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VwGH vom 28.05.1997, 96/13/0110

VwGH vom 28.05.1997, 96/13/0110

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des Dr. A in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bundesminister für Finanzen wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend Zuzugsbegünstigung gemäß § 103 EStG 1988 gemäß § 42 Abs. 4 VwGG zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Antrag vom auf Gewährung einer Zuzugsbegünstigung nach § 103 EStG 1988 wird nicht Folge gegeben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom stellte der Beschwerdeführer an den Bundesminister für Finanzen den Antrag auf Zuerkennung einer Zuzugsbegünstigung gemäß § 103 EStG "und daher auch die aus dem Ausland bezogenen Einkünfte von der Besteuerung auszunehmen". Zur Begründung wurde angeführt, der Beschwerdeführer sei österreichischer Staatsbürger, habe rund 30 Jahre im Ausland gelebt und mit seinen ordentlichen Wohnsitz nach Österreich verlegt. Neben einer ASVG-Pension beziehe der Beschwerdeführer eine Firmenpension von rund "DM 2.000,-- pro Monat aus der BRD". Für diese Einkommensteile werde die erwähnte Zuzugsbegünstigung beantragt.

Mit Note vom , GZ. Sch 2151/1/1-IV/4/93, teilte der Bundesminister für Finanzen dem Beschwerdeführer zum Antrag vom mit, daß der Zuzug vom Ausland ins Inland unter dem Gesichtspunkt der europäischen Integration nicht mehr durch steuerliche Maßnahmen förderungswert erscheine und daher steuerliche Zuzugsbegünstigungen nicht mehr gewährt werden könnten.

Eine gegen dieses Schreiben des Bundesministers für Finanzen vom eingebrachte Beschwerde wurde mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom , 93/13/0198, gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückgewiesen, weil dem erwähnten Schreiben kein Bescheidcharakter zukomme.

In der am beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Säumnisbeschwerde nach Art. 132 B-VG wurde Säumnis der belangten Behörde geltend gemacht, weil diese mehr als sechs Monate über seinen Antrag vom nicht entschieden und damit ihre Entscheidungspflicht verletzt habe.

Nachdem der Verwaltungsgerichtshof über diese Säumnisbeschwerde gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren eingeleitet hatte, gab die belangte Behörde dem Antrag mit Bescheid vom insoweit statt, als die nicht unter § 98 EStG 1988 fallenden Einkünfte sowie zu veranlagende kapitalertragsteuerpflichtige Zinsen mit einem ermäßigten Steuersatz (Ansatz als außerordentliche Einkünfte im Sinn des § 37 leg. cit.) zu besteuern seien. Diese Begünstigung sollte für den Zeitraum ab dem Zuzug des Beschwerdeführers bis einschließlich 1993 gelten, wobei nach den Begründungsausführungen zu diesem Bescheid eine Verlängerung ab dem wegen Neufassung des § 103 EStG 1988 i.V.m.

§ 112a EStG 1988 nicht mehr in Aussicht genommen werden könne.

Gegen den Bescheid vom erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG, weil der Bescheid erst am und somit außerhalb der vom Verwaltungsgerichtshof der säumigen Behörde aufgetragenen Frist nach § 36 Abs. 2 VwGG zugestellt worden sei. In dieser Beschwerde wurde aus "anwaltlicher Vorsicht" noch eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheides der belangten Behörde dahingehend releviert, "daß aufgrund der allgemeinen Prinzipien der Rechtsordnung jemand nicht deshalb schlechter gestellt werden darf als ein anderer, weil der rechtzeitig eingebrachte Antrag des einen von der Behörde nicht behandelt, wohl aber der gleichzeitig eingebrachte Antrag des anderen gleich behandelt worden ist". Zum Antrag auf Zuzugsbegünstigung vom enthält die Beschwerde noch die zusätzlichen Angaben, daß der Beschwerdeführer in Dienstnehmereigenschaft bei der deutschen H. AG als Geschäftsführer der Auslandstöchter dieser Firma ("200 bis 1500 Beschäftigte") 1965 bis 1969 in Pakistan, bis 1972 auf den Philippinen, bis 1977 in Afghanistan, bis 1983 wieder in Pakistan und zuletzt bis 1992 neun Jahre lang in der Türkei tätig gewesen und mit Beginn seiner Pension nach Österreich zurückgekehrt sei. Die Firmenpension beziehe er von der H. AG.

