VwGH vom 03.12.2002, 99/01/0449
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Nichtowitz, über die Beschwerde des Bundesministers für Inneres gegen den am mündlich verkündeten und am schriftlich ausgefertigten Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates, Zl. 206.188/13- II/04/99, betreffend Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 14 AsylG (mitbeteiligte Partei: W in Wien, vertreten durch Dr. Andreas Waldhof, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Reichsratsstraße 13), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des beschwerdeführenden Innenministers vom war der Mitbeteiligte - damals ein Staatsangehöriger Polens, nunmehr nach seinen Angaben staatenlos - als Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes (1968) anerkannt worden.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom Juni 1998 wurde der Mitbeteiligte unter anderem wegen des versuchten Verkaufes von 433 Gramm Amphetamin an einen verdeckten Fahnder nach § 28 Abs. 4 Suchtmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt. Nach den Sachverhaltsfeststellungen dieses Urteils sei es dem Mitbeteiligten darauf angekommen, "sich durch fortlaufende Suchtgiftgeschäfte eine regelmäßige Einkommensquelle zu schaffen". Zu seinem Tatmotiv befragt hatte der Mitbeteiligte am Tag seiner Verhaftung () bei einer polizeilichen Einvernahme angegeben, er habe insgesamt etwa S 3,5 Millionen Schulden, kein Vermögen und "im Hinblick auf meine finanzielle Situation ... nicht mehr ein und aus" gewusst. Er habe mit dem Suchtgifthandel Geld verdienen wollen, "um zu leben, bzw. Schulden zu begleichen".
Vor Begehung des beschriebenen Suchtgiftdeliktes war der Mitbeteiligte in den genannten Jahren strafgerichtlich verurteilt worden: 1990 wegen gefährlicher Drohung und Sachbeschädigung (bedingte Freiheitsstrafe von drei Wochen, 1995 endgültig nachgesehen); 1991 wegen gefährlicher Drohung (Geldstrafe von 180 Tagessätzen); 1992 wegen vorsätzlicher Körperverletzung (bedingte Geldstrafe von 30 Tagessätzen, 1995 endgültig nachgesehen) und 1994 wegen unbefugten Gebrauches eines Fahrzeuges (Geldstrafe von 50 Tagessätzen).
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom wurde das dem Mitbeteiligten gewährte Asyl aberkannt und festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme; weiters wurde seine Abschiebung nach Polen für zulässig erklärt. Begründend verwies das Bundesasylamt auf den Umstand, dass auf Grund der genannten Verurteilungen davon auszugehen wäre, der Mitbeteiligte sei Wiederholungstäter, von dem nicht mehr erwartet werden könne, dass er in Zukunft Rechtstreue zeigen werde; er stelle eine Gefahr für die Gemeinschaft dar. Seiner Abschiebung nach Polen stünden keine Hindernisse entgegen.
Der dagegen erhobenen Berufung des Mitbeteiligten gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid Folge und hob den Bescheid des Bundesasylamtes ersatzlos auf. In der Begründung fasste die belangte Behörde den Inhalt des erstinstanzlichen Bescheides zusammen und gab eine von ihr eingeholte Auskunft der Justizanstalt Wien-Josefstadt vom wieder, in der über den Mitbeteiligten unter anderem berichtet wurde, dass dessen Führung seit Beginn der Strafhaft am hausordnungsgemäß gewesen sei und noch keine Ordnungsstrafen über ihn hätten verhängt werden müssen. Eine bedingte Entlassung des Mitbeteiligten gemäß § 46 Abs. 1 StGB (nach Verbüßung der Hälfte der Freiheitsstrafe) - so die belangte Behörde weiter - sei abgelehnt worden, der Mitbeteiligte sei jedoch am nach Verbüßung einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, einem Monat und zehn Tagen gemäß § 46 Abs. 2 StGB (nach zwei Dritteln) bedingt entlassen worden. In der Begründung des Beschlusses, in dem die bedingte Entlassung ausgesprochen worden sei, heiße es auch, dass besondere Gründe, die befürchten lassen könnten, der Verurteilte werde in Freiheit weitere strafbare Handlungen begehen, nicht gegeben seien und das Fortkommen des Verurteilten als gesichert angesehen werden könne. Weiter