß der Zuwendende den Willen haben, den Bedachten auf seine Kosten zu bereichern; dieser Bereicherungswille kann von der Abgabenbehörde aus dem Sachverhalt erschlossen werden (siehe Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren, Grunderwerbssteuer, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Kommentar, 1997, Erg. 45E, RZ 50a zu § 3 ErbStG).
Die Beschwerdeführerin stellt nun in ihrer Beschwerde sowohl ihre "objektive Bereicherung", als auch die "Bereicherungsabsicht" der zuwendenden Cousine in Abrede.
Von einer "objektiven Bereicherung" könne nicht schon alleine aufgrund des Umstandes ausgegangen werden, daß der Einheitswert den Kaufpreis übersteigt. Vielmehr wären Ermittlungen anzustellen gewesen, ob "tatsächlich" eine Bereicherung im Vermögen der Beschwerdeführerin eingetreten sei. Dies aber sei zu verneinen. Zwar habe die Beschwerdeführerin mit dem Erwerb des 9/224 Anteils auch Anspruch auf 4 % der Erträge aus der Liegenschaft erworben. Ihre Cousine habe aber bisher aus ihrem Liegenschaftsanteil bis Vertragsabschluß keinen Ertrag erzielt, noch sei dies (seitens der Beschwerdeführerin) für die Zukunft zu erwarten. Da die Beschwerdeführerin weder eine "Miteigentumsmehrheit", noch eine "Sperrminorität" erworben habe, könne von einer "tatsächlichen" Bereicherung nicht gesprochen werden.
Dieses Vorbringen der Beschwerdeführerin ist nicht geeignet, die objektive Bereicherung in Frage zu stellen.
Entscheidend ist allein, daß eine Erhöhung des Vermögensbestandes beim Bedachten eintritt (siehe Troll/Gebel/Jülicher, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz-Kommentar in der Fassung der 18. Erg. Lfg., Rz. 3 zu § 7 dErbStG); ob die Vermögenserhöhung (hier wurde ein schon vorhandener Liegenschaftsanteil vergrößert) auch zu einem Einkommenszuwachs führte, ist ohne Belang. Auch kommt dem Umstand, daß die vertragsgegenständliche Miteigentumsquote "äußerst klein" gewesen sei, keine Bedeutung zu. Hinsichtlich geringfügiger Schenkungen hat der Gesetzgeber durch die Freibeträge des § 14 ErbStG Vorsorge getroffen. Weiters spielt es keine Rolle, daß die Cousine bisher keinen Ertrag aus ihrem Anteil gewann, da es allein auf die objektive Bereicherung ankommt.
In bezug auf die subjektive Komponente des Schenkungsbegriffes i. S.d. § 3 Abs. 1 ErbStG rügt die Beschwerdeführerin, daß die belangte Behörde einer irrigen Rechtsansicht folge, da sie davon ausging, für das Vorliegen eines steuerpflichtigen Vorganges im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 2 ErbStG reiche schon allein der objektive Eintritt einer Bereicherung im Vermögen der Bedachten auf Kosten der Zuwendenden aus.
Voraussetzung für das Vorliegen einer Schenkung i.S.d. § 3 Abs. 1 Z. 2 ErbStG ist neben der objektiven Bereicherung des Bedachten nach ständiger hg. Rechtsprechung in subjektiver Hinsicht, daß der Zuwendende den (einseitigen) Willen hat, den Bedachten auf seine Kosten zu bereichern (vgl. Fellner, a.a.O., RZ 11 zu § 3 ErbStG). Eine gemischte Schenkung ist nur dann anzunehmen, wenn bei Vertragsabschluß der Parteiwille dahin ging, daß ein Teil der zu erbringenden Leistungen als Geschenk anzusehen ist. Allerdings läßt sich aus den Umständen des Einzelfalles, zu welchen das Vorliegen eines krassen Mißverhältnisses der beiderseitigen Leistungen gehört, der Schenkungswille erschließen. Dies gilt insbesondere bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen, bei welchen eine Verschleierung der teilweisen Schenkungsabsicht möglich ist (vgl. Fellner, a.a.O., RZ 46 zu § 3 ErbStG).
Der Bereicherungswille ist bei Zuwendungen unter Angehörigen zu vermuten, weil Familienbande Gestaltungen nahelegen, zu denen gegenüber Fremden üblicherweise kein Anlaß besteht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 89/16/0088, vom , Zl. 89/16/0180, und vom , Zl. 91/16/0012). Im konkreten Fall liegt ein verwandtschaftliches Naheverhältnis der Zuwendenden zur Bedachten vor, welches die Vermutung der Bereicherungsabsicht nahelegt.
Die Beschwerdeführerin brachte nun zur Widerlegung dieser Vermutung in ihrer Beschwerde zum ersten Mal vor, die zuwendende Cousine sei nicht in der Lage gewesen, von Dritten einen höheren Kaufpreis zu erzielen. Der Erwerb eines derart "geringen" Anteiles sei "wirtschaftlich nicht interessant".
Ob dieses Sachvorbringen überhaupt geeignet gewesen wäre, den Bereicherungswillen der Cousine zu widerlegen, kann dahingestellt bleiben, weil es die Beschwerdeführerin unterließ, diesen Einwand im Verfahren vor der belangten Behörde zu erheben, sodaß es dem Verwaltungsgerichtshof aufgrund des aus § 41 Abs. 1 VwGG abgeleiteten Neuerungsverbotes verwehrt ist, darauf einzugehen.
Die Beschwerdeführerin hat jedenfalls im Administrativverfahren keine Gründe angeben, die den aufgrund des vorliegenden Mißverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung in Zusammenhang mit dem Verwandtschaftsverhältnis offenkundigen Bereicherungswillen der zuwendenden Cousine in Frage gestellt hätten.
Die Beschwerde erwies sich somit zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Mit Rücksicht auf die durch die zitierte hg. Rechtsprechung klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Wien, am