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VwGH vom 21.05.1997, 96/14/0084

VwGH vom 21.05.1997, 96/14/0084

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der N-AG in F, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , 325/2-6/Ma-1995, betreffend Haftung gemäß § 99 EStG 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565,-- S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin betreibt in Österreich ein Industrieunternehmen. Im Zuge einer bei ihr durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung traf der Prüfer ua folgende Feststellung (Tz 28 des BP-Berichtes):

Im Zeitraum von Juni 1993 bis Februar 1994 sei die I-AG mit Sitz in der Schweiz bei der Beschwerdeführerin als Unternehmensberaterin tätig gewesen. Die Unternehmensberatung sei auf die Erreichung einer Kosteneinsparung ausgerichtet gewesen. Die Beratung habe auf dem Vertrag vom (mit Zusatzvereinbarung vom ) und dem "Memo of understanding" vom beruht. Aus dem "Memo of understanding" ergebe sich die Zurverfügungstellung eines Büroraumes an die I-AG. In diesem "Memo" führe die I-AG aus:

"Wir haben angeboten, die vertraulichen Materialien in unserem Büro wegzusperren; aber da es nicht der Firmenpolitik entspricht, haben wir vereinbart, unser Büro unversperrt zu lassen." Die Beschwerdeführerin habe der I-AG außerdem den freien Zugang zu Telekommunikationseinrichtungen, Kopierern und anderen üblichen Büroeinrichtungen zur Verfügung gestellt. Sie habe der I-AG für das Schreiben von vertraulichen Berichten namentlich genannte Sekretärinnen zur Verfügung gestellt. Die Beratungshonorare hätten sich im Jahr 1993 auf 14,540.000 S und im Jahr 1994 auf 1,600.000 S belaufen. Es liege eine im Inland ausgeübte kaufmännische Beratung iSd § 99 Abs. 1 Z. 5 EStG 1988 vor. Es sei daher Abzugsteuer einzubehalten gewesen. Nach Art. 14 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Österreich und der Schweiz seien Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Österreich zu besteuern, wenn eine Betriebsstätte bzw eine feste Einrichtung in Österreich vorhanden sei. Aufgrund der Vereinbarung im "Memo of understanding" habe die I-AG ständig über Geschäftsräume, Büro- und Telekommunikationseinrichtungen für Büroarbeiten, Analysen udgl. verfügt. Wenn die I-AG die Lagerung von Unterlagen in den ihr vertraglich zustehenden Räumlichkeiten dulde, stelle dieses Dulden ein Verfügen über diese Räume dar. Zudem schränke die Aufbewahrung von Unterlagen die Ausübung der Tätigkeit in diesem Raum nicht ein. Es liege daher eine Betriebsstätte iSd Doppelbesteuerungsabkommens vor.