gab die belangte Behörde eine vom Bundesasylamt eingeholte Stellungnahme, wonach gegen den Mitbeteiligten im Zeitraum von 1995 bis 1997 fünf polizeiliche Anzeigen erstattet worden seien, zur Gänze sowie das Protokoll über die von ihr durchgeführte mündliche Verhandlung, bei der der Mitbeteiligte insbesondere zu seinen beruflichen und persönlichen Verhältnissen einvernommen wurde, in Teilen wieder und stellte auf Grund der Angaben des Mitbeteiligten fest, dass dieser nach seiner Entlassung aus der Strafhaft "bei seiner Familie in akzeptablen Wohnverhältnissen lebt und durchgängig beruflich in seinem angestammten Beruf tätig gewesen ist und überdies ausständige arbeitsrechtliche Forderungen in beträchtlicher Höhe (... ÖS 602.495 ...) nunmehr befriedigt worden sind." Aus diesem Sachverhalt folgerte die belangte Behörde, dass der Mitbeteiligte als sozial und beruflich integriert sowie - auch wegen der Berufstätigkeit seiner Frau - in gesicherten finanziellen Verhältnissen lebend betrachtet werden könne. Das der Verurteilung vom zugrunde liegende Delikt stelle zwar u.a. nach den Maßstäben des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 94/01/0746, ein besonders schweres Verbrechen dar, doch sei dies für die Aberkennung von Asyl nicht ausreichend, wenn nicht die begründete Befürchtung der Begehung weiterer "gleichartiger" Straftaten hinzutrete. Nur im Rahmen der diesbezüglichen Prognose komme es auf die sonstige Delinquenz des Mitbeteiligten an. Bei Betrachtung der früheren Verurteilungen in Verbindung mit den vom Bundesasylamt vorgebrachten fünf polizeilichen Anzeigen, die zu keinen gerichtlichen Strafverfahren geführt hätten, ergebe sich eine Abnahme der Neigung des Mitbeteiligten, derartige die Qualifikation eines "besonders schweren Verbrechens" nicht erreichende Straftaten zu begehen. Die belangte Behörde habe bei dieser Sachlage keinen Anlass, die Frage, ob der Mitbeteiligte weitere "besonders schwere Verbrechen" der von ihm bereits einmal verübten Art begehen werde, anders zu beurteilen als das - seine bedingte Entlassung verfügende - Landesgericht Wiener Neustadt, welches zwar ohne förmliche Bindungswirkung für die Entscheidung der belangten Behörde, "aber zweifellos sachkundig" das Vorliegen besonderer Gründe für die Befürchtung, der Mitbeteiligte werde in Freiheit "weitere strafbare Handlungen begehen", verneint habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Amtsbeschwerde des Bundesministers für Inneres, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 13 Abs. 2 AsylG ist Asyl ausgeschlossen, wenn Fremde aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik darstellen oder von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden sind und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeuten. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine solche durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht.
Gemäß § 14 Abs. 1 Z 5 AsylG ist Asyl von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Fremden aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik darstellen oder von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden sind und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeuten. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine solche durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht.
Gemäß Artikel 33 Abs. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention (FlKonv) darf kein vertragschließender Staat einen Flüchtling in irgendeiner Form in ein Gebiet ausweisen oder zurückweisen, wo sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre.
Nach Art. 33 Abs. 2 FlKonv kann der in Abs. 1 dieses Artikels statuierte Vorteil des Verbotes der Ausweisung oder der Zurückweisung von einem Flüchtling dann nicht in Anspruch genommen werden, wenn der Flüchtling aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit seines Aufenthaltslandes darstellt oder, wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt, eine Gefahr für die Gemeinschaft des betreffenden Landes bedeutet.
