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VwGH vom 27.08.2002, 96/14/0148

VwGH vom 27.08.2002, 96/14/0148

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und den Senatspräsidenten Dr. Karger sowie die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der Gemeinde P, vertreten durch Dr. Rudolf Watschinger, Rechtsanwalt in 4910 Ried, Bahnhofstraße 47, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, vom , Zl 134/4-6K/Lau-1996, betreffend Zuteilung der Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer für das Jahr 1994 (Mitbeteiligte: O AG, L, und Gemeinde O, vertreten durch Dr. Gerhard Holzinger, Rechtsanwalt in 5280 Braunau am Inn, Stadtplatz 36) zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 332 EUR und der Gemeinde Ostermiething Aufwendungen von 908 EUR jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Kraftwerke betreibende O AG (Mitbeteiligte) unterhält eine Betriebsstätte, die sich über die Gebiete der beschwerdeführenden Gemeinde P (idF: Beschwerdeführerin) und der Gemeinde O (Mitbeteiligte) erstreckt.

Unter Hinweis auf § 10 Abs 4 und 5 KommStG 1993 stellte die Gemeinde O am beim Finanzamt den Antrag auf Zuteilung der Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer für das Streitjahr (idF nur: Zuteilung), wobei sie zur Begründung im Wesentlichen ausführte, die von der O AG vorgenommene Zuteilung nach der Anzahl der in den beiden Gemeinden jeweils beschäftigten Dienstnehmer, auf Grund derer ihr nur 3,4 % zugewiesen worden seien, entspreche nicht den gesetzlichen Bestimmungen. Es müsse vielmehr das Wohnen der Dienstnehmer in den beiden Gemeinden bei der Zuteilung berücksichtigt werden. Wie sich aus dem bisherigen Verhalten der Beschwerdeführerin und der O AG ergebe, seien diese nicht bereit, sich mit ihr über die Zuteilung zu einigen. Es werde darauf hingewiesen, dass ihr vor dem Jahr 1994 gemäß § 32 GewStG bei der Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages 30 % zugewiesen worden seien. Gründe für eine Änderung des bisherigen Aufteilungsschlüssels lägen nicht vor.

Versuche des Finanzamtes, eine Einigung zwischen der Beschwerdeführerin, der O AG und der Gemeinde O zu erzielen, blieben erfolglos.

Am beantragte die Gemeinde O iSd § 311 Abs 2 BAO den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung ihres Antrages vom auf Zuteilung auf die belangte Behörde.

