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VwGH vom 16.12.1998, 96/13/0186

VwGH vom 16.12.1998, 96/13/0186

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

96/13/0203

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde 1. des Dr. U, Rechtsanwalt und 2. der G, beide in E, die Zweitbeschwerdeführerin vertreten durch den Erstbeschwerdeführer,

Spruch

A. gegen den Bescheid des Finanzamtes Eisenstadt vom , EW-AZ 003-2-0408/8, betreffend Einheitswert des Grundvermögens, den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

B. gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ GA 5-1092-1996, betreffend Einheitswert des Grundvermögens, zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einem Kaufvertrag vom erwarben die beiden Beschwerdeführer, ein Ehepaar, die landwirtschaftlich genutzte Liegenschaft EZ 408, Grundbuch E., im Ausmaß von 2.798 m2 um den Kaufpreis von S 1,650.000,--. In einem als "Nachfeststellung" bezeichneten Bescheid vom bewertete das Lagefinanzamt diese Liegenschaft zum als unbebautes Grundstück und stellte den Einheitswert des Grundstückes mit S 363.000,-- fest.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde vorgebracht, das gegenständliche Grundstück habe die Form eines langgestreckten, unregelmäßigen Rechtecks, das im Durchschnitt etwa 108 m lang und 26 m breit sei. Vom Süden liefen die Pertengasse und der Hohe Nußbaumweg senkrecht auf das Grundstück zu und endeten an der Grundgrenze. Im Falle einer Verwertung durch Parzellierung und Verbauung wäre am westlichen Rand des Grundstücks ein Streifen in einer Breite von etwa 3 m zur Verlängerung des Hohen Nußbaumweges abzutreten. Im Bereich des Ostrandes wäre ein Grundstücksstreifen von etwa 8,5 m zur Verlängerung der Pertengasse abzutreten. Nach Durchführung dieser Abtretung verbliebe östlich der verlängerten Pertengasse noch ein im Schnitt etwa 17 m breiter Teil des Grundstücks, der etwa zur Hälfte von einer nahezu senkrechten, aus lockerem Erdmaterial gebildeten Böschung eingenommen werde, sodaß dieser gesamte Teil unverwertbar wäre. Von der Gesamtlänge des Grundstücks fielen im Falle einer Aufschließung etwa 27 - 28 m durch Grundabtretungen und verbleibende unverwertbare Restflächen weg, was bei einer Grundstücksbreite von durchschnittlich etwa 26 m einer Fläche von 700 bis 750 m2 entspreche. Auf der verbleibenden Restfläche stehe etwa in der Mitte ein Strommast. Diese Restfläche werde von Westen nach Osten diagonal mit einer Freileitung überspannt. Die verbleibende Restfläche wäre so lange nicht verwertbar, als die Leitung besteht. Eine Verwertungsmöglichkeit der Liegenschaft sei nicht gegeben. Die Liegenschaft sei auch nicht zur Verwertung erworben worden. Auch eine landwirtschaftliche Nutzung finde nicht statt. Die Liegenschaft bilde allerdings zusammen mit den angrenzenden Grundstücken ein wertvolles Naturbiotop. Auch der Verkäufer der Liegenschaft habe jahrzehntelang keine Nutzung vorgenommen. Für eine Änderung der Bewertung bestehe daher keinerlei Anlaß.

Mit einem Schreiben vom wurde den beiden Beschwerdeführern vorgehalten, das Grundstück habe Bauplatzform und Bauplatzgröße. Es liege im gewidmeten Baugebiet "in bester Wohnlage" und sei sowohl vom Süden durch die Pertengasse als auch vom Norden durch den Hohen Nußbaumweg erreichbar. Das gesamte Siedlungsgebiet sei bereits zum Großteil mit Einfamilienhäusern bebaut. Auch das gegenständliche Grundstück könne jederzeit bebaut werden.

