VwGH vom 23.10.1990, 90/14/0169
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Lebloch, über die Beschwerde des HN, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat II) vom , Zl. 30.399-3/90, betreffend Einkommensteuer 1987, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Landwirt. Seit jeher zu seiner Landwirtschaft gehörige Holz- und Streunutzungsrechte an einer agrargemeinschaftlichen Liegenschaft (Teilwaldrecht) verkaufte er 1987 um S 390.000,--. Seine Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft für dieses Jahr ermittelte und erklärte er nach Durchschnittssätzen. Das Finanzamt unterzog daneben den Erlös aus dem erwähnten Verkauf der Einkommenbesteuerung im Rahmen der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, weil dieser Erlös von der Durchschnittssatzbesteuerung nicht erfaßt sei.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers nur teilweise Folge gegeben. Die belangte Behörde teilte die Ansicht des Finanzamtes, daß der Erlös aus dem Verkauf des Teilwaldrechtes von der Durchschnittssatzbesteuerung nicht erfaßt sei. Da das Teilwaldrecht nicht Grund und Boden darstelle, dürfe auch sein Wert bei der Gewinnermittlung nicht außer Ansatz bleiben. Im Hinblick auf die Durchschnittssatzbesteuerung der regelmäßig im Betrieb der Land- und Forstwirtschaft anfallenden Einkünfte könne weder ein Investitionsfreibetrag gewinnmindernd geltend gemacht werden, noch eine Übertragung stiller Rücklagen erfolgen. Das Teilwaldrecht sei schon immer mit dem Hof verbunden gewesen und mit diesem vererbt bzw. unentgeltlich übertragen worden. Die Teilwaldrechte seien daher nicht erst bei der Regulierung der gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte der Agrargemeinschaft im Jahre 1952 angeschafft worden. Es sei auch nicht behauptet worden, daß vor 1952 Anschaffungskosten angefallen seien; solche könnten daher auch nicht gewinnmindernd berücksichtigt werden. Da eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1972 nicht stattgefunden habe, bestehe keine Möglichkeit, die Umsatzsteuer nach Wahl des Beschwerdeführers als durchlaufende Post zu behandeln. Das Wahlrecht stünde im übrigen nur bei der durch den Steuerpflichtigen vorzunehmenden Gewinnermittlung zu, nicht aber anläßlich einer Korrektur des Gewinnes im Veranlagungsverfahren; andernfalls bestünde die Möglichkeit, für ein Kalenderjahr einen Wechsel in der Verrechnung der Umsatzsteuer vorzunehmen, was nach dem Schrifttum ausgeschlossen sei. Die auf das Teilwaldrecht entfallende Umsatzsteuer sei zwar im Streitjahr vereinnahmt, aber nicht in diesem an das Finanzamt abgeführt worden. Die belangte Behörde ging deshalb bei der Ermittlung der Einkünfte aus dem Verkauf des Teilwaldrechtes vom Bruttoerlös aus.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid, wie der Gesamtheit seines Vorbringens entnehmbar ist, in seinem Recht verletzt, daß gemäß § 4 Abs. 1 letzter Satz EStG 1972 der Wert des Teilwaldrechtes als Grund und Boden bei der Besteuerung außer Ansatz bleibe, infolge Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1972 die Übertragung stiller Rücklagen (§ 12 Abs. 3 EStG 1972) sowie die Geltendmachung des Investitionsfreibetrages (§ 10 Abs. 5 EStG 1972) berücksichtigt und die Umsatzsteuer sowie die absetzbaren Vorsteuerbeträge als durchlaufende Post behandelt werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im hg. Erkenntnis vom , 89/14/0143, wurde aus Anlaß eines ähnlich gelagerten Beschwerdefalles dargelegt, daß der Erlös aus dem Verkauf eines Teilwaldrechtes, das wie hier zum Anlagevermögen der Landwirtschaft gehört, von der Besteuerung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen nicht erfaßt ist. Der Verwaltungsgerichtshof sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsansicht abzugehen.
