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VwGH vom 19.03.1998, 96/15/0213

VwGH vom 19.03.1998, 96/15/0213

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des F in G, vertreten durch Dr. Alfred Lind und Dr. Klaus Rainer, Rechtsanwälte in Graz, Kaiserfeldgasse 22, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , Zl. B K5-9/95, betreffend Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Dem Beschwerdeführer wurde für seine am geborene Tochter bis zum Oktober 1993 Familienbeihilfe sowie von Jänner bis Oktober 1993 der Kinderabsetzbetrag gewährt. Zum Nachweis seiner Anspruchsberechtigung legte er dem Finanzamt für Zeiträume ab dem Wintersemester 1985/1986 Inskriptionsbestätigungen der Universität Graz vor.

Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt gemäß § 26 Abs. 1 FLAG Familienbeihilfe für den Zeitraum Jänner 1989 bis Oktober 1993 in Höhe von S 95.100,-- sowie iVm § 33 Abs. 4 lit. a EStG 1988 Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum Jänner bis Oktober 1993 in Höhe von S 3.500,-- zurück. Zur Begründung führte es aus, die Tochter des Beschwerdeführers habe seit keine Prüfungen abgelegt, sodaß eine ernsthafte und zielstrebige Betreibung der Berufsausbildung nicht gegeben sei. Die Familienbeihilfe sei dem Beschwerdeführer daher nicht zugestanden.

Der Beschwerdeführer berief. Seine Tochter habe im strittigen Zeitraum Vorlesungen besucht und Praktika absolviert. Damit habe sie ihren "Studierwillen" gezeigt. Ein Prüfungsnachweis sei für die Gewährung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages nicht erforderlich gewesen. Das Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie habe in einem Erlaß vom Dezember 1987 zum Ausdruck gebracht, daß zur Erlangung der Familienbeihilfe bis zum 25. Lebensjahr eines Kindes lediglich die Immatrikulations- oder Inskriptionsbestätigung erforderlich sei; dieser Nachweis sei stets erbracht worden. Nach dem 25. Lebensjahr sei die Familienbeihilfe ohne zusätzlichen Nachweis weiter zu gewähren, wenn die in den Studienvorschriften vorgesehene Gesamtstudienzeit, wie im gegenständlichen Fall beim Studium der Medizin, nicht um mehr als drei Semester überschritten sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die Tochter des Beschwerdeführers sei vom Wintersemester 1985/1986 bis einschließlich Sommersemester 1994 als ordentliche Hörerin der Studienrichtung Medizin und ab dem Sommersemester 1991 als ordentliche Hörerin der Studienrichtung Rechtswissenschaft inskribiert gewesen. Sie habe vom bis zum Prüfungen abgelegt. Übungen bzw. Praktika habe sie bis zum absolviert. Nach herrschender Auffassung sei eine den Beihilfenanspruch vermittelnde Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn ein ordentliches Studium vorliege, das ernsthaft und zielstrebig betrieben werde. Die bloße Tatsache der Inskription an einer Universität sei kein hinreichender Nachweis für das Vorliegen einer Berufsausbildung. Wesentlich sei das Ablegen der vorgesehenen Prüfungen. Eine gesetzliche Beweisregel für das Vorliegen dieser Voraussetzung gebe es erstmals für das Studienjahr 1992/93, für davorliegende Zeiträume könne der Nachweis auch auf andere Art und Weise geführt werden. Das Finanzamt habe im gegenständlichen Fall in freier Beweiswürdigung das Vorliegen eines ernsthaft und zielstrebig betriebenen Studiums in der maßgeblichen Zeit verneint. Auch die belangte Behörde gelange zur Auffassung, daß die Tochter des Beschwerdeführers zumindest seit Jänner 1989 kein Studium tatsächlich ernsthaft und zielstrebig betrieben habe und daher nicht in Berufsausbildung im Sinne des FLAG gestanden sei. Im Zuge des Berufungsverfahrens habe der Beschwerdeführer noch vorgebracht, daß seine Tochter im April 1989 zur Histologieprüfung angetreten sei, diese aber nicht bestanden habe, und sich im Jahr 1990 für die Anatomieprüfung vorbereitet, diese Prüfung aber nicht abgelegt habe. Die Erhebungen des Finanzamtes hätten aber ergeben, daß die Tochter des Beschwerdeführers zu den Prüfungen aus Histologie und Anatomie nicht angetreten sei; seit Februar 1988 sei sie weder im Studienfach Medizin noch im Studienfach Jus zu irgendeiner Prüfung angetreten.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG idF BGBl. 604/1987 haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden. Gemäß § 2 Abs. 1