In Bezug auf den hier relevanten zweiten Fall des Art. 33 Abs. 2 FlKonv sah § 4 des Asylgesetzes 1968 die bescheidmäßige Feststellung vor, ob der Flüchtling "nach rechtskräftiger Verurteilung wegen eines Verbrechens, das mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht ist, eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet (Art. 33 Abs. 2 der Konvention)" (vgl. zu dieser Rechtslage die hg. Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 12.671/A, und vom , Slg. Nr. 13.055/A). Zur entsprechenden Vorschrift des § 5 Abs. 1 Z 3 des Asylgesetzes 1991, die ihrem Wortlaut nach nicht mehr auf die Strafdrohung abstellte, ging der Verwaltungsgerichtshof wegen des sachlichen Zusammenhanges mit § 37 Abs. 4 des Fremdengesetzes 1992 davon aus, dass es weiterhin darauf ankomme, ob die Verurteilung wegen eines mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedrohten Verbrechens erfolgt sei. Zugleich wurden die Erfordernisse einer Interessenabwägung und einer - vom Vorliegen der Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung "unabhängigen", insbesondere die näheren Umstände der Tat und das Verhalten seither berücksichtigenden - Zukunftsprognose hervorgehoben (vgl. das im angefochtenen Bescheid und in der Amtsbeschwerde zitierte Erkenntnis vom , Zl. 94/01/0746, Slg. Nr. 14.196/A, und daran anschließend die Erkenntnisse vom , Zl. 94/19/1391, vom , Zl. 94/01/0775, vom , Zl. 95/19/0087, vom , Zl. 95/20/0670, und vom , Zl. 95/20/0247).
Zum geltenden Gesetz (§§ 13 Abs. 2 zweiter Fall, 14 Abs. 1 Z 5 zweiter Fall AsylG) wurde mit Rücksicht auf die Änderung der entsprechenden Bestimmung im Fremdengesetz (vgl. jetzt § 57 Abs. 4 FrG) nicht mehr angenommen, der Begriff des "besonders schweren Verbrechens" bezeichne Delikte mit einer fünf Jahre übersteigenden Strafdrohung. In dem Erkenntnis vom , Zl. 99/01/0288, in dem dies näher begründet wurde, wurde zu Art. 33 Abs. 2 zweiter Fall FlKonv im Anschluss an Kälin (Grundriss des Asylverfahrens (1990) 227-231) und Rohrböck (Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (1999), vgl. dort Rz 452 ff) ausgeführt, nach dieser Bestimmung in der Flüchtlingskonvention müssten kumulativ vier Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Flüchtling trotz drohender Verfolgung in den Herkunftsstaat verbracht werden dürfe. Er müsse erstens ein besonders schweres Verbrechen verübt haben, dafür zweitens rechtskräftig verurteilt worden und drittens gemeingefährlich sein, und schließlich müssten die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung seine Interessen am Weiterbestehen des Schutzes durch den Zufluchtsstaat überwiegen. Diese Voraussetzungen seien auch für die Anwendung des § 13 Abs. 2 zweiter Fall AsylG maßgeblich, weil der Gesetzgeber auf die völkerrechtliche Bedeutung der in dieser Bestimmung enthaltenen Wortfolgen abgestellt habe.
Zur nunmehr anzunehmenden Bedeutung des Begriffs "besonders schweres Verbrechen" verwies der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis auf eine im Jahr 1980 vom UNHCR im Zusammenhang mit Art. 1 Abschnitt F lit. b FlKonv vorgeschlagene Kategorisierung von Straftaten (vgl. näher Goodwin-Gill, The Refugee In International Law2 (1996, Nachdruck 1998) 107 f), auf die Kälin (a.a.0., 228) auch im Zusammenhang mit Art. 33 Abs. 2 FlKonv Bezug genommen hatte. "Typischerweise schwere Verbrechen" seien danach - in einer, wie hinzuzufügen ist, teilweise recht ungenauen Übersetzung - "etwa Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Kindesmisshandlung, Brandstiftung, Drogenhandel, bewaffneter Raub" und dergleichen (vgl. Kälin, a.a.0., und die - insoweit aber wie in Rz 449 auf Art. 1 Abschnitt F lit. b FlKonv und die Literatur dazu bezogene - Formulierung bei Rohrböck, a. a.0., Rz 455). Es müsse sich um Straftaten handeln, die objektiv besonders wichtige Rechtsgüter verletzen.
