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VwGH vom 22.03.1991, 90/18/0225

VwGH vom 22.03.1991, 90/18/0225

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Präsident Dr. Petrik und die Hofräte Dr. Pichler, Dr. Degischer, DDr. Jakusch und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Dr. Peter N gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. 12-184 Scha 34/1-1990, betreffend Sondergebühren nach dem Steiermärkischen Krankenanstalten-Landesgesetz (mitbeteiligte Partei: Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft m.b.H., Graz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat an Aufwendungen binnen zwei Wochen

bei sonstiger Exekution zu ersetzen

dem Land Steiermark S 3.035,--,

der mitbeteiligten Partei S 11.120,--.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei als Rechtsträger des Landeskrankenhauses Graz schrieb dem Beschwerdeführer mit Rechnung vom für den Aufenthalt und die Behandlung in der Sonderklasse dieses Krankenhauses am 20. und folgende Beträge vor:

20. und Mehrbettzimmer in

der Sonderklasse, zwei Tage S 702,--

20. und Anstaltsgebühren

zwei Tage S 3.396,12

WAR, Sondergebührenanteil S 39,--

Serologische Untersuchung,

Sondergebührenanteil S 45,--

zusammen S 84,--

Isotopendiagnose, S 2.168,--

Röntgendiagnosezuschlag, S 3.252,--

zusammen S 5.420,--

Tagesgebühren Primarius Dr. P,

4. medizinische Abteilung, Sondergebührenanteil S 968,--

S 10.570,12

+ 10 % Umsatzsteuer S 1.057,01

Rechnungssumme S 11.627,13

Der Beschwerdeführer erhob gegen diese Rechnung

Einwendungen. Er habe sich nur zwei Tage in der Sonderklasse

aufgehalten, dann sei er auf seinen Wunsch in die allgemeine

Gebührenklasse verlegt worden. In der Unterbringung und in der

Verpflegung hätte sich dabei nichts geändert. Es habe durch

Umbauarbeiten eine unzumutbare Lärm- und Staubbelästigung für

die Patienten geherrscht. Es seien nur zwei Toiletten und zwei

Badewannen zur Verfügung gestanden. Die Rechnungsposten

S 702,--, S 3.396,12 und S 968,-- seien deshalb zu Unrecht in

die Rechnung aufgenommen worden. Aber auch der Rechnungsposten

S 5.420,-- sei nicht gerechtfertigt, weil die Leistung nicht am

21. Jänner, sondern später, als der Beschwerdeführer bereits in

der allgemeinen Klasse untergebracht worden war, erbracht

worden sei.

In einer Niederschrift vor dem Magistrat Graz vom erklärten der Beschwerdeführer und sein Rechtsanwalt, den Posten von S 84,-- in der Rechnung anzuerkennen.

