VwGH vom 23.10.2002, 2002/16/0151
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der C in S, vertreten durch Rechtsanwälte Pitzl & Huber, Anwaltspartnerschaft in Linz, Rudolfstraße 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom , GZ RV/1-13/02, betreffend Finanzvergehen des Schmuggels, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin reiste am aus Johannesburg in Südafrika kommend beim Zollamt Flughafen Wien nach Österreich ein. Bei Benutzung des sogenannten Grünkanals wurde von einem Organ des Zollamtes eine Zollkontrolle durchgeführt. Die Frage nach mitgeführten Waren wurde von der Beschwerdeführerin verneint. Bei der anschließenden Gepäckskontrolle wurde eine Rechnung über einen Ring im Wert von ZAR 26.000,-- vorgefunden. Hierauf händigte die Beschwerdeführerin dem Zollorgan den in ihrem Handgepäck befindlichen Ring aus.
Gegen eine in der Folge erlassene Strafverfügung wegen des Finanzvergehens des Schmuggels wurde von der Beschwerdeführerin Einspruch erhoben.
Bei der von der Finanzstrafbehörde erster Instanz am durchgeführten mündlichen Verhandlung gab die Beschwerdeführerin als Beschuldigte an, sie habe im Oktober 1998 mit Kollegen aus der Gastronomiebranche eine Südafrikareise unternommen. Sie habe den Diamantring in einem Geschäft im Hotel gekauft. Der Verkäufer habe ihr gesagt, dass die Verzollung des Ringes in Österreich stattfinden werde. Die Beschwerdeführerin sei der Meinung gewesen, dass sich die Zollbehörde in Österreich bei ihr melden werde. Dafür habe sie die Rechnung des Ringes aufbewahrt. Sie habe angenommen, dass die österreichischen Zollbehörden von der Einbringung des Ringes aus Südafrika verständigt würden. Die Beschwerdeführerin habe schon mehrmals Flugreisen unternommen. Grundsätzlich sei ihr das Rot-Grün-Kanalsystem auf internationalen Flughäfen bekannt. Sie wisse auch, dass man Waren auf Flughäfen zum Verzollen anmelden kann.
Bei der am fortgesetzten mündlichen Verhandlung gab die Beschuldigte an, sie habe bei der Ausreise am Flughafen Johannesburg bei der dortigen Zollbehörde ein Formular ausgefüllt, auf dem ihre persönlichen Daten nach dem Reisepass festgehalten worden seien. Es sei ihr gesagt worden, dass sie zu Hause "alles" zugeschickt bekomme. Tatsächlich habe sie nach ungefähr einem Jahr einen Geldbetrag überwiesen bekommen. Es habe sich offenbar um die rückvergütete südafrikanische Mehrwertsteuer gehandelt. Die Beschwerdeführerin sei der Meinung gewesen, dass eine Verständigung des österreichischen Zolls erfolgen würde. Der (auf Antrag der Beschwerdeführerin) als Zeuge vernommene Reiseteilnehmer W gab an, er sei beim Ankauf des Ringes und bei der Erledigung an der südafrikanischen Zollstelle anwesend gewesen. Sie hätten die Aussagen des dortigen Beamten so verstanden, dass mit dem Ausfüllen des Formulars auch die österreichischen Zollformalitäten erledigt gewesen seien.
Mit Erkenntnis der Finanzstrafbehörde erster Instanz vom wurde die Beschwerdeführerin des Finanzvergehens des Schmuggels für schuldig erkannt.
In der Berufung gegen dieses Erkenntnis wurde im Wesentlichen vorgebracht, die Beschwerdeführerin habe - ebenso wie der Zeuge W -
durch die Auskünfte des Juweliers und der südafrikanischen Zollorgane den Eindruck gewonnen, dass die Zollformalitäten mit der Meldung gegenüber den südafrikanischen Zollorganen erledigt gewesen wären. Dass die Beschwerdeführerin auf Grund der Ausübung ihres Berufes als Hotelkauffrau erhöhte Kenntnisse von Steuer- und Zollformalitäten habe, treffe nicht zu. Der Zeuge W habe überdies darauf hingewiesen, dass von der Reiseleitung nicht auf die Zollformalitäten hingewiesen worden sei. Im Übrigen seien alle Voraussetzungen für das Absehen von einer Strafe nach § 25 FinStrG gegeben.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am wurde die Berufung von der Finanzstrafbehörde zweiter Instanz mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wurde insbesondere ausgeführt, die Verantwortung der Beschwerdeführerin, nicht gewusst zu haben, dass der Diamantring anlässlich der Einreise in das Gebiet der Europäischen Gemeinschaften anzumelden sei, sondern dass sich die österreichischen Zollbehörden auf Grund einer Verständigung durch die südafrikanischen Zollbehörden bei ihr wegen einer Verzollung melden würden, sei unglaubwürdig. Daran könne auch eine fehlende Belehrung durch den Reiseleiter nichts ändern. Tatsächlich sei es der Beschwerdeführerin, die selbst öfters Auslandsreisen unternommen habe und den Beruf einer Hotelkauffrau ausübe, bekannt gewesen, dass der Diamantring anlässlich der Einreise anzumelden gewesen wäre. Der Beschwerdeführerin sei es darauf angekommen, die südafrikanische Mehrwertsteuer vergütet zu erhalten und sich die Eingangsabgaben anlässlich der Einreise nach Österreich zu ersparen. Die Verantwortung, sich bei der südafrikanischen Zollbehörde erkundigt zu haben, stelle den unglaubwürdigen Versuch dar, durch die nachträglich konstruierte Darstellung des Sachverhaltes fahrlässiges Handeln geltend zu machen. Beim vorliegenden Tatvorwurf könne nicht von einem geringfügigen Verschulden gesprochen werden. Im Hinblick auf den Wert des Ringes seien die Folgen der Tat nicht unbedeutend.