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VwGH vom 19.08.1997, 96/16/0171

VwGH vom 19.08.1997, 96/16/0171

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der I in G, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom , GZ 186-5/96, betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Miterbin nach ihrem am verstorbenen Vater Hubert H. Nach dem eidesstättigen Vermögensbekenntnis vom befand sich in der Verlassenschaft unter anderem ein Kommanditanteil an der H KG. Wie im Vermögensbekenntnis ausgeführt wurde, habe der "anteilige Einheitswert" der Beteiligung am Betriebsvermögen laut Einheitswertbescheid zum minus S 4,100.932,-- betragen. Nach Abzug der anteiligen Betriebsgrundstücke von S 1,232.800,-- ergebe sich ein "negativer Einheitswert" von minus S 2,868.132,--. Nach einem gleichzeitig abgeschlossenen Erbübereinkommen übernahm die Beschwerdeführerin diesen Anteil des Erblassers an der H KG zur Gänze.

Das zuständige Finanzamt erließ an die Beschwerdeführerin am einen vorläufigen Erbschaftssteuerbescheid, mit dem es allein die "Mindeststeuer" iSd § 8 Abs. 5 ErbStG im Ausmaß von S 14.601,-- vorschrieb.

Mit endgültigem Bescheid vom wurde der Beschwerdeführerin Erbschaftssteuer nach einem Reinnachlaß von S 3,484.380,-- vorgeschrieben. Dabei setzte die Abgabenbehörde den Wert des Kommanditanteils an der H KG mit S 0,-- an.

In der Berufung wandte sich die Beschwerdeführerin - soweit dies für das verwaltungsgerichtliche Verfahren von Bedeutung ist - unter anderem gegen den Ansatz des negativen Kapitalanteils an der H KG "statt mit Minus S 2,868.132,-- mit Null". Durch sehr hohe Investitionen habe die Gesellschaft zum Bankschulden in Höhe von S 11,354.347,96 ausgewiesen. Für diese Bankschulden hätte der Erblasser auch die persönliche Haftung übernommen. Es gebe keine Bestimmung, nach der ein betrieblicher Einheitswert nicht negativ sein könne.

Auf einen entsprechenden Vorhalt der belangten Behörde wurde in einer Eingabe vom ausgeführt, der Erblasser habe für den Bankkredit von S 11,354.347,96 persönlich gehaftet. Der Kredit sei ihm ohne Besicherung gegeben worden. Bis zu seinem Tod habe er allein über die Investitionen für das von der H KG betriebene Beherbergungsunternehmen bestimmt. Unterlagen über die Haftung des Erblassers seien nicht mehr vorhanden. Die Beschwerdeführerin habe den Kredit "1993 bzw. 1994" auf den Liegenschaft grundbücherlich sicherstellen lassen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde von der belangten Behörde unter anderem wörtlich ausgeführt:

"Der bei Personengesellschaften - wie im anhängigen Falle - gesondert und einheitlich festgestellte im Rahmen der Zurechnung auf die Gesellschafter zu verteilende Einheitswert des Betriebsvermögens stellt eine ausschließlich für steuerliche Zwecke ermittelte Größe dar."

Wie im angefochtenen Bescheid fortgesetzt wurde, hätten die durchgeführten Erhebungen ergeben, daß die Kommanditeinlage des Erblassers zum Todestag voll einbezahlt gewesen sei und daß keine Verpflichtung bestanden habe, "am Verlust der Gesellschaft über die geleistete Einlage hinaus mitzutragen". Soweit die Verbindlichkeiten der Gesellschaft die Aktiven überstiegen hätten, seien sie daher dem Komplementär zuzurechnen gewesen. Zur geltend gemachten persönlichen Haftung des Erblassers wurde ausgeführt, daß eine Inanspruchnahme des Erblassers zu seinen Lebzeiten offensichtlich nicht erfolgt sei. Der Ansatz einer Schuld könne solange unterbleiben, als eine Inanspruchnahme nicht drohe.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Nach dem Inhalt der Beschwerdeschrift erachtet sich die Beschwerdeführerin dadurch in ihren Rechten verletzt, daß ihr über die im vorläufigen Bescheid vom vorgeschriebene Abgabenschuld hinaus Erbschaftssteuer vorgeschrieben wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 19 Abs. 1 ErbStG richtet sich die Bewertung der Wirtschaftsgüter, die durch einen dem ErbStG unterliegenden Vorgang erworben wurden, nach den Vorschriften des Ersten Teiles des Bewertungsgesetzes 1955, soweit nicht - was für den Beschwerdefall nicht weiter von Bedeutung ist - im Abs. 2 für inländisches land- und forstwirtschaftliches Vermögen, für inländisches Grundvermögen und für inländische Betriebsgrundstücke etwas Besonderes vorgeschrieben ist. Daraus folgt aber - was beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens verkennen -, daß Betriebsvermögen im Bereich der Erbschafts- und Schenkungssteuer nicht mit dem Einheitswert des Betriebsvermögens zu bewerten ist. Vielmehr ist der Teilwert aller Wirtschaftsgüter, die am Tag des Erbanfalles dem Unternehmen gedient haben, bei der Besteuerung der Erbschaft zum Ansatz zu bringen (vgl. die Erkenntnisse vom , Zl. 81/15/0002, und vom , Zl. 86/16/0013). Dies gilt bei zum Nachlaß gehörigen Anteilen an einer Personengesellschaft auch für die Anteile am Betriebsvermögen. Der von der Beschwerdeführerin erworbene Anteil an einer Personengesellschaft war somit - abgesehen von allfälligen Betriebsgrundstücken - mit der anteiligen Summe der Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter zu bewerten. Da demgegenüber die belangte Behörde einerseits von einer Maßgeblichkeit des Einheitswertes des Betriebsvermögens ausgegangen ist, anderseits aber in nicht nachvollziehbarer Weise zu einem Wert des Kommanditanteiles von S 0,-- gelangte, besteht der von der Beschwerdeführerin erhobene Vorwurf der inhaltlichen Rechtswidrigkeit im Ergebnis zu Recht. Im gegebenen Zusammenhang ist dabei auch auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin selbst über die hohen stillen Reserven des von der H KG betriebenen gewerblichen Unternehmens und über den damit den Bankkredit bei weitem übersteigenden Verkehrswert des Unternehmens hinzuweisen.

Zur Klarstellung ist aber darauf zu verweisen, daß entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin eine bloße Besteuerung des Nachlasses nach § 8 Abs. 5 ErbStG schon deswegen nicht in Betracht kommt, weil der dem endgültigen Bescheid zugrunde gelegte und im übrigen nicht weiter bekämpfte Reinnachlaßteil von S 3,484.380,-- den in Rede stehenden Betrag von S 2,868.132,-- überstieg.

Soweit die Beschwerdeführerin den Antrag stellt, "dieses Rechtsmittel dem Verfassungsgerichtshof zur Prüfung der Verfassungskonformität einzulegen", ist ihr entgegenzuhalten, daß ein solcher Antrag verfassungsgesetzlich nicht vorgesehen ist. Im übrigen bestehen gegen § 19 Abs. 1 ErbStG keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. VfSlg. 6840/1972).

Aus den angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Eingabengebühr für jede Ausfertigung der Beschwerde beträgt S 120,--, sodaß als Ersatz für den Aufwand an Eingabengebühr insgesamt S 360,-- zuzusprechen war.