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VwGH vom 18.07.2002, 2002/16/0100

VwGH vom 18.07.2002, 2002/16/0100

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. U. Zehetner, über die Beschwerde des Mag. A in P, vertreten durch die Mosing Rechtsanwaltsgesellschaft KEG in Wien I, Mölkerbastei 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ RV 355-09/00, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am schloss Ing. Friedrich H. mit seinen Kindern, darunter dem Beschwerdeführer, eine als "Schenkungsvertrag" bezeichnete Vereinbarung ab. Gegenstand der Schenkung waren nach Punkt I. der Vertragsurkunde 40.196/100.000 Anteile an dem Gut P., das aus näher bezeichneten Liegenschaften sowie beweglichem Betriebsvermögen besteht. Punkt III. der Vertragsurkunde lautet:

III.

Vorbehalt der Dienstbarkeit des Fruchtgenusses 1./ Der Geschenkgeber behält sich an dem Gegenstand der Schenkung den lebenslangen unentgeltlichen Fruchtgenuss vor und bleibt berechtigt, die Vermögenswerte gleich einem Eigentümer ohne Einschränkung zu nutzen und zu gebrauchen; er behält die ordentlichen und außerordentlichen Erträgnisse, auch aus besonderen Waldnutzungen.

2./ Andrerseits obliegen dem Geschenkgeber die laufenden und außergewöhnlichen Aufwendungen, die die Bewirtschaftung erfordern. Der Geschenkgeber ist auch verpflichtet, Zinsen und Amortisationszahlungen auf Darlehen und Kredite zu leisten, die im Zusammenhang mit den übergebenen Vermögenswerten stehen oder in Hinkunft, nach Maßgabe einer schriftlichen Zustimmung aller Geschenknehmer, aufgenommen werden. Im Falle seines Ablebens sind diese Verbindlichkeiten von den Geschenknehmern anteilig zu tragen.

3./ Eine Entschädigung für eine Substanzenteignung oder ein Verkaufserlös, der im Zusammenhang mit einem Enteignungsverfahren bezahlt würde, steht den Geschenknehmern anteilig zu; Zinsen und sonstige Erträge aus der gemeinsam vorzunehmenden Veranlagung solcher Beträge sowie Enteignungsentschädigungen für den bloßen Nutzungsentgang stehen dem Fruchtnießer zu.

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuer in Wien erblickte in dem Rechtsgeschäft einen entgeltlichen Erwerbsvorgang. Nach Durchführung einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde die auf die übertragenen Grundstücksanteile entfallende Gegenleistung mit S 29,462.610,-- ermittelt und dem Beschwerdeführer Grunderwerbsteuer in Höhe von S 589.252,-- vorgeschrieben.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde die Auffassung vertreten, der Vorbehalt des Fruchtgenusses stelle keine Auflage dar. Die Beschenkten hätten nur das nackte Eigentum erhalten. Die Erträge und Lasten seien beim Geschenkgeber verblieben. Ein nicht übertragener Vermögenswert könne nicht Gegenstand einer Verkehrsteuer werden. Eventualiter wurde die Anwendung der Bestimmung des § 4 Abs 2 Z 2 GrEStG beantragt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung teilweise stattgegeben. In der Begründung des Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, dass unter Fruchtgenuss das Recht zu verstehen ist, eine fremde Sache mit Schonung der Substanz ohne alle Einschränkung zu genießen. Das Fruchtgenussrecht habe daher nicht vom Geschenkgeber vor der Übergabe der eigenen Liegenschaft begründet werden können; vielmehr sei zunächst die Übertragung des vollen Eigentumsrechts und anschließend die Einräumung des Fruchtgenussrechts erfolgt. Dadurch sei das Rechtsgeschäft zu einem teils entgeltlichen, teils unentgeltlichen geworden. Eine Schenkung sei dann nicht von der Besteuerung nach dem Grunderwerbsteuergesetz ausgenommen, wenn der unter Anwendung steuerrechtlicher Vorschriften ermittelte Wert der Auflage höher ist als der ebenfalls nach steuerrechtlichen Vorschriften ermittelte Wert des Grundstücks. Entsprechend dem Eventualbegehren wurde die Steuer vom Erwerb land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke nach dem anteiligen Einheitswert der Liegenschaften ermittelt.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer Kaufverträge und andere Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übereignung begründen, soweit sie sich auf ein inländisches Grundstück beziehen. Nach § 3 Abs 1 Z 2 GrEStG sind unter anderem Grundstücksschenkungen unter Lebenden von der Besteuerung ausgenommen. Schenkungen unter einer Auflage sowie Rechtsgeschäfte unter Lebenden, die teils entgeltlich und teils unentgeltlich sind, sind nur insoweit von der Besteuerung ausgenommen, als der Wert des Grundstückes den Wert der Auflage oder der Gegenleistung übersteigt.

