VwGH vom 23.06.1995, 93/17/0109

VwGH vom 23.06.1995, 93/17/0109

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , Zl. MD-VfR-S 28/92, betreffend Vergnügungssteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 6 Abs. 3 und 5 Wiener Vergnügungssteuergesetz 1987 - VGSG für das Halten eines Spielapparates und eines Musikautomaten näher bezeichneter Typen "im Betrieb der A-Handelsges.m.b.H. Wien 7, N-Gasse" während des Zeitraumes März 1991 bis Juni 1992 Vergnügungssteuer vorgeschrieben und gleichzeitig ein Verspätungszuschlag und ein Säumniszuschlag auferlegt.

Über Berufung des Beschwerdeführers erging (nach Erlassung einer Berufungsvorentscheidung und Antrag auf Vorlage der Berufung durch den Beschwerdeführer) der nunmehr angefochtene Berufungsbescheid der belangten Behörde. Die belangte Behörde schied die Abgabenvorschreibung für Oktober 1991 (ersatzlos) aus, setzte die Vergnügungssteuer für den Spielapparat geringfügig herab und änderte den Verspätungszuschlag und den Säumniszuschlag ab. Im übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

1.2. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der Rechtsgrundlagen im Vergnügungssteuergesetz 1987 - VGSG, LGBl. Nr. 43/1987, idF LGBl. Nr. 40/1988 und 33/1989, aus, daß die Abgabenpflicht für den Monat Oktober 1991 nach der Aktenlage nicht nachgewiesen sei. Die Steuerpflicht des Beschwerdeführers ergebe sich aus § 13 Abs. 1 VGSG. Die Festsetzung des Abgabenbetrages gegenüber dem Beschwerdeführer entspreche der Zweckmäßigkeit und Billigkeit, zumal dieser die Anmeldung gemäß § 14 Abs. 2 VGSG unterlassen und damit den Anspruch des Abgabengläubigers gefährdet habe. Im übrigen wird unter Hinweis auf § 104 Abs. 1 WAO die Verhängung des Verspätungszuschlages und unter Hinweis auf die Nichtentrichtung der Abgabe zum jeweiligen Zeitpunkt der Fälligkeit (§ 17 Abs. 3 VGSG) die Festsetzung eines Säumniszuschlages begründet.

1.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer verweist darauf, daß er die in Rede stehenden Apparate an die A-Handelsges.m.b.H. "verleast" habe und als Leasinggeber bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht als Eigentümer im Sinne des § 13 VGSG Vergnügungssteuergesetzes abgabepflichtig gewesen sei.

1.4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Gemäß § 1 Abs. 1 VGSG unterliegen folgende veranstaltete Vergnügungen einer Steuer nach Maßgabe dieses Gesetzes:

"3. Halten von Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparaten sowie von Musikautomaten (§ 6);"

Gemäß § 13 Abs. 1 VGSG ist der Unternehmer der Veranstaltung steuerpflichtig. Unternehmer der Veranstaltung ist jeder, in dessen Namen oder auf dessen Rechnung die Veranstaltung durchgeführt wird. Sind zwei oder mehrere Unternehmer (Mitunternehmer) vorhanden, so sind sie als Gesamtschuldner steuerpflichtig (§ 13 Abs. 1 dritter Satz VGSG). Gemäß § 13 Abs. 1 letzter Satz VGSG (in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 40/1988) gelten in den Fällen des § 1 Abs. 1 Z. 3 auch der Inhaber des für das Halten des Apparates benützten Raumes oder Grundstückes und DER EIGENTÜMER DES APPARATES als Mitunternehmer.

Gemäß § 14 Abs. 2 letzter Satz VGSG (in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 40/1988) haben alle Mitunternehmer (§ 13 Abs. 1) die Anmeldung gemeinsam vorzunehmen und dabei auch den Mitunternehmer festzulegen, der die Zahlungen zu leisten hat.

Gemäß § 17 Abs. 3 erster Satz VGSG, in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 40/1988, gilt die Anmeldung von Apparaten (§ 14 Abs. 2) als Steuererklärung für die Dauer der Steuerpflicht.

Gemäß § 6 Abs. 6 VGSG endet die Verpflichtung zur Entrichtung der Steuer mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Abmeldung des Apparates erfolgt oder die Abgabenbehörde sonst davon Kenntnis erlangt, daß der Apparat von dem Steuerpflichtigen nicht mehr gehalten wird.