lit. g leg. cit. besteht der Beihilfenanspruch für Kinder, die das 25. Lebensjahr, jedoch nicht das 27. Lebensjahr vollendet haben, wenn sie ein ordentliches Studium betreiben und eine Studiendauer iSd § 2 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1983, BGBl. 436, ohne wichtigen Gründe nicht überschreiten.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG idF der Novelle

BGBl. 311/1992, die mit in Kraft getreten ist, besteht der Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachhochschule fortgebildet werden. In dieser Fassung der lit. b wird durch das Gesetz festgelegt, unter welchen Voraussetzungen (Ablegung von Prüfungen) von einem ordentlich und zielstrebig betriebenen Studium auszugehen ist.

Zur Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG idF

BGBl. 604/1987 hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 90/13/0241, ausgeführt, es sei Ziel einer Berufsausbildung, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Dazu gehöre regelmäßig auch der Nachweis einer ernstlichen Bemühung um diese Qualifikation. Das Ablegen vorgesehener Prüfungen sei essentieller Bestandteil der Berufsausbildung. Aus dem Erkenntnis geht zudem hervor, daß der laufende Besuch einer der Berufsausbildung dienenden schulischen Einrichtung für sich allein noch nicht ausreicht, um das Vorliegen einer Berufsausbildung im hier maßgeblichen Sinn anzunehmen. Der laufende Besuch der Universität reicht daher für sich allein nicht aus, um eine Berufsausbildung anzunehmen. Entscheidend ist das nach außen erkennbare ernstliche und zielstrebige Bemühen um den Studienfortgang bzw. -abschluß. Dieses Bemühen manifestiert sich im Antreten des Studenten zu den erforderlichen Prüfungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 94/15/0034). Ein derartiges Bemühen ist aber auch Voraussetzung für den Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit. g FLAG idF BGBl. 604/1987.

Die Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde, wonach die Tochter des Beschwerdeführers weder - entgegen der Behauptung in der Berufung - zur "Histologieprüfung" noch ab dem Februar 1988 zu anderen Prüfungen angetreten ist, werden in der Beschwerde nicht bekämpft. Der Beschwerdeführer bringt vor, seine Tochter habe im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Lehrveranstaltungen auf der Universität besucht; daraus ergebe sich ihre Absicht zur Absolvierung einer Berufsausbildung.

Der Beschwerdeführer behauptet nicht, daß ihm nach der ab in Geltung stehenden Fassung des § 2 FLAG ein Beihilfenanspruch zukommt. Er vermag aber auch hinsichtlich des davorliegenden Zeitraumes mit seinem Vorbringen eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Bei der gegebenen Sachlage kann nicht mehr im Sinne der oben zitierten Vorjudikatur die Rede davon sein, daß sich die Tochter ernstlich und zielstrebig um die Berufsausbildung (in der Studienrichtung Medizin oder Jus) bemüht hätte. Es wird zwar ein ernstliches und zielstrebiges Studium nicht schon dann in Abrede zu stellen sein, wenn ein Kind mit vorgesehenen Prüfungen durch einige Zeit in Verzug gerät. Ein Studium jedoch, bei dem der Student durch längere Zeit hindurch nicht zu den vorgesehenen Prüfungen antritt, kann nicht mehr als Berufsausbildung gewertet werden.

Der Beschwerdeführer verweist auf einen Erlaß des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie. Aus einem solchen Erlaß können jedoch subjektive Rechte nicht abgeleitet werden.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. 416/1994.