VwGH vom 02.07.2002, 96/14/0128
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und den Senatspräsidenten Dr. Karger sowie die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der H F in Wernberg, vertreten durch Dr. Arnold Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl 185/2-8/K-1996, betreffend Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist Mitglied der Kongregation der M (idF nur: Kongregation) mit dem Mutterhaus in W.
In einem Schreiben vom hielt das Bischöfliche Ordinariat Linz fest, es sei erfreulich, dass sich die Beschwerdeführerin entschieden habe, der Einladung in das Kollegium P (idF nur: Kollegium) in Linz Folge zu leisten, und nun seit Schulbeginn bereits tätig zu sein. Der Beschwerdeführerin wurde unter einem mitgeteilt, sie werde einerseits als Religionsprofessorin anderseits als "geistliche Begleiterin" für den Bereich Spiritualität im Kollegium tätig sein. Die Tätigkeit der Beschwerdeführerin im Kollegium war unbefristet. Am wurde die Beschwerdeführerin zur Oberin der Kongregation ernannt, worauf sie im Einvernehmen mit dem Bischöflichen Ordinariat Linz ihre Tätigkeit im Kollegium einstellte.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist strittig, ob die Aufwendungen der Beschwerdeführerin für vier Fahrten zum Mutterhaus gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.
Die belangte Behörde vertritt unter Hinweis auf die eben erwähnte Bestimmung und der hiezu ergangenen hg Rechtsprechung die Ansicht, Werbungskosten müssten im unmittelbaren ursächlichen Zusammenhang mit steuerpflichtigen Einnahmen stehen. Verpflichtungen, die sich aus der Zugehörigkeit zu einer Kongregation ergäben, nicht jedoch mit der beruflichen Tätigkeit in Verbindung stünden, seien nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen. Die Fahrten der Beschwerdeführerin zum Mutterhaus stünden mit der ihr aus religiösen Gründen auferlegten Verpflichtung im Zusammenhang, an bestimmten klösterlichen Veranstaltungen teilzunehmen. Die geltend gemachten Aufwendungen seien daher nicht durch die erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sondern durch die Zugehörigkeit der Beschwerdeführerin zur Kongregation veranlasst. Selbst unter der Annahme, die geltend gemachten Aufwendungen wären durch die erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit veranlasst, wäre für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen. Denn Aufwendungen einer allein stehenden Arbeitnehmerin für Fahrten vom Dienstort zu einer Wohnung im Heimatort seien nach einer kurzen Übergangszeit nicht mehr als Werbungskosten zu berücksichtigen. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Beibehaltung des vom Dienstort entfernt liegenden Wohnsitzes durch die Zugehörigkeit zur Kongregation bedingt sei.
Hingegen meint die Beschwerdeführerin, sie habe als Mitglied der Kongregation seit eh und je eine Wohnung im Mutterhaus. Sie sei verpflichtet, im Mutterhaus zu wohnen. Nur mit Erlaubnis ihrer Oberin dürfe sie sich an einem anderen Ort niederlassen. Ihre Oberin habe ihren Aufenthalt im Kollegium ausdrücklich bewilligt. Sie müsse jedoch nach wie vor am klösterlichen Leben teilnehmen und ihrer Oberin von der im Kollegium ausgeübten Tätigkeit berichten. Nach Kirchenrecht dürfe sie ihren Wohnsitz im Mutterhaus gar nicht aufgeben. Schon deswegen seien die geltend gemachten Fahrtkosten als Werbungskosten zu berücksichtigen. Sie sei iSd Kirchenrechts nicht als allein stehende Arbeitnehmerin anzusehen. Das klösterliche Leben vereinige alle Mitglieder der Kongregation gleichsam zu einer Familie eigener Art in Christus. Es seien daher hinsichtlich der Berücksichtigung der Fahrtkosten zum Mutterhaus als Werbungskosten die von der Rechtsprechung für verheiratete Arbeitnehmer entwickelten Grundsätze heranzuziehen. Dazu komme, dass sie im Kollegium nur rund zwei Jahre tätig gewesen sei, weswegen ihr auch aus diesem Grund die Verlegung ihres Wohnsitzes nicht zumutbar gewesen wäre.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom , 1786/70, Slg Nr 4418/F, und vom , 94/13/0182, Slg Nr 6941/F, ausgeführt hat, ist die Zugehörigkeit zu einer religiösen Gemeinschaft nicht beruflich bedingt, sondern vielmehr Ausfluss einer in der Privatsphäre getroffenen Entscheidung. Aufwendungen, die durch eine derartige Zugehörigkeit veranlasst sind, stellen daher Kosten der Lebensführung, nicht jedoch Werbungskosten dar. Der Umstand, dass Kirchen- und Religionsgesellschaften iSd Art 15 StGG zur selbstständigen Ordnung ihrer inneren Angelegenheiten befugt sind, führt nicht dazu, religiöse Verpflichtungen als steuerlich relevant anzusehen.
