VwGH vom 21.01.1999, 98/20/0304
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Baur, Dr. Nowakowski, Dr. Hinterwirth und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Grubner, über die Beschwerde des Bundesministers für Inneres, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom , Zl. 203.527/0-X/31/98, betreffend Zurückweisung eines Asylantrages gemäß § 4 Asylgesetz 1997 (mitbeteiligte Partei: I B, geboren am , G), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Der Mitbeteiligte, ein Staatsangehöriger von Kasachstan, reiste am unter Umgehung der Grenzkontrolle aus Tschechien in das Bundesgebiet ein. Er beantragte am Asyl und wurde dazu am vor dem Bundesasylamt einvernommen.
Anläßlich dieser Einvernahme wurde dem Asylwerber vorgehalten, daß Tschechien am die Genfer Flüchtlingskonvention (im folgenden: FlKonv) und am die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im folgenden: MRK) ratifiziert sowie eine Erklärung nach Art. 25 MRK abgegeben habe. In Tschechien bestünde gesetzlich ein Asylverfahren nach den Grundsätzen der FlKonv, worin der Flüchtlingsbegriff des Art. 1 A Z 2 der FlKonv übernommen und eine Refoulement-Prüfung im Sinn des Art. 33 FlKonv innerstaatlich verankert worden sei. Auch wenn im Asylverfahren der Zugang zu diesem gesetzlich nur während der auf die Einreise folgenden 48 Stunden offenstehe, führe der Umstand, daß ein Asylsuchender die in § 5 Abs. 3 des tschechischen (Asyl)Gesetzes 498/90 normierte Frist nicht eingehalten habe, nicht dazu, daß dem Asylsuchenden der Zugang zu einem Asylverfahren nach seiner Wiedereinreise (nach Tschechien) verwehrt würde. Die Erfahrungen des UNHCR aus neuerer Zeit
"scheinen zu bestätigen, daß gegenwärtig eine Verletzung dieser Bestimmungen in der Praxis keine nachteiligen Auswirkungen auf den Zugang zum Verfahren hat. Aufgrund dieser zusätzlichen Information, nämlich daß der Drittlandschutz in Tschechien auch bei Verstreichen der Frist auch tatsächlich effektuierbar ist, vermag die im § 4 Abs. 3 AslyG 1997 normierte Regelvermutung nicht zu erschüttern. Sie waren bereits in Tschechien vor Verfolgung und allfälliger ungeprüfter Abschiebung sicher."
Auf den Vorhalt dieser Annahme der Behörde erklärte der Mitbeteiligte:
"Ich kann dazu nur sagen, daß ich gesehen habe, wie mich die österreichische Polizei behandelt hat, im Gegensatz dazu, wie mich die tschechische Polizei behandelt hat. Ich habe der tschechischen Polizei meine heikle Situation (gemeint: seine Fluchtgründe) erklärt, und diese haben keine Rücksicht auf meine Situation genommen. ... Ich habe kein Vertrauen zu den tschechischen Behörden und ich will auch nicht dorthin zurück. Den tschechischen Behörden ist es egal, was mit mir passiert."
Mit Bescheid des Bundesaslyamtes vom wurde der Asylantrag des Mitbeteiligten "ohne in die Sache einzutreten gemäß § 4 Abs. 1 Asylgesetz 1997, BGBl. I 1997/76 (AsylG), als unzulässig zurückgewiesen".
In der Begründung dieses Bescheides gelangte diese Behörde ausgehend von den zuvor im wesentlichen wiedergegebenen Aussagen des Mitbeteiligten zu der Auffassung, daß für den Asylwerber die Möglichkeit bestehe, in Tschechien Schutz vor Verfolgung zu finden, weshalb der Asylantrag unzulässig sei. Der Asylwerber habe nämlich keine unmittelbare Gefahr für den Fall seiner Rückschiebung nach Tschechien behauptet und die Behörde habe auch keine "die Regelvermutung des § 4 Abs. 3 AsylG erschütternde Feststellung treffen" können. Dem Beschwerdeführer stehe "auch bei einer Wiedereinreise nach Tschechien die Stellung eines Asylantrages und ein nach rechtsstaatlichen Grundsätzen geführtes Asylverfahren offen", auch sei der Mitbeteiligte
"während der Dauer des Asylverfahrens zum Aufenthalt berechtigt und (habe) die Möglichkeit pro futuro in Tschechien Schutz im Sinn des § 4 AsylG zu finden.