Die Beschwerdeführerin brachte gegen den Bescheid, mit welchem ihr gemäß § 99 Abs. 1 Z. 5 iVm § 100 EStG 1988 als Haftungspflichtige Steuer in Höhe von 2,908.000 S vorgeschrieben worden war, Berufung ein. Sie habe der I-AG während der Dauer des Unternehmensberatungsprojektes gestattet, Büroräumlichkeiten mitzubenutzen. Ein ausschließliches Verfügungsrecht über Büroräumlichkeiten sei aber nicht eingeräumt worden; die Mitarbeiter der I-AG seien dementsprechend nicht berechtigt gewesen, die mitbenutzten Büros und die darin befindlichen Kästen und Schreibtische zu versperren. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin seien im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen einer Betriebsstätte iSd Doppelbesteuerungsabkommens nicht gegeben. Zwar sei die I-AG in Österreich gewerblich tätig geworden und habe zu diesem Zweck die Räumlichkeiten der Beschwerdeführerin mitbenutzt. Eine Betriebsstätte liege aber nur vor, wenn Räumlichkeiten einem Unternehmen dauerhaft zur Verfügung stehen. Nach dem OECD-Musterabkommen führe eine nur für vorübergehende Zwecke errichtete Geschäftseinrichtung nicht zur Begründung einer Betriebsstätte. Der Kommentar zum OECD-Musterabkommen enthalte zwar in diesem Zusammenhang keine zeitlichen Angaben; es gehe aus ihm jedoch eindeutig hervor, daß bei planmäßiger und von vornherein begrenzter Dauer von acht Monaten das Element der Dauerhaftigkeit nicht gegeben sei. Eine Betriebsstätte liege überdies nur vor, wenn der Unternehmer ausschließlich über Räumlichkeiten verfügen könne. Bei der Beurteilung, ob eine ausreichende Verfügungsgewalt bestehe, sei auf die tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten abzustellen. Das Erfordernis der Verfügungsmacht sei nicht gegeben, wenn ein Auftraggeber lediglich die Benutzung von Räumlichkeiten zur Abwicklung eines einzigen Planungs- oder Überwachungsauftrages erlaube. Loukota und Jirousek führten im Leitfaden zum revidierten österreichisch-deutschen Doppelbesteuerungsabkommen, Wien 1994, 83, aus, daß bloße Mitbenutzungsrechte an Räumlichkeiten nicht eine Betriebsstätte begründen könnten. Selbst wenn eine Betriebsstätte vorläge, müßte aber der Bescheid als gemäß § 200 BAO vorläufiger Bescheid ergehen, weil im Falle einer Betriebsstätte die I-AG gemäß § 102 Abs. 1 Z. 2 EStG 1988 zu veranlagen wäre und im Zuge dieser Veranlagung ein Verständigungsverfahren mit der Schweiz durchgeführt werden könnte.

Das Finanzamt übermittelte der Beschwerdeführerin eine Stellungnahme des Betriebsprüfers zur Berufung. Es sei der I-AG vertraglich die Nutzungsmöglichkeit über einen Raum eingeräumt worden. Wenn die I-AG die Lagerung von Unterlagen in den ihr vertraglich zustehenden Räumen dulde, stelle die Duldung ein Verfügen über die Räumlichkeiten dar. Die I-AG habe damit nicht (bloß) ein Mitbenutzungsrecht, sondern gewähre freiwillig der Beschwerdeführerin die Mitbenutzung.

