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VwGH vom 17.05.1995, 94/01/0669

VwGH vom 17.05.1995, 94/01/0669

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Bernegger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des Dr. F in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 12.204/188-II/13/94, betreffend Feststellung gemäß § 8 Strafregistergesetz 1968, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom wurde gemäß § 8 Strafregistergesetz 1968, BGBl. Nr. 277 i. d.g.F., "festgestellt, daß die Eintragung Ihrer Verurteilung KG Korneuburg n1 Vr n2/82 Hv n3/84 vom RK PAR 75 StGB PAR 36/1 A WaffG Lebenslange Freistr. im Strafregister nicht unzulässig und daher auch nicht rückgängig zu machen ist".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom , B 804/94, nach Ablehnung ihrer Behandlung abgetretene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Unbestritten ist, daß die oben genannte Eintragung im Strafregister der - zuletzt mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom , GZ n4 Os n5/85-27, erfolgten - Verurteilung des Beschwerdeführers entspricht, sowie daß der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit Entscheidung vom , Zl. 29/1992/374/448, festgestellt hat, daß nach Lage des Falles die persönliche Anwesenheit des Angeklagten beim Gerichtstag über die Berufung (beim Obersten Gerichtshof) im Interesse der Fairneß des Verfahrens geboten gewesen wäre, und er in der unterbliebenen Sicherstellung der Anwesenheit des Beschwerdeführers bei der mündlichen Berufungsverhandlung, um ihn solcherart in die Lage zu versetzen, sich "persönlich selbst zu verteidigen", eine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 lit. c der MRK erblickt hat.

Gemäß § 8 Abs. 1 Strafregistergesetz 1968 (im folgenden: StrRegG) kann jede Person, hinsichtlich der eine Verurteilung, eine sich darauf beziehende Entschließung des Bundespräsidenten oder eine sonstige sich darauf beziehende Entscheidung, Verfügung oder Mitteilung in das Strafregister aufgenommen oder nicht aufgenommen worden ist, die Feststellung beantragen, daß die Aufnahme in das Strafregister unrichtig erfolgte oder unzulässig war und daher mit einem anderen Inhalt zu erfolgen hat oder rückgängig zu machen ist, daß sie hätte erfolgen müssen oder daß die Verurteilung getilgt ist.

Der zugrunde liegende Antrag des Beschwerdeführers vom lautete dahingehend, daß die ihn betreffende, eingangs näher beschriebene Eintragung im Strafregister der Bundespolizeidirektion Wien "auf Grund des Urteiles des Europ. Gerichtshofes für Menschenrechte vom , Zl. 29/1992/374/448 i.S. Dr. F/Rep. Österreich, unzulässig" und "diese Eintragung gemäß § 8 Abs. 3 StrafregisterG., BGBl. 1968 Nr. 277 i.d.F. BGBl. 1972 Nr. 101, zur Gänze rückgängig zu machen ist".

Damit hat aber der Beschwerdeführer keine Feststellung begehrt, die einem der im § 8 Abs. 1 StrRegG vorgesehenen Fälle entsprechen würde. Was Gegenstand der Aufnahme in das Strafregister ist, ergibt sich im einzelnen aus § 2 leg. cit. Der Beschwerdeführer selbst behauptet nicht, daß die Aufnahme seiner rechtskräftigen Verurteilung durch ein inländisches Strafgericht in das Strafregister (§ 2 Abs. 1 Z. 1 leg. cit.) "unrichtig erfolgte oder unzulässig war und daher mit einem anderen Inhalt zu erfolgen hat oder rückgängig zu machen ist". Er macht vielmehr einen zufolge des Urteiles des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nachträglich eingetretenen Umstand geltend, der aber für sich allein an seiner Verurteilung, solange sie aufrecht ist, nichts zu ändern vermag. Dieser Umstand stellt dementsprechend auch keinen Anwendungsfall einer Aufnahme in das Strafregister (§ 2 Abs. 1 Z. 4 lit. a bis m und Z. 5 leg. cit.) dar, weshalb seine Aufnahme auch nicht im Sinne des § 8 Abs. 1 leg. cit. "hätte erfolgen müssen".

Wenn sich der Beschwerdeführer auf Art. 53 MRK beruft, wonach "die Hohen Vertragschließenden Teile die Verpflichtung übernehmen, sich in allen Fällen, an denen sie beteiligt sind, nach Entscheidung des Gerichtshofs zu richten", so ist ihm, abgesehen von der Frage, ob es sich hiebei nicht um eine bloß völkerrechtliche Verpflichtung handelt, entgegenzuhalten, daß es - wovon der Beschwerdeführer selbst ausgeht - zu ihrer Verwirklichung der Umsetzung einer solchen Entscheidung, die "Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung" sei, bedürfte. Trotz der weitwendigen, auf Lehre und Judikatur bezugnehmenden Ausführungen des Beschwerdeführers zur Bindungswirkung einer solchen Entscheidung für den innerstaatlichen Bereich kann der Beschwerdeführer nicht in Abrede stellen, daß das der Eintragung im Strafregister zugrunde liegende Urteil des Obersten Gerichtshofes bisher nicht beseitigt wurde und daher weiterhin dem Rechtsbestand angehört. Der Beschwerdeführer macht selbst nicht geltend, daß das (lediglich feststellende) Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte unmittelbar die Rechtswirkung der Aufhebung der Verurteilung (siehe § 2 Z. 4 lit. k StrRegG) nach sich gezogen habe, wofür - ungeachtet dessen, daß die MRK innerstaatlich auf der Stufe eines Verfassungsgesetzes steht - auch jede Rechtsgrundlage fehlen würde. Die sich aus Art. 53 MRK ergebende Verpflichtung der Republik Österreich konnte demnach dem Beschwerdeführer im Bereich des vorliegenden Verfahrens nach § 8 Abs. 1 StrRegG nicht den von ihm behaupteten Anspruch verschaffen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 94/20/0804). In diesem Sinne hat auch der Verfassungsgerichtshof in seinem die Behandlung der gegenständlichen Beschwerde ablehnenden Beschluß vom , B 804/94, zum Ausdruck gebracht, daß ein Antrag auf Rückgängigmachung einer Eintragung im Strafregister keinen Anwendungsfall des Art. 53 MRK bilden kann.

Den weiteren Ausführungen des Beschwerdeführers zur Auslegung des § 2 Abs. 3 StrRegG, betreffend die Unbeachtlichkeit von Verurteilungen in einem den Grundsätzen des Art. 6 MRK nicht entsprechenden Verfahren, von welcher Bestimmung seiner Meinung nach - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - nicht nur ausländische, sondern auch inländische Verurteilungen erfaßt seien, kommt daher keine rechtliche Bedeutung zu, sodaß darauf nicht mehr einzugehen ist.

Daraus ergibt sich, daß die belangte Behörde den Feststellungsantrag des Beschwerdeführers als unzulässig hätte zurückweisen müssen. Dadurch, daß sie darüber meritorisch entschieden hat, wurde aber der Beschwerdeführer nicht in seinen subjektiven Rechten verletzt.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.