VwGH vom 16.12.1998, 96/13/0007
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde des Dr. C in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Blaschitz, Rechtsanwalt in Wien I, Elisabethstraße 22/12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) vom , Zl. 16-95/3347/05, betreffend gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1992 und 1993, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Rechtsanwalt, erklärte für das Jahr 1992 gesondert gemäß § 187 BAO festzustellende Einkünfte aus selbständiger Arbeit von S 77.792,-- und legte der Erklärung eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung bei. Laut einer Beilage zu dieser Erklärung errechnete sich dieser Betrag aus einem "Gewinn Rechtsanwaltskanzlei" von S 839.046,-- abzüglich "nachträglicher Betriebsausgaben (Forderungsabwertung Dr. D aus Bilanz zum )" in Höhe von S 761.254,--. In der vorgelegten Einnahmen-Ausgaben-Rechnung scheint dieser Betrag unter "Zuweisung zur Einzelwertberichtigung Forderungen" auf.
Im Rahmen eines Soforteingabefalles erfolgte eine erklärungsgemäße Feststellung der Einkünfte.
Auch in der der Erklärung für 1993 angeschlossenen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung wurde abermals ein Betrag von S 761.254,-- als "Zuweisung zur Einzelwertberichtigung Forderungen" als Ausgabe geltend gemacht.
Über Vorhalt führte der Beschwerdeführer diesbezüglich aus, daß er und Dr. D bis gemeinsam eine Rechtsanwaltskanzlei betrieben hätten. Ende 1987 sei Dr. D seitens der Rechtsanwaltskammer die Berufsbefugnis auf Zeit entzogen worden. Daraus habe sich die berufsrechtliche Notwendigkeit für den Beschwerdeführer ergeben, die Kanzlei alleine unter seinem Namen fortzuführen. Es sei daher Ende 1987 zur "Auflösung" gekommen "bzw. wurde mit eine Realteilung vorgenommen". Aus der damaligen Bilanz zum habe sich durch angelaufene Verluste und Entnahmen beider Mitgesellschafter ein negatives Kapitalkonto ergeben. Da sich im Betriebsvermögen der Kanzlei so gut wie keine stillen Reserven befunden hätten, hätten beide Herren vereinbart, daß das negative Kapitalkonto von Dr. D in eine eigene Bilanz übernommen werde und eine entsprechende Gegenposition "Verbindlichkeit an Kanzlei X" (Beschwerdeführer) in Höhe von S 3,045.017,03 passivisch eingestellt werde. Sämtliche Forderungen und Verbindlichkeiten zum Stichtag seien der Kanzlei des Beschwerdeführers zugeordnet und von diesem fortgeführt worden. Da die in den nächsten Jahren zu erwartenden Einkünfte des Dr. D aus unselbständiger Tätigkeit keinen ausreichenden Beitrag zur Rückführung der Verbindlichkeiten hätten leisten können, und der Beschwerdeführer durch ein - rechtlich mögliches - Insolvenzverfahren die Wiederaufnahme der Rechtsanwaltstätigkeit seines Kollegen nicht habe verhindern wollen, sei vereinbart worden, daß sich Dr. D, sobald er seine Berufsbefugnis wieder erhalte, verpflichte, seine Verbindlichkeit an den Beschwerdeführer zurückzuzahlen. Mittlerweile habe Dr. D seine Befugnis wiedererhalten, es sei jedoch "bis heute" nicht zu der vereinbarten Rückzahlung gekommen. Da jedoch der Beschwerdeführer diese Forderung "in seinem Betriebsvermögen stehen hatte und diese auch versteuerte", müsse wegen teilweiser Aussichtslosigkeit der Eintreibung diese alte Forderung abgeschrieben werden. Analog zu § 32 Z 2 erster Halbsatz EStG 1988 lägen hier nachträgliche negative Einkünfte aus einer ehemaligen betrieblichen Tätigkeit vor und seien diese somit in der Jahreserklärung 1993 anteilsmäßig zu berücksichtigen.
In der Folge stellte das Finanzamt die Einkünfte des Beschwerdeführers für 1993 gemäß § 187 BAO unter Hinzurechnung der geltend gemachten Einzelwertberichtigung zum erklärten Gewinn fest.
Gleichzeitig erließ es gemäß § 293b BAO einen Bescheid, mit welchem die Einkünfte für 1992 - nunmehr ebenfalls unter Hinzurechnung der für dieses Jahr geltend gemachten Einzelwertberichtigung zum erklärten Gewinn - gesondert festgestellt wurden.
Begründend wies das Finanzamt darauf hin, daß die geltend gemachte Einzelwertberichtigung aus der Forderung gegenüber Dr. D dem Gewinn hätte hinzugerechnet werden müssen, da die Voraussetzung der Buchführung gemäß § 4 Abs 1 EStG 1988 nicht gegeben sei. Wegen dieser offensichtlichen Unrichtigkeit habe für 1992 eine Berichtigung gemäß § 293b BAO vorgenommen werden müssen.