Die Beschwerdeführerin brachte daraufhin eine Eingabe ein, in welcher sie darauf verwies, daß im "Memo of understanding" keine Vereinbarung enthalten sei, aus der hervorginge, der I-AG wäre ein ausschließliches Verfügungsrecht über bestimmte Räumlichkeiten eingeräumt worden. Das Überlassen von Räumlichkeiten zur Durchführung der Arbeiten eines konkreten Beratungsauftrages sei im übrigen vergleichbar dem Überlassen der Räumlichkeiten an einen Betriebsprüfer im Zuge einer Betriebsprüfung oder an einen Wirtschaftsprüfer im Zuge der Jahresabschlußprüfung.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Die I-AG habe zur Durchführung des Beratungsauftrages folgende Räumlichkeiten der Beschwerdeführerin benutzt: Mitbenutzung des Büros von DI F während der gesamten Projektdauer; Benutzung des Besprechungszimmers ("Prüferzimmer") bis Jänner 1993; Benutzung des ehemaligen Büros von Dir. B von Jänner 1993 bis Projektende. Die genannten Büros und die darin befindlichen Kästen und Schreibtische seien gemäß den Gepflogenheiten bei der Beschwerdeführerin nicht versperrt gewesen. Die I-AG habe aus ihrer kaufmännischen Beratung Einkünfte aus selbständiger Arbeit iSd § 99 Abs. 1 Z. 5 EStG 1988 erzielt; unter diese Bestimmung fielen sowohl Einkünfte aus Gewerbebetrieb als auch solche aus selbständiger Arbeit. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei bei einer von vornherein nur für acht Monate geplanten Tätigkeit das für eine Betriebsstätte bzw. für eine feste Einrichtung iSd Doppelbesteuerungsabkommens erforderliche Merkmal der Dauerhaftigkeit nicht erfüllt. Aus dem Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz oder aus dem OECD Musterabkommen und dem Kommentar hiezu sei entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin zur Lösung dieser Frage nichts zu gewinnen. Die Begriffe "Betriebsstätte" und "feste Einrichtung" seien so auszulegen wie der innerstaatliche Begriff der Betriebsstätte. Loukota und Jirousek hätten im Leitfaden zum revidierten österreichisch-deutschen Doppelbesteuerungsabkommen ausdrücklich darauf verwiesen, daß nach der deutschen Judikatur Einrichtungen, die über eine Mindestdauer von sechs Monaten bestünden, als Betriebsstätte qualifiziert werden könnten. Seit dem BGBl. 818/1993 führe bereits eine sechsmonatige Bauausführung zu einer Betriebsstätte iSd § 29 BAO. Im gegenständlichen Fall habe die Abwicklung des Beratungsauftrages in den Räumlichkeiten der Beschwerdeführerin mehr als acht Monate gedauert, nämlich vom bis zum . Bereits im Grundvertrag vom sei von 163 Mannwochen die Rede. Nach Ansicht der belangten Behörde sei daher das zeitliche Element einer Betriebsstätte bzw festen Einrichtung iSd Doppelbesteuerungsabkommens mit der Schweiz erfüllt. Hinsichtlich des Verfügungsrechts der I-AG über die Büroräumlichkeiten sei zu beachten, daß ihr die Beschwerdeführerin neben der Mitbenutzung des Büros von DI F das Besprechungszimmer und das ehemalige Büro des Dir. B zur Verfügung gestellt habe. Der I-AG seien auch Sekretärinnen und die üblichen Büroeinrichtungen zur Verfügung gestanden. Die Beschwerdeführerin bringe vor, der I-AG sei kein ausschließliches Verfügungsrecht eingeräumt worden, weil sie die mitbenutzten Räumlichkeiten und die darin befindlichen Kästen und Schreibtische nicht habe versperren dürfen. Der Prüfer habe hiezu die Ansicht vertreten, der I-AG sei die Nutzung eines Raumes vertraglich eingeräumt worden; wenn sie in den ihr vertraglich zustehenden Räumen die Lagerung von Unterlagen dulde, stelle dies eine Verfügung über die Räumlichkeiten dar. Die belangte Behörde teile diese Ansicht des Prüfers. Die I-AG habe ein über die bloße Mitbenutzung hinausgehendes Verfügungsrecht gehabt und der Beschwerdeführerin freiwillig ein Mitbenutzungsrecht eingeräumt. Aus dem "Memo of understandig" gehe durch die Formulierung "our office" hervor, daß der I-AG Büroräume zur Verfügung gestellt worden seien; weiters gehe daraus hervor, daß die I-AG lediglich zugestimmt habe, dieses in Beschlag genommene Büro nicht zu versperren und auch vertrauliche Unterlagen der Beschwerdeführerin nicht wegzusperren, weil dies nicht der Firmenpolitik entspreche. Daß die Mitarbeiter der Beschwerdeführerin das der I-AG zur Verfügung gestellte Beratungszimmer und das ehemalige Büro des Dir. B wegen dieser Unterlagen betreten haben, sei von völlig untergeordneter Bedeutung und überdies als Verfügung durch die I-AG im Wege der Erlaubnis zu werten. Da sohin eine Betriebsstätte bzw. feste Einrichtung im Inland gegeben sei, komme Österreich das Besteuerungsrecht zu. Es bestünden keine Zweifel an der Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Vornahme des Steuerabzuges nach §§ 99 und 100 EStG 1988; dem Eventualbegehren auf Erlassung eines bloß vorläufigen Bescheides könne daher nicht entsprochen werden.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich im Recht auf richtige Anwendung des Art. 14 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Österreich und der Schweiz sowie im Recht, daß ihr nicht aufgrund der Bestimmungen der §§ 98, 99 und 101 EStG eine Abgabe vorgeschrieben werde, verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Aufgrund der Regelung des § 22 Z. 1 lit. b EStG 1988 zählen die Einkünfte aus der Tätigkeit als Unternehmensberater zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit. Im zeitlichen Geltungsbereich des EStG 1972 führte eine derartige Tätigkeit idR zu Einkünften aus Gewerbebetrieb. Ob nun für das am abgeschlossene Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Vermögen, BGBl. 64/1975 (im folgenden DBA-Schweiz), die Aufteilung der Besteuerungsrechte nach der Regelung für Unternehmensgewinne (Art. 7) oder nach jener für Einkünfte aus selbständiger Arbeit (Art. 14) zu erfolgen hat, ist für den Ausgang des gegenständlichen Verfahrens nicht von Bedeutung. Die Einkünfte der in der Schweiz ansässigen I-AG dürfen nach der Regelung des Art. 7 DBA-Schweiz in Österreich besteuert werden, soweit sie einer in Österreich gelegenen Betriebsstätte zugeordnet werden können. Nach der Regelung des Art. 14 dürfen sie in Österreich besteuert werden, soweit sie einer in Österreich gelegenen festen Einrichtung zugerechnet werden können. Entscheidend ist sohin das Vorliegen einer Betriebsstätte bzw einer festen Einrichtung; für beide genannten Fälle gelten aber idente Voraussetzungen (vgl. Loukota, Internationale Steuerfälle, Wien, 1989, Rz 609). Der Verwaltungsgerichtshof vertritt allerdings die Auffassung, daß aus der Sicht des Zeitpunktes des Abschlusses des DBA-Schweiz im Jahr 1974 (vgl. sinngemäß das hg. Erkenntnis vom , 90/14/0237) und im Hinblick auf den Wortlaut des Art. 14 DBA-Schweiz Einkünfte der gegenständlichen Art unter die Verteilungsregel des Art. 7 fallen.

