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VwGH vom 18.06.1993, 93/17/0051

VwGH vom 18.06.1993, 93/17/0051

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde 1.) der EH und 2.) des PH, beide in W, beide vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , Zl. MD-VfR - H 28/92, betreffend Haftung für Getränkesteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In der am anläßlich einer Getränkesteuerrevision bei der PH-Ges.m.b.H. (im folgenden: GmbH) aufgenommenen Niederschrift wurde unter der Rubrik "Sonstige Angaben (Stellungnahme des Abgabepflichtigen zum Revisionsergebnis, Grund der Nichtanerkenntnis, rechtliche Belehrungen)" folgendes festgehalten: "Schlechter Geschäftsgang - Kreditrückzahlungen, daher finanzielle Schwierigkeiten. Auf das Legen d. JE 1989 wurde irrtüml. vergessen". Diese Niederschrift wurde vom Zweitbeschwerdeführer unterfertigt.

Mit zwei getrennt ausgefertigten, inhaltlich jedoch gleichlautenden Haftungsbescheiden des Magistrates der Bundeshauptstadt Wien, Magistratsabteilung 4/7, je vom , wurden die Beschwerdeführer "auf Grund der §§ 7 Abs. 1 und 54 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 2 und 5 der Wiener Abgabenordnung - WAO, LGBl. für Wien Nr. 21/1962, in der derzeit geltenden Fassung" als Geschäftsführer der GmbH für die in der Zeit vom bis entstandene Getränkesteuerschuld im Betrag von S 29.643,-- (einschließlich Nebenansprüchen) haftbar gemacht und zur Zahlung herangezogen.

In der dagegen erhobenen Berufung machten die Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, wie aus den Büchern und Papieren der Gesellschaft hervorgehe, habe der in den Streitjahren bestehende Geschäftsgang eine Thesaurierung von Mitteln überhaupt nicht mehr zugelassen. Es seien daher den Beschwerdeführern keinerlei flüssige Mittel zur Steuerabfuhr zur Verfügung gestanden. Ein Verschulden der Beschwerdeführer an der Nichtentrichtung der Abgaben läge daher nicht vor.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies der Magistrat der Stadt Wien die Berufung als unbegründet ab.

Die Beschwerdeführer stellten den Antrag, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorzulegen.

Mit Berufungsbescheid vom , Zl. MD-VfR - H 22 und 23/91, wies die Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien die Berufung als unbegründet ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/17/0129, diesen Berufungsbescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im fortgesetzten Verfahren wurde den Beschwerdeführern mit Schreiben vom vorgehalten, daß die GmbH laut der am - anläßlich einer Getränkesteuerrevision bei dieser - aufgenommenen Niederschrift im Haftungszeitraum jedenfalls Einnahmen in der Höhe von S 879.130,-- gehabt habe, aus denen die Entrichtung des Haftungsrückstandes von S 29.643,-- hätte möglich sein müssen. Gleichzeitig wurden die Beschwerdeführer aufgefordert, konkret darzutun, weshalb die Entrichtung des genannten Betrages trotz der vorhandenen Mittel nicht möglich gewesen sei. Weiters seien zum Nachweis dafür, daß die Stadt Wien als Abgabengläubiger nicht benachteiligt worden sei, für den Haftungszeitraum monatliche Liquiditätsaufstellungen vorzulegen, wobei in diesen bei den geleisteten Zahlungen anzuführen sei, in welchem Ausmaß die jeweilige Forderung befriedigt worden sei.

