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VwGH vom 21.02.1996, 96/16/0017

VwGH vom 21.02.1996, 96/16/0017

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart über die Beschwerde des F in L, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalts-Partnerschaft in K, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 525/3-10/Zi-1995, betreffend Nachsichtsansuchen (in einer Angelegenheit des Straßenverkehrsbeitrages), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde ergibt sich im Einklang mit der ihr beiliegenden Kopie des angefochtenen Bescheides folgender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer, der neben einer Landwirtschaft ein Transportunternehmen betreibt, führte seit dem straßenverkehrsbeitragspflichtige Transporte durch. Erstmals über eine im Jahr 1993 erfolgte finanzamtliche Aufforderung gab er am Erklärungen betreffend Straßenverkehrsbeitrag für die Jahre 1989 bis 1993 ab, worauf mit Bescheiden vom erklärungsgemäß Straßenverkehrsbeiträge in der Höhe von S 153.400,-- zuzüglich Säumniszuschläge im Ausmaß von S 3.068,-- festgesetzt wurden.

Mit Antrag vom suchte der Beschwerdeführer um Nachsicht an. In einer Vorhaltsbeantwortung vom bezifferte er seine Bankverbindlichkeiten mit S 701.894,--, räumte Lieferantenverbindlichkeiten von S 20.000,-- und Lebenshaltungskosten (für 5 Personen) von monatlich S 20.000,-- ein; hingegen gab der Beschwerdeführer weder sein persönliches noch sein Familieneinkommen bekannt.

Die belangte Behörde wies in Bestätigung der vom Finanzamt Kirchdorf an der Krems vorgenommenen Abweisung des Nachsichtsansuchens die dagegen erhobene Berufung als unbegründet ab, wobei sie (wie schon die erste Instanz) dem Beschwerdeführer zugestand, es sei auf Grund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse von einer Unbilligkeit der Einhebung auszugehen. Die dessenungeachtet zum Nachteil des Beschwerdeführers vorgenommene Ermessensübung begründete die belangte Behörde ua damit, der Beschwerdeführer habe die ihm obliegende Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, insbesondere aber seine Erklärungspflicht verletzt; ein unverschuldeter Rechtsirrtum könne ihm nicht zugebilligt werden, weil es seine Aufgabe gewesen wäre, sich über die abgabenrechtlichen Konsequenzen der von ihm ausgeübten Transporttätigkeit zu informieren. Die Abgabenrückstände seien überdies auf ein finanzstrafrechtlich relevantes Verhalten im Zusammenhang mit der Vernachlässigung der Zahlungspflicht bei einer Selbstbemessungsabgabe zurückzuführen. Entscheidende Bedeutung komme aber auch dem Umstand zu, daß die angestrebte Abgabennachsicht allein zu Lasten des Abgabengläubigers ginge; die übrigen Gläubiger des Beschwerdeführers, vor allem die Banken, würden davon profitieren. Da die Bankverbindlichkeiten ein Vielfaches der Abgabenschuld betrügen, sei auch nicht ersichtlich, inwiefern durch die Nachsicht eine entscheidende Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers eintreten könnte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Gewährung der begehrten Nachsicht verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabenpflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

Der Entscheidungsablauf beim Abspruch über ein Nachsichtsansuchen gestaltet sich so, daß dann, wenn die Behörde (auf einer ersten Stufe) das Vorliegen der Unbilligkeit der Abgabeneinhebung bejaht (so wie sie es im vorliegenden Fall getan hat), auf einer zweiten Stufe in Ausübung des ihr eingeräumten Ermessensspielraums über den Antrag nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit zu entscheiden ist (vgl. Stoll, BAO-Kommentar III, 2443 Abs. 1 und die dort referierte hg. Judikatur).

Hinsichtlich dieser Ermessensübung kommt dem Verwaltungsgerichtshof lediglich die Kontrolle zu, ob Ermessensfehler vorliegen. Da der Beschwerdeführer eine Mangelhaftigkeit des der angefochtenen Ermessensentscheidung zugrundeliegenden Verfahrens (also einen sogenannten formellen Ermessensfehler) gar nicht behauptet, ist im vorliegenden Fall nur zu prüfen, ob dem angefochtenen Bescheid materielle Ermessensfehler (Ermessensmißbrauch oder Ermessensüberschreitung) anhaften (vgl. Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 131, 132).

Die belangte Behörde hat nun einerseits den Umstand, daß der Beschwerdeführer über mehrere Jahre hinweg seine abgabenrechtliche Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, insbesondere seine Erkärungspflichten im Zusammenhang mit einer Selbstbemessungsabgabe verletzt hat, sowie andererseits die Tatsache in den Vordergrund gestellt, daß von der begehrten Abgabennachsicht lediglich die übrigen Gläubiger des Beschwerdeführers (insbesondere die Banken) profitieren könnten. Gerade diese Aspekte sind aber nach der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu die bei Stoll aaO. 2444 als Beispiele 2 bis 6 angeführten Fallgruppen) sowie nach der herrschenden Meinung (vgl. insbesondere Stoll aaO. 2447 Abs. 2) Umstände, die unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit und Zweckmäßigkeit einer Abgabennachsicht durchaus entgegenstehen können.

Da der Beschwerdeführer in letzterem Zusammenhang auch mit keinem Wort behauptet, daß seine übrigen Gläubiger zu entsprechender Nachsichtsgewährung bereit wären, ergibt sich bereits aus dem Beschwerdeinhalt, daß dem angefochtenen Bescheid kein materieller Ermessensfehler anhaftet und daß der Beschwerdeführer damit in dem Recht, in dem er sich verletzt erachtet, nicht verletzt wurde. Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Mit Rücksicht auf die durch die zitierten Belegstellen klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Mit Rücksicht auf die nach § 35 Abs. 1 VwGG gefällte Entscheidung konnte ein gesonderter Abspruch durch den Berichter über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, unterbleiben.