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VwGH vom 31.03.1998, 96/13/0004

VwGH vom 31.03.1998, 96/13/0004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des HK in W, vertreten durch Dr. Volkmar Schicker und Dr. Alfred Roschek, Rechtsanwälte in Wien I, Jasomirgottstraße 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz (Berufungssenat I) vom , Zl. GA 10 - 106/2/95, BS I - 5/95, betreffend Finanzordnungswidrigkeit, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Erkenntnis des Spruchsenates bei der Finanzstrafbehörde erster Instanz vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, als für die abgabenbehördlichen Belange verantwortlicher Geschäftsführer der K & L GmbH in Wien vorsätzlich selbst zu berechnende Abgaben nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet bzw. "die Höhe der geschuldeten Beträge bekanntgegeben" zu haben, und zwar:

"Lohnsteuer:

7-9/92 S 193.282,--

5-12/93 S 416.125,--

1-4/94 S 160,000,--

DB DZ:

7-9/92 S 56.056,--

5-12/93 S 178.959,--

1-4/94 S 71.200,--

Lohnsummensteuer:

1993 S 99.850,--"

Der Beschwerdeführer habe damit die Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen und werde hiefür nach § 49 Abs. 2 leg. cit. zu einer Geldstrafe in der Höhe von S 90.000,-- (im Fall der Uneinbringlichkeit zu 27 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe) verurteilt.

Nach den Feststellungen im erstinstanzlichen Straferkenntnis sei der Beschwerdeführer im Tatzeitraum der für den abgabenrechtlichen Bereich der mit gegründeten K & L GmbH allein verantwortliche Geschäftsführer gewesen. Das Unternehmen befinde sich seit Mitte "1993" (richtig wohl: 1994; Konkurseröffnung laut Aktenlage am ) in Konkurs. Bei Durchsicht der Kontoauszüge sei festgestellt worden, daß die Lohnabgaben 1992 und 1993 nicht zu den Terminen gemeldet und entrichtet worden seien. Für 1994 seien wegen Nichtabgabe der Abgabenmeldungen Schätzungen vorgenommen worden. Betreffend Umsatzsteuer sei "die Millionengrenze" überschritten und daher diesbezüglich eine Abtretung an das Landesgericht für Strafsachen erfolgt. Der Beschwerdeführer verantworte sich damit, daß er zwar für die abgabenbehördlichen Belange allein verantwortlicher Geschäftsführer gewesen sei, das Unternehmen jedoch in großen finanziellen Nöten gewesen sei, weshalb eine Zahlung nicht habe erfolgen können. Warum die Meldung nicht erfolgt sei, könne er deswegen nicht angeben, weil er sich auf eine "Kraft" verlassen habe, die 18 Jahre im Unternehmen tätig gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe im vorliegenden Fall - so die Finanzbehörde erster Instanz im Rahmen ihrer rechtlichen Würdigung - von seiner Verpflichtung, die selbst zu berechnenden Abgaben ordnungsgemäß zu entrichten, gewußt. Diesem Umstand sei der Beschwerdeführer vorsätzlich deshalb nicht nachgekommen, weil das Unternehmen in Notlage gewesen sei. Es sei ohne Bedeutung, aus welchem Grund der "Strafaufhebungsgrund der Meldung" unterblieben sei; Tatsache sei, daß das deliktische Verhalten durch das vorsätzliche Nichtabführen der selbst zu berechnenen Abgaben entstanden sei. Mildernd bei der Strafbemessung seien das Geständnis, die Notlage des Unternehmens sowie die teilweise Schadensgutmachung durch Gutschriften, erschwerend die einschlägigen Vorstrafen zu berücksichtigen.

In der Berufung vom wies der Beschwerdeführer darauf hin, daß im § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG zwar als Finanzordnungswidrigkeit das Nichtentrichten oder Nichtabführen der geschuldeten Beträge unter Strafe gestellt werde, eine Straftat aber dann nicht vorliege, wenn die geschuldeten Beträge der Behörde bekanntgegeben worden seien. Der Beschwerdeführer habe sich nicht nur mit der finanziellen Notlage des Unternehmens verantwortet, sondern auch damit, daß er die Führung der Buchhaltung einer verläßlichen Arbeitskraft anvertraut gehabt habe. Er habe sich darauf verlassen dürfen, daß die "erforderlichen Schritte durch diese gesetzt werden". Daß der Beschwerdeführer daher die Verwirklichung einer Straftat gar nicht für möglich gehalten habe, liege auf der Hand. Die Finanzstrafbehörde erster Instanz stelle abschließend fest, daß eine weitergehende Untersuchung, warum die Meldungen nicht erfolgt seien, unterbleiben könne, da "Tatsache ist, daß das deliktische Verhalten durch das vorsätzliche Nichtabführen der selbst zu berechnenden Abgaben entstanden ist". Die Behörde vermute damit das Vorliegen von Vorsatz, stelle aber keinen einzigen Umstand fest, aus dem sich auf das Vorliegen von Vorsatz eindeutig schließen lasse. Daß sich das Unternehmen in einer finanziellen Notlage befunden habe, bedeute nicht notwendigerweise, daß Abgaben vorsätzlich hinterzogen worden seien. In einem Fristerstreckungsantrag habe der Beschwerdeführer auf die zahlreichen Umstände hingewiesen, aufgrund derer offenbar letztlich die "Abgabenmeldungen" nicht rechtzeitig erstattet worden seien. So sei über das Unternehmen das Konkursverfahren eröffnet worden und bereits "davor brach die Verwaltung und Organisation des Unternehmens zusammen". Die Strafbemessung habe nur in ungenügender Weise die finanzielle Notlage des Beschwerdeführers (der kein eigenes Einkommen beziehe) berücksichtigt. Eine Umrechnung der Geldstrafe von S 90.000,-- in Tagessätze nach dem StGB (wobei sich ausgehend von 27 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe eine Anzahl von

