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VwGH vom 29.06.2005, 2002/14/0119

VwGH vom 29.06.2005, 2002/14/0119

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des J H in B, vertreten durch Dr. Peter Kisler und DDr. Karl Pistotnik, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Börsegasse 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/285 - 10/02, betreffend Pfändung einer Geldforderung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom wurde eine dem Beschwerdeführer gegenüber einer Bank zustehende Forderung wegen eines bestehenden Abgabenrückstandes in Höhe von rund S 7,3 Mio gepfändet.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung und führte aus, dass sich die Berufung gegen die Höhe der bescheidmäßig ausgesprochenen Pfändung der Geldforderung richte. Auf Grund des "Nichtvorliegens der diese Pfändung begründenden Feststellungsbescheide" sei es zur Zeit nicht möglich anzugeben, ob eine Pfändung rechtmäßig erfolgt sei und wenn ja, in welcher Höhe die Pfändung durch die Behörde vorgenommen werden dürfe. Der Beschwerdeführer stellte gleichzeitig den Antrag, die Rechtsmittelfrist bis zu verlängern, da bis zu diesem Zeitpunkt aller Voraussicht nach "die Klärung der berufungsgegenständlichen Vorfragen" abgeschlossen sein sollten.

Nach ungenutztem Ablauf dieser Frist wies das Finanzamt die Berufung mit Berufungsvorentscheidung unter Hinweis darauf, dass der Pfändungsbescheid auf dem Sicherstellungsauftrag vom fuße, ab. Der Beschwerdeführer beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führte darin u.a. aus, dass er "auf Grund der Feststellungen des bisherigen Verfahrens" in Österreich weder über einen Wohnsitz noch über eine Betriebsstätte verfüge. Er beziehe aus Österreich auch keine Einkünfte, sodass für ihn auch keine beschränkte Steuerpflicht hinsichtlich der Ertragsteuern angenommen werden könne. Aus den angeführten Gründen ergebe sich ohne Zweifel, dass die bescheidmäßig ausgesprochene Pfändung unrichtig sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, Grundlage und somit Titel des gegenständlichen Vollstreckungsverfahrens sei der am hinterlegte Sicherstellungsauftrag vom . Da der Beschwerdeführer, obwohl das Finanzamt in seiner Berufungsvorentscheidung vom darauf hingewiesen habe, dass der Pfändungsbescheid vom auf dem Sicherstellungsauftrag vom fuße, in seinem Vorlageantrag keinen Zustellmangel geltend gemacht habe, sei der Sicherstellungsauftrag gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz als ordnungsgemäß zugestellt anzusehen. Entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe die Abgabenbehörde im gegenständlichen Verfahren lediglich zu prüfen, ob ein ordnungsgemäß zugestellter Sicherstellungsauftrag und somit ein Titel für das Vollstreckungsverfahren vorliege, nicht aber, ob der diesem Verfahren zu Grunde liegende Titel (Sicherstellungsauftrag) auch materiell richtig sei. Das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers könne daher nur in einem gegen den Sicherstellungsauftrag eingebrachten Rechtsmittel rechtswirksam eingewendet werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde bediene sich einer unzulässigen und unrichtigen Bescheidbegründung dahin, dass zufolge der unterlassenen Geltendmachung eines Zustellmangels im Vorlageantrag der Sicherstellungsauftrag gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz als ordnungsgemäß zugestellt anzusehen sei. Die belangte Behörde übersehe dabei, dass jegliche Hinterlegung nur dann zulässig sei, wenn Grund zur Annahme bestand, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinn des § 13 Abs. 3 Zustellgesetz regelmäßig an der Abgabestelle aufhalte. Der Beschwerdeführer bringe ausdrücklich vor, dass der Sicherstellungsauftrag vom weder ihm, noch seinen ausgewiesenen steuerlichen Vertretern bislang körperlich zugegangen sei und eine Hinterlegung nicht zulässig gewesen sei, weil er in Österreich weder einen Wohnsitz noch eine Betriebsstätte habe und auch sonst keine Abgabestelle vorliege, die jemanden zur Annahme berechtige, er hielte sich dort regelmäßig auf. Das Fehlen einer Abgabestelle sei implizit auch in der "Ergänzung seiner Berufung" mit dem Vorbringen hinsichtlich des Fehlens eines Wohnsitzes und einer Betriebsstätte in Österreich dargetan worden. Bei richtiger und umfassender rechtlicher Beurteilung hätte die Behörde aus diesem Sachvorbringen auch den Zustellmangel erkennen müssen, ohne dass es einer besonderen Hervorhebung und ausdrücklichen Bezeichnung durch seine beauftragten steuerlichen Vertreter bedurft hätte.