2.2. In der vorliegenden Beschwerde wird nicht bestritten, daß der Beschwerdeführer in dem Zeitraum, für welchen die Vergnügungssteuer vorgeschrieben wurde, Eigentümer (im zivilrechtlichen Sinn) der in Rede stehenden Apparate war. Der Beschwerdeführer weist jedoch darauf hin, daß er - worauf er die Behörde bereits in der Berufung aufmerksam gemacht habe - lediglich Leasinggeber gewesen sei. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei die Steuerpflicht gemäß § 13 Abs. 1 VGSG nicht gegeben. Das vorliegende Leasing sei bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise jenem Sachverhalt gleichzustellen, bei dem ein sogenannter "asset based" Kredit gegeben werde. In diesem Falle werde das volle Eigentum an der finanzierten Sache auf den Kreditnehmer übertragen. Ähnlich könne auch mit wirtschaftlicher Betrachtung die Finanzierung des Ankaufs einer Sache mit gleichzeitiger Einräumung eines Eigentumsvorbehaltes gesehen werden. Im übrigen lasse die Entwicklung des Leasing die überkommene Betrachtungsweise vom "Obereigentümer" und "Nutzungseigentümer" wieder aufleben. Hätte die belangte Behörde die Verfahrensvorschriften "zur Feststellung des Sachverhaltes eingehalten", wäre sie zu einem anderen Bescheid gekommen. Gleiches gelte für die mangelhafte Begründung.

2.3. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde als rechtswidrig zu qualifizieren. Der Beschwerdeführer übersieht, daß die gemäß § 21 Abs. 1 BAO bzw. § 19 WAO anzustellende wirtschaftliche Betrachtungsweise nach übereinstimmender Lehre und Rechtsprechung nur insoweit anzuwenden ist, als der Tatbestand selbst nicht die rechtliche Betrachtungsweise erfordert (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/16/0162; ferner Ritz, Rz 9 zu § 21 BAO, Doralt-Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts, II2, 169, und Stoll, BAO, Handbuch 1980, 49). Wie sich aus der Entstehungsgeschichte des § 13 Abs. 1 VGSG, mit welchem der Landesgesetzgeber offensichtlich Schwierigkeiten bei der Einhebung der Abgabe dadurch begegnen wollte, daß er neben dem Halter eines im § 1 Abs. 1 Z. 3 VGSG genannten Apparates den Eigentümer des Apparates als Mitschuldner zum Abgabepflichtigen erklärte, ergibt, hat beim vorliegenden Abgabentatbestand die rechtliche (formale) Auslegung zur Anwendung zu kommen (vgl. die Ausführungen des Berichterstatters, Landeshauptmann-Stellvertreter Mayr, in der ersten Lesung der Vorlage des Gesetzes, mit dem das Vergnügungssteuergesetz 1987 geändert wird, in der 8. Sitzung des Wr. Landtages am , S. 16 des wörtlichen Protokolls, der den Fall, daß der Eigentümer den Apparat verleast hat, ausdrücklich anspricht; nach dem Willen des Gesetzgebers sollte somit offensichtlich durch die Ergänzung des § 13 Abs. 1 VGSG auch die gesamtschuldnerische Haftung des Leasinggebers für die Vergnügungssteuer herbeigeführt werden). Die vom Beschwerdeführer angestrebte teleologische Reduktion (die bei der von ihm angeregten Anwendung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Ergebnis gegeben wäre) läßt sich aus den Materialien nicht begründen. Es ist daher im vorliegenden Zusammenhang nicht näher der Frage nachzugehen, ob der in der Beschwerde angestellte Vergleich mit dem "asset based" Kredit im Rahmen einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise zutreffend ist oder nicht. Auch die Überlegungen zu einer Wiederbelebung von Obereigentum und Nutzungseigentum sind im Hinblick darauf, daß die wirtschaftliche Betrachtungsweise für die Auslegung des vorliegenden Abgabentatbestands ausscheidet, nicht näher auf ihre allfällige Begründetheit unter rein wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu prüfen. Aus dem gleichen Grund scheidet im Zusammenhang mit der Vergnügungssteuer auch eine Anwendung des § 22 WAO (der § 24 BAO entspricht) aus. Für die Anwendung der genannten Bestimmungen ist daher im Beschwerdefall von vornherein kein Raum. Im Rahmen der Auslegung des § 13 Abs. 1 VGSG ist das entsprechende Beschwerdevorbringen daher nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

2.4. Da somit die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.