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der dem Beschwerdefall zu Grunde liegende Sachverhalt ähnelt jenen Sachverhalten, die den hg Erkenntnissen vom , Zl 84/16/0064, und vom , Zl 90/16/0031, zu Grunde lagen. Auch in diesen Fällen ergab sich der Vorsatz des Täters, die zollamtliche Behandlung (iSd damaligen Fassung des objektiven Tatbestandes des Schmuggels) der streitverfangenen Schmuckstücke - nachdem vorher die Rückerstattung der ausländischen Mehrwertsteuer beantragt worden war - zu vereiteln, zwingend daraus, dass der Täter die Ware weder gestellt noch eine mündliche Warenerklärung abgegeben hatte., sohin aus der Tat selbst. Auch im vorliegenden Beschwerdefall ergibt sich der Vorsatz der Beschwerdeführerin aus ihrer Vorgangsweise. Nachdem die Beschwerdeführerin die Vergütung der von ihr entrichteten südafrikanischen Mehrwertsteuer bei der Ausfuhr beantragt hatte, hatte sie bei der Einreise in das Gemeinschaftsgebiet den Grünkanal gewählt. Daraus konnte die belangte Behörde aber auf das Vorliegen von Vorsatz schließen (vgl auch die bei Fellner, Finanzstrafgesetz6, § 35 FinStrG, Rz 87 ff angeführte hg Judikatur).
Mit ihren in der Beschwerde vorgebrachten Einwendungen verkennt die Beschwerdeführerin zunächst, dass sich die verwaltungsgerichtliche Kontrolle eines angefochtenen Bescheides auf die Überprüfung zu beschränken hat, ob die bei der Beweiswürdigung der Behörde angestellten Überlegungen schlüssig sind, ob sie also den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen. Wenn die belangte Behörde davon ausgegangen ist, dass es sich bei dem Vorbringen, die Beschwerdeführerin sei der Meinung gewesen, mit den Ausfuhrformalitäten und der Vergütung der südafrikanischen Mehrwertsteuer durch die befasste Zollstelle sei auch den nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaften geltenden Vorschriften über die Einfuhr von Waren entsprochen worden, um eine wahrheitswidrige Schutzbehauptung der - als Geschäftsführerin einer Gastronomiekette tätigen -Beschwerdeführerin gehandelt hat, so entspricht diese Folgerung den Erfahrungen des täglichen Lebens. Dem steht nicht entgegen, dass (sonstige) Abgabenangelegenheiten der Beschwerdeführerin von einem Steuerberater erledigt werden, zumal es als allgemein bekannt angesehen werden kann, dass im Ausland erworbene Gegenstände über einem bestimmten Wert anlässlich der Verbringung in das Zollgebiet einem Zollverfahren zuzuführen sind (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 96/16/0014).
Bei der Art der Tathandlung kann entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung auch von einem geringfügigen Verschulden iSd des § 25 FinStrG keine Rede sein. Bei vorsätzlichem Handeln müssen überdies für die Annahme einer Geringfügigkeit besondere Umstände vorhanden sein, wie zB?verminderte Zurechnungsfähigkeit, Unbesonnenheit, drückende Notlage und dgl (vgl. zB das hg Erkenntnis vom , Zl 94/16/0230). Überdies verkennt die Beschwerdeführerin, dass eine Abgabenverkürzung bzw ein Schmuggel nicht deswegen unbedeutende Folgen nach sich zieht, weil die Aufdeckung der Tat zur nachträglichen Entrichtung der Abgaben führt (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 91/13/0210).
Die Beschwerde erweist sich damit zur Gänze als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war. Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs 1 Z 6 VwGG abgesehen werden. Dem steht auch nicht Art. 6 Abs 1 EMRK entgegen: Die Beschuldigte hatte gemäß § 58 Abs 2 lit b FinStrG das Recht, die Fällung des Erkenntnisses durch einen Spruchsenat (hier: in ihrem Einspruch gegen die Strafverfügung) zu beantragen. Weiters hatte die Beschwerdeführerin gemäß § 62 Abs 2 lit a FinStrG das Recht, in der Berufung die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung und die Entscheidung über ihr Rechtsmittel durch den Berufungssenat zu beantragen. Die mündliche Verhandlung sowohl vor dem Spruchsenat (vgl § 127 Abs 2 FinStrG) als auch vor dem Berufungssenat (§ 157 iVm § 127 Abs 2 FinStrG) ist öffentlich. Die Finanzstrafsenate sind Tribunale iSd Art 6 EMRK (vgl das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 10638, sowie die hg Erkenntnisse vom , Zl 88/16/0146, und vom , Zl 95/16/0287). Da die Beschwerdeführerin somit berechtigt war, im Verwaltungsverfahren die Entscheidung durch ein Gericht im Konventionssinne nach einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu beantragen - von welchem Recht die schon in diesem Verfahren durch einen Anwalt vertretene Beschwerdeführerin keinen Gebrauch gemacht hat -, war die Durchführung einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht geboten.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am