Nach dem Erkenntnisstand der Behörde liegen keine Anhaltspunkte vor, daß für Personen, die nicht vorschriftsgemäß 'beim Grenzübertritt' Asyl beantragen, Zugang zum Asylverfahren haben. Gemäß § 20 des Gesetzes Nr. 498/90 in seiner abgeänderten Fassung werden Ausländer, die aus objektiven Gründen beim Grenzübertritt nicht in der Lage waren, ihre Absicht, Asyl zu beantragen, kundzutun, zum Asylverfahren zugelassen.
Die Republik Tschechien kann als sicheres Drittland angesehen werden"
Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte innerhalb der Frist des § 32 Abs. 1 AsylG Berufung. Dies begründete er nur dahingehend, es sei ihm nicht bekannt gewesen, daß er in Tschechien einen Asylantrag hätte stellen können. Außerdem würde er "im Nachhinein befürchten, daß ich kein ordentliches Asylverfahren in Tschechien gehabt hätte".
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 32 Abs. 2 AsylG statt. Sie hob den bekämpften Bescheid auf und verwies "die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines Bescheides an das Bundesasylamt zurück".
In der Begründung wurde zunächst der Gang des
erstinstanzlichen Verfahrens dargestellt. Nach Wiedergabe des § 4
AsylG führte die belangte Behörde aus, es könne dem Gesetzgeber
nicht unterstellt werden,
"daß er mit den vorzitierten Bestimmungen über die sogenannte
Drittstaatsicherheit, im besonderen mit der Wendung '... wenn er ...
eingerichtet ... hat' lediglich meinte, daß eine solche durch
das hiefür erforderliche Normenkompendium bloß formal installiert werden müßte und dies auch schon genüge. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß die Drittstaatssicherheit auch durch die Vollziehung dieser Normen im jeweiligen Drittland in aller Regel effektiv gewährleistet ist."
Unter dem Begriff "eingerichtet" könne im wohlverstandenen Sinn des Schutzes von Flüchtlingen nur verstanden werden, daß eine Institution dann als eingerichtet gelte, wenn Norm(en) und Vollzug in gleicher Weise Bestand hätten. Dies bedeute, daß die Behörde ihr zumutbare Anstrengungen zu unternehmen habe, sich über den Vollzug der die Drittstaatssicherheit einrichtenden Normen im jeweiligen Drittstaat zu vergewissern, und daß sie dieses Wissen (das Ergebnis ihrer Bemühungen um diesbezügliche Kenntnis) dem Asylwerber im Rahmen des Parteiengehörs zur Stellungnahme vorzuhalten habe.
Während der Beitritt von Vertragsstaaten zu Staatsverträgen im Bundesgesetzblatt kundgemacht werde und dadurch den in Österreich Rechtsunterworfenen Gewißheit darüber verschafft werden könne, ob Tschechien tatsächlich der FlKonv und der MRK beigetreten ist, gebe es für diesen Personenkreis keine problemlos zugängliche Möglichkeit sich zu vergewissern, ob etwa Tschechien ein Asylgesetz erlassen habe und wie dessen Inhalt laute. Das ausländische Recht könne also nicht als im Inland bekannt vorausgesetzt werden, sondern sei gewöhnlich Sachverhaltselement im Asylverfahren, das den Regeln des Parteiengehörs unterliege. Dies bedeute, daß dem Asylwerber
"zumindest eine beglaubigt übersetzte deutsche Fassung der maßgeblichen Norm, auf welche die Behörde ihre Schlußfolgerung des Vorliegens eines sicheren Drittstaates auch stützt, durch einen hiezu tauglichen Dolmetscher in der(n) maßgeblichen Passag(en) in eine dem Asylwerber verständliche übersetzt werden müßte, um vorgehalten werden zu können und daß daran - im Rahmen des Parteiengehörs - eine Zeit der Überlegung geknüpft sein müßte, die dem Schwierigkeitsgrad der Beantwortung durch den Asylwerber angemessen ist."