Ausgeschlossen ist es, aus einer im Jahr 1993 erfolgten Novellierung des § 29 BAO Anhaltspunkte für die Auslegung des im Jahr 1974 geschlossenen DBA zu finden. Zu Recht verweist die Beschwerdeführerin daher darauf, daß die belangte Behörde unzulässigerweise aus dieser Novellierung Schlüsse für die Auslegung des DBA gezogen hat.

Da der Begriff der Betriebsstätte in Art. 5 DBA-Schweiz demjenigen des Art. 5 des OECD-Musterabkommens 1963 nachgebildet ist, vermögen auch die Ausführungen im Kommentar zu jenem Musterabkommen Anhaltspunkte zur Auslegung dieses Begriffes zu bieten. Aus dem Kommentar zum OECD-Musterabkommen 1963 läßt sich allerdings für die Frage der Dauer einer Geschäftseinrichtung nichts gewinnen.

Es läßt sich aber aus der Formulierung der "festen" Geschäftseinrichtung iSd Art. 5 Abs. 1 Musterabkommen 1963, die sich auch in den Folge-Musterabkommen findet, ableiten, daß auf eine solche Geschäftseinrichtung abgestellt wird, die dem Unternehmen nicht nur vorübergehend dient (vgl. Vogel, DBA, Rz 30 zu Art. 5 und etwa Kommentar zum Musterabkommen 1977, Art. 5 Z. 6).

Wenn sohin auch der Beschwerdeführerin zuzustimmen ist, daß bloß vorübergehend bestehende Einrichtungen nicht als Betriebsstätten iSd Musterabkommens anzusehen sind, ergibt sich daraus noch nicht, welcher Zeitraum noch als vorübergehend anzusehen ist. Loukota (Internationale Steuerfälle, Rz 508 iVm 161) leitet aus der Formulierung des Art. 5 OECD-Musterabkommen ab, daß eine bloß einige Tage oder Wochen währende Betriebsstätte nicht als Betriebsstätte

iSd Doppelbesteuerungsrechtes anzusehen sei.

Der deutsche Bundesfinanzhof hat im Urteil vom , BStBl. 1993 II 655, bei Auslegung des Betriebsstättenbegriffes des Doppelbesteuerungsabkommens Deutschland-Italien 1925 (- nach Vogel, DBA, Art. 5 Rz 40 ist die in diesem Abkommen gewählte Bezeichnung der Betriebsstätte als "ständige", also nicht als "feste" Geschäftseinrichtung eine Abweichung ohne sachlichen Gehalt -) eine Mindestdauer von 6 Monaten angenommen.