Das Finanzamt erließ eine Berufungsvorentscheidung; durch einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz galt die Berufung wieder als unerledigt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung teilweise Folge gegeben und der Einheitswert auf S 251.000,-- herabgesetzt. In der Begründung wurde ausgeführt, von den Beschwerdeführern sei nicht behauptet worden, daß die Liegenschaft landwirtschaftlich genutzt sei. Sie sei daher dem Grundvermögen zuzuordnen. Gemäß § 23 BewG seien bei Nachfeststellungen der Einheitswerte für Grundbesitz der tatsächliche Zustand des Grundbesitzes zum Nachfeststellungszeitpunkt - das sei der - und die Wertverhältnisse zum Hauptfeststellungszeitpunkt zugrunde zu legen. Nach Mitteilung des Lagefinanzamtes sei bei der letzten Hauptfeststellung zum für das Baulandgebiet Hoher Nußbaumweg ein Bodenwert von S 130,-- "gegendüblich" gewesen. Nach dem zum geltenden Flächenwidmungsplan (laut telefonischer Auskunft des Baudirektors Dipl. Ing. L.) sei für das gegenständliche Grundstück zwar die Widmungsart Bauland festgelegt sowie die Baugebietsart Wohngebiet ausgewiesen. Die Fläche sei jedoch als Aufschließungsgebiet gemäß § 14 Abs 2 Burgenländisches Raumplanungsgesetz, LGBl 18/1969, gekennzeichnet. Die im Aufschließungsgebiet liegenden Grundstücke seien nicht baureif bzw überhaupt nicht als Bauland zu betrachten. Diese mangelnde sofortige Bebauungsmöglichkeit ändere aber nichts an der Art des unbebauten Grundstücks, sondern bestimme nur dessen Wert. Die Verpflichtung zur Abtretung für künftige Verkehrsflächen entstehe erst mit Rechtskraft der Bauplatzerklärung oder mit der Beschlußfassung des Gemeinderates über die Errichtung oder Verbreiterung der öffentlichen Verkehrsfläche. Da zum Bewertungsstichtag eine derartige Voraussetzung nicht vorgelegen habe, sei diesbezüglich auch kein Abschlag vom Ausgangsbodenwert vorzunehmen. Laut Auskunft der B. sei eine Verlegung der derzeitigen Freileitung mit 20 KV Starkstrom in den Erdboden möglich. Der 20 KV-Holzmast befinde sich im übrigen nicht in der Mitte der etwa nach Grundabtretungen verbleibenden Restfläche, sondern am Rand bzw an der Grundstücksgrenze. Unter Wahrung eines bestimmten seitlichen Abstandes sei auch die Errichtung von Bauwerken möglich. Die belangte Behörde verminderte den von ihr angenommenen "Ausgangsbodenwert" von S 130,-- pro m2 um Abschläge von 25 % wegen des unvollständigen Erschließungszustandes des Grundstückes und von 5 % wegen der Leitungsdienstbarkeit und gelangte auf diese Weise zu einem Bodenwert von S 90,-- pro m2. Zum Vorbringen, die gegebenen Verhältnisse hätten bereits lange vor dem Kaufvertrag vom bestanden, wurde im angefochtenen Bescheid ausgeführt, die Parteien hätten aus einer rechtswidrigen Vorgangsweise der Behörde keine Rechte ableiten können.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art 131 Abs 1 Z 1 B-VG setzt die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes die Erschöpfung des Instanzenzuges voraus. Soweit sich die Beschwerde gegen den mit Berufung anfechtbaren Bescheid des Finanzamtes Eisenstadt vom richtet, war sie somit gemäß § 34 Abs 1 VwGG mit Beschluß zurückzuweisen.

Nach § 21 Abs 1 Z 2 BewG wird der Einheitswert neu festgestellt, wenn die Art des Bewertungsgegenstandes von der zuletzt im Einheitswertbescheid festgestellten Art abweicht (Artfortschreibung).

Für wirtschaftliche Einheiten, für die ein Einheitswert festzustellen ist, wird der Einheitswert gemäß § 22 Abs 1 BewG nachträglich festgestellt (Nachfeststellung), wenn nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt 1. die wirtschaftliche Einheit neu gegründet wird;

2. für eine bereits bestehende wirtschaftliche Einheit der Grund für die Befreiung von einer Steuer wegfällt.

