VwGH vom 26.01.2006, 2002/15/0188
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz, LL.M., über die Beschwerde der A GmbH in S, vertreten durch Mag. Franz Höchtl, Wirtschaftsprüfer in 3454 Sitzenberg-Reidling, Karl Fischer Straße 24, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ. RV/749-15/99, betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 1994 bis 1996, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Gesellschaft hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft (in der Folge: Beschwerdeführerin) auf Grund des Ergebnisses einer Lohnsteuerprüfung über den Streitzeitraum Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die "pauschale Kostenvergütung für Büro in der Wohnung der Dienstnehmerin H." vorgeschrieben. In der Begründung wurde dazu ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe für Verwaltungs- und Buchhaltungsarbeiten die Dienstnehmerin H. beschäftigt. Diese habe die ihr obliegenden Arbeiten in einem Arbeitsraum in ihrer Eigentumswohnung ausgeführt. Die Beschwerdeführerin habe mit der Dienstnehmerin H. vereinbart, dass sie für die Nutzung des Arbeitsraumes seitens ihres Dienstgebers ein Mietentgelt in Höhe von S 1.000,-- monatlich netto erhalte. Die Dienstnehmerin H. habe sich im Gegenzug dazu verpflichtet, diesen Raum in der Zeit zwischen 07.00 Uhr und 18.00 Uhr von Montag bis Freitag von den Geschäftsführern und jenen Bediensteten der Beschwerdeführerin, die mit Verwaltungstätigkeiten befasst seien, betreten zu lassen. Die Dienstnehmerin H. habe den Raum für die Führung der laufenden Bücher, für die Führung der Lohn- und Gehaltsverrechnung, für die Erstellung von Rechnungen, für weitere Hilfstätigkeiten im Zusammenhang mit dem Rechnungswesen und der Verwaltung sowie für die Ablage und Aufbewahrung von Belegen und Unterlagen zur Verfügung gestellt. Die Vereinbarung sei auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden. Das Benützungsrecht der Beschwerdeführerin ende nicht mit dem Ausscheiden der Dienstnehmerin H. aus dem Dienstverhältnis zur Beschwerdeführerin.
Die Dienstnehmerin H. habe (laut Aktenvermerk vom ) angegeben, sie sei aus gesundheitlichen Gründen gezwungen, zu Hause zu arbeiten. Die gesamten Büroarbeiten sowie die Buchhaltung würden von ihr zu Hause erledigt. Fallweise sei sie auch zu Besprechungen in der "Firma". Die Computeranlagen im Büroraum gehörten der Beschwerdeführerin. Sie arbeite aber nicht ausschließlich für die Beschwerdeführerin, sondern mache auch noch alle Buchhaltungsarbeiten für den Betrieb ihres Ehemannes. Von den gesamten aufbewahrten Unterlagen beträfen etwa 90 % die Beschwerdeführerin und 10 % die Firma ihres Ehemannes.
Nach den Erhebungen der Prüferin sei der Arbeitsraum im Wohnungsverband (ohne gesonderten Eingang) gelegen. In diesem Raum befinde sich ein Schreibtisch mit Stuhl, ein Schrank, eine Liegecouch und die Belegaufbewahrung. Der Arbeitsraum und der Schreibtisch seien so klein, dass nur eine Person auf diesem Arbeitsplatz arbeiten könne.
Die Lohnsteuerprüfung sei in diesem Arbeitsraum durchgeführt worden. Die Unterlagen der Beschwerdeführerin würden zur Dienstnehmerin H. gebracht und von ihr auch abgeholt werden. Die Dienstnehmerin H. führe in diesem Arbeitsraum auch die Buchhaltungsarbeiten für die Firma ihres Ehemannes durch.
In der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, der Auffassung der Beschwerdeführerin, das Entgelt auf Grund der Mietvereinbarung stelle aus der Sicht der Dienstnehmerin H. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dar, sei entgegenzuhalten, dass für die steuerliche Beurteilung der "wahre wirtschaftliche Grund" eines Sachverhaltes ausschlaggebend sei. Der "wahre wirtschaftliche Gehalt" liege im vorliegenden Fall "in jenem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit, der die gleich lautende Qualifikation der Nebentätigkeit nach sich ziehe".
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Die Beschwerdeführerin führt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aus, der Aktenvermerk über die Betriebsbesichtigung bestätige ihre Angaben und die ihrer Dienstnehmerin. Die belangte Behörde habe aber diese Tatsachen nicht der Entscheidung zu Grunde gelegt. Sie begründe in der gesamten Entscheidung nicht, worin der Vorteil aus dem Dienstverhältnis erblickt werde. Ein solcher Vorteil würde nur vorliegen, wenn es sich um keine Mietvereinbarung handle. Nach den Feststellungen handle es sich jedoch um eine Mietvereinbarung für die Überlassung eines Büroraumes, der für betriebliche Zwecke der Beschwerdeführerin genutzt werde. Die belangte Behörde habe darüber hinaus den Grundsatz von Treu und Glauben völlig außer Acht gelassen. Die Zahlungen seien in den Jahren 1985 bis 1989 als Mietentgelt anerkannt worden.