Mit den Ausführungen, alle Mitglieder der Kongregation seien gleichsam zu einer Familie eigener Art in Christus vereint, zeigt die Beschwerdeführerin keineswegs auf, dass sie hinsichtlich der steuerlichen Berücksichtigung der geltend gemachten Aufwendungen verheirateten Arbeitnehmern gleich zu stellen ist. Diese Ausführungen stützen sich auf die Bestimmungen des CIC 1983 und dienen so der Ordnung der inneren Angelegenheiten der katholischen Kirche, führen jedoch nicht dazu, die Beschwerdeführerin steuerlich verheirateten Arbeitnehmern gleich zu stellen. Die unter Hinweis auf die hg Rechtsprechung zu "Familienheimfahrten" verheirateter Arbeitnehmer gemachten Ausführungen gehen daher ins Leere.
Ob die in Rede stehenden Aufwendungen für Fahrtkosten als Werbungskosten zu berücksichtigen sind, ist somit iSd hg Rechtsprechung betreffend Fahrten allein stehender Arbeitnehmer vom Dienstort zu einer Wohnung im Heimatort zu lösen. Fest zu halten ist, dass im Streitjahr das Ende der Tätigkeit der Beschwerdeführerin im Kollegium noch nicht vorhersehbar gewesen ist. Erst auf Grund der Bestellung der Beschwerdeführerin zur Oberin der Kongregation am ist festgestanden, dass die Beschwerdeführerin im Kollegium nicht mehr weiter tätig sein werde. Es erübrigen sich daher Überlegungen was rechtens wäre, wenn von vornherein festgestanden wäre, die auswärtige Tätigkeit der Beschwerdeführer hätte nur für kurze Zeit ausgeübt werden sollen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf seine bis dahin ergangene Rechtsprechung im Erkenntnis vom , 96/15/0259, ausgeführt hat, sind "Familienheimfahrten" allein stehender Arbeitnehmer zum Besuch ihrer Eltern nicht beruflich bedingt. Aufwendungen für solche Heimfahrten können allerdings auch bei allein stehenden Arbeitnehmern als Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn diese in ihrer eigenen Wohnung im Heimatort nach dem Rechten sehen. Dass ein vergleichbarer Fall vorliegt, hat die Beschwerdeführerin nicht behauptet.
Die Beschwerdeführerin stützt ihre Meinung im Wesentlichen darauf, sie dürfe nach Kirchenrecht ihren Wohnsitz im Mutterhaus gar nicht aufgeben und sei aus religiösen Gründen verpflichtet, das Mutterhaus aufzusuchen. Damit gelingt es der Beschwerdeführerin nicht darzutun, dass die von ihr geltend gemachten Aufwendungen zur Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit dienen. Vielmehr sind diese Aufwendungen durch die Zugehörigkeit der Beschwerdeführerin zur Kongregation veranlasst, weswegen die Fahrtkosten gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit a EStG 1988 nicht abzugsfähige Aufwendungen der Lebensführung darstellen.
Bei dieser Sach- und Rechtslage geht die Behauptung der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe insofern Verfahrensvorschriften verletzt, als nicht geprüft worden sei, ob ein Teil ihrer Fahrten innerhalb der von der Rechtsprechung als jedenfalls unschädlich angesehenen sechsmonatigen Frist ab Aufnahme ihrer Tätigkeit im Kollegium absolviert worden sei, ins Leere. Denn Voraussetzung für die analoge Anwendung der von der Beschwerdeführerin erwähnten hg Rechtsprechung ist, dass die in Rede stehenden Fahrten aus beruflichen Gründen unternommen worden sind, was - wie bereits ausgeführt - jedoch nicht der Fall ist.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr 501/2001. Wien, am