Zum konkreten Fall, der eine Verurteilung wegen § 28 Abs. 1 und 2 Suchtmittelgesetz zu zwölf Monaten Freiheitsstrafe, davon acht Monate bedingt, betraf, meinte der Verwaltungsgerichtshof, auf Grund der geänderten Rechtslage sei es ohne Bedeutung, dass die Behörde ein Drogendelikt mit einer Strafdrohung bis zu zehn Jahren angenommen habe, obwohl die Verurteilung wegen eines solchen mit einer Strafdrohung bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe erfolgt sei. Drogenhandel sei "typischerweise" ein "besonders schweres" Verbrechen. Allerdings genüge es nicht, wenn ein abstrakt als "schwer" einzustufendes Delikt verübt worden sei. Die Tat müsse sich im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweisen. U.a. sei auf Milderungsgründe Bedacht zu nehmen. Bei der Aufhebung des Bescheides wegen des Unterbleibens von Zukunftsprognose und Güterabwägung wurde erwähnt, die für die Zukunftsprognose u.a. in Betracht zu ziehenden Umstände der Tatbegehung wären auch in die Beurteilung der Frage, ob die Tat "subjektiv besonders schwerwiegend" gewesen sei, einzubeziehen gewesen.
Mit dem Erkenntnis vom , Zl. 99/01/0314, wurde einer Amtsbeschwerde gegen eine Asylgewährung stattgegeben, weil der Ausgang eines im Berufungsverfahren bekannt gewordenen Strafverfahrens wegen Vergewaltigung von der belangten Behörde nicht geprüft worden war und es sich bei Vergewaltigung, wie im Vorerkenntnis vom dargelegt, um ein "typischerweise besonders schweres" Verbrechen handle, sodass die Verurteilung einen für die Asylgewährung relevanten Umstand darstellen könne. Der Verfahrensmangel sei auch relevant, weil der Asylwerber noch vor der Erlassung des mit der Amtsbeschwerde bekämpften Bescheides rechtskräftig wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten, davon neun Monate bedingt, verurteilt worden sei.
Schließlich wurde mit dem Erkenntnis vom , Zl. 99/20/0532, die auf § 13 Abs. 2 zweiter Fall AsylG gestützte Abweisung eines Asylantrages aufgehoben, weil über den erstmals in der Berufungsentscheidung herangezogenen Umstand der Verurteilung nach dem Suchtmittelgesetz (zu einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten sowie - unter gleichzeitigem Widerruf der bedingten Strafnachsicht - einer Zusatzstrafe von drei Monaten) nicht verhandelt worden und "insbesondere" keine Güterabwägung vorgenommen worden war.
Für den vorliegenden Fall einer Entscheidung gemäß § 14 Abs. 1 Z 5 zweiter Fall AsylG müssen wegen der wörtlich gleichen Voraussetzungen die gleichen Maßstäbe gelten, auf die sich die Ausführungen in den drei erwähnten Vorerkenntnissen zu § 13 Abs. 2 zweiter Fall AsylG bezogen. Danach ist zunächst allerdings der von der belangten Behörde und vom Beschwerdeführer geteilten Ansicht, es komme im Sinne des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 94/01/0746, auf die Verurteilung wegen eines mit mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedrohten Deliktes an, nicht mehr beizupflichten. Im Sinne der zuletzt erwähnten Vorerkenntnisse zum geltenden Gesetz ist vielmehr auch im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass das der Verurteilung des Mitbeteiligten vom im Wesentlichen zugrunde liegende strafbare Verhalten (versuchter Verkauf von Amphetamin) nach der Art der betroffenen Rechtsgüter - als Drogenhandel - "typischerweise" den "besonders schweren Verbrechen" im Sinne des Gesetzes zuzurechnen ist. Diesbezüglich erweckt auch der Umstand, dass die damit herangezogene Kategorisierung zunächst für Art. 1 Abschnitt F lit. b ("ein schweres, nicht politisches Verbrechen") und nicht für Art. 33 Abs. 2 zweiter Fall FlKonv ("wegen eines besonders schweren Verbrechens") entwickelt wurde, keine Bedenken.