Mit Bescheid vom gab der Magistrat der Landeshauptstadt Graz den Einwendungen des Beschwerdeführers keine Folge. In der Begründung verwies die Behörde auf die Verpflichtungserklärung des Beschwerdeführers vom . Über die Leistungen der Krankenanstalt wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer sowohl am 20. und als auch danach im selben Zimmer untergebracht gewesen sei, dies nur deshalb, um wegen der damals laufenden Umbauarbeiten allen Patienten dieser Abteilung den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. Von den vorhandenen acht Toiletten seien fünf benützbar gewesen. Am seien zwei isotopendiagnostische Leistungen erbracht worden, und zwar die eine für Hepatitisvirus A, die andere für Hepatitisvirus B. Auch alle übrigen Leistungen seien dem Grunde und der Höhe nach richtig in Rechnung gestellt worden. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit Bescheid vom gab die Steiermärkische Landesregierung dieser Berufung keine Folge. Sie stellte in der Begründung fest, der Beschwerdeführer sei am in einem Dreibettzimmer der Sonderklasse untergebracht worden, wie dies seinem Wunsch und seiner Verpflichtungserklärung von diesem Tag entsprochen habe. Die "Aufklärung" im Sinne des § 28 Abs. 4 des Steiermärkischen Krankenanstaltengesetzes, LGBl. Nr. 78/1957 (KALG) sei durch die Unterfertigung der Verpflichtungserklärung erfolgt, weil der Inhalt dieser Erklärung bereits einen Großteil der im Gesetz geforderten Inhalte abdecke. So werde insbesondere auf Punkt 3 der Verpflichtungserklärung hingewiesen. Es gäbe keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Beschwerdeführer bei der Unterfertigung dieser Erklärung nicht bei klarem Bewußtsein gewesen sei. Laut Erklärung sei ihm auch die Möglichkeit gegeben worden, in die entsprechenden Verordnungen der Steiermärkischen Landesregierung Einsicht zu nehmen. Dafür, daß jedem Sonderklassepatienten vor Aufnahme und Behandlungsbeginn eine exakte Vorausberechnung der Kosten oder ein Kostenvoranschlag übergeben werden müsse, biete das Gesetz keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer sei in einem als Sonderklasse-Bereich festgelegten Teil der Krankenanstalt untergebracht gewesen, in welchem Teil sich eine kurzfristige Beeinträchtigung durch Umbauarbeiten ereignet habe. Die Umbauarbeiten beseitigten nicht die Eigenschaft dieses Teils der Anstalt als Bereich der Sonderklasse.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei haben in Gegenschriften die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 28 Abs. 1 KALG kann in öffentlichen Krankenanstalten neben der allgemeinen Gebührenklasse nach Maßgabe der Bestimmung des § 22 Abs. 1 lit. g mit Bewilligung der Landesregierung eine Sonderklasse errichtet werden, wenn die Einrichtungen der Krankenanstalt die Errichtung einer solchen Sonderklasse ermöglichen und eine zureichende Zahl an Betten der allgemeinen Gebührenklasse für anstaltsbedürftige Personen vorhanden ist. In der ärztlichen Behandlung und in der Pflege darf jedoch kein Unterschied gemacht werden. Die Sonderklasse hat durch die besondere Ausstattung höheren Ansprüchen hinsichtlich Verpflegung und Unterbringung zu entsprechen, insbesondere auch durch eine geringere Bettenanzahl in den Krankenzimmern gegenüber der allgemeinen Gebührenklasse. Nach Abs. 3 dieses Paragraphen sind in die Sonderklasse anstaltsbedürftige Personen über eigenes Verlangen aufzunehmen. Diese Aufnahme kann von der Beibringung einer schriftlichen Verpflichtungserklärung über die Tragung der Pflege- und Sondergebühren sowie vom Erlag einer entsprechenden Vorauszahlung oder von der Beibringung einer verbindlichen Kostenübernahmserklärung seitens eines mit der öffentlichen Krankenanstalt direkt verrechnenden Kostenträgers abhängig gemacht werden. Nach Abs. 4 dieses Paragraphen ist die anstaltsbedürftige Person über die sich aus der Aufnahme in die Sonderklasse ergebenen Verpflichtungen vorher in geeigneter Weise aufzuklären.

Gemäß § 36 Abs. 1 lit. a KALG dürfen vom Rechtsträger der Krankenanstalt in der Sonderklasse als Sondergebühren eingehoben werden neben den Pflegegebühren (Pflegegebührenersätzen) für operative Eingriffe und sonstige zur Behandlung oder zu diagnostischen Zwecken erforderlichen Verrichtungen, insbesondere auch für Untersuchungen, röntgendiagnostische und strahlentherapeutische Leistungen sowie physikalische Leistungen, Anstaltsgebühren und Arztgebühren.