Unter einer Auflage ist dabei entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht nur eine Gegenleistung iSd des bürgerlichen Rechts, sondern auch jede dem Geschenknehmer auferlegte Leistung, die zwar keine vertragliche Gegenleistung bildet, jedoch die Bereicherung des Bedachten und infolgedessen auch die für die Zuwendung gegebenenfalls zu erhebende Schenkungssteuer, vermindert, zu verstehen (vgl zB die hg Erkenntnisse vom , Zl 1455/65, und vom , Zl 85/16/0014).

Zu den vorbehaltenen Nutzungen, die iSd § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG der Gegenleistung zuzurechnen sind, zählen insbesondere Fruchtgenussrechte (vgl die hg Erkenntnisse vom , Zl 1861/51, und vom , Zl 98/16/0349). Solche Nutzungen erhöhen die Gegenleistung oder können - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - allein die Gegenleistung im steuerrechtlichen Sinne darstellen.

Die Fruchtnießung ist gemäß § 509 ABGB das Recht, eine fremde Sache, mit Schonung der Substanz, ohne alle Einschränkung zu genießen; überhaupt ist dem Begriff der Dienstbarkeit nach § 472 ABGB das Recht an einer fremden Sache wesentlich, da nach allgemeinen Regeln niemand Rechte gegen sich selbst begründen und haben kann (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 89/16/0003). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers folgt daraus aber, dass Gegenstand der beschwerdegegenständlichen Vereinbarung nicht das "nackte Eigentum" an den Liegenschaftsanteilen war, weil Voraussetzung für die Einräumung des Fruchtgenussrechtes die Übertragung des Eigentumsrechts daran ist. Die belangte Behörde ist somit zutreffend und in Übereinstimmung mit dem Inhalt der Vertragsurkunde davon ausgegangen, dass Gegenstand der in Rede stehenden Vereinbarung die Übertragung des Eigentumsrechts an den näher bezeichneten Liegenschaftsanteilen unter der Auflage des Fruchtgenusses an diesen Anteilen für den Übergeber gewesen ist. Damit lag aber ein Erwerbsvorgang iSd § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG vor, wobei eine Ausnahme von der Besteuerung nach § 3 Abs 1 Z 2 zweiter Satz GrEStG im Hinblick auf die - unbestritten festgestellten - Wertverhältnisse von Grundstück und Gegenleistung nicht in Betracht kam.

Dem steht entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht entgegen, dass der Übergeber eine eigentümerähnliche Rechtsstellung "ohne Einschränkung" beibehalten habe, gehört eine solche Rechtsstellung doch zum Wesen des Fruchtnießers. Dass dabei der Übergeber verpflichtet war, Zinsen und Amortisationszahlungen betreffend die im Zusammenhang stehenden Darlehen und Kredite zu leisten, ist Folge dieser Rechtsstellung. Bei der Eindeutigkeit des Vertragsinhalts stellt sich dabei die vom Beschwerdeführer relevierte Frage nach dem Vorliegen einer Schuldübernahme durch den Geschenknehmer von vornherein nicht.

Soweit der Beschwerdeführer schließlich ausführt, § 5 GrEStG regle ausschließlich entgeltliche Übertragungen, so verkennt er, dass der Begriff der Gegenleistung iSd §§ 4 und 5 GrEStG ein dem Grunderwerbsteuerrecht eigentümlicher Begriff ist, der über den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Gegenleistung - etwa iSd §§ 879 Abs 2 Z 4 oder 917 ABGB - hinausgeht (vgl zB die hg Erkenntnisse vom , Zl 94/16/0177, und vom , Zl 94/16/0142). Was Gegenleistung ist, wird im § 5 GrEStG nicht erschöpfend angeführt (vgl zB das hg Erkenntnis vom , Zl 98/16/0319). In Verbindung mit § 3 Abs 1 Z 2 Satz 2 GrEStG ist vielmehr, wie bereits ausgeführt, klargestellt, dass dabei auch der Wert der vorbehaltenen Nutzungen maßgeblich ist.

Aus den angeführten Gründen erweist sich die Beschwerde somit als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr 501/2001.

Wien, am