Der Bescheid der Behörde erster Instanz lasse nicht erkennen, daß die Behörde das ausländische Recht über die bloße Behauptung der Existenz hinaus in den maßgeblichen Teilen dem Asylwerber auch tatsächlich zur Kenntnis gebracht und zur Wahrung eines wohlverstandenen Parteiengehörs eine angemessene Frist eingeräumt habe. Ebensowenig sei ersichtlich, welche Anstrengungen das Bundesasylamt unternommen habe, um in zumutbarem Umfang gesicherte Kenntnis von dem zuvor geschilderten Maß an "Normenvollzug" durch die Behörden der als sicherer Drittstaat eingestuften Republik Tschechien zu erhalten. Daß der Asylwerber keine konkrete Gefährdung im Drittstaat Tschechien behauptet habe und die Berufung ohne die aufgezeigten gravierenden Verfahrensmängel abzuweisen gewesen wäre, vermöge an der Verpflichtung der belangten Behörde, der Berufung stattzugeben, nichts zu ändern.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, rechtzeitig erhobene Amtsbeschwerde des Bundesministers für Inneres mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Unter Verweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/20/0175, bringt der Bundesminister vor, die belangte Behörde sei, ohne selbst in die Ermittlungen über die Tragweite der behaupteten Verfahrensfehler der Behörde erster Instanz einzutreten, somit ohne Ermittlungen über die Rechtsordnung und Rechtswirklichkeit Tschechiens als eines sicheren Drittstaates im Sinne des § 4 AsylG anzustellen, nicht zur Kassation des erstinstanzlichen Bescheides berechtigt gewesen. Die belangte Behörde hätte selbst Ermittlungen darüber anstellen müssen, ob für den konkreten Asylwerber in Tschechien Drittstaatssicherheit bestehe oder nicht und erst im Falle einer mängelfreien Feststellung des Fehlens von Drittstaatssicherheit mit Bescheidaufhebung vorgehen dürfen.
Die weitere Rechtsauffassung der belangten Behörde, die Asylbehörden seien im Falle der Heranziehung des § 4 AsylG gehalten, detailliert und in übersetzter Form den Inhalt ausländischen Rechts dem Antragsteller vorzuhalten und diesem hiezu Parteiengehör zu gewähren, sei rechtswidrig. Bei den Tatbestandselementen des § 4 Abs. 3 AsylG handle es sich um notorische Tatsachen im Sinne des Verwaltungsverfahrensrechtes. Sämtliche durch § 4 Abs. 3 leg. cit. statuierten Voraussetzungen ließen sich allgemein zugänglichen Erkenntnisquellen entnehmen und es sei die Behörde der Verpflichtung enthoben, die von ihr konkret herangezogenen Erkenntnisquellen der Partei vorzuhalten, dieser dazu allenfalls Gehör zu gewähren. Sehr wohl sei Parteiengehör hinsichtlich der als notorisch behandelten Tatsachen zu gewähren. Ein derartiger Vorhalt sei im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme erfolgt. Diesem Vorhalt habe der Asylwerber nichts Relevantes entgegenzusetzen vermocht. Damit sei das Bundesaslyamt berechtigt gewesen, gestützt auf diese Regelvermutung des § 4 Abs. 3 leg. cit., den Asylantrag als unzulässig zurückzuweisen.