Nach Art. 5 Z. 2 lit. g DBA-Schweiz umfaßt der Ausdruck Betriebsstätte insbesondere eine Bauausführung oder Montage, deren Dauer zwölf Monate überschreitet. Aus diese Regelung will die Beschwerdeführerin abgeleitet wissen, daß generell eine feste Geschäftseinrichtung iS einer Betriebsstätte erst dann anzunehmen ist, wenn sie dem Unternehmer mehr als zwölf Monate zur Verfügung steht.

Das DBA-Schweiz erwähnt das Erfordernis des Überschreitens der Zwölfmonatsfrist nicht im Zusammenhang mit der allgemeinen Definition der Betriebsstätte, sondern nimmt nur bei der Regelung über Bauausführungen und Montagen darauf Bezug. Wenn aber das Abkommen ein Erfordernis für einen bestimmten Sonderfall der Betriebsstätte vorsieht, läßt sich daraus nicht ableiten, dieses Erfordernis würde in gleicher Weise auch für den allgemeinen Betriebsstättenbegriff gelten (vgl. Vogel, DBA, Art. 5 Rz 30). Im Falle von Baustellen und Montagen, die sich beim Abnehmer einer Leistung befinden, ist dem Erbringer der Leistungen vielfach keine Verfügungsmacht über die vor Ort befindlichen Einrichtungen, insbesondere Räume oder Grundflächen, eingeräumt. Darin liegt offenbar der Beweggrund für die im Abkommen enthaltene Regelung, daß Baustellen und Montagen erst bei längerer Dauer als Betriebsstätten anzusehen sind. Gerade dies spricht aber dafür, daß im Falle der Einräumung einer Verfügungsmacht über Räumlichkeiten bereits bei einer kürzeren als der zwölfmonatigen Dauer eine feste Geschäftseinrichtung vorliegt.

Auch aus der Verkehrsanschauung zum Begriff der festen Geschäftseinrichtung, in welcher ganz oder teilweise die Tätigkeit eines Unternehmens ausgeübt wird, läßt sich ableiten, daß dieser Begriff bereits Einrichtungen von einer ein halbes Jahr übersteigenden Dauer erfaßt.

Schließlich ist es für die Annahme einer Betriebsstätte iSd Doppelbesteuerungsrechtes auch nicht schädlich, daß diese der Durchführung eines einzigen Auftrages dient (vgl. Berger, SWK 1989, AI 480; Loukota, SWI 1993, 349).

Die Rechtsauffassung der belangten Behörde, bereits bei einer über sechs Monate währenden Verfügungsmöglichkeit über Räumlichkeiten liege eine feste Geschäftseinrichtung iS einer Betriebsstätte nach Art. 5 und 7 bzw. eine feste Einrichtung iSd Art. 14 DBA-Schweiz vor, kann sohin nicht als rechtswidrig erkannt werden. Daran ändert nichts, daß im gegenständlichen Fall bereits bei Aufnahme der Tätigkeit durch die I-AG die - ein halbes Jahr übersteigende - Dauer der Benutzung der Einrichtung festgestanden ist.

Zu den Merkmalen einer Betriebsstätte gehört auch, daß sich die feste Geschäftseinrichtung in der Verfügungsmacht des Unternehmers befindet.

Die Beschwerdeführerin wendet sich zunächst gegen die den Bereich des Verfügungsrechtes betreffende Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde.

Die Beschwerdeführerin hat im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung eine Sachverhaltsdarstellung vorgelegt, in welcher zur Raumnutzung durch die I-AG ausgeführt wird

"a) Mitbenutzung Büro DI F. - gesamte Projektdauer


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b)
Besprechungszimmer ("Prüferzimmer") - bis Jänner 1993
c)
ehem. Büro Dir. B - Jänner 1993 bis Projektende;

Die genannten Büros und die darin befindlichen Kästen und Schreibtische sind gemäß den Gepflogenheiten (bei der Beschwerdeführerin) nicht versperrt worden.

