VwGH vom 04.11.1998, 96/13/0162
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde der W Gesellschaft mbH in W, vertreten durch Dr. Paul Doralt, Dr. Wilfried Seist und Dr. Peter Csoklich, Rechtsanwälte in Wien IX, Währingerstraße 2-4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat III A, vom , Zl. 11-94/2152/13, betreffend Umsatzsteuer 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende GmbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet. Betriebsgegenstand war nach dem Gesellschaftsvertrag die Erarbeitung von Finanzierungskonzepten für die (damals für 1995 geplante) Weltausstellung in Wien. Mit Beschluß der Generalversammlung vom wurde unter anderem der Unternehmensgegenstand in den Erwerb, die Verwaltung und Veräußerung von Beteiligungen an Unternehmen, insbesondere an der WED Wiener Entwicklungsgesellschaft für den Donauraum Aktiengesellschaft oder an Unternehmen, an denen diese Gesellschaft beteiligt ist, sowie in die Erarbeitung von Finanzierungskonzepten und die Finanzierungsberatung geändert.
In der Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 1992 wurden steuerpflichtige Umsätze von S 278.095,66 und Umsatzsteuer in Höhe von S 55.619,13 erklärt. An Vorsteuern wurden S 307.117,-- geltend gemacht. Das in der Bilanz zum ausgewiesene Anlagevermögen setzte sich aus einer Beteiligung an der WED Wiener Entwicklungsgesellschaft für den Donauraum AG in Höhe von S 35,007.000,-- und einer Beteiligung an der WED Immobilien AG im Betrag von S 250.000,-- zusammen.
Auf einen entsprechenden Vorhalt des Finanzamtes wurde mit einer Eingabe vom mitgeteilt, daß die Beschwerdeführerin im Jahre 1992 auf dem Gebiet der Finanzierungsberatung Umsätze in Höhe von S 278.095,66 erzielt habe. Da sich die Tätigkeit der Beschwerdeführerin nicht ausschließlich auf ihre Funktion als Holdinggesellschaft erstrecke, stehe ihr das Recht auf den Vorsteuerabzug zu. Da die Unternehmereigenschaft nicht teilbar sei, sei die Höhe des Beteiligungsansatzes in der Bilanz kein Kriterium für die Frage der Unternehmereigenschaft. Die Vorsteuern in Höhe von S 307.117,-- beträfen (hinsichtlich eines Teilbetrages von S 300.000,--) Rechts- und Beratungskosten von S 1,500.000,--. Über Aufforderung des Finanzamtes wurden folgende zwei Honorarnoten vorgelegt:
"HONORARNOTE
i.S.: EXPO-VIENNA Wiener Weltausstellungs AG
Für anwaltliche Leistungen im Zusammenhang mit dem
beabsichtigten Erwerb der Aktien der EXPO-VIENNA Wiener
Weltausstellungs AG (Prüfung von Vertragsentwürfen, Studium der mit
dem beabsichtigten Vertrag im Zusammenhang stehenden Unterlagen und
Vereinbarungen sowie Teilnahme an Vertragsverhandlungen mit dem
Bund und der Gemeinde Wien und an internen Besprechungen) in der
Zeit vom November 1989 bis Jänner 1990: S 400.000,--
20 % Umsatzsteuer S 80.000,--
zusammen S 480.000,--
Wien, am
HONORARNOTE
i.S.: EXPO 95 und Liegenschaftsentwicklungen
Für anwaltliche Leistungen (Verhandlungen mit der Gemeinde
Wien und Erarbeitung eines Vertrages über den Erwerb der Aktien der
EXPO VIENNA Wiener Weltausstellungs-AG sowie der damit
zusammenhängenden Vereinbarungen, und zwar des Syndikatsvertrages
zwischen den Konsortialbanken und -versicherungen, der Vereinbarung
zwischen dem Syndikat und Nomura, der Gesellschaftsverträge der WED
Wiener Entwicklungsgesellschaft für den Donauraum AG und der WED
Immobilien AG)in der
Zeit vom September 1990 bis Mai 1991: S 1.100.000,--
% Umsatzsteuer S 220.000,--
zusammen S 1.320.000,--
Wien, am "
Im Umsatzsteuerbescheid für 1992 wurde die Umsatzsteuer mit S 55.619,-- festgesetzt. In der Begründung wurde darauf hingewiesen, der einzige steuerpflichtige Umsatz des Jahre 1992 hätte in der Weiterverrechnung von aufgelaufenen Kosten für die Finanzierungsberatung an die Tochtergesellschaft bestanden. Die Vorsteuerbeträge seien im Zusammenhang mit dem Erwerb von Aktien der Expo AG gestanden.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde ausgeführt, zum Aufgabengebiet der Beschwerdeführerin zähle unter anderem das Erarbeiten von Finanzierungskonzepten für einzelne Objekte und Projekte sowie den Aufbau von Finanzierungsstrukturen innerhalb von Finanzierungsgesellschaften, die Erstellung von betrieblichen Optimierungsrechnungen sowie die Beratung bei der Erstellung von Budgets und die Erstellung der Grundlagen der Jahresbudgets der einzelnen Projektgesellschaften. Im Zusammenhang mit diesen Leistungen stünden die weiterverrechneten Personalkosten in Höhe von S 278.095,66. Da sich die Tätigkeit der Beschwerdeführerin nicht ausschließlich auf ihre Funktion als Holdinggesellschaft erstrecke, stehe ihr das Recht auf Vorsteuerabzug zu. Die Unternehmereigenschaft sei nicht teilbar.