Überdies sei die "Forderung der belangten Behörde, es müsse mit jedem Asylwerber in detaillierte Auseinandersetzungen über den Inhalt ausländischen Rechts eingetreten werden, in sich widersinnig". Ein solches Vorgehen, "nämlich die Diskussion der Asylbehörde erster Instanz mit dem jeweiligen Asylwerber über die Interpretation isolierter, und noch dazu übersetzter Fragmente ausländischen Rechts, (könne) zu nichts als zu abgründig dilettantischen Phantomdebatten" führen.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die "Zurückweisung" beantragt, bzw. wird "eventualiter angeregt, das gegenständliche Beschwerdeverfahren wegen Erreichung des von der beschwerdeführenden Partei letztlich angestrebten Zieles und somit wegen Wegfall des Beschwerdegrundes, was einer materiellen Klaglosstellung in der Sache gleichkommt, einzustellen". Dazu verwies die belangte Behörde darauf, daß mittlerweise "im zweiten Verfahrensgang" die Behörde erster Instanz einen auf § 6 AsylG gestützten Bescheid erlassen und damit dem Asylbegehren des Mitbeteiligten neuerlich nicht entsprochen habe. Eine dagegen erhobene Berufung sei von der belangten Behörde mit Bescheid vom abgewiesen worden. Damit sei das Ziel des beschwerdeführenden Bundesministers, das Ergebnis zu erhalten, daß dem Mitbeteiligten in Österreich kein Asyl gewährt werde, mittlerweile erreicht. Die Abhandlung der vorliegenden Beschwerde hätte nur noch "rein akademischen Charakter". Im übrigen stelle die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG hohe Anforderungen an die Deutlichkeit der Bezeichnung des Beschwerdepunktes, somit auch an die Anforderungen bezüglich der Erklärung des Umfanges der Anfechtung. Eine solche Erklärung mangle der Beschwerde "schlechthin, weshalb die Zurückweisung der Beschwerde (auch) aus diesem Grunde beantragt wird". Bei einer Beschwerde nach § 38 Abs. 5 AslyG müsse es sich um eine Beschwerde zu Gunsten oder zum Nachteil des betroffenen Fremden handeln. Dies bedeute, daß bezüglich einer Beschwerde, die für den Betroffenen im Falle der Beschwerdeführung zu seinen Gunsten keinen Vorteil mehr und bei Beschwerdeführung zu Lasten des Fremden keinen Nachteil mehr zur Folge haben könne, das vom Gesetz geforderte Anknüpfungselement "zu Gunsten" oder "zum Nachteil" keine Relevanz mehr habe und die Beschwerde deshalb zurückzuweisen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGG tritt bei Beschwerden gegen Bescheide nach Art. 131 Abs. 1 Z 2 und 3 sowie Abs. 2 B-VG, bei denen gemäß den in Betracht kommenden Bundes- oder Landesgesetzen die Behauptung der Verletzung eines Rechtes des Beschwerdeführers nicht in Betracht kommt, und bei Beschwerden gegen Weisungen nach Art. 81a Abs. 4 B-VG an die Stelle der Beschwerdepunkte die Erklärung über den Umfang der Anfechtung. Die belangte Behörde bestreitet nicht, daß im gegenständlichen Fall die Verletzung eines Rechtes des Beschwerdeführers (des Bundesministers für Inneres) nicht in Betracht kommt. Trifft diese Voraussetzung aber zu, so konnte sich der beschwerdeführende Bundesminister mit der Erklärung über den Umfang der Anfechtung begnügen und war er nicht verpflichtet, eine bestimmte Bezeichnung des Beschwerdepunktes im Sinn des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG vorzunehmen. Im hier vorliegenden Fall der vom Bundesminister für Inneres erhobenen Amtsbeschwerde geht es nicht um die Geltendmachung subjektiver Rechte, weshalb das Formerfordernis der Angabe der Beschwerdepunkte nach § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG nicht zum Tragen kommt. Die Grenzen des Rechtsstreites werden bei Amtsbeschwerden durch die Anfechtungserklärung des Beschwerdeführers gezogen (vgl. dazu das zur - hinsichtlich der Umschreibung der Beschwerdelegitimation vergleichbaren - Bestimmung des § 292 BAO ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/14/0082, sowie das zu § 13 Arbeitsinspektionsgesetz ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/11/0018). Dem in § 28 Abs. 2 VwGG für (u.a.) Bescheide nach Art. 131 Abs. 2 B-VG enthaltenen Gebot der Erklärung über den Umfang der Anfechtung ist im vorliegenden Fall durch die Angabe, der beschwerdeführende Bundesminister für Inneres erhebe "Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit", entsprochen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/20/0220, mwN).