54 Tagessätzen errechne) ergäbe einen täglichen Abschöpfungsbetrag von S 1.600,--, der bei der wirtschaftlichen Situation des Beschwerdeführers nicht möglich sei.

Im angefochtenen Bescheid wurde nach durchgeführter mündlicher Berufungsverhandlung der strafbestimmende Wertbetrag betreffend den Monat Dezember 1993 um S 54.415,-- herabgesetzt und die Strafe auf der Grundlage eines um diesen Betrag auf insgesamt S 1,021.057,-- ermäßigten strafbestimmenden Wertbetrages mit S 75.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Tagen) neu bemessen.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird zum Berufungsvorbringen, auch ein Geschäftsführer einer GmbH könne sich in seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen vertreten lassen, ausgeführt, daß dies zwar grundsätzlich richtig sei, der Beschwerdeführer aber nicht geltend gemacht habe, daß er einer ihm in der Firma untergebenen Person die Bezahlung aufgetragen und dieser auch die dafür notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt habe. Es beziehe sich dieser Einwand daher ersichtlich neuerlich nur auf die unterlassenen Meldungen, wobei dem Beschwerdeführer hier nur neuerlich zu erwidern sei, daß bei "unterbliebener Meldung nach Nichteinhaltung der Zahlungsfrist ein Strafaufhebungsgrund eben nicht vorliegt". Daß der Beschwerdeführer aber nicht einmal die Meldungen von Umsatzsteuergutschriften stets anderen überlasse, ergebe sich aus den Meldungen von Umsatzsteuergutschriften betreffend die Monate November und Dezember 1993, die vom Beschwerdeführer selbst unterschrieben worden seien. Mit der Meldung der Umsatzsteuergutschrift in Höhe von S 54.415,-- für November 1993 seien allerdings auch lohnabhängige Abgaben gemeldet worden. Dies sei als Selbstanzeige im Sinn des § 29 FinStrG zu berücksichtigen, der strafbestimmende Wertbetrag um S 54.415,-- zugunsten des Beschwerdeführers herabzusetzen und die Strafe auf diese Grundlage zu bemessen. Es treffe auch nicht zu, daß die Finanzstrafbehörde erster Instanz keine einen bedingten Vorsatz tragenden Feststellungen getroffen hätte. So werde ganz konkret ausgesprochen, daß der Beschwerdeführer wegen der finanziellen Schwierigkeiten von einer Zahlung der lohnabhängigen Abgaben Abstand genommen habe. Der Schuldspruch sei daher insgesamt zu bestätigen gewesen. In der Frage der Strafzumessung übersehe der Beschwerdeführer, daß in Finanzstrafsachen das Tagessatzsystem nicht gelte. In Ansehung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers sei ergänzend zu den Feststellungen der Strafbehörde erster Instanz anzuführen, daß der Beschwerdeführer auch Inhaber einer offenen Handelsgesellschaft sei, die sich aber im Ausgleich befinde, sodaß er derzeit nichts entnehmen könne. Da der Beschwerdeführer aber mit der Erfüllung des Ausgleiches in zwei Jahren mit einer Quote von 50 % rechne, dürfe diese wirtschaftliche Beteiligung nicht gänzlich außer Betracht bleiben. Es verbleibe allerdings die Feststellung, daß der Beschwerdeführer von der Pension seiner Frau leben müsse, welche monatlich S 12.000,-- verdiene, und der Beschwerdeführer durch den Konkurs der K & L GmbH sein ganzes Privatvermögen verloren habe. Auch wenn die drei einschlägigen Vorstrafen den Beschwerdeführer als einen Straftäter kennzeichneten, der wirtschaftliche Schwierigkeiten zu Lasten der Abgabenbehörden zu überbrücken suche, sei wegen seiner geringen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit die Geldstrafe mit nur S 75.000,-- neu zu bemessen und dementsprechend auch die Ersatzfreiheitsstrafe auf 20 Tage herabzusetzen gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich einer Finanzordnungswidrigkeit schuldig, wer Abgaben, die selbst zu berechnen sind, Vorauszahlungen an Umsatzsteuer oder Vorauszahlungen an Abgabe von alkoholischen Getränken nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt, es sei denn, daß der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekanntgegeben wird. Die Finanzordnungswidrigkeit wird nach § 49 Abs. 2 leg. cit. mit einer Geldstrafe geahndet, deren Höchstmaß die Hälfte des nicht oder verspätet entrichteten oder abgeführten Abgabenbetrages beträgt.