Der Verwaltungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom , 95/13/0200, den angefochtenen Bescheid vom wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde auf. Einem Antrag auf Wiederaufnahme des mittlerweile mit Beschluß vom , 94/13/0208, abgeschlossenen Säumnisbeschwerdeverfahrens, gab der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom , 96/13/0071, gemäß § 45 Abs. 1 Z. 5 VwGG Folge.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag auf Zuzugsbegünstigung erwogen:

§ 103 Abs. 1 EStG 1988 lautete in der ursprünglichen Fassung (die Änderung des § 103 EStG 1988 durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 448/1992 bezog sich lediglich auf die Einfügung eines Abs. 4):

"Zuzugsbegünstigung

§ 103 (1) Bei Personen, die ihren Wohnsitz aus dem Ausland ins Inland verlegen und hier, ohne erwerbstätig zu werden, ihre Verbrauchswirtschaft nach Art und Umfang in einer für das Inland nützlichen Weise einrichten, kann der Bundesminister für Finanzen für einen bestimmten Zeitraum die Besteuerung abweichend von den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anordnen.

Für diese Anordnung gilt folgendes:


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Es können bestimmte, insbesondere ausländische Einkünfte ganz oder teilweise aus der Besteuerungsgrundlage ausgeschieden oder mit einem ermäßigten Steuersatz besteuert werden oder
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es kann der Besteuerung lediglich der dem inländischen Verbrauch entsprechende Betrag zugrunde gelegt werden oder
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es können die Besteuerungsgrundlage oder die Steuer auch mit einem Pauschbetrag festgesetzt werden.
Einkünfte im Sinne des § 98, ausgenommen kapitalertragsteuerpflichtige Einkünfte, müssen jedoch stets voll besteuert werden."

Durch das Steuerreformgesetz 1993, BGBl. Nr. 818 (ausgegeben am ), wurde § 103 EStG 1988 folgendermaßen geändert:

"§ 103. (1) Bei Personen, deren Zuzug aus dem Ausland der Förderung von Wissenschaft und Forschung dient und aus diesem Grund im öffentlichen Interesse gelegen ist, kann der Bundesminister für Finanzen für die Dauer des im öffentlichen Interesse gelegenen Wirkens dieser Personen steuerliche Mehrbelastungen bei nicht unter § 98 fallenden Einkünften beseitigen, die durch die Begründung eines inländischen Wohnsitzes eintreten. Das öffentliche Interesse ist für jedes Veranlagungsjahr durch eine Bescheinigung des Bundesministers für Finanzen nachzuweisen.

(2) Abs. 1 ist auf Personen, die den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen aus Österreich wegverlegt haben, nur dann anzuwenden, wenn zwischen diesem Wegzug und dem Zuzug mehr als zehn Jahre verstrichen sind."

Als § 112a EStG 1988 wurde durch das Steuerreformgesetz 1993, BGBl. Nr. 818, eingefügt:

"§ 112a. § 103 ist in der Fassung BGBl. Nr. 448/1992 weiterhin anzuwenden, wenn eine Zuzugsbegünstigung bereits erteilt worden ist oder wenn die Erteilung einer Zuzugsbegünstigung schriftlich in Aussicht gestellt worden ist."