In einer gegen diese Bescheide erhobenen Berufung wurde im wesentlichen vorgebracht, daß nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG der "Ausfall einer betriebsbedingt entstandenen Darlehensforderung" gewinnmindernd zu behandeln sei. Der Beschwerdeführer erwähnte abermals § 32 Z 2 erster Halbsatz EStG 1988 und vertrat die Ansicht, daß es sich zumindest um nachträgliche negative Einkünfte aus einer ehemaligen betrieblichen Tätigkeit handle, die in den Jahren 1992 und 1993 anteilsmäßig zu berücksichtigen seien. Diesfalls müßte die seinerzeit im Betrieb angewandte Gewinnermittlungsmethode (§ 4 Abs 1 EStG) verwendet werden. Zur Bescheidberichtigung gemäß § 293b BAO vertrat der Beschwerdeführer die Ansicht, daß gegenständlich keine offensichtliche Unrichtigkeit, sondern eine vertretbare Rechtsansicht vorliege.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. In ihrer Begründung räumt sie ein, daß auch Einnahmen-Ausgaben-Rechner einen Forderungsausfall in dem Jahr, in dem er tatsächlich und nachweislich eingetreten sei, als Betriebsausgabe geltend machen dürfen, sofern die Forderung eindeutig betrieblich bedingt gewesen sei. Seitens des Beschwerdeführers sei aber gar nicht behauptet worden, daß die fragliche Forderung endgültig uneinbringlich geworden sei. Es sei nur behauptet worden, daß "wegen teilweiser Aussichtslosigkeit der Eintreibung diese alte Forderung abgeschrieben werden" müsse. Eintreibungsmaßnahmen seien nicht einmal behauptet worden, der Beschwerdeführer habe auf solche vielmehr gänzlich verzichtet, weil er "seinem Kollegen die Wiederaufnahme seiner Rechtsanwaltstätigkeit nicht verhindern wollte". Da ein endgültiger (auch nicht teilweiser) Verlust der gegenständlichen Forderung nicht erwiesen sei, sei die Wertberichtigung zu versagen.
Zur Zulässigkeit der Berichtigung gemäß § 293b BAO wies die belangte Behörde darauf hin, daß die Meinung, bei einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung könne - wiewohl kein Forderungsverlust vorliege - eine "Forderungsabwertung" vorgenommen werden, keine vertretbare Rechtsansicht darstelle, weshalb eine offensichtliche Unrichtigkeit im Sinn des § 293b BAO vorliege.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Zu Recht räumt der Beschwerdeführer ein, daß eine bloße Wertminderung einer betrieblich veranlaßten Darlehensforderung - soweit überhaupt eine betrieblich veranlaßte Forderung vorliegt, wovon aber beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ausgehen - bei einem Steuerpflichtigen, der seinen Gewinn nach § 4 Abs 3 EStG 1988 ermittelt, nicht berücksichtigt werden darf. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt nämlich eine Teilwertabschreibung gemäß § 6 EStG 1972 im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG 1972 nicht in Betracht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 604/78). Da § 6 EStG 1988 im wesentlichen den gleichen Regelungsinhalt wie § 6 EStG 1972, nämlich die Bewertung von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens hat, ist diese Rechtsprechung auch für den Geltungsbereich des EStG 1988 anwendbar.
Es ist daher weder die Ansicht der belangten Behörde, daß die vom Beschwerdeführer, welcher seinen Gewinn nach § 4 Abs 3 EStG 1988 ermittelt, begehrte Teilwertabschreibung ("Forderungsabwertung" bzw. "Einzelwertberichtigung") im Ausmaß von je 25 % der betreffenden Forderung an Dr. D in den beiden Streitjahren nicht anzuerkennen war, noch die Ansicht als rechtswidrig zu erkennen, daß der ursprüngliche Bescheid über die gesonderte Feststellung von Einkünften für 1992 aufgrund der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus der Abgabenerklärung rechtswidrig und daher einer Berichtigung nach § 293b BAO zugänglich war.
Dies unabhängig von der Frage, ob das im Verwaltungsverfahren allein erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers, es sei zu der vereinbarten Rückzahlung durch Dr. D "bis heute" nicht gekommen, einen ausreichenden Grund für eine allfällige Teilwertabschreibung darstellte.
Das darüber hinausgehende Sachvorbringen in der Beschwerde (etwa hinsichtlich eines teilweisen Forderungsverzichtes in Höhe von S 750.000,-- im Jahr 1992) ist wegen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bestehenden Neuerungsverbotes unbeachtlich.
Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung von Verfahrensvorschriften darin erblickt, daß sich die belangte Behörde mit seinem Berufungsvorbringen, es lägen nachträgliche Einkünfte aus einer ehemaligen betrieblichen Tätigkeit im Sinn des § 32 EStG 1988 vor, nicht auseinandergesetzt habe, so ist darin eine relevante Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht zu erkennen, weil von Einkünften aus einer ehemaligen betrieblichen Tätigkeit dann nicht gesprochen werden kann, wenn die betriebliche Tätigkeit - wie im Beschwerdefall - weiter besteht. Geschäftsfälle bei Bestehen der betrieblichen Tätigkeit sind grundsätzlich nach den gesetzlichen Bestimmungen der entsprechenden Einkunftsart (gegenständlich des § 22 EStG 1988) unter Berücksichtigung unter anderem der gewählten Gewinnermittlungsart zu beurteilen. Die belangte Behörde hätte daher auch bei Vermeidung des Verfahrensmangels zu keiner anderslautenden Entscheidung kommen können.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
Wien, am