Nach § 52 Abs 1 BewG gehört zum Grundvermögen nicht Grundbesitz, der zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehört. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle sind land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücksflächen dem Grundvermögen zuzurechnen, wenn nach ihrer Lage und den sonstigen Verhältnissen, insbesondere mit Rücksicht auf die bestehenden Verwertungsmöglichkeiten, anzunehmen ist, daß sie in absehbarer Zeit anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen werden, z.B., wenn sie hienach als Bauland, Industrieland oder als Land für Verkehrszwecke anzusehen sind.

Nach der Aktenlage handelt es sich bei dem betroffenen Grundstück um ein solches, das bisher als landwirtschaftliches Vermögen behandelt worden ist. Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid davon aus, daß zum Stichtag hinsichtlich des in Rede stehenden Grundstücks die Voraussetzungen für eine Nachfeststellung im Sinne des § 22 Abs 1 (Z 1) BewG gegeben sind. Diese Auffassung ist unzutreffend: Aus den vorgelegten Akten, insbesondere dem Kaufvertrag vom , mit dem die beiden Beschwerdeführer die Liegenschaft erworben haben, ist ersichtlich, daß durch diesen Vorgang keineswegs eine wirtschaftliche Einheit neu begründet worden ist. Vielmehr ist eine bereits bestehende wirtschaftliche Einheit, die als land- und forstwirtschaftliches Vermögen im Sinne der §§ 29 ff BewG bewertet worden ist, als Ganzes auf die beiden Beschwerdeführer übergegangen.

Durch diese unzutreffende Berufung der belangten Behörde auf § 22 BewG sind die Beschwerdeführer aber noch nicht jedenfalls in ihren subjektiven Rechten verletzt worden: Stellte sich etwa im Zuge der (bewertungsrechtlichen) Bearbeitung des genannten Kaufvertrages durch das Lagefinanzamt heraus, daß die Art des Bewertungsgegenstandes von der zuletzt in dem - noch an den Vorbesitzer ergangenen - Einheitswertbescheid festgestellten Art abweicht, so war die Abgabenbehörde gehalten, (neben einer Zurechnungsfortschreibung im Sinne des § 21 Abs 4 BewG auch) eine Artfortschreibung vorzunehmen. Dabei ist nicht von Bedeutung, ob eine solche Artfortschreibung nicht allenfalls bereits zu einem früheren Bewertungsstichtag hätte vorgenommen werden müssen, da eine solche Artfortschreibung auch zur Fehlerberichtigung erfolgen kann (vgl Ritz, BAO-Kommentar, § 193, Rz 13 und die dort wiedergegebene Rechtsprechung).

Nach den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen befindet sich das in Rede stehende Grundstück in einem Aufschließungsgebiet im Sinne des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes. Bei einem solchen Grundstück in einem Aufschließungsgebiet hat aber die Behörde konkret zu erörtern und zu prüfen, auf Grund welcher Umstände in absehbarer Zeit mit einer anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienenden Nutzung zu rechnen sein wird (vgl das hg Erkenntnis vom , 81/17/0040). Gerade solche konkrete Umstände hat die belangte Behörde aber im Beschwerdefall nicht festgestellt. Vielmehr geht sie im angefochtenen Bescheid selbst davon aus, daß die im Aufschließungsgebiet liegenden Grundstücke nicht als Bauland zu betrachten seien. Ausdrücklich wird von der belangten Behörde darauf hingewiesen, daß nach Auskunft der zuständigen Baubehörde mit einer Bauplatzerklärung wegen der in diesem Bereich fehlenden Infrastruktur erst dann zu rechnen sei, wenn in diesem Gebiet mehrere Interessenten zur Bauführung heranstünden. Dadurch, daß die belangte Behörde dennoch zu der Feststellung gelangt ist, bei der gegenständlichen Liegenschaft handle es sich um ein zum Grundvermögen zu zählendes unbebautes Grundstück, hat sie aber das Gesetz verletzt. Bei dieser Sach- und Rechtslage erübrigte es sich, auf die Einwendungen gegen die Höhe des Einheitswertes näher einzugehen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

Wien, am