Nach Art. I Z. 65 sub-Z. 1 Steuerreformgesetz 1993 sind die (übrigen) Bestimmungen des Steuerreformgesetzes 1993, sofern nichts anderes bestimmt ist, wenn die Einkommensteuer veranlagt wird, erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 1994 anzuwenden.

Ein Zuzugsbegünstigungsbescheid ist nach § 103 EStG 1988 alter Fassung für einen bestimmten Zeitraum zu erlassen. Im Hinblick auf die grundsätzliche Bestimmung des § 2 Abs. 1 EStG 1988, wonach der Einkommensteuer das Einkommen zugrunde zu legen ist, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat, ist dieser Zeitraum im Sinne des § 103 EStG 1988 jeweils auf ein entsprechendes Kalenderjahr zu beziehen.

Die Bestimmung des § 103 EStG neuer Fassung ist im Sinne des Art. I Z. 65 SteuerreformG 1993 im Falle der Veranlagung der Einkommensteuer "erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 1994" anzuwenden. Bei verständiger Würdigung dieser Übergangsbestimmung bedeutet dies, daß § 103 EStG neuer Fassung erstmals für solche Zeiträume präjudiziell ist, die nach dem gelegen sind (siehe dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 94/13/0089).

Für den Beschwerdefall folgt daraus, daß über die Gewährung der Zuzugsbegünstigung jedenfalls hinsichtlich der Zeit bis einschließlich des Kalenderjahres 1993 nach den Bestimmungen des § 103 EStG 1988 alter Fassung abzusprechen ist. Die vom Beschwerdeführer aus "anwaltlicher Vorsicht" in seiner Beschwerde zu Zl. 95/13/0200 (betreffend Geltendmachung der Unzuständigkeit der Behörde für die Bescheiderlassung am ) angesprochenen Zweifelsfragen im Zusammenhang mit der Weitergeltung des § 103 alter Fassung auch über das Jahr 1993 hinaus, wenn eine Zuzugsbegünstigung bereits vor der Kundmachung des BGBl. Nr. 818/1993 erteilt worden oder deren Erteilung schriftlich in Aussicht gestellt worden war, können dahingestellt bleiben, weil nach dem Antragsvorbringen schon eine Gewährung der Zuzugsbegünstigung auf Grundlage des § 103 EStG 1988 alter Fassung nicht in Betracht kommt.

Wer eine Begünstigung in Anspruch nimmt, hat selbst einwandfrei das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtlichen Begünstigungen gestützt werden können (vgl. dazu Stoll, BAO-Kommentar, S. 1274, sowie Ritz, Bundesabgabenordnung, Tz. 12 zu § 115, jeweils mit weiteren Nachweisen).

Die Begründung des Antragstellers betreffend Zuerkennung der Zuzugsbegünstigung erschöpft sich im wesentlichen in dem Vorbringen, er habe nach langjähriger beruflich bedingter Auslandstätigkeit nach seiner Pensionierung den Wohnsitz wieder in seinen Heimatstaat verlegt.

Damit werden aber weder Gründe persönlicher Billigkeit angesprochen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 93/13/0163, betreffend die Rückwanderung eines im Jahr 1939 aus rassischen und politischen Gründen verfolgten Österreichers), noch überhaupt eine mit dem Zuzug verbundene übermäßige Steuerbelastung (zu diesem allgemein der Gewährung einer Zuzugsbegünstigung zugrundeliegenden Härtegedanken siehe etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 408/70) dargetan. Die Rückkehr nach einer aus beruflichen Gründen erfolgten Wohnsitznahme im Ausland nach Österreich rechtfertigt für sich allein auch unter Bedachtnahme auf den Grundsatz der Steuergerechtigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 85/13/0174) noch keine Ausnahme von den allgemeinen Besteuerungsvorschriften.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Stempelgebühren für Beilagen waren nur in Höhe von S 60,-- (für die in einfacher Ausfertigung vorgelegten Kopien des Antrages und des Postaufgabebuches) zuzuerkennen.