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VwGH vom 23.10.1997, 96/15/0176

VwGH vom 23.10.1997, 96/15/0176

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

96/15/0177

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Mizner, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerden der G S in G, vertreten durch Dr. Dieter Gorscheg, Rechtsanwalt in Gleisdorf, Bürgergasse 40, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom , 1. Zl. B - SCH 6-9/96, betreffend Jahresausgleich 1991 und 2. Zl. B - SCH 7-9/96, betreffend Jahresausgleich 1992, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 9.130,-- S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist geschieden. In den Jahren 1991 und 1992 bezog sie für drei Kinder Familienbeihilfe. In den diese Jahre betreffenden Jahresausgleichsbescheiden berücksichtigte das Finanzamt antragsgemäß jeweils den Alleinverdienerabsetzbetrag.

Mit der Begründung, es sei neu hervorgekommen, daß der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin Einkünfte von jährlich mehr als 40.000,-- S erzielt habe, verfügte das Finanzamt in der Folge die Wiederaufnahme der Jahresausgleichsverfahren und erließ neue Sachbescheide, in welchen die Lohnsteuer ohne Abzug des Alleinverdienerabsetzbetrages berechnet wurde.

Die Beschwerdeführerin berief gegen die Sachbescheide. Das Finanzamt habe zu Unrecht angenommen, daß in den Jahren 1991 und 1992 zwischen ihr und Herrn Mag. S. eine Lebensgemeinschaft bestanden habe. Für die Annahme einer Lebensgemeinschaft sei das Bestehen einer Geschlechts-, Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft Voraussetzung. Diese Merkmale müßten kumulativ vorliegen. Im gegenständlichen Fall sei eine Wirtschaftsgemeinschaft nicht gegeben gewesen. Eine solche hätte zur Voraussetzung, daß die Lebensgefährten die Bedürfnisse des täglichen Lebens auf gemeinsame Rechnung bestreiten, also die Mittel zur Haushaltsführung gemeinsam aufwenden. Das Finanzamt habe lediglich aufgrund einer Meldeauskunft das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft angenommen. Aus einer Meldeauskunft ergäben sich jedoch keine Informationen über die "Art und Weise" des Wohnens. In den Jahren 1991 und 1992 habe Mag. S. im Hause der Beschwerdeführerin in der Weise gewohnt, "daß diese ihm gegen eine geringfügige Beteiligung an den Betriebskosten das Bewohnen eines Zimmers gestattete", weil ihm die bisherige Wohnmöglichkeit bei seinen Eltern nicht mehr zur Verfügung gestanden sei und er sich aufgrund seines geringen Einkommens das Anmieten einer Wohnung nicht hätte leisten können. Er sei als Vater der Tochter der Beschwerdeführerin ohnedies häufig in deren Haus gewesen. Eine Lebensgemeinschaft dürfe jedoch nicht angenommen werden, weil eine gemeinsame Haushaltsführung gefehlt habe. Weil eine Lebensgemeinschaft im Sinne einer Wirtschaftsgemeinschaft nicht bestanden habe, sei die Beschwerdeführerin berechtigt, den Alleinverdienerabsetzbetrag für die Jahre 1991 und 1992 zu beanspruchen.

Mit der abweisenden Berufungsvorentscheidung hielt das Finanzamt der Beschwerdeführerin vor, es habe sich für die Frage des Vorliegens einer Lebensgemeinschaft keineswegs ausschließlich auf eine Meldeauskunft gestützt, sondern vielmehr von Mag. S. selbst auf Anfrage die Auskunft erhalten, daß er seit dem mit der Beschwerdeführerin in einem gemeinsamen Haushalt wohne. Wenn in der Berufung ausgeführt werde, Mag. S. habe sich ständig im Haus der Beschwerdeführerin aufgehalten, weil ihm seine bisherige Wohnmöglichkeit bei den Eltern nicht mehr zur Verfügung gestanden sei, er habe sich seinem Einkommen entsprechend an den Betriebskosten beteiligt, so spreche dieses Vorbringen nicht gegen die Annahme einer Partnerschaft. Das Finanzamt könne der Ansicht der Beschwerdeführerin, wonach trotz des Vorliegens einer gemeinsamen Wohnmöglichkeit und eines gemeinsamen Kindes eine Lebensgemeinschaft erst im Jahr 1993 und sohin erst Jahre nach Einzug des Mag. S. in das Haus der Beschwerdeführerin begründet worden sei, nicht beitreten.

