VwGH vom 23.06.1995, 93/17/0461
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der XY-Gesellschaft mbH in G, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , Zl. MD-VfR-N 15/93, betreffend Vergnügungssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Die Beschwerdeführerin betreibt die industrielle Herstellung von Automaten und den Handel mit Automaten. Im Zuge ihrer Geschäftstätigkeit veräußerte sie einen Spielautomaten der Type Admiral Mega Step Casino, durch dessen Betätigung ein Gewinn in Geld erzielt werden kann, an die H-Ges.m.b.H. in Wien unter Eigentumsvorbehalt. Der Apparat wurde von der H-Ges.m.b.H. ab aufgestellt; im Juli 1992 gelangte dem Magistrat zur Kenntnis, daß der Apparat nicht mehr gehalten wird.
1.2. Nachdem die vom Magistrat vorgeschriebene Vergnügungssteuer von der Aufstellerin nicht eingebracht werden konnte, wurde die Vergnügungssteuer für die Monate Februar bis Juli 1992 mit Bescheid vom der Beschwerdeführerin vorgeschrieben. Über die dagegen eingebrachte Berufung erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit welchem die Berufung als unbegründet abgewiesen wurde. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der Rechtsgrundlagen im Wr Vergnügungssteuergesetz 1987 - VGSG, LGBl. Nr. 43/1987 idF des Landesgesetzes LGBl. Nr. 40/1988 aus, daß die Beschwerdeführerin nicht bestritten habe, im maßgeblichen Zeitraum Eigentümerin des Apparates gewesen zu sein. Für die Eigenschaft als Eigentümer sei es unerheblich, ob das Gerät vermietet oder unter Eigentumsvorbehalt verkauft gewesen sei, da auch im letzteren Fall das Eigentumsrecht nicht erloschen sei. Da nach § 6 Abs. 6 VGSG die Verpflichtung zur Entrichtung der Steuer erst mit Ablauf des Kalendermonats ende, in dem die Abmeldung des Apparats erfolgte oder die Abgabenbehörde sonst davon Kenntnis erlangte, daß der Apparat von dem Steuerpflichtigen nicht mehr gehalten werde, bestehe die Steuerpflicht bis Juli 1992, da nach der Aktenlage der Magistrat erst im Juli 1992 davon Kenntnis erlangt habe, daß der Apparat nicht mehr gehalten werde.
1.3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof, stellte darin einen Antrag auf Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof und führte die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof auch im Sinne des § 28 Abs. 1 VwGG aus.
1.4. Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom , B 1984/93-3, die Behandlung der Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG ab, trat die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ab und führte in diesem Beschluß zu den verfassungsrechtlichen Bedenken der Beschwerdeführerin aus, daß "das Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. insbesondere die Judikatur zum Erfordernis der sachlichen Begründetheit von Haftungspflichten im Steuerrecht: VfSlg. 2896/1955, 5318/1966, 11921/1988, 12776/1991) die behaupteten Rechtsverletzungen, die Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen" ließen, daß die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.
1.5. Die belangte Behörde legte die Akten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Gemäß § 1 Abs. 1 VGSG unterliegen einer Steuer nach Maßgabe dieses Gesetzes:
"3. Halten von Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparaten sowie von Musikautomaten (§ 6);"
Gemäß § 13 Abs. 1 VGSG ist der Unternehmer der Veranstaltung steuerpflichtig. Unternehmer der Veranstaltung ist jeder, in dessen Namen oder auf dessen Rechnung die Veranstaltung durchgeführt wird. Sind zwei oder mehrere Unternehmer (Mitunternehmer) vorhanden, so sind sie als Gesamtschuldner steuerpflichtig (§ 13 Abs. 1 dritter Satz VGSG). Gemäß § 13 Abs. 1 letzter Satz VGSG (in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 40/1988) gilt in den Fällen des § 1 Abs. 1 Z. 3 auch der Inhaber des für das Halten des Apparates benützten Raumes oder Grundstückes und DER EIGENTÜMER DES APPARATES als Mitunternehmer.
Gemäß § 14 Abs. 2 letzter Satz VGSG (in der Fassung des Landesgesezes LGBl. Nr. 40/1988) haben alle Mitunternehmer (§ 13 Abs. 1) die Anmeldung gemeinsam vorzunehmen und dabei auch den Mitunternehmer festzulegen, der die Zahlungen zu leisten hat.
Gemäß § 17 Abs. 3 erster Satz VGSG i.d.F. LGBl. Nr. 40/1988 gilt die Anmeldung von Apparaten (§ 14 Abs. 2) als Steuererklärung für die Dauer der Steuerpflicht.
Gemäß § 6 Abs. 6 VGSG endet die Verpflichtung zur Entrichtung der Steuer mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Abmeldung des Apparates erfolgt oder die Abgabenbehörde sonst davon Kenntnis erlangt, daß der Apparat von dem Steuerpflichtigen nicht mehr gehalten wird.
2.2. In der vorliegenden Beschwerde wird nicht bestritten, daß die Beschwerdeführerin in dem Zeitraum, für welchen die Vergnügungssteuer vorgeschrieben wurde, Eigentümerin des Apparats war. In der Beschwerde werden jedoch verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine derartige Steuerpflicht des Vorbehaltsverkäufers geltend gemacht. Der Verfassungsgerichtshof ist in dem oben genannten Beschluß betreffend die Ablehnung der Behandlung der Beschwerde unter Hinweis auf die zitierten Erkenntnisse diesen Bedenken nicht gefolgt. Auch beim Verwaltungsgerichtshof sind unter dem Gesichtspunkt des Beschwerdefalles keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 13 Abs. 1 letzter Satz VGSG entstanden, die eine Antragstellung gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG iVm Art. 89 B-VG an den Verfassungsgerichtshof gebieten würden.