Wann ein in diesem Sinn "typischerweise" - nämlich in Bezug auf die betroffenen Rechtsgüter - einschlägiges Verbrechen im Einzelfall ausreichend schwerwiegend ist, um im Sinne der zuletzt genannten Norm (und damit der §§ 13 Abs. 2 zweiter Fall und 14 Abs. 1 Z 5 zweiter Fall AsylG) "besonders schwer" zu sein, ist in den Erkenntnissen zum geltenden Gesetz - abgesehen von der Erwähnung des Erfordernisses einer konkreten fallbezogenen Prüfung und der Tatumstände als zu berücksichtigendem Kriterium - nicht näher behandelt worden. An eine Gleichsetzung von "besonders schwer" im Sinne des Art. 33 Abs. 2 zweiter Fall FlKonv (i.V.m. §§ 13 Abs. 2 zweiter Fall und 14 Abs. 1 Z 5 zweiter Fall AsylG) mit "schwer" (Art. 1 Abschnitt F lit. b FlKonv i.V.m. §§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 1 Z 4 AsylG) würde dabei - ginge es nur um Ausdrücke der österreichischen Gesetzessprache - nicht zu denken sein. Die eine solche Gleichsetzung für die Flüchtlingskonvention scheinbar andeutende Äußerung Kälins (a.a.0., 228, und ähnlich schon Das Prinzip des Non-Refoulement (1982) 134), es dränge sich auf, beide Bestimmungen "gleich auszulegen", steht in einem spezifischen Zusammenhang mit der aus dem französischen Text abgeleiteten und von Kälin zutreffend bejahten Frage, ob sich der Ausdruck "particulierement grave" in Art. 33 Abs. 2 zweiter Fall FlKonv auch auf das Wort "crime" (und nicht nur das nachgestellte "ou delit") bezieht, und zielt nicht darauf ab, dem Wort "besonders" jede Bedeutung abzusprechen. Erörtert wird die Bedeutung von "serious" ("grave") im Zusammenhang mit "crime" (vgl. auch Hailbronner, Ausländerrecht, Rz 32 zu § 51 dAuslG, wo ebenfalls der Ausdruck "serious crime" behandelt wird). Dass bei Rohrböck (a.a.0., Rz 455) im Zusammenhang mit Art. 33 Abs. 2 zweiter Fall FlKonv unveränderte Textteile zu Art. 1 Abschnitt F lit. b FlKonv (aus Rz 449) aufscheinen, ist mit Rücksicht auf die mitübernommenen Zitate und ausdrücklichen Bezugnahmen auf Art. 1 Abschnitt F FlKonv überhaupt als Versehen zu werten (vgl. zu Art. 33 Abs. 2 FlKonv Rohrböck, a.a.0., Rz 116).
In der internationalen Literatur überwiegen Hinweise auf die Verschiedenheit der Vorschriften (vgl. etwa zum Verbrechensbegriff Grahl-Madsen, The Status of Refugees in International Law I (1966) 292; zur bloßen "Annäherung" des Art. 1 Abschnitt F lit. b FlKonv an Art. 33 Abs. 2 FlKonv durch das Wort "serious" Goodwin-Gill, a.a.0. 102; zum Unterschied zwischen "serious" und "particularly serious" Hathaway, The Law of Refugee Status (1991) 226 in FN 234 und nach FN 236 und den Nachweis bei Sloan in International Journal of Refugee Law (IJRL) Vol. 12, Supplement Winter 2000, 243; Fitzpatrick in derselben Ausgabe des IJRL, 288). Eine Gleichsetzung der "besonders schweren" mit bloß "schweren" Verbrechen kann insbesondere Absatz 154 des UNHCR-Handbuchs über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nicht entnommen werden (vgl. aber die Bezugnahmen auf das Handbuch bei Hailbronner, a.a.0.). Die "besonders schweren" Verbrechen im Sinne des Art. 33 Abs. 2 zweiter Fall FlKonv sind danach nur die "extremen Fälle" der "schweren Verbrechen" im Zufluchtsland, in Bezug auf deren Ahndung für die übrigen Fälle nur auf die Justiz des Zufluchtslandes verwiesen wird (die Ausführungen in Absatz 155 des Handbuchs beziehen sich wieder auf Art. 1 Abschnitt F lit. b FlKonv). Zuletzt hat der UNHCR die Verschiedenheit der Bestimmungen in einer kritischen Äußerung zur Heranziehung des Art. 33 Abs. 2 FlKonv als Ausschlussgrund für die Asylgewährung hervorgehoben (Feller, Stellungnahme aus Anlass des Treffens des Strategic Committee an Immigration, Frontiers and Asylum in Brüssel am ).