Im erwähnten Erkenntnis wurde auch ausgesprochen, daß der Teilwaldberechtigte nach dem TFLG 1978 am Bodenwert keinen Anteil nimmt und schon deshalb ein Wert von Grund und Boden nicht außer Ansatz gelasssen werden könne. Der belangten Behörde ist darin beizupflichten, daß das Teilwaldrecht auch nach der Novelle LGBl. 1984/18 zum TFLG 1978 nicht Grund und Boden im Sinne des § 4 Abs. 1 letzter Satz EStG 1972 ist. Teilwaldrechte sind nämlich gemäß § 33 Abs. 2 lit. d und Abs. 3 TFLG 1978 in der Fassung LGBl. 1984/18 Holz- und Streunutzungsrechte, die auf Grund öffentlicher Urkunden oder auf Grund örtlicher Übung zu Gunsten bestimmter Liegenschaften oder bestimmter Personen auf nach Größe, Form und Lage bestimmten oder bestimmbaren Teilflächen von Waldgrundstücken bestehen. Sie gelten als Anteilsrechte im Sinne dieses Gesetzes. Aus dieser Definition ist ersichtlich, daß der Teilwaldberechtigte auch nach der geänderten Rechtslage nur ein Nutzungsrecht besitzt, aber kein Recht an Grund und Boden des im Eigentum einer Gemeinde oder einer Mehrheit von Berechtigten (Agrargemeinschaft) stehenden Waldgrundstückes. Für ihn gilt nicht einmal die Bestimmung des § 53 TFLG 1978, wonach dem an einem Grundstück einzelnutzungsberechtigten Mitglied der Agrargemeinschaft im Falle der Einzelteilung ein Anspruch darauf zusteht, die in seiner Einzelnutzung stehende Fläche als Abfindungsgrundstück zu erhalten. Die Rechtslage wurde daher durch die Novelle LGBl. 1984/18 nicht in einer für § 4 Abs. 1 letzter Satz EStG 1972 relevanten Weise geändert. Der in § 4 Abs. 1 EStG 1972 gebrauchte Begriff des Grund und Bodens ist als Grundfläche zu verstehen, die zum Betriebsvermögen gehört (vgl. Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, Band III, Tz. 15 zu § 4 Abs. 1 EStG 1972;
Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch,
2. Aufl, Tz. 54 zu § 4). Nutzungsrechte an solchen Grundflächen sind daher nicht Grund und Boden, mögen sie auch mit dem Anspruch verbunden sein, unter gewissen Voraussetzungen mit Grund und Boden abgefunden zu werden oder eine Entschädigung zu erhalten, in deren Berechnung ein bestimmter Anteil am Bodenwert des Grundstückes einfließt. Daran ändert der Umstand nichts, daß durch die Novelle LBGl. 1984/18 in § 40 Abs. 2 TFLG 1978 die Worte "für die entgehenden Nutzungen" entfallen sind. Wenn auch nun davon ausgegangen werden könnte, daß der Teilwaldberechtigte am Bodenverkehrswert des Waldgrundstückes für den Fall der Erlöschenserklärung seines Rechtes (§ 40 Abs. 4 TFLG 1978) Anteil hat, so ändert dies nichts daran, daß zu seinem Betriebsvermögen nicht Grund und Boden (eine Grundfläche) gehört, sondern ein Nutzungsrecht an einer solchen, für das die Regel des § 4 Abs. 1 letzter Satz EStG 1972 nicht gilt.