Den Ausführungen der Beschwerde ist im einzelnen zu erwidern:

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , Slg. NF Nr. 12755/A, zu § 26 Abs. 3, letzter Satz des oberösterreichischen Krankenanstaltengesetzes 1976, LGBl. Nr. 10, (Wortlaut: "Über die aus der Aufnahme in die Sonderklasse folgenden Verpflichtungen ist die Person, die die Aufnahme in die Sonderklasse verlangt, vorher in geeigneter Weise aufzuklären") ausgesprochen, die Unterlassung der Belehrung eines Patienten im Sinne dieses Satzes zöge nicht schlechthin die Unwirksamkeit einer mündlich abgegebenen Verpflichtungserklärung nach sich. Der Verwaltungsgerichtshof hält auch bei Anwendung der diesbezüglichen Bestimmung des Steiermärkischen KALG an dieser Ansicht fest, woraus sich ergibt, daß es, über die Unterfertigung des Vordruckes hinaus, zur Wirksamkeit der Übernahme der Verpflichtung keiner besonderen Belehrung des Beschwerdeführers bedurfte. Im Gesetz ist nicht vorgesehen, daß dem Beschwerdeführer ein Kostenvoranschlag, sei er bindend oder nicht bindend, erstellt wird; der Beschwerdeführer hat auch ein Verlangen nach einem solchen Kostenvoranschlag nie behauptet.

Die vom Beschwerdeführer ganz allgemein, ohne Bezugnahme auf bestimmte Gesetzesstellen, geforderte Anwendung des Konsumentenschutzgesetzes kommt in Fällen wie dem vorliegenden deshalb nicht in Frage, weil der Verwaltungsgerichtshof in den Bescheiden der Behörden des Verwaltungsverfahrens Akte der Hoheitsverwaltung zu überprüfen hat. Für solche Akte sieht aber das Konsumentenschutzgesetz keinerlei Maßnahmen vor (Krejci, Grundfragen zum Geltungsbereich des I. Hauptstückes des KSchG, in Krejci, Handbuch zum Konsumentenschutzgesetz, 246; derselbe in Rummel, Kommentar zum ABGB1, II, Rz 12 zu § 1 KSchG).

Es kann als unbestritten gelten, daß zwischen der Unterbringung und der Verpflegung des Beschwerdeführers einerseits am 20. und , andererseits in den Tagen danach, kein Unterschied bestand. Der Beschwerdeführer hat aber immer - beginnend von seinen Einwendungen gegen die Vorschreibung - behauptet, er habe Leber-Gallen-Diät erhalten; hinsichtlich der Unterbringung haben die Behörden die oben erwähnten Feststellungen getroffen. Der Beschwerdeführer unterließ jede Behauptung dahin, welche andere und allenfalls kostspieligere Leber-Gallen-Diät ihm in den ersten beiden Tagen seines Spitalsaufenthaltes hätte gewährt werden sollen, damit die Rechnung in der Post Anstaltsgebühr für zwei Tage S 3.396,12 gerechtfertigt erschiene. In diesem Zusammenhang ist auf die oben zitierte Bestimmung des § 28 Abs. 1 KALG zu verweisen, wonach in der ärztlichen Behandlung und in der Pflege zwischen der allgemeinen und der Sonderklasse kein Unterschied gemacht werden darf, woraus sich schließen läßt, daß auch die Diätverpflegung für die beiden Klassen gleich sein kann.

Daß für bestimmte Untersuchungen in der Sonderklasse Mehrkosten verrechnet werden können, ergibt sich aus der oben zitierten Bestimmung des § 36 Abs. 1 lit. a KALG.

Es bleibt unerfindlich, was der Beschwerdeführer, sowohl im Verwaltungsverfahren als auch an mehreren Stellen seiner Beschwerde, unter "Hotelleistungen" verstehen will.