Vor diesem Hintergrund ist zu beachten, dass schon im Zusammenhang mit dem "schweren Verbrechen" nach Art. 1 Abschnitt F lit. b FlKonv die Auffassung vertreten wird, es müsse sich um "ein Kapitalverbrechen oder eine besonders schwerwiegende Straftat" (UNHCR-Handbuch, Absatz 155), um eine "in objektiver und subjektiver Hinsicht besonders schwerwiegende" Tat (Kälin, a. a.0. (1990), 181 f, mit Nachweisen der im UNHCR-Vorschlag von 1980 aufgezählten Gründe für die Widerlegung der Vermutung eines "schweren Verbrechens") bzw. um "truly abhorrent wrongs" handeln (Hathaway, a.a.0., 224). Zum "besonders schweren Verbrechen" des Art. 33 Abs. 2 zweiter Fall FlKonv verweist Grahl-Madsen auf eine Stellungnahme des UNHCR, wonach es sich normalerweise um ein Kapitalverbrechen wie Mord, Brandstiftung, Vergewaltigung oder bewaffneten Raub handeln müsse (Commentary on the Refugee Convention 1951, Articles 2-11, 13-37 (1963, wiederveröffentlicht 1997), Anmerkung 9 zu Art. 33). Art. 33 Abs. 2 FlKonv solle nur in extrem seltenen Fällen zur Anwendung kommen ("it is quite clear that the provisions ... were only meant to be applied in extremely rare occasions"; a.a.0., Anmerkung 10 zu Art. 33). Kälin zufolge muss es sich jeweils fallbezogen um die "ultima ratio" handeln, die Bestimmung sei "restriktiv auszulegen" und es kämen bei Bedachtnahme auf die von Grahl-Madsen referierte Stellungnahme des UNHCR "nur die schwersten Straftaten" in Betracht (a.a.0. (1982), 130, 132; a. a.0. (1990), 225 f sowie 228: "nur in besonders krassen Fällen").
Im vorliegenden Fall bekam der Mitbeteiligte - nach den Feststellungen im Strafurteil - erstmals 1996 von einem Unbekannten etwa 1 Gramm Amphetamin, das er einem verdeckten Fahnder als "Probe" übergab. Im April 1998 traf er den Unbekannten wieder und erhielt von ihm eine Amphetaminprobe von 1,3 Gramm, die er erneut an den verdeckten Fahnder weitergab. Am schließlich erhielt er vom demselben Unbekannten 433 Gramm Amphetamin, bei deren Weitergabe an den verdeckten Fahnder er verhaftet wurde. Die Größe der zuletzt ins Spiel gekommenen Suchtgiftmenge führte zur Subsumtion unter § 28 Abs. 4 Suchtmittelgesetz, wobei das Gericht aber feststellte, es könne "trotz des exorbitant hohen Strafrahmens von ein bis 15 Jahren ... mit einer vergleichsweise geringen Freiheitsstrafe von 20 Monaten das Auslangen gefunden werden".
Diese Verurteilung - der Aktenlage nach die einzige Verurteilung des Mitbeteiligten wegen eines Drogendeliktes - lässt sich nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht als solche wegen eines in der konkreten Ausprägung "besonders schweren Verbrechens" im Sinne des zuvor beschriebenen Verständnisses dieses Begriffes werten. Illustrativ ist hinzuzufügen, dass etwa in der Bundesrepublik Deutschland für den auf Art. 33 Abs. 2 zweiter Fall FlKonv bezogenen Tatbestand in § 51 Abs. 3 dAuslG mit Gesetz vom das Erfordernis einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren normiert wurde (vgl. näher Hailbronner, a.a.0., Rz 3). Dies ungeachtet des Umstandes, dass in der dabei zugrunde gelegten Übersetzung des Art. 33 Abs. 2 zweiter Fall FlKonv und demgemäß auch in der nunmehrigen Fassung des § 51 Abs. 3 dAuslG (anders als in Österreich, vgl. schon BGBl. Nr. 55/1955) nicht von einem "besonders schweren Verbrechen", sondern von einem "Verbrechen oder besonders schweren Vergehen" die Rede ist (vgl. dazu die bereits zitierte Erörterung bei Kälin, a.a.0. (1990), 227 f). Aus der Judikatur vor der erwähnten Gesetzesänderung sind bei Dienelt in GK-AsylVfG 1992, Rdn. 140 f, als Fälle der Anwendung des § 51 Abs. 3 zweiter Fall dAuslG Verurteilungen zu 15 Jahren Freiheitsstrafe wegen schweren Raubes und Vergewaltigung sowie zu 