2.3. In der Beschwerde wird zur Rechtswidrigkeit des Inhaltes weiters ausgeführt, daß die belangte Behörde die Beschwerdeführerin "als Eigentümer und damit von ihr vermeintlich als Mitunternehmer gemäß § 13 Abs. 1 Wr. VGSG" in Anspruch nehme. Die belangte Behörde übersehe dabei § 14 Abs. 2 VGSG, wonach im Zuge der Anmeldung der zahlungspflichtige Mitunternehmer zu bezeichnen sei. Aus den Anmeldungsunterlagen sei klar ersichtlich, daß der gegenständliche Apparat durch die Firma H-Ges.m.b.H. angemeldet wurde. Die H-Ges.m.b.H. sei auch primär zur Haftung herangezogen worden und es bestehe bei rechtlich richtiger Betrachtung des vorliegenden Sachverhaltes kein zusätzlicher Rechtsanspruch für die Heranziehung der Beschwerdeführerin als Vorbehaltseigentümerin.
Die Beschwerdeausführungen übersehen dabei, daß aus § 14 Abs. 2 letzter Satz nicht abgeleitet werden kann, daß die in § 13 Abs. 1 zweiter und dritter Satz normierte ABGABENPFLICHT der Mitunternehmer als Gesamtschuldner beseitigt wird. Die Festlegung des Mitunternehmers, der die ZAHLUNGEN ZU LEISTEN hat, erfüllt nur eine verfahrenserleichternde Funktion für die Einhebung der Abgabe, läßt aber die gemäß § 13 Abs. 1 VGSG bestehende gesamtschuldnerische Zahlungsverpflichtung unberührt. Die Festlegung, wer die Zahlungen "leistet", bedeutet nur die Bezeichnung desjenigen, der FAKTISCH DIE ZAHLUNG VORNIMMT. Es ist daher nicht näher darauf einzugehen, ob die Behauptung zutrifft, daß der Leistende iSd § 14 VGSG aus der Anmeldung ersichtlich gewesen sei. Selbst wenn dies der Fall war, wäre damit die grundsätzliche Abgabenpflicht der Beschwerdeführerin nicht beseitigt. Auch auf die Ausführungen in der Beschwerde zur Judikatur betreffend den HALTER eines Spielapparates ist nicht näher einzugehen, da die Beschwerdeführerin als MITSCHULDNER gemäß § 13 Abs. 1 letzter Satz VGSG in der Fassung LGBl. Nr. 40/1988 in Anspruch genommen wurde.
2.4. Zu den Ausführungen betreffend das Instrument der "wirtschaftlichen Betrachtungsweise" ist darauf hinzuweisen, daß die wirtschaftliche Betrachtungsweise nach Lehre und Rechtsprechung nur insoweit anzuwenden ist, als der Tatbestand selbst nicht die rechtliche Betrachtungsweise erfordert (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/16/0162, und Doralt-Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts, II2, 169, Ritz, BAO, Rz 9 zu § 21, Stoll, Handbuch 1980, 49). Bei der Auslegung von Abgabentatbeständen ist zunächst zu ermitteln, in welcher Weise der Gesetzgeber den Tatbestand formuliert hat. Diese Auslegung führt im vorliegenden Zusammenhang zur Erkenntnis, daß der Gesetzgeber in formaler Weise an den Eigentumsbegriff des Zivilrechts anknüpfen wollte (vgl. die Ausführungen des Berichterstatters, Landeshauptmann-Stellvertreter Mayr, in der ersten Lesung der Vorlage des Gesetzes, mit dem das Vergnügungssteuergesetz 1987 geändert wird, in der 8. Sitzung des Wr. Landtages am , S. 16 des wörtlichen Protokolls über diese Sitzung, denen zu entnehmen ist, daß "die mit der Aufstellung eines vergnügungssteuerpflichtigen Apparates beteiligten Personen zu ungeteilter Hand haften" sollen, wobei ausdrücklich auch die Eigentümer einbezogen wurden und sich etwa aus dem Beispiel des Leasinggebers eindeutig ergibt, daß der Eigentümer im zivilrechtlichen Sinn gemeint ist). Für eine "wirtschaftliche Betrachtungsweise" ist daher im vorliegenden Zusammenhang kein Raum.
2.5. Soweit in der Beschwerde unter Hinweis auf das Fehlen von Feststellungen darüber, wer Halter des gegenständlichen Apparates im Abgabezeitraum gewesen sei, und wer von den Mitunternehmern als Zahlungspflichtiger im Sinne des § 14 Abs. 2 VGSG festgelegt worden sei, Verfahrensmängel geltend gemacht werden, ist im Hinblick auf die obigen Ausführungen darauf hinzuweisen, daß diese Fragen nicht den für die Heranziehung der Beschwerdeführerin als Mitschuldnerin gemäß § 13 Abs. 1 dritter Satz VGSG maßgebenden Sachverhalt betreffen. Es liegen daher insoferne keine Verfahrensmängel vor.
2.6. Einen Fehler der Ermessensausübung, welche die belangte Behörde damit begründet hat, daß die angefallene Abgabe bei den beiden anderen Mitunternehmern nicht rasch eingebracht werden konnte und die Beschwerdeführerin durch sorgfältige Vertragsgestaltung und rechtzeitige Abmeldung des Apparates ihre Belastung verhindern hätte können, der gemäß Art. 130 Abs. 2 B-VG wahrzunehmen gewesen wäre, behauptet die Beschwerdeführerin nicht. Ein solcher Fehler ist für den Verwaltungsgerichtshof nach der Aktenlage auch nicht erkennbar.
2.7. Da somit die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.