Zunächst ist die Beschwerdeführerin darauf hinzuweisen, dass auf Grund des Legalitätsprinzipes (Art. 18 B-VG) der Grundsatz von Treu und Glauben nur dort Auswirkungen zeitigen kann, wo das Gesetz der Verwaltung einen Vollzugsspielraum einräumt (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom , 2003/15/0136). Bei Beantwortung der Frage, ob die Zahlungen der Beschwerdeführerin an ihre Dienstnehmerin H. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit darstellen, ist der Behörde aber kein Vollzugsspielraum eingeräumt.
Weiters ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin die Feststellungen der belangten Behörde nicht bekämpft, wonach die Dienstnehmerin H. in diesen in ihrem Wohnungsverband gelegenen Arbeitsraum die Arbeiten für die Beschwerdeführerin vornehme und ihr die Unterlagen von der Beschwerdeführerin überbracht und die Arbeitsergebnisse von ihr abgeholt werden. Vor diesem tatsächlichen Hintergrund erweist sich die Beschwerde als nicht begründet.
Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, bei denen nach § 47 Abs. 1 EStG 1988 die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben wird, gehören dagegen nach § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. a leg. cit. Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. Zu diesen "Bezügen und Vorteilen" gehören alle Einnahmen (Geld oder geldwerte Vorteile) im Sinn des § 15 Abs. 1 EStG 1988. Ein Vorteil wird dann für ein Dienstverhältnis gewährt, wenn er durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst ist. Das ist dann der Fall, wenn der Vorteil nur deshalb gewährt wird, weil der Zurechnungsempfänger Arbeitnehmer dieses Arbeitgebers ist, der Vorteil also mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird, und wenn sich die Leistung des Arbeitgebers im weitesten Sinn als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (vgl. Doralt, EStG9, § 25 Tz 12, und Hofstätter/Reichel, § 25 Tz 3). Vorteile, die der Dienstgeber im eigenbetrieblichen Interesse gewährt, zählen nicht als Entlohnung. Arbeitslohn liegt aber auch dann nicht vor, wenn eine Zuwendung wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bewirkt wird. Auch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer können neben dem Dienstverhältnis gesonderte Rechtsbeziehungen bestehen. Sie sind dann steuerlich grundsätzlich getrennt zu beurteilen. Einkünfte, die auf diesen Rechtsbeziehungen beruhen, sind der in Betracht kommenden Einkunftsart (§ 2 Abs. 3 EStG 1988) zuzurechnen. Voraussetzung hiezu ist lediglich, dass zu gleichen Bedingungen, unabhängig davon, ob ein Dienstverhältnis besteht, auch mit Dritten ein derartiges Vertragsverhältnis zu Stande kommt.
Im Beschwerdefall ist zu prüfen, ob die "Mietzahlungen" der Beschwerdeführerin an die Arbeitnehmerin H. durch das Dienstverhältnis oder durch ein Mietverhältnis veranlasst sind). Nach den unstrittigen Feststellungen wurde der im Wohnungsverband der Dienstnehmerin H. gelegene Arbeitsraum ausschließlich von dieser Dienstnehmerin benützt. Die Beschwerdeführerin ließ die zu bearbeitenden Unterlagen ihr überbringen und nahm auch deren Abholung vor. Eine andere Nutzung dieses Arbeitsraumes durch die Beschwerdeführerin, etwa durch Verwendung als Arbeitsort für andere Arbeitnehmer, erfolgte nach den Feststellungen nicht. Der Umstand, dass die im Arbeitsraum befindlichen, zur Dienstverrichtung der Dienstnehmerin H. erforderlichen Arbeitsmittel im Eigentum der Beschwerdeführerin stehen, führt nicht zur Annahme, dass die Nutzung des Arbeitsraumes im zumindest überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse der Beschwerdeführerin erfolgt. Die Dienstnehmerin H. hat der Beschwerdeführerin keine anderen Leistungen als die auf Grund des Dienstvertrages geschuldeten erbracht. Die Zahlung eines pauschalen Aufwandsentgeltes für diesen Büroraum durch die Beschwerdeführerin ist daher durch das Dienstverhältnis mit der Dienstnehmerin H. veranlasst und stellt einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 87/13/0183, und Trost, Der Arbeitnehmer in eigener Wohnung, ZAS 1991, 181).
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am