In den Räumlichkeiten b) und c) waren (auch während des I-AG Projektes) und sind auch interne Unterlagen der (Beschwerdeführerin) aufbewahrt. Aus diesem Grund und auch aus Gründen der Zusammenarbeit im Projekt war ein Zutritt zu den genannten Räumlichkeiten durch Mitarbeiter der (Beschwerdeführerin) jederzeit möglich und hat auch regelmäßig stattgefunden."

Im "Memo of understanding" vom , in welchem die I-AG festgehalten hat, was sie mit der Beschwerdeführerin vereinbart hat, ist ua ausgeführt:

"We have offered to lock away the confidential material in our office, but since this is not the company"s policy we have agreed that we leave our office open." Im Bericht über die abgabenbehördliche Prüfung wird ua ausgeführt, die I-AG habe ständig über Geschäftsräume (samt Büroeinrichtungen) verfügen können, die Aufbewahrung von Unterlagen in diesem Raum durch die Beschwerdeführerin schränke die Ausübung der Tätigkeit durch die I-AG nicht ein. In der Berufung gegen den aufgrund der Prüfung ergangenen Haftungsbescheid verwies die Beschwerdeführerin in diesen Zusammenhang darauf, daß die I-AG kein ausschließliches Verfügungsrecht gehabt habe und die Büros und die darin befindlichen Kästen und Schreibtische nicht habe versperren dürfen.

Wenn die belangte Behörde bei dieser Sachlage davon ausgegangen ist, der I-AG sei während der gesamten Projektabwicklung jeweils (zumindest) ein Raum (samt Büroeinrichtung) zur Verfügung gestanden, wobei diese Räume außer der Benutzung durch die I-AG nur der Aufbewahrung von internen Unterlagen der Beschwerdeführerin gedient haben, was auch zu einem Betreten durch Mitarbeiter der Beschwerdeführerin geführt hat, so kann dies nicht als das Ergebnis unschlüssiger Beweiswürdigung angesehen werden. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid auch ausgeführt, das Betreten des der I-AG zur Verfügung gestellten Besprechungszimmers bzw des ehemaligen Büros des Dir. B wegen der genannten Unterlagen der Beschwerdeführerin sei von "völlig untergeordneter Bedeutung"; dieser Annahme wird in der Beschwerde nicht entgegengetreten.

In rechtlicher Hinsicht ist zur Frage der Verfügungsmacht auszuführen:

In Art. 5 Z. 4 Kommentar zum Musterabkommen 1977 wird hiezu ausgeführt, es sei unerheblich, ob die Geschäftseinrichtungen dem Unternehmer gehören, von ihm gemietet sind oder ihm sonstwie zur Verfügung stehen. Die Geschäftseinrichtung könne sich auch in den Geschäftsräumlichkeiten eines anderen Unternehmens befinden. Dies könne z.B. der Fall sein, wenn ein ausländisches Unternehmen über bestimmte Räumlichkeiten oder Teile davon ständig verfügen könne, die einem anderen Unternehmen gehörten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , 91/13/0144, zur Frage, ob ein Gesellschafter-Geschäftsführer über eine "feste Einrichtung" iSd Doppelbesteuerungsabkommens mit Spanien verfüge, ein Mitbenutzungsrecht an einem Schreibtisch für nicht ausreichend angesehen. Eine feste Einrichtung sei erst gegeben, wenn dem Geschäftsführer bei Bedarf nicht nur ein Schreibtisch, sondern auch der Raum, in welchem dieser Schreibtisch steht, und darin weitere Einrichtungsgegenstände und weitere Hilfsmittel zur Ausübung der Geschäftsführertätigkeit zur Verfügung stehen.

Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde in sachverhaltsmäßiger Hinsicht festgestellt, daß der I-AG aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung mit der Beschwerdeführerin stets ein Raum (zunächst Besprechungszimmer, dann das Büro des Dir. B) samt entsprechenden Büroeinrichtungen zur Verfügung gestanden sei. Die I-AG habe diesen Raum (und die darin befindlichen Kästen und Schreibtische) nicht versperren dürfen. Diesen Raum habe die I-AG nur insoweit nicht allein benutzt, als die Beschwerdeführerin dort Unterlagen gelagert habe. Daß die Mitarbeiter der Beschwerdeführerin den der I-AG zur Verfügung gestellten Raum wegen dieses Umstandes betreten habe, sei von völlig untergeordneter Bedeutung.

Wenn ein inländisches Unternehmen dem ausländischen Unternehmen einen ihrer Geschäftsräume zur ständigen Verfügung überläßt, in diesem Raum aber Unterlagen gelagert hat, was - in untergeordnetem Ausmaß - zu einem Betreten des Raumes durch ihre Mitarbeiter geführt hat, so liegt die für die Annahme einer Betriebsstätte iSd DBA-Schweiz erforderliche Verfügungsmacht über Geschäftseinrichtungen vor. Keine wesentliche Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang dem Umstand zu, ob ein Vereinbarung bestanden hat, daß dieser im Betriebsgelände des inländischen Unternehmens gelegene Raum - wie dies bei diesem Unternehmen üblich sei - unversperrt zu bleiben habe.

Es kann sohin nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde vom Vorliegen der im DBA geforderten Voraussetzung der Verfügungsmacht über die feste Einrichtung ausgegangen ist. Da die angeführte (Mit)Benutzung der Räume durch die Beschwerdeführerin der Annahme einer Betriebsstätte für die I-AG nicht entgegensteht, kann es dahingestellt bleiben, ob sich die Beschwerdeführerin diese Benutzung vorbehalten hat oder ob ihr - wie dies die belangte Behörde (nach Ansicht der Beschwerdeführerin zu Unrecht) angenommen hat - die I-AG eine solche Nutzungsmöglichkeit eingeräumt hat.

Die Beschwerdeführerin bringt schließlich vor, ihre Räumlichkeiten habe die I-AG nur zur Informationsbeschaffung, nicht aber für die eigentliche betriebliche Tätigkeit verwendet. Die Auswertung der Informationen und die Ausarbeitung der Expertise sei nicht in Österreich erfolgt. Es läge daher im Grunde des Art. 5 Z. 3 lit. d DBA keine Betriebsstätte, sondern nur ein Hilfsstützpunkt vor.

Merkmal einer Betriebsstätte iSd Art. 5 Z. 1 DBA ist, daß in ihr ganz oder teilweise die Tätigkeit des Unternehmens ausgeübt wird (vgl. Vogel, DBA, Art. 5 Rz 36).

Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Berufung ua ausgeführt:

"Eine örtliche Anlage oder Einrichtung muß der Ausübung eines Betriebes dienen. Es besteht Einigkeit darüber, daß die I-AG in Österreich tatsächlich gewerblich tätig geworden ist und zu diesem Zweck Räumlichkeiten der (Beschwerdeführerin) mitbenutzt hat." Aus der von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren beigebrachten Sachverhaltsdarstellung ergibt sich, daß die I-AG in Österreich Analysen, Gespräche und Besprechungen mit Mitarbeitern der I-AG durchgeführt hat. Im "Memo of understandig" wird u.a. ausgeführt: "For the use in training sessions we will need a video camera and monitor, and DI. F has offered to supply those when needed." Wenn daher nunmehr vorgebracht wird, die feste Einrichtung in Österreich habe im Rahmen des Unternehmensberatungsauftrages nur der untergeordneten Aufgabe der Informationsbeschaffung bedient, so stellt dies eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar.

Die Beschwerdeführerin bringt schließlich vor, der angefochtene Bescheid hätte als gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufiger Bescheid ergehen müssen. Sie zeigt aber nicht auf, welche Ungewißheit im Tatsachenbereich - eine solche ist Voraussetzung für die vorläufige Festsetzung von Abgaben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 93/14/0123) - vorgelegen sein solle.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt worden ist. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.