Im vorliegenden Fall umschreibt § 38 Abs. 5 AsylG ein objektives Beschwerderecht, wenn die Bestimmung ausdrücklich vorsieht, daß der Bundesminister die Amtsbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit sowohl zugunsten als auch zum Nachteil der betroffenen Fremden erheben kann. Die Wendung "sowohl zugunsten als auch zum Nachteil der betroffenen Fremden" stellt klar, daß die Amtsbeschwerde nicht nur zum Nachteil der Fremden erhoben werden darf, sondern daß es - im Gegensatz zur Ansicht der belangten Behörde - auf seine Interessenlage überhaupt nicht ankommt. In einem solchen Fall ist die Beschwerdelegitimation ein von den Verfahrensparteien und den beteiligten Behörden losgelöstes Kontrollinstrument zur Prüfung, ob der angefochtene Bescheid in objektiver Weise rechtmäßig ist (vgl. dazu unter anderen die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 94/13/0002, und vom , Zl. 95/14/0082, jeweils betreffend § 292 BAO, das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/09/0352, betreffend § 28a Abs. 1 zweiter Satz AuslBG, sowie das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/11/0018, betreffend § 13 des Arbeitsinspektionsgesetzes).
Mangels entgegenstehender Vorschrift findet § 33 Abs. 1 VwGG auch auf Amtsbeschwerden Anwendung (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Slg.Nr. 9495/A). Die Auffassung der belangten Behörde, durch die den Asylantrag im fortgesetzten Verfahren gemäß § 6 AsylG abweisende rechtskräftige Entscheidung sei eine Sach- und Rechtslage herbeigeführt worden, die einer (materiellen) Klaglosstellung gleichkomme, ist nicht zu teilen: Der Bundesminister für Inneres begehrt die Überprüfung des angefochtenen Bescheides auf seine Rechtmäßigkeit hin und strebt im Falle seiner Rechtswidrigkeit die Beseitigung des Bescheides aus dem Rechtsbestand an. Die Interessenlage des beschwerdeführenden Bundesministers kann demnach über die Bindung im konkreten Rechtsstreit hinaus auf die Klärung der vorliegenden Rechtsfragen für gleichgelagerte Rechtsfälle in anderen bzw. künftigen Asylrechtsstreitigkeiten gerichtet sein, abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall die Zurückweisung des Asylantrages gemäß § 4 AsylG und nicht die mittlerweile im weiteren Verfahren erfolgte Abweisung gemäß § 6 leg. cit. begehrt. Es kann daher schon deshalb nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, der beschwerdeführende Bundesminister sei durch die rechtskräftige Abweisung des Asylantrages im fortgesetzten Verfahren (materiell) klaglos gestellt worden. Der Beschwerdeführer sah sich durch die Abweisung des Asylantrages des Mitbeteiligten auch nicht veranlaßt, die gegenständliche Beschwerde zurückzuziehen. Dem Beschwerdeführer kann auch nicht unterstellt werden, er habe die Beschwerde (nur) zum Nachteil des Mitbeteiligten erheben wollen, weshalb er durch die von ihm weiter angestrebte Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes rechtlich nicht günstiger gestellt sein könnte, als dies ohne meritorische Entscheidung über die Beschwerde der Fall ist.