Der Beschwerdeführer vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot stehe einer Berücksichtigung dieses Vorbringens im Hinblick darauf, dass das Finanzamt in seiner Berufungsvorentscheidung vom erstmals auf den Sicherstellungsauftrag vom Bezug genommen habe, "welcher entscheidungswichtige Umstand aber mit den Parteien im Verfahren nicht erörtert worden ist", nicht entgegen.

Nun trifft es zu, dass erstmalig im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgebrachte neue Tatsachen vor dem Hintergrund des in diesem Verfahren geltenden Neuerungsverbotes nur dann unbeachtlich sind, wenn der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren Anlass und Gelegenheit hatte, diese Tatsache vorzubringen. Im Beschwerdefall hatte der (steuerlich vertretene) Beschwerdeführer jedoch gerade im Hinblick auf die Berufungsvorentscheidung vom , in welcher darauf hingewiesen worden war, dass der Pfändungsbescheid auf dem Sicherstellungsauftrag vom beruhe, Anlass und ausreichend Gelegenheit zum allenfalls entscheidenden Vorbringen, dass eine rechtswirksame Zustellung des Sicherstellungsauftrages seiner Ansicht nach nicht erfolgt wäre.

Der Beschwerdeführer beschränkte sich aber in seinem Antrag auf Entscheidung seiner Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz auf den Hinweis, er verfüge "auf Grund der Feststellungen des bisherigen Verfahrens" in Österreich weder über einen Wohnsitz noch über eine Betriebsstätte.

Auf nicht näher dargestellte "Feststellungen des bisherigen Verfahrens" zur Frage eines Wohnsitzes oder einer Betriebsstätte des Beschwerdeführers in Österreich kommt es aber - abgesehen davon, dass die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift darauf hinweist, dass die von der Behörde im Verfahren durchgeführten Feststellungen gerade das Gegenteil ergaben - im Zusammenhang mit der Frage, ob dem Beschwerdeführer der Sicherstellungsauftrag zu einem bestimmten Zeitpunkt rechtswirksam zugestellt worden war, schon vor dem Hintergrund, dass das allfällige Fehlen eines Wohnsitzes oder einer Betriebsstätte eine Abgabestelle im Sinne des Zustellgesetzes nicht ausschließt, weil gemäß § 2 Z. 5 Zustellgesetz in der Fassung BGBl. Nr. 10/2004 (§ 4 in der davor geltenden Fassung) als Abgabestelle etwa auch eine sonstige Unterkunft in Betracht kommt, nicht entscheidend an. Ein konkretes Tatsachenvorbringen des Inhaltes, dass eine rechtswirksame Zustellung des Sicherstellungsauftrages nicht erfolgt sei, hat der Beschwerdeführer trotz ausreichenden Anlasses und ausreichender Gelegenheit nicht erstattet.

Der somit in der Beschwerde erstmals behauptete Umstand, dass dem Beschwerdeführer der Sicherstellungsauftrag infolge Fehlens einer Abgabestelle nicht rechtswirksam zugestellt worden sei, ist daher im Hinblick auf das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht, dies sei nicht der Fall - unbeachtlich.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am