Nachdem eine Besprechung zwischen der Beschwerdeführerin und der Gemeinde O bei der belangten Behörde ebenfalls zu keiner Einigung führte, erließ die belangte Behörde den nunmehr angefochtenen Bescheid, wobei sie der Beschwerdeführerin 66,79 % und der Gemeinde O 33,21 % zuteilte. Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, bei der Zuteilung seien die örtlichen Verhältnisse und die der jeweiligen Gemeinde erwachsenden Lasten zu berücksichtigen, wobei lediglich eine billige, globale Abwägung der konkreten Verhältnisse des Einzelfalles vorzunehmen sei. Die Bezugnahme auf die Anzahl der Dienstnehmer samt Familienangehörigen sei ein geeigneter Maßstab für die Zuteilung. Dabei sei nicht von der Anzahl der in der jeweiligen Gemeinde beschäftigten, sondern von der der in ihr wohnenden Dienstnehmer auszugehen. Durch das Wohnen der - auch ehemaligen - bei der O AG beschäftigten Dienstnehmer samt Angehörigen würden der Gemeinde O Lasten erwachsen, die bei der Zuteilung entsprechend zu berücksichtigen seien. Der von der Beschwerdeführerin angewendete Faktor Dienstnehmer im Betrieb sei somit unmaßgeblich. In dem Gebiet der Beschwerdeführerin wohnten 26,88 % und in dem der Gemeinde O 73,12 % der - auch ehemaligen - bei der O AG beschäftigten Dienstnehmer samt Angehörigen. Die Gewichtung des für die Zuteilung maßgeblichen Faktors Dienstnehmer erfolge mit 40 %. Die umfangreichen Betriebsanlagen der O AG befänden sich zum überwiegenden Teil im Gebiet der Beschwerdeführerin. Durch den Betrieb werde die Beschwerdeführerin stärker belastet als die Gemeinde O durch das Wohnen der - auch ehemaligen - bei der O AG beschäftigten Dienstnehmer samt Angehörigen. Insbesondere der durch den Betrieb verursachte Schwerverkehr (Anlieferung von Kohlen) sowie die Aufwendungen für Kanalisation und Müllbeseitigung rechtfertigten eine Gewichtung des für die Zuteilung maßgeblichen Faktors Betriebsanlagen mit 45 %. Die Aufteilung erfolge entgegen der Ansicht der Gemeinde O nicht nach dem im Gebiet der jeweiligen Gemeinde gelegenen Einheitswert des Betriebsgrundstückes, sondern nach den Anschaffungskosten des sich dort befindlichen Anlagevermögens. Daraus ergebe sich ein Anteil von 97,53 % für die Beschwerdeführerin und ein solcher von 2,47 % für die Gemeinde O. Dem Ausmaß der dem Betrieb gewidmeten Grundflächen komme nur eine geringe Bedeutung zu. Während die im Gebiet der Beschwerdeführerin befindlichen Grundflächen der unmittelbaren betrieblichen Nutzung dienten, werde ein Großteil der im Gebiet der Gemeinde O befindlichen Grundflächen als Aschendeponie, die inzwischen rekultiviert bzw auf der ein Gewerbebetrieb angesiedelt worden sei, genutzt. Die in den beiden Gemeinden gelegenen Grundflächen dienten somit völlig unterschiedlichen Produktionsphasen und seien daher nur bedingt geeignet, als Maßstab für die Zuteilung zu dienen. Die Gewichtung des für die Zuteilung maßgeblichen Faktors Betriebsflächen erfolge somit dem Antrag der Beschwerdeführerin entsprechend mit 5 %. Die dem Betrieb insgesamt gewidmeten Grundflächen befänden sich zu 53 % in dem Gebiet der Beschwerdeführerin und zu 47 % in dem der Gemeinde O. Die von der Beschwerdeführerin vorgenommene Aufteilung der aus Umwelt und Verkehr erwachsenden Lasten mit an sie 95 % und mit 5 % an die Gemeinde O sei im Hinblick darauf, dass sich der Hauptteil der Betriebsanlagen auf dem Gebiet der Beschwerdeführerin befinde, realitätsnah. Insbesondere die Kohlendeponie komme als Verursacher von Lasten in Betracht. Die Behauptung der Gemeinde O, ein Teil des Kohlenstaubes werde durch den Nordostwind auf ihr Gebiet geweht, sei wegen der dauernden Bewässerung der Kohlendeponie unwahrscheinlich. Die im Gebiet der Gemeinde O befindliche Aschendeponie sei inzwischen rekultiviert worden, weswegen sie keine Lasten (Umweltschäden) mehr verursache. Die Gewichtung des für die Zuteilung maßgeblichen Faktors Umwelt und Verkehr erfolge dem Antrag der Beschwerdeführerin entsprechend mit 10 %.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde unter Berücksichtigung der Ausführungen der von der Gemeinde O erstatteten Gegenschrift erwogen:

Gemäß § 10 Abs 1 KommStG ist die Bemessungsgrundlage vom Unternehmer auf die beteiligten Gemeinden zu zerlegen, wenn sich eine Betriebsstätte über mehrere Gemeinden (mehrgemeindliche Betriebsstätte) erstreckt. Dabei sind die örtlichen Verhältnisse und die durch das Vorhandensein der Betriebsstätte erwachsenden Lasten zu berücksichtigen.

Gemäß § 10 Abs 5 KommStG hat das Finanzamt auf Antrag des Steuerschuldners oder einer beteiligten Gemeinde die Bemessungsgrundlage zuzuteilen, wenn zwei oder mehrere Gemeinden die auf einen Dienstnehmer entfallende Bemessungsgrundlage ganz oder teilweise für sich in Anspruch nehmen und ein berechtigtes Interesse an der Zuteilung dargetan wird.

Die Beschwerdeführerin behauptet zunächst, der angefochtene Bescheid sei infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig. Die belangte Behörde habe es nämlich unterlassen, das berechtigte Interesse der Gemeinde O an der Zuteilung zu prüfen bzw die Gemeinde O aufzufordern, ihr Interesse an der Zuteilung darzutun.