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung teilweise Folge gegeben. Die Vorsteuern in Höhe von S 7.117,-- (ausgewiesen in einer Honorarnote des steuerlichen Vertreters in Höhe von S 7.100,-- und einer Taxirechnung in Höhe von S 17,--) wurden von der belangten Behörde zum Abzug zugelassen. Hingegen wurden die Vorsteuerbeträge in Höhe von S 300.000,--, die im Zusammenhang mit dem Halten der Beteiligungen angefallen seien, nicht als abzugsfähig angesehen. Die Unternehmenstätigkeit sei nur in dem Umfang "Steuergegenstand", als sie durch der Umsatzsteuer unterliegende Umsätze ausgeübt werde. Dafür spreche auch, daß die Vorleistungen des Rechtsanwaltes aus Jahren stammten, in denen die Beschwerdeführerin auch tatsächlich keine Umsätze getätigt habe, sowie die Aktivseite der Bilanz, die fast zur Gänze aus den Beteiligungen bestehe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 1 UStG 1972 ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfaßt die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmens.
Der Unternehmer, der im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen ausführt oder im Inland seinen Sitz oder eine Betriebsstätte hat, kann nach der näheren Anordnung des § 12 Abs. 1 UStG 1972 Vorsteuerbeträge abziehen.
Nach herrschender Auffassung ist eine Personen- oder Kapitalgesellschaft, die sich auf den Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen beschränkt und hiebei lediglich die Rechte wahrnimmt, die sich aus ihrer Stellung als Gesellschafterin ergeben, nicht Unternehmer, weil sie im Wirtschaftsleben nicht mit Leistungen in Erscheinung tritt (vgl. die bei Ruppe, UStG 1994, § 2, Rz 36 angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, des deutschen Bundesfinanzhofes und des Europäischen Gerichtshofes).
Nach den Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde handelte es sich bei der Beschwerdeführerin nicht um eine derartige reine Holdinggesellschaft, sondern um eine gemischte Holdinggesellschaft. Die belangte Behörde ist dementsprechend davon ausgegangen, daß die Beschwerdeführerin nur zum Teil unternehmerisch tätig geworden ist. Soweit sich die Beschwerdeführerin aber auf den Erwerb und die Erhaltung der in Rede stehenden Beteiligungen beschränkte, war sie nach der zutreffenden Auffassung der belangten Behörde nicht Unternehmer, sodaß die damit in Zusammenhang stehenden Vorsteuerbeträge nicht abgezogen werden konnten. Der belangten Behörde ist dabei auch dahin Recht zu geben, daß der Grundsatz der "Einheitlichkeit des Unternehmens" für den in Rede stehenden Problembereich nicht anzuerkennen ist (vgl. das Urteil des deutschen Bundesfinanzhofes vom , X R 6/82, BStBl 1989 II 122).
In der Beschwerde wird demgegenüber im wesentlichen vorgebracht, die anwaltlichen Leistungen (hinsichtlich derer die belangte Behörde den Vorsteuerabzug versagt hat) hätten nicht nur die Erarbeitung eines Vertrages über den Erwerb der Aktien der Expo Vienna Wiener Ausstellungs-AG sowie der damit zusammenhängenden Vereinbarungen, sondern auch Verhandlungen mit der Gemeinde Wien betroffen. Diese seien wiederum im Zusammenhang insbesondere mit dem Erwerb der Expo-Liegenschaften gestanden, die in weiterer Folge von Projektgesellschaften der WED-Gruppe verbaut und sodann insbesondere durch Vermietung verwertet werden sollten. Das erste Bauprojekt sei bereits in Angriff genommen worden.
Diese Darstellung stellt ein im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliches neues Vorbringen dar. Sie steht aber auch mit dem Inhalt der vorgelegten anwaltlichen Honorarnoten im Widerspruch. Nach diesen Urkunden wurden damit ausschließlich Leistungen im Zusammenhang mit dem Erwerb der Beteiligungen abgerechnet, wobei diese Leistungen die Zeiträume von November 1989 bis Jänner 1990 sowie von September 1990 bis Mai 1991, also Zeiträume vor der - durch die Aufgabe des Projekts einer Weltausstellung in Wien verursachte - Änderung des Unternehmenskonzeptes, betrafen. Die Behauptung, die anwaltlichen Leistungen hätten (auch) die Erstellung von Finanzierungskonzepten und damit den unternehmerischen Bereich der Beschwerdeführerin betroffen, steht daher mit der Aktenlage nicht in Einklang.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei von der Durchführung der beantragten Verhandlung aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am