VwGH vom 20.11.1996, 96/15/0135
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat I als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz) vom , Zl. B Z 3-6/96, betreffend Wiederaufnahme eines Finanzstrafverfahrens, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerdeschrift ergibt sich im Zusammenhalt mit der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides der folgende unstrittige Sachverhalt:
Über den Beschwerdeführer war mit Bescheid der belangten Behörde vom wegen des Finanzvergehens gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG (vorsätzliche Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen betreffend 1989, 1990 und 1-6/1991) eine Freiheitsstrafe von vier Wochen und eine Geldstrafe von S 200.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von sechs Wochen) verhängt worden.
In der Folge kam es (nach Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers) zu einer Wiederaufnahme unter anderem des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1990 und 1991, wobei mit neuen Sachbescheiden die Umsatzsteuerbeträge jeweils reduziert wurden. Daraus ergab sich auch eine entsprechende Reduzierung der verkürzten Beträge. Die entsprechenden Bescheide wurden dem Masseverwalter im Konkurs des Beschwerdeführers zugestellt und erfuhr der Beschwerdeführer davon durch seinen Steuerberater.
Am erklärte der Beschwerdeführer gegenüber der Finanzstrafbehörde erster Instanz niederschriftlich folgendes: "Da nach Abgabe meiner Erklärungen eine Gutschrift herausgekommen ist (1990 bis 1995), bin ich auch der Ansicht, obwohl ich eine strafbare Handlung begangen habe, daß das Strafverfahren gegen mich neu aufgerollt werden sollte. Die damals ermittelten Besteuerungsgrundlagen (Schätzungen) entsprechen meiner Ansicht nach nicht mehr den Tatsachen."
Am teilte der Beschwerdeführer der Finanzstrafbehörde erster Instanz mit, auf Grund der geänderten Bemessungsgrundlagen einen Wiederaufnahmsantrag samt Antrag auf Strafaufschub gestellt zu haben. Derartige Anträge langten bei der Finanzstrafbehörde erster Instanz aber nicht ein.
Erst am stellte der Beschwerdeführer den jetzt beschwerdegegenständlichen Wiederaufnahmsantrag mit der Begründung, er habe die Bescheide des Finanzamtes betreffend die Wiederaufnahme und Herabsetzung seiner Umsatzsteuerschuld erst (nach Aufhebung des Konkurses) am vom Masseverwalter erhalten.
Diesen Antrag wies die belangte Behörde gemäß § 165 Abs. 4 FinStrG als verspätet zurück, wobei sie dies im wesentlichen damit begründete, der Beschwerdeführer hätte schon im Jänner 1996 vom Wiederaufnahmsgrund Kenntnis gehabt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Wiederaufnahme seines Finanzstrafverfahrens verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 165 Abs. 4 FinStrG ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen Monatsfrist von dem Zeitpunkt an einzubringen, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat.
Im vorliegenden Fall geht es ausschließlich um die Frage der Rechtzeitigkeit des Wiederaufnahmsantrages, wobei der Beschwerdeführer die Auffassung vertritt, maßgeblich sei erst jener Zeitpunkt, an dem ihm nach Aufhebung seines Konkurses vom Masseverwalter die Bescheide über die Herabsetzung seiner Umsatzsteuerschuld übergeben worden seien.
Der Beschwerdeführer übersieht in diesem Zusammenhang grundlegend, daß er nach seinem eigenen Vorbringen schon im Jänner 1996 von der Herabsetzung seiner Umsatzsteuerschuld im Rahmen der nach Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 1990 und 1991 neu erlassenen Sachbescheide Kenntnis hatte. Dazu kommt, daß der Beschwerdeführer ungeachtet des über sein Vermögen eröffenten Konkursverfahrens sowohl im Konkursverfahren als auch im Abgabenverfahren das Recht auf Akteneinsicht hatte und daß es ihm daher unbenommen war, sich durch persönliche Akteneinsicht oder im Wege des von ihm - nach dem Beschwerdevorbringen - beschäftigten Steuerberaters allfällige Detailkenntnisse zu verschaffen, deren Fehlen er jetzt ins Treffen zu führen sucht.
Die Zeit, die der Beschwerdeführer ab Kenntniserlangung von der Tatsache, daß sich der relevante Umsatzsteuerbetrag und damit der für seine Bestrafung maßgebliche Wertbetrag geändert hat, bis zur Ausfolgung der betreffenden Bescheide durch den Masseverwalter an ihn hat verstreichen lassen, geht somit voll zu seinen Lasten. Der Kenntnis vom Wiederaufnahmsgrund ist in diesem Zusammenhang die Tatsache gleichzuhalten, daß sich der Wiederaufnahmswerber von den (von ihm jetzt für relevant erachteten) Details jederzeit Kenntnis verschaffen hätte können (vgl. in diesem Sinn zur Frage des Beginns der Verjährung von Schadenersatzansprüchen Schubert in Rummel, ABGB II2 zu § 1489, ABGB Rz 3 insb. S 1251 vorletzter Satz unter Berufung auf OGH SZ 44/115 uva. sowie a.a.O. Rz 4; ähnlich zum Beginn der Frist für die Wiederaufnahmsklage gemäß § 534 ZPO, Fasching, Zivilprozeßrecht, Lehr- und Handbuch2, Rz 2073, sowie derselbe im Kommentar IV Anm. 5 Abs. 2 zu § 534 ZPO).
Daraus folgt, daß bereits der Beschwerdeinhalt erkennen läßt, daß die behauptete Rechtswidrigkeit dem angefochtenen Bescheid nicht anhaftet, zumal die belangte Behörde angesichts der vorliegenden Fristversäumung auch nicht gehalten war, Ermittlungen darüber anzustellen, wann der Beschwerdeführer letzten Endes vom Inhalt der nach Wiederaufnahme seiner Umsatzsteuersache neu erlassenen Sachbescheide detaillierte Kenntnis erlangte.
Die Beschwerde war daher ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen, weshalb auch ein gesonderter Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen unterbleiben konnte.