Zur behaupteten Verletzung des Parteiengehörs ist folgendes zu sagen:

Mit Schreiben der Krankenhausverwaltung vom wurde dem Rechtsanwalt des Beschwerdeführers die Stellungnahme der 4. medizinischen Abteilung vom schriftlich zur Kenntnis gebracht. In der Niederschrift vom wurde dem Beschwerdeführer und seinem Rechtsanwalt sowohl diese Stellungnahme als auch die Stellungnahme der mitbeteiligten Partei vom vorgehalten. Mit Schreiben des Magistrates Graz vom wurde der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers vom "Ergebnis der Beweisaufnahme" verständigt; er sprach am bei dieser Behörde vor, ihm wurde "das Beweisergebnis" bekanntgegeben, worauf er um Fristerstreckung für eine Stellungnahme ersuchte. Mit Schriftsatz vom nahm er zum Ergebnis "der bisherigen Beweisaufnahme" Stellung.

Diese Verfahrensschritte lassen den eindeutigen Schluß zu, daß der gesamte Akteninhalt dem Beschwerdeführer und/oder seinem Rechtsanwalt bekannt war. Die Beschwerde unterläßt auch jedes Vorbringen dahin, was der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgebracht hätte, wäre ihm - seiner Ansicht nach "vollständige" - Akteneinsicht gewährt worden. Damit hat der Beschwerdeführer die Kausalität eines allfälligen Verfahrensverstoßes zum Inhalt des zu erlassenden Bescheides im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG nicht dargetan.

Auch die weitere Verfahrensrüge, die belangte Behörde hätte "zum Beispiel durch die Einvernahme von Zeugen (Patienten) zu objektiven Ergebnissen gelangen können", läßt jeden Hinweis darüber vermissen, welche bestimmten Personen über welche bestimmten Beweisthemen zu vernehmen gewesen wären, ganz abgesehen davon, daß derart bestimmte Anträge im Zuge des Verwaltungsverfahrens nie gestellt wurden.

Die vorgebrachten Beschwerdegründe vermögen daher die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun.

Zur Anregung der Beschwerde, der Verwaltungsgerichtshof möge mit einem Antrag nach Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof herantreten, ist zunächst zu sagen, daß die angeregte Anfechtung des "Steiermärkischen Krankenanstaltengesetzes, LGBl. Nr. 78/1957" infolge der allgemeinen Formulierung nicht erkennen läßt, welchen einzelnen Bestimmungen dieses Gesetzes der Vorwurf einer Verfassungswidrigkeit gemacht werden soll. Die weiteren Ausführungen lassen erkennen, daß der Beschwerdeführer Bedenken gegen § 42 Abs. 2, 4 und 7 KALG erwecken will. Er leitet diese Bedenken daraus ab, daß gegen den zahlungspflichtigen Patienten selbst der Verwaltungsweg offensteht, gegen dritte Personen aber im ordentlichen Rechtsweg vorzugehen ist.

Ganz abgesehen davon, daß diese Unterscheidung darin ihre sachliche Rechtfertigung haben mag, daß der Durchgriff gegen dritte Personen, z.B. im Wege der Legalzession oder gegen Personen, die gegenüber dem Patienten unterhaltspflichtig sind, die Lösung schwieriger zivilrechtlicher Fragen zur Voraussetzung haben kann, ist darauf zu verweisen, daß nach österreichischem Verfassungsverständnis (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts6, Rz 548) die Zuordnung von Materien der Vollziehung nicht materiell, sondern nach Organkomplexen erfolgt, so daß es dem einfachen Bundes- oder Landesgesetzgeber grundsätzlich freisteht, die Vollziehung einer Materie einer Verwaltungsbehörde oder einem Gericht zuzuweisen.

Daß die Zuweisung der Entscheidung über die Festsetzung und Eintreibung von Pflegegebühren der Krankenanstalten gegen Patienten einen zivilrechtlichen Anspruch und eine solche Verpflichtung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 EMRK beträfe, ist dem Verwaltungsgerichtshof weder aus der Rechtsprechung der europäischen Instanzen noch aus jener des Verfassungsgerichtshofes (vgl. z.B. dessen Erkenntnis vom , B 173/88) noch aus der Literatur bekannt. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher nicht veranlaßt, der Anregung des Beschwerdeführers zu folgen.

Da es der Beschwerde somit nicht gelungen ist, die von ihr behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere deren Art. III Abs. 2.