Die Beschwerdeführer führten in ihrer hiezu ergangenen Stellungnahme vom lediglich aus, die "mit Note vom verlangten Aufzeichnungen der Gesellschaft" befänden sich bei ihrem ausgewiesenen Vertreter und stünden dort zur Einsichtnahme zur Verfügung.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien die Berufung unter Hinweis auf die §§ 7 Abs. 1 und 54 Abs. 1 WAO neuerlich als unbegründet ab. Daß die ausgewiesene Abgabenforderung gegen die Gesellschaft bestehe und bei dieser uneinbringlich sei, stehe nach der Aktenlage fest und werde auch von den Beschwerdeführern nicht bestritten. Weiters stehe fest, daß die Beschwerdeführer Geschäftsführer der Gesellschaft gewesen seien und damit zu dem im § 54 Abs. 1 WAO angeführten Personenkreis gehört hätten. Die Pflichtverletzung der Beschwerdeführer ergebe sich aus der Mißachtung der Vorschrift des § 7 Abs. 1 Getränkesteuergesetz für Wien 1971, wonach der Steuerpflichtige bis zum zehnten Tag eines jeden Monats die Steuer für die im Vormonat abgegebenen Getränke zu entrichten hat. Diesem Gebot seien die Beschwerdeführer nicht nachgekommen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe der Geschäftsführer nachzuweisen, daß ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich gewesen sei, widrigenfalls angenommen werden könne, daß er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen sei. Im Zuge des ergänzten Ermittlungsverfahrens sei der Steuerakt der Primärschuldnerin eingeholt worden. Es ergebe sich auf Grund der Niederschrift vom über die Steuerprüfung, welche vom Zweitbeschwerdeführer vorbehaltlos unterfertigt worden sei, daß die Gesellschaft im Zeitraum Jänner 1989 bis März 1990 jedenfalls Einnahmen in der Höhe von S 879.130,-- gehabt habe. Die Beschwerdeführer hätten trotz Aufforderung vom nicht konkret dargelegt, weshalb bei solchen Einnahmen die Entrichtung des Betrages von S 29.643,-- nicht möglich gewesen sei; weiters hätten sie auch keine Liquiditätsaufstellungen zum Nachweis dafür vorgelegt, daß sie die Stadt Wien als Abgabengläubiger nicht benachteiligt hätten. Keinesfalls entspreche es der im Abgabenverfahren gebotenen Mitwirkungspflicht, wenn die Beschwerdeführer meinten, daß die Behörde in die Aufzeichnungen der Gesellschaft Einsicht nehmen sollte. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom , Zl. 86/14/0077, ausdrücklich festgestellt, daß die Abgabenbehörde einen Haftungspflichtigen zum Nachweis für die Behauptung, er hätte die Beträge, für die er hafte, wegen des Fehlens der Mittel nicht entrichten können, auffordern könne, entsprechende Liquiditätsaufstellungen vorzulegen. Somit liege zur Frage der Benachteiligung des Abgabengläubigers kein stichhältiges Vorbringen vor, weil es Sache der Beschwerdeführer sei, eine konkrete Sachverhaltsdarstellung zu dieser Frage zu geben. Hätten sie dies unterlassen, sei für weitere Beweisaufnahmen kein Raum, dienten doch die Beweismittel zur Beweisführung hinsichtlich eines bestimmten Beweisthemas. Daß die Unterlassung der rechtzeitigen Bezahlung der Getränkesteuer ursächlich für deren spätere Uneinbringlichkeit gewesen sei, sei evident.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach ihrem Vorbringen erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht verletzt, nicht zur Haftung für die Getränkesteuerverbindlichkeiten der Gesellschaft herangezogen zu werden. Sie beantragen, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, in eventu wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und

erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Was die anzuwendenden Rechtsvorschriften, die gesetzmäßige Haftungsinanspruchnahme und die qualifizierte Mitwirkungspflicht im besonderen anlangt, wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf das hg. Vorerkenntnis vom , Zl. 91/17/0129, verwiesen.

Im Beschwerdefall sind das Bestehen der Abgabenforderung, die Stellung der Beschwerdeführer als Vertreter und die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung unbestritten. Außer Streit stehen auch das Vorhandensein bestimmter Mittel (vgl. den inhaltlich seitens der Beschwerdeführer unbestritten gebliebenen Vorhalt vom ) sowie die Nichtbezahlung der Getränkesteuer im Haftungszeitraum (vgl. die unbestritten gebliebene Feststellung in der Berufungsvorentscheidung vom ). Strittig ist, ob den Beschwerdeführern eine schuldhafte Pflichtverletzung vorgeworfen werden durfte oder nicht.

Den Beschwerdeführern ist zwar zuzugeben, daß sich die Wendung "... mit Note vom VERLANGTEN AUFZEICHNUNGEN der Gesellschaft" im Schriftsatz vom auch auf die von der Abgabenbehörde geforderten monatlichen Liquiditätsaufstellungen beziehen konnte. Die Frage, ob die belangte Behörde, falls sie nicht gewillt war, der Einladung des ausgewiesenen Vertreters der Beschwerdeführer zur Einsichtnahme in die "verlangten Aufzeichnungen der Gesellschaft" in dessen Kanzlei zu folgen, den Beschwerdeführern die Gelegenheit zu geben gehabt hätte, die Vorlage der Unterlagen durch Übersendung an die Abgabenbehörde nachzuholen, brauchte im vorliegenden Beschwerdefall jedoch nicht entschieden zu werden, weil aus der Niederschrift vom eindeutig hervorgeht, daß die Gesellschaft Kreditrückzahlungen - mangels Einschränkung offensichtlich im gesamten Haftungszeitraum - geleistet hat.

Die belangte Behörde durfte daher auf Grund obiger Sach- und Rechtslage davon ausgehen, daß den Beschwerdeführern zumindest anteilig Mittel zur Verfügung standen, die sie auch zur Entrichtung der Getränkesteuerverbindlichkeiten verwenden hätten müssen. Die unterlassene Entrichtung der Getränkesteuer wurde den Beschwerdeführern von der belangten Behörde unter Hinweis auf § 7 Abs. 1 Getränkesteuergesetz für Wien 1971 daher zu Recht als schuldhafte Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten angelastet. Der Vertreter einer Gesellschaft haftet nämlich für nichtentrichtete Abgaben auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung standen, hiezu nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, daß er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten. Von einer Gleichbehandlung der Abgabenschulden mit anderen Verbindlichkeiten kann aber im Zusammenhang mit den geleisteten (anteiligen) Kreditrückzahlungen und der gleichzeitigen gänzlichen Nichtbezahlung der Abgabenschulden keine Rede sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/17/0049). In diesem Fall haftet dann der Vertreter für die von der Haftung betroffenen Abgabenschulden zur Gänze (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/17/0042).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.