8 Jahren Freiheitsstrafe wegen Totschlags in Tateinheit mit Vergehen gegen das Waffengesetz genannt; hingegen sei u.a. bei Verurteilungen zu fünf Jahren Freiheitsstrafe wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Heroin, zu fünf Jahren Gesamtfreiheitsstrafe wegen unerlaubten Handeltreibens mit Heroin in nicht geringer Menge und unerlaubten Führens einer Schusswaffe, zu vier Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe wegen Handeltreibens mit Kokain und zu vier Jahren und vier Monaten Gesamtfreiheitsstrafe wegen Handeltreibens mit Heroin das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 51 Abs. 3 dAuslG verneint worden. Die dafür im Einzelnen jeweils maßgeblichen Gründe - und deren Überzeugungskraft - lassen sich an Hand einer solchen Aufstellung nicht beurteilen, doch scheint sowohl die Spruchpraxis als auch die Rechtsentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland als einem Land mit vergleichbaren Traditionen in der Strafrechtspflege die Auffassung zu bestätigen, dass eine Verurteilung wie die hier vorliegende als Anlass für ein Vorgehen nach Art. 33 Abs. 2 zweiter Fall FlKonv - also für die Abschiebung eines Flüchtlings nicht lediglich in einen Drittstaat, sondern in einen Verfolgerstaat - von vornherein nicht in Frage kommt (vgl. auch die Nachweise aus der Staatenpraxis bei Kälin, a. a.0. (1990), 229). Im hier zu beurteilenden Zusammenhang folgt daraus die Unanwendbarkeit des an die genannte Konventionsbestimmung anknüpfenden (vgl. auch § 57 Abs. 4 FrG) § 14 Abs. 1 Z 5 zweiter Fall AsylG.
Damit erübrigt sich die (im Vorerkenntnis vom als vierte Voraussetzung erwähnte) Abwägung gegenüber der konkreten Schwere der im Fall der Abschiebung drohenden Verfolgung, die auch bei Verurteilung wegen eines "besonders schweren" Verbrechens - über die sich aus Art. 3 EMRK ergebenden Verpflichtungen hinaus - der Durchbrechung des Refoulementverbotes entgegenstehen kann. Dies ist im vorliegenden Fall u.a. deshalb von Bedeutung, weil ein unmittelbares Abstellen auf die für sich genommen gemäß § 14 Abs. 1 Z 1 AsylG relevante Frage, welche Verfolgungsgefahr dem 1988 als Flüchtling anerkannten Mitbeteiligten in Polen überhaupt noch drohen könnte, nach § 14 AsylG an andere rechtliche Rahmenbedingungen geknüpft und mit teilweise anderen Rechtsfolgen als der vom Bundesasylamt herangezogene Tatbestand des § 14 Abs. 1 Z 5 AsylG verbunden wäre.
Da schon keine rechtskräftige Verurteilung wegen eines "besonders schweren" Verbrechens vorliegt, kommt es auch auf Gesichtspunkte der Zukunftsprognose hinsichtlich des Verhaltens im Inland nicht mehr an, womit den diesbezüglichen Verfahrensrügen in der Beschwerde die Relevanz fehlt. Ungeachtet des Zutreffens des Hinweises auf eine von den Voraussetzungen für die bedingte Entlassung "unabhängige" Prüfung in dem zur früheren Rechtslage ergangenen Vorerkenntnis vom , Zl. 94/01/0746, ist in diesem Zusammenhang aber anzumerken, dass die Gewährung der bedingten Entlassung durch das dafür zuständige Gericht ohne Hinzutreten neuer Sachverhaltselemente ein klarer Anhaltspunkt für eine im Sinne der Voraussetzung einer "Gefahr für die Gemeinschaft" nicht ausreichend ungünstige Prognose ist (vgl. auch Hailbronner, a.a.0., Rz 38 zu § 51 dAuslG). Dies gilt umso mehr, als sich die Wiederholungsgefahr auf ein weiteres "besonders schweres" Verbrechen beziehen müsste (vgl. schon das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/20/0247, mit Hinweis auf Kälin). Im Ergebnis könnte der belangten Behörde beim vorliegenden Sachverhalt daher auch in ihrer Prognose nicht entgegengetreten werden.
Die Amtsbeschwerde war aus den dargestellten Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001. Wien, am