Die Behauptung des Beschwerdeführers, bei der Umsatzsteuerprüfung sei zwar zweifelsfrei festgestellt worden, daß er die Einnahmen/Ausgaben, soweit sie mit Mehrwertsteuer/Vorsteuer belastet gewesen seien, laufend nach dem Schema "Brutto-MWSt/VSt-Netto" aufgezeichnet habe, es handle sich daher bei der Feststellung der belangten Behörde, daß eine Nettoverrechnung nicht möglich sei, um eine aktenwidrige Annahme, ist unrichtig. Der Beschwerdeführer übersieht nämlich, daß er selbst in seinem Schreiben vom gegen die Annahme des Prüfers, der Gewinn werde von ihm gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1972 ermittelt "massiv Einspruch" erhoben und erklärt hat, weder mündlich noch schriftlich ein derartiges Ansuchen auf Änderung der Gewinnermittlung von der Durchschnittssatzbesteuerung zur Einnahmen-Ausgaben-Rechnung gestellt zu haben, nicht zuletzt deshalb, weil er und sein Sohn, als voraussichtlicher Hofübernehmer, mit dieser "Buchführungspflicht" auf jeden Fall überfordert wären. Nicht umsatzsteuerbare Tatbestände seien in seinen Aufzeichnungen großteils nicht enthalten, es würden auch keine Abschlußarbeiten bzw. Vorarbeiten für eine Gewinnermittlung geleistet, und der Beschwerdeführer wehre sich vehement gegen die Aufhebung der Pauschalierung im einkommensteuerrechtlichen Sinn.
Es kann daher keine Rede davon sein, daß der Beschwerdeführer seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG 1972 ermittelt habe oder die Voraussetzungen für eine solche Ermittlung vorgelegen seien. Folglich kam auch die Ausübung des Wahlrechtes nach dem letzten Satz dieser Gesetzesstelle nicht in Betracht. Diese sieht nämlich das Nettoprinzip nicht für Fälle vor, in denen nur ein Teil der Einkünfte einer Einkunftsart durch Überschußrechnung, der andere, aus der regelmäßigen Betriebstätigkeit stammende Teil jedoch nach Durchschnittssätzen ermittelt wird. Daher war es auch nicht unrichtig, daß die belangte Behörde den Bruttoerlös aus dem Verkauf des Teilwaldrechtes zum Ansatz gebracht hat, weil die Umsatzsteuer vom Beschwerdeführer auch nicht im Streitjahr entrichtet worden ist. Letzteres wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten.
Da die Ermittlung der Einkünfte nach Durchschnittssätzen erfolgte und lediglich der Erlös aus dem Verkauf des Teilwaldrechtes hinzugerechnet wurde, kam weder eine Gewinnminderung durch einen Investitionsfreibetrag, noch eine Übertragung stiller Rücklagen in Frage (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuer-Handbuch,
2. Aufl., Tz. 6 zu § 8, Tz. 4 zu § 10, Tz. 9 zu § 12).
Wenn der Verwaltungsgerichtshof in seinem oben erwähnten Erkenntnis vom ausgeführt hat, die belangte Behörde habe zu Recht den Erlös aus dem Verkauf des Teilwaldrechtes nach Ausscheidung der betreffenden Fläche aus der Summe der Einheitswerte für die Durchschnittssatzbesteuerung einer gesonderten Besteuerung und der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1972 unterzogen, so hat er damit nicht zum Ausdruck gebracht, daß die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft solcherart gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1972 ermittelt worden seien. Es wurde nämlich lediglich dem nach Durchschnittssätzen ermittelten Gewinn eine hiedurch nicht erfaßte Gewinnkomponente hinzugefügt, die erforderlichenfalls durch Minderung des Bruttoverkaufserlöses um die mit diesem Verkauf unmittelbar zusammenhängenden Aufwendungen (z.B. Anschaffungskosten, Kosten der Vertragserrichtung, Gebühren) nach Art einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelt wird. Die Möglichkeiten, die eine Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1972 für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft im Zusammenhang mit den Begünstigungen nach den §§ 10, 12 EStG 1972 mit sich gebracht hätte, wird hiedurch nicht eröffnet.
Der Beschwerdeführer wird daher im Rahmen des Beschwerdepunktes durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten nicht verletzt, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom , BGBl. Nr. 206.