Die belangte Behörde wies die Berufung hinsichtlich des Jahres 1991 mit dem erstangefochtenen Bescheid und hinsichtlich des Jahres 1992 mit dem zweitangefochtenen Bescheid als unbegründet ab. In den Bescheiden wird im wesentlichen wortgleich ausgeführt: Strittig sei, ob zwischen Mag. S. und der Beschwerdeführerin eine für den Alleinverdienerabsetzbetrag schädliche Lebensgemeinschaft bestanden habe. Wenn Mag. S. und seine am geborene Tochter sowie die Beschwerdeführerin als deren Mutter im selben Haus wohnten und Mag. S. dort auch polizeilich gemeldet sei, sei nach dem äußeren Erscheinungsbild und den alltäglichen Denkgesetzen von einer Lebensgemeinschaft auszugehen. Es sei für die Annahme einer Lebensgemeinschaft nicht erforderlich, daß die Merkmale der Geschlechts-, Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft kumulativ vorlägen.

Gegen diese Bescheide wenden sich die vorliegenden Beschwerden, die der Verwaltungsgerichtshof wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbunden hat.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete zu jeder der Beschwerden eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 33 Abs. 4 EStG 1988 in der für die Streitjahre geltenden Fassung BGBl. 660/1989 steht einem Alleinverdiener oder einem Alleinerhalter ein Alleinverdienerabsetzbetrag von 4.000,-- S jährlich zuzüglich einem Kinderzuschlag von 1.800,-- S jährlich für jedes Kind (§ 106) zu. Alleinerhalter ist ein Steuerpflichtiger mit Kind,


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der zu Beginn des Veranlagungszeitraumes oder mindestens vier Monate im Veranlagungszeitraum ledig oder geschieden ist oder von seinem Ehegatten dauernd getrennt lebt und
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für sich Unterhaltsleistungen von höchstens 40.000,-- S erhält. Im Falle einer eheähnlichen Gemeinschaft gelten die für den Alleinverdiener maßgeblichen Einkunftsgrenzen.

Im Beschwerdefall steht im Streit, ob die belangte Behörde zu Recht das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft im Sinn des § 33 Abs. 4 EStG angenommen hat.

Die Beschwerdeführerin bringt in rechtlicher Hinsicht vor, eine eheähnliche Gemeinschaft dürfe nur angenommen werden, wenn die zusammenlebenden Personen eine Wirtschaftsgemeinschaft eingegangen seien.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom , 92/15/0212, ausgeführt hat, stellt das Gesetz mit dem Tatbestandsmerkmal der eheähnlichen Gemeinschaft auf das Zusammenleben in einer Lebensgemeinschaft ab, wozu im allgemeinen eine Geschlechts-, Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft gehört. Dabei kann aber das eine oder andere dieser aufgezählten Merkmale fehlen. Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalles an. Eine Lebensgemeinschaft im Sinne einer eheähnlichen Gemeinschaft ist anzunehmen, wenn nach dem äußeren Erscheinungsbild ein Zusammenleben erfolgt, wie es bei Ehegatten unter den gleichen Bedingungen zu erwarten wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich durch die vorliegende Beschwerde nicht zu einem Abgehen von seiner Rechtsauffassung veranlaßt. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin erfordert eine eheähnliche Gemeinschaft nicht, daß stets zugleich eine Geschlechts-, Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft gegeben ist. Es kann durchaus eines dieser Elemente weniger ausgeprägt sein oder ganz fehlen.

Die Beschwerdeführerin rügt als Verletzung von Verfahrensvorschriften, die belangte Behörde habe es unterlassen, ihren konkreten Einzelfall zu beurteilen, sondern habe sich lediglich in allgemeinen Rechtsausführungen ergangen. Dem ist entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die konkreten tatsächlichen Umstände des Einzelfalles anführt, aufgrund derer sie zu dem Schluß gekommen ist, es liege das äußere Erscheinungsbild eines Zusammenlebens, wie es bei Ehegatten zu erwarten wäre, vor (Wohnen in gemeinsamer Wohnung mit gemeinsamem Kind). Sie hat im übrigen das Fehlen der Wirtschaftsgemeinschaft nicht in Streit gestellt und hiezu - zu Recht - ausgeführt, daß diesem Merkmal für sich allein keine entscheidende Bedeutung zukommt.

Soweit die Beschwerdeführerin schließlich vorbringt, es sei den Ausführungen des Mag. S. nicht geglaubt worden, zeigt sie nicht auf, daß Mag. S. eine Aussage getätigt hätte, aus welcher sich Indizien gegen das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft ergäben. Derartiges ist auch aus der Aktenlage nicht erkennbar.

Die Beschwerden erweisen sich somit als unbegründet und waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. 416/1994.