Gemäß § 42 Abs. 3 VwGG tritt durch die Aufhebung eines angefochtenen Bescheides nach dem zweiten Absatz dieses Paragraphen die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hatte. Die mit rückwirkender Kraft ausgestattete Gestaltungswirkung eines aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet nicht nur, daß der Rechtszustand zwischen Erlassung des aufgehobenen Bescheides und seiner Aufhebung im nachhinein so zu betrachten ist, als ob der aufgehobene Bescheid von Anfang an nicht erlassen worden wäre, sondern hat auch zur Folge, daß allen Rechtsakten, die während der Geltung des sodann aufgehobenen Bescheides auf dessen Basis gesetzt wurden, im nachhinein die Rechtsgrundlage entzogen wird. Solche Rechtsakte erweisen sich als rechtswidrig und gelten infolge der Gestaltungswirkung des aufhebenden Erkenntnisses mit diesem dann als beseitigt, wenn sie mit dem aufgehobenen Bescheid in einem unlösbaren rechtlichen Zusammenhang stehen (vgl. Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 185, ferner die hg. Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 4084/A, und vom , 85/17/0030, ebenso wie das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 7908, und den Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 9443).
Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, daß die Gestaltungswirkung des gegenständlichen aufhebenden Erkenntnisses auch den den Folgebescheid der Behörde erster Instanz bestätigenden Berufungsbescheid der belangten Behörde vom erfaßt. Mit Zustellung des heutigen Erkenntnisses an die Verfahrensparteien wird der Bescheid der belangten Behörde vom in unmittelbarer Weise aus dem Rechtsbestand eliminiert.
Die Beschwerde ist somit zulässig und die Auffassung der belangten Behörde, das über sie eingeleitete verwaltungsgerichtliche Verfahren sei infolge eingetretender Klaglosstellung einzustellen, unzutreffend.
Die Beschwerde ist auch berechtigt.
Indem die belangte Behörde davon ausging, ihr stünde im Verfahren nach § 32 AsylG über eine Berufung gegen die Zurückweisung des Aslyantrags gemäß § 4 AsylG eine kassatorische Entscheidungsbefugnis zu, belastete sie ihren Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, die zu seiner Aufhebung führen muß. Dazu und zur Beantwortung der in der Amtsbeschwerde aufgeworfenen Fragen kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/20/0175, verwiesen werden. Im Hinblick auf die dem Mitbeteiligten mit der Berufung gegebenen Gelegenheit zur Stellungnahme wurde ein - in der Berufung behaupteter - allfälliger Mangel durch Unterlassung des Parteiengehörs in erster Instanz - wie von der belangten Behörde angenommen - saniert. Allenfalls wird es Aufgabe der belangten Behörde sein, einen von ihr insoweit angenommenen erstinstanzlichen Mangel - etwa durch Durchführung der grundsätzlich gemäß § 67d AVG abzuhaltenden mündlichen Verhandlung und durch Einvernahme des Mitbeteiligten - zu beheben (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/01/0308).
Weiters ist anzumerken, daß die Rechtsauffassung im angefochtenen Bescheid, die Behörde erster Instanz hätte den Beschwerdeführer über die materielle Rechtslage nach dem tschechischen Asylgesetz belehren und diesem eine auf einer beglaubigten deutschen Übersetzung der maßgeblichen ausländischen asylrechtlichen Normen beruhende Übersetzung ihrer maßgeblichen Inhalte in eine ihm verständliche Sprache aushändigen müssen, mit dem Gesetz nicht in Einklang steht. Richtig ist zwar, daß der Verwaltungsgerichtshof bereits zur Rechtslage nach dem Asylgesetz 1997 ausgesprochen hat, daß die Asylbehörden im Anwendungsfall des § 4 leg. cit. verpflichtet sind, die maßgeblichen ausländischen gesetzlichen Bestimmungen von Amts wegen zu ermitteln (vgl. zum Umfang dieser Prüfungspflicht die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 98/01/0284, und vom , Zl. 98/20/0175). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Ergebnis solcherart angestellter Ermittlungen über die für die Anwendung des § 4 AsylG maßgebliche (allenfalls auch ohne solche Ermittlungen die der Behörde bereits bekannte) ausländische Rechtslage vor deren Heranziehung dem Asylwerber zur Kenntnis zu bringen und diesem Gelegenheit zu einer entsprechenden Äußerung zu gewähren (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 98/16/0069; vom , Zl. 96/01/0043; vom , Zl. 98/10/0001, mwN). Sollte die belangte Behörde mit ihren Ausführungen aber meinen, daß die Behörde erster Instanz dem Mitbeteiligten die rechtlichen Grundlagen für die Gewährung von Asyl hätte erklären sollen, übersieht sie, daß eine Beratung von Verfahrensparteien in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu den Pflichten der Behörde zählt. Die Belehrungspflicht nach § 13a AVG ist auf verfahrensrechtliche Angelegenheiten eingeschränkt (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des Verwaltungsverfahrens5, S. 180f, wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Dies gilt auch für ein bei Beurteilung einer Rechtssache von der Behörde heranzuziehendes ausländisches Gesetz. § 39a AVG regelt wiederum nur den mündlichen Verkehr zwischen der Behörde und den Parteien. Diese Bestimmung begründet keinen Rechtsanspruch einer Verfahrenspartei etwa dahingehend, daß die Behörde fremdsprachige Normen in eine der Partei verständliche (nicht deutsche) Sprache schriftlich zu übersetzen und vor Erlassung des Bescheides ihr zur Kenntnis zu bringen hätte. Auch das AsylG 1997 sieht insoweit keine vom AVG abweichende Bestimmung vor. § 29 AsylG sieht lediglich vor, daß Bescheide nach diesem Bundesgesetz den Spruch, die Rechtsmittelbelehrung und den Hinweis nach § 61a AVG in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache zu enthalten haben. Gleiches gilt für die maßgeblichen Gesetzesbestimmungen, wenn der Antrag als offensichtlich unbegründet abgewiesen (§ 6) oder wegen Unzuständigkeit (§§ 4 und 5) zurückgewiesen wurde. Ein darüber hinausgehender Anspruch des Mitbeteiligten auf Aushändigung einer schriftlichen Übersetzung von maßgeblichen (etwa auch ausländischen) Normen in dem von der belangten Behörde vertretenen Umfang ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
Entgegen den Ausführungen des beschwerdeführenden Bundesministers hat die belangte Behörde nicht ausdrücklich den unzutreffenden Standpunkt vertreten, die Behörde erster Instanz wäre gehalten, mit dem Beschwerdeführer die Bedeutung und das richtige Verständnis der heranzuziehenden ausländischen asylrechtlichen Bestimmungen zu erörtern. Abschließend ist noch festzuhalten, daß die Behörde einem Asylwerber von ihr eingeholte Berichte für die Beurteilung des Vorliegens über sachverhaltsmäßige Tatbestandselemente des § 4 Abs. 2 AsylG, wie etwa im hier vorliegenden Fall zur Begründung der Annahme, dem Mitbeteiligten stehe in Tschechien - ungeachtet des Ablaufes der gesetzlichen Frist für die Stellung eines Asylantrages - aufgrund einer allgemeinen Behördenpraxis dennoch ein Verfahren zur Einräumung der Rechtsstellung eines Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskonvention offen, grundsätzlich zur Kenntnis zu bringen hat, wobei ihm die Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen ist. Eine generelle Pflicht, dem Betroffenen jedenfalls ausdrücklich eine bestimmte Frist zur Ausführung dieser Stellungnahme zu gewähren, besteht dabei nicht. Hat die Behörde allerdings derartige Berichte, auf die sich der Bescheid im Rahmen der Beweiswürdigung weitgehend stützt, dem Asylwerber nicht zur Kenntnis gebracht, so hat sie damit den fundamentalen Grundsatz des Verwaltungsverfahrens, daß der Partei zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens das rechtliche Gehör zu erteilen ist, verletzt. Es genügt für ein mängelfreies Verfahren nicht, daß Tatsachen nur bei der Behörde aktenkundig sind. Zur Vermeidung von Mißverständnissen ist dem freilich hinzuzufügen, daß derartige Mängel eines erstinstanzlichen Verfahrens - vor allem bei entsprechend ausführlicher Begründung des erstinstanzlichen Bescheides - im Berufungsverfahren unter Umständen nicht mehr von Bedeutung sind.
Der angefochtene Bescheid war aus den angeführten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965 hingewiesen.
Wien, am