zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 28.05.1998, 96/15/0009

VwGH vom 28.05.1998, 96/15/0009

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der D KG in P, vertreten durch Dr. Wolfgang Broesigke und Dr. Bertram Broesigke, Rechtsanwälte in 1060 Wien, Gumpendorfer Straße 14, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IX) vom , Zl. GA 6-94/5029/03, betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Nach dem übereinstimmenden Inhalt der Verwaltungsakten und der Beschwerde steht folgender Sachverhalt fest:

Die Beschwerdeführerin betrieb bis Ende des Jahres 1990 ein Werbeunternehmen, in dessen Rahmen die Superädifikate KG Vösendorf, EZ 799 (Büro 2 = Anbau und Betriebshalle) und EZ 802 (Büro 1), zu 100 % betrieblich genutzt wurden. Die Gesellschafter der Beschwerdeführerin, das Ehepaar D, beschäftigten sich mit der Vermietung von Wohnobjekten.

Mit Kaufvertrag vom verkaufte die Beschwerdeführerin den Betrieb des Werbeunternehmens. Die (unternehmerische) Tätigkeit der Beschwerdeführerin wurde per eingestellt. Mit dem genannten Kaufvertrag wurde als unentgeltliche Nebenleistung die Benützung der Betriebsräume und der Betriebshalle bis zum gestattet. Das Bürohaus 1 wurde in der Folge mit Mietvertrag vom vermietet. Bis dahin wurde es nicht für unternehmerische Tätigkeiten herangezogen.

Das Finanzamt schrieb mit Bescheid vom eine Umsatzsteuernachforderung für das Jahr 1990 von S 199.803,-- vor (resultierend aus einer Eigenverbrauchsbesteuerung betreffend das Bürohaus 1).

Mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde den genannten erstinstanzlichen Bescheid und begründete dies wie folgt:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. a UStG liege der Tatbestand des Eigenverbrauches vor, wenn ein Unternehmer im Inland Gegenstände, die seinem Unternehmen dienen, für Zwecke verwende oder verwenden lasse, die außerhalb des Unternehmens liegen. Unter "Verwenden" eines Gegenstandes für Zwecke außerhalb des Unternehmens seien sowohl die Entnahme als dauernde Herausnahme aus dem Bereich eines Unternehmens zu verstehen als auch die bloße vorübergehende Nutzung eines Gegenstandes für Zwecke außerhalb des Unternehmens. Der geprüfte Betrieb sei per aufgegeben worden. Nach diesem Zeitpunkt sei das Haus nicht für unternehmerische Tätigkeiten herangezogen worden. Für die Feststellung, ob durch das Leerstehen bzw. das "Herausnehmen" aus dem betrieblichen Bereich ein umsatzsteuerpflichtiger Tatbestand verwirklicht worden sei, sei es irrelevant, ob das Objekt nur zwei Jahre und fünfeinhalb Monate (ab ) oder ein Jahr und elfeinhalb Monate (ab ) leergestanden sei. Im Hinblick auf das Datum des Prüfungsbeginnes () und des knapp nach diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Mietvertrages sei der Berufungssenat zu der Auffassung gekommen, daß dem ehemaligen Komplementär der Beschwerdeführerin die Problematik des Leerstehens erst während des Prüfungsverfahrens aufgezeigt worden sei. Die Beschwerdeführerin sei (nach dem ) nicht unternehmerisch tätig gewesen. Hinsichtlich des Objektes Bürohaus 1 sei somit Eigenverbrauch anzunehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. a des im strittigen Zeitraum anzuwendenden UStG 1972 unterliegt der Eigenverbrauch der Umsatzsteuer. Eigenverbrauch liegt vor, wenn ein Unternehmer im Inland Gegenstände, die seinem Unternehmen dienen, für Zwecke verwendet oder verwenden läßt, die außerhalb des Unternehmens liegen. Gemäß § 6 Z. 9 lit. a des UStG 1972 in der Fassung BGBl. Nr. 281/1990 sind die Umsätze von Grundstücken im Sinne des § 2 des Grunderwerbsteuergesetzes 1955 steuerfrei; die Steuerfreiheit gilt nicht für den Eigenverbrauch, insoweit für die Grundstücke ein Vorsteuerabzug nach § 12 Abs. 1 vorgenommen worden ist.

Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides behauptet die Beschwerdeführerin mit dem Vorbringen, das gegenständliche Objekt sei niemals, auch nicht im Zeitraum zwischen Juli 1991 und Mai 1993, für Zwecke verwendet worden, die außerhalb des Unternehmens gelegen seien. Eigenverbrauch liege daher nicht vor. Ein schlichtes Leerstehen in diesem Zeitraum bewirke keinen Eigenverbrauchstatbestand. Es habe weder Bedarf noch Interesse an irgendeiner privaten Nutzung durch die Gesellschafter bestanden. In der Leerstehungsphase seien verschiedene Aktivitäten durch den Gesellschafter, Herrn D, gesetzt worden. Weiters sei die Vermietung des gegenständlichen Objektes nicht einfach gewesen. Da somit stets nur unternehmerische Verwendung des Bürohauses bestanden habe, sei der Eigenverbrauchstatbestand nicht gegeben und die bekämpfte Festsetzung der Umsatzsteuer für 1990 nicht berechtigt. Weiters habe die Behörde die Aufhebung eines Teils des § 6 Z. 9 lit. a UStG 1972 in der Fassung 1985 nicht berücksichtigt.

Diesem Beschwerdevorbringen ist vorerst zu entgegnen, daß für den strittigen Zeitraum die hier maßgeblichen Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes 1972 in der Fassung anzuwenden sind, die dem obigen Zitat entspricht. Durch das UStG 1994, BGBl. Nr. 663, wurde keine rückwirkende Aufhebung der genannten Bestimmungen angeordnet; auch die Aufhebung des zweiten Halbsatzes des § 6 Z. 9 lit. a UStG 1972 durch Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 122/93, 153/93 (BGBl. Nr. 246/1994), wirkte nicht für das Jahr 1990.

Grundsätzlich ist bei der Beurteilung der Erfüllung des Eigenverbrauchstatbestandes davon auszugehen, daß die Beschwerdeführerin als Kommanditgesellschaft Unternehmer im Sinn des Umsatzsteuergesetzes ist, für die Grundstücke ein Vorsteuerabzug iSd § 6 Z. 9 lit. a UStG 1972 vorgenommen worden ist und die Tätigkeit der Beschwerdeführerin per

eingestellt wurde. Bei Aufgabe eines Betriebes wird ein Eigenverbrauch verwirklicht, wobei der Zeitpunkt des so verwirklichten Eigenverbrauchs in der Regel mit der Betriebsaufgabe im Sinn des EStG zusammenfällt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/15/0023). Vom Fortbestand der Unternehmereigenschaft im Sinn des UStG kann dann ausgegangen werden, wenn der Unternehmer erklärt, er werde nach der formalen Betriebseinstellung oder nach der Aufgabe der bisher ausgeübten gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit mit der vorhandenen Betriebseinrichtung anderweitig unternehmerisch tätig werden (siehe auch dazu das genannte Erkenntnis Zl. 94/15/0023, dem der Sachverhalt zugrundelag, daß der Unternehmer den von ihm bislang geführten Betrieb im gemeinsamen Einfamilienhaus aufgegeben und in der Folge seine Ehegattin das gesamte Einfamilienhaus vermietet und somit für ihre unternehmerischen Zwecke genutzt hatte).

Im vorliegenden Fall fehlen jedoch Feststellungen, zu welchem Zeitpunkt und auf welche Weise die Liegenschaften in die Unternehmenssphäre der Gesellschafter übertragen wurden. Es liegt zwar Eigenverbrauch vor, wenn Gegenstände des Unternehmensvermögens der Personengesellschaft ohne Entgelt in die Unternehmenssphäre des Gesellschafters überführt werden (Ruppe, aaO, § 1 Tz 373); dieser Tatbestand läßt sich jedoch derzeit mangels der oben genannten Feststellungen nicht abschließend beurteilen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b) und c) VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer im Pauschbetrag bereits enthalten ist und zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung die Vorlage einer Bescheidausfertigung reicht.