Mit dieser Behauptung zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Trotz mehrmaliger Versuche seitens der Abgabenbehörde konnten sich die Beschwerdeführerin, die O AG und die Gemeinde O nicht auf die Zuteilung einigen. Schon daraus ergibt sich das berechtigte Interesse der Gemeinde O auf Erlassung eines Bescheides nach § 10 Abs 5 KommStG. Die Gemeinde O hat überdies bereits in ihrem am beim Finanzamt gestellten Antrag dargetan, weshalb sie die von der O AG vorgenommene Zuteilung, auf Grund derer ihr nur 3,4 % zugewiesen worden seien, als rechtswidrig ansehe, wobei sie noch darauf hingewiesen hat, dass ihr vor dem Jahr 1994 gemäß § 32 GewStG bei der Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages 30 % zugewiesen worden seien.

Die Beschwerdeführerin bekämpft den von der belangten Behörde bei der Zuteilung herangezogenen Faktor Dienstnehmer, wobei sie behauptet, das Wohnen der - auch ehemaligen - bei der O AG beschäftigten Dienstnehmer samt Angehörigen stelle kein geeignetes Kriterium für die Zuteilung dar.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich aus § 10 KommStG bzw aus der inhaltlich gleich lautenden Vorgängerbestimmung des § 32 GewStG, dass die Abgabenbehörden eine billige, globale Abwägung der konkreten Verhältnisse des Einzelfalles vorzunehmen haben. Damit ist dem Ermessen der Abgabenbehörde ein weiter Spielraum eingeräumt (vgl beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , 98/15/0013).

Die belangte Behörde hat ua als Maßstäbe für die von ihr vorgenommene Zuteilung die Anzahl der in den beiden Gemeinden jeweils wohnenden - auch ehemaligen - bei der O AG beschäftigten Dienstnehmer samt Angehörigen, die Betriebsanlagen, die Betriebsflächen sowie die Umwelt und den Verkehr als Faktoren herangezogen. Wenn die belangte Behörde dabei die durch das Wohnen der in der mehrgemeindlichen Betriebsstätte der O AG - auch ehemaligen - beschäftigten Dienstnehmer samt Angehörigen in der jeweiligen Gemeinde erwachsenden Lasten als wesentlich für den Faktor bei der Zuteilung herangezogen hat, kann ihr nicht entgegengetreten werden. Die so vorgenommene Bezugnahme auf das Wohnen der Dienstnehmer stellt nach ständiger hg Rechtsprechung einen geeigneten Maßstab für die Zuteilung dar (vgl nochmals das hg Erkenntnis 98/15/0013). In der Gewichtung des Faktors Wohnen mit 40 % ist auch keine Rechtsverletzung zu erblicken. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wesentlich höhere Gewichtungen dieses Faktors als sachgerecht angesehen (vgl etwa die hg Erkenntnisse vom , 2000/17/0002, und vom , 98/15/0015). Den Ausführungen der Beschwerdeführerin, es lägen besondere Verhältnisse vor, weil sich - bezogen auf die Anschaffungskosten - 97,53 % des Anlagevermögens auf ihrem Gebiet befänden, ist entgegen zu halten, dass diese Verhältnisse keine Auswirkungen auf die durch das Wohnen der - auch ehemaligen - bei der O AG beschäftigten Dienstnehmer samt Angehörigen in der Gemeinde O erwachsenden Lasten haben. Ergeben sich für eine Gemeinde Lasten aus dem Wohnen von Dienstnehmern, so ist dies auch der Fall, wenn sich die Betriebsanlagen fast ausschließlich auf dem Gebiet einer anderen Gemeinde befinden. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass die belangte Behörde den Faktor Betriebsanlagen bei der Zuteilung nicht nur berücksichtigt, sondern im Vergleich zum Faktor Dienstnehmer auch höher (45 %) gewichtet hat.

Die Beschwerdeführerin bezeichnet die Formulierung des § 10 Abs 1 zweiter Satz KommStG als zu weit gehend und unbestimmt, somit als verfassungswidrig.

Wie sich aus der hg Rechtsprechung ergibt (vgl nochmals die hg Erkenntnisse 98/15/0013 und 2000/17/0002), ist in der Einräumung eines Ermessensspielraumes keine verfassungsrechtlich bedenkliche Unbestimmtheit des § 10 Abs 1 zweiter Satz KommStG zu erblicken. Vielmehr liegt es an der Abgabenbehörde, von dem ihr eingeräumten Ermessensspielraum dem Zweck der Bestimmung entsprechend Gebrauch zu machen. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich weder veranlasst, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzugehen, noch der Anregung der Beschwerdeführerin folgend nach Art 140 Abs 1 B-VG einen Antrag an den Verfassungsgerichtshof zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 10 Abs 1 zweiter Satz KommStG zu stellen.

Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr 501/2001.

Wien, am