Der in der Bestimmung des § 49 Abs. 1 FinStrG geforderte Vorsatz muß sich (bloß) auf die tatbildmäßig relevante Versäumung des Termins für die Entrichtung von Selbstbemessungsabgaben richten. Ob dem Steuerpflichten an der Unterlassung der in der genannten Bestimmung vorgesehenen strafbefreienden Meldung der geschuldeten Beträge an das Finanzamt ein Verschulden trifft, ist irrelevant (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshof vom , 92/14/0147, m.w.N.). Zahlungsschwierigkeiten oder der Umstand, daß der einem Abgabepflichtigen eingeräumte Kreditrahmen erschöpft ist, schließt die Annahme von Vorsatz im Rahmen des § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG keineswegs - und zwar insbesondere auch nicht von direktem Vorsatz - aus (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 93/13/0217).

Wenn in der Beschwerde darauf hingewiesen wird, wegen der überaus schlechten finanziellen Situation des Unternehmens hätten die fälligen Abgaben nicht fristgerecht entrichtet werden können (..."Der Beschwerdeführer hatte durch die Notlage des Unternehmens die Beträge gar nicht abführen können" ...), ist es unverständlich, warum der Beschwerdeführer hinsichtlich der im § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG (allein) tatbildmäßig relevanten Versäumung des Termins für die Entrichtung der in Rede stehenden Selbstbemessungsabgaben nicht zumindest bedingten Vorsatz (bewußtes in Kauf nehmen) zu verantworten hätte. In diesem Zusammenhang läßt die Beschwerde im übrigen auch die Ausführungen im angefochtenen Bescheid unbestritten, wonach seitens des Beschwerdeführers nicht vorgebracht worden sei, er hätte einer ihm untergebenen Person die Bezahlung aufgetragen und dieser auch die dafür notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt. Soweit der Beschwerdeführer mehrmals betont, es sei ihm nicht bewußt gewesen, daß er einen Sachverhalt verwirkliche, der einen "strafbaren" Tatbestand erfülle (so habe er gar nicht die Informationen gehabt, die erforderlich gewesen seien, um eine Entscheidung für oder gegen die Begehung einer "strafbaren Tat" zu fällen), ist darauf zu verweisen, daß ein Irrtum über die Strafbarkeit eines Verhaltens finanzstrafrechtlich unbeachtlich ist (vgl. Fellner, Kommentar zum FinStrG, Anm 7 zu § 9). Wenn die Beschwerde wiederum die "Umstände zur Unterlassung der rechtzeitigen Erstattung der Meldungen" ins Spiel bringt, ist es - wie erwähnt - ohne Bedeutung, ob dem Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang Verschulden anzulasten ist. Auch stellt ein Irrtum über das Vorliegen einer Strafausschließungsgrundes einen Umstand dar, dessen nachteilige Folgen der Täter selbst zu vertreten hat (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 1859/71).

Hinsichtlich der Strafbemessung ist der Beschwerde nicht darin zu folgen, daß die Reduktion des Strafausmaßes nur deswegen von der belangten Behörde vorgenommen worden wäre, weil diese auch den strafbestimmenden Wertbetrag vermindert habe. Vielmehr nahm die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausdrücklich auf die vom Beschwerdeführer in der Beschwerde wiederum in den Vordergrund gerückte schwierige wirtschaftliche Lage des Beschwerdeführers Bezug und sah deshalb auch eine Geldstrafe von "nur" S 75.000,-- als ausreichend an. Insgesamt kann in der Verhängung einer Geldstrafe mit rund 14 % der Höchststrafe (das ist die Hälfte der nicht oder verspätet entrichteten Abgaben) ein zur Aufhebung des Strafausspruches führender Ermessensfehler nicht erblickt werden. Mit seiner Rüge, bei der Strafbemessung sei sein "ordentlicher Lebenswandel" nicht beachtet worden (§ 34 Z. 2 StGB), übersieht der Beschwerdeführer, daß er - soweit von ihm auch unbestritten - dreimal einschlägig vorbestraft ist.

Die Beschwerde erweist sich daher zur Gänze als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.