VwGH vom 16.09.1992, 90/13/0291
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Büsser, über die Beschwerde des NN in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ. GA 5-1885/6/90, betreffend Berücksichtigung erhöhter Werbungskosten für 1988 und 1989/1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist ordentlicher Hochschulprofessor an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien. Seinen Lohnsteuerfreibetragsanträgen für die Kalenderjahre 1988 und 1989/1990 gab das Finanzamt hinsichtlich der geltend gemachten Werbungskosten nach einem Vorhalteverfahren nur teilweise Folge. Nach der gegen die Bescheide des Finanzamtes erhobenen Berufung waren die Aufwendungen für Taxifahrten zwischen Arbeitsstätte und dritten Orten einerseits und der Wohnung des Beschwerdeführers andererseits, das Ausmaß der Telefonkosten, die berufliche Nutzung eines als Musikzimmer bezeichneten Raumes in der Wohnung des Beschwerdeführers, die Aufwendungen für die Einrichtung eines weiteren, als "Arbeitszimmer" bezeichneten Raumes, die Aufwendungen für ein Radio sowie die Kosten für Geschenke und Trinkgelder an Mitarbeiter strittig.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Aufwendungen für Taxifahrten
Der Beschwerdeführer machte außer den Aufwendungen für öffentliche Verkehrsmittel die Kosten für im einzelnen aufgeschlüsselte und belegte Taxifahrten geltend. Nach den Beilagen zu den Freibetragsanträgen handelte es sich dabei überwiegend um Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, um Fahrten zwischen der Wohnung und der Baustelle eines Hochschulneubaues, sowie um Fahrten von sog. "Arbeitsessen" zur Wohnung des Beschwerdeführers.
In der Beschwerde wird gegen die Versagung der geltend gemachten Werbungskosten durch die belangte Behörde eingewendet, daß Taxifahrten nach "Berufsessen" sowie zum Transport umfangreicher Unterlagen unvermeidlich gewesen seien.
Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß die Aufwendungen für Fahrten von "Arbeitsessen" und Empfängen zur Wohnung des Steuerpflichtigen dem Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 Z. 2 EStG 1972 bzw. § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a EStG 1988 als Aufwendungen für die Lebensführung unterliegen, die selbst dann steuerlich nicht zu berücksichtigen sind, wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Was den behaupteten Transport von Unterlagen mit dem Taxi betrifft, hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht dargetan, daß ein solcher Transport nicht auch mit dem eigenen, im Wege des Kraftfahrzeugpauschales (§ 16 Abs. 1 Z. 6 EStG 1972) steuerlich berücksichtigten Kraftfahrzeug möglich gewesen wäre.
2. Telefonkosten
Der Beschwerdeführer machte in seinen Anträgen 50 v.H. der Kosten des in seiner Wohnung befindlichen Telefons als Werbungskosten geltend. In einem dem Freibetragsantrag für 1988 angeschlossenen Schreiben des Rektorats der Hochschule für Musik und darstellende Kunst war im Zusammenhang damit ausgeführt worden, daß berufsbedingte Telefongespräche im Hinblick auf die Raumnot der Hochschule auch außerhalb der Hochschule geführt werden müssen.
Gegen die Schätzung der als Werbungskosten zu berücksichtigenden Teiles der Telefonkosten mit 25 vH des Gesamtaufwandes wurde vom Beschwerdeführer eingewendet, dieser Prozentsatz sei zu niedrig.
Im angefochtenen Bescheid verwies die belangte Behörde auf die Größe der Familie des Beschwerdeführers (Ehegattin und zwei Kinder) sowie auf den Umstand, daß dem Beschwerdeführer am Berufsort ein Telefon für beruflich bedingte Gespräche zur Verfügung stehe.
Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die Höhe der als Werbungskosten anzuerkennenden Telefonkosten mangels entsprechender Aufschreibungen im Sinne der Bestimmungen des § 184 Abs. 1 BAO zu schätzen sind. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
Wenn die belangte Behörde im Hinblick auf den Familienstand des Beschwerdeführers und den Umstand, daß diesem auch am Ort seiner Berufsausübung ein Telefon zur Verfügung stand, die Werbungskosten für Telefongespräche mit 25 vH des Gesamtaufwandes des in der Wohnung des Beschwerdeführers befindlichen Telefons schätzte, so erscheint diese Schätzung schlüssig. Die dagegen in der Beschwerde erhobenen Einwendungen, wonach die Telefonate weitaus überwiegend von der Wohnung aus geführt werden müßten und die beruflich veranlaßten Ferngespräche - anders als die privat geführten Gespräche - häufig interurban seien und sogar ins Ausland gingen, stellen demgegenüber ein vor dem Verwaltungsgerichtshof unbeachtliches neues Vorbringen dar. Es trifft auch nicht zu, daß sich die belangte Behörde in diesem Punkt nicht ausreichend mit dem Berufungsvorbringen auseinandergesetzt hat, weil dieses Vorbringen lediglich in der Aussage bestand, der vom Finanzamt angesetzte Prozentsatz sei zu niedrig.
3. Musikzimmer
Der Beschwerdeführer machte in den Beilagen zum Freibetragsantrag für 1988 Aufwendungen für das von ihm und seiner Familie bewohnte Einfamilienhaus im Ausmaß von 34 vH als Werbungskosten geltend. Als Arbeitsräume wurden von ihm ein Musikzimmer (im Erdgeschoß gelegen, Nutzfläche 29,80 m2) und ein Arbeitszimmer im ersten Stock (14,36 m2) angesehen. In diesem Zusammenhang wies er im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren darauf hin, daß er - ohne jede Aufwandsentschädigung - als Kunsthochschulreferent in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst tätig sei.
Vorbereitungsarbeiten für Sitzungen und Verhandlungen mit dem Dienstgeber müsse er in seinem privaten Arbeitszimmer durchführen. In dem erwähnten Schreiben der Hochschule wurde dazu ausgeführt, daß dem Beschwerdeführer außer jenem Raum, der Unterrichtszwecken dient, kein eigenes Arbeitszimmer für Studien- und Forschungszwecke, Übungsmöglichkeiten etc. zur Verfügung steht.
Das Finanzamt sah nur die durch das Arbeitszimmer (11 v.H. der Gesamtnutzfläche) veranlaßten Kosten als Werbungskosten an, weil seiner Meinung nach die berufliche Nutzung des Musikzimmers bei einer Tätigkeit an der Hochschule und als Funktionär nur von untergeordneter Bedeutung sein könne.
In der Berufung wurde dazu ausgeführt, selbst wenn der Beschwerdeführer das Musikzimmer auf Grund der befristet übernommenen Funktionen weniger nützen könnte, müsse er es für die nach dem Auslaufen der Funktionen wieder auszuübende ausschließliche Lehrtätigkeit unbedingt behalten. Überdies spiele kein Mitglied der Familie ein Instrument.
Vom Finanzamt wurde ein Augenschein betreffend die Einrichtung des Musikzimmers durchgeführt.
In der angefochtenen Entscheidung wies die belangte Behörde darauf hin, daß sich in dem als Musikzimmer bezeichneten Raum Stellagen mit Noten, Schallplatten und Musikbüchern, ein Klavier, ein Kamin mit Sitzgarnitur, ein Gläserkasten und ein Kasten mit Hausbar sowie eine Stereoanlage befindet. Der Raum sei daher wohnlich ausgestattet und werde offenbar privat genutzt. Dieser Raum als größtes Zimmer des Hauses biete die einzige Möglichkeit für eine Nutzung als Wohnzimmer der Familie.
Bei einem Arbeitnehmer können Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur dann als Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 1 EStG 1972 bzw. 1988 anerkannt werden, wenn ein solches Arbeitszimmer unbedingt notwendig und deshalb ein Zimmer nur für diese Zwecke entsprechend eingerichtet ist, sodaß jede private Nutzung desselben als Wohnraum praktisch ausgeschlossen ist (vgl. insbesondere die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes je vom , 89/13/0042 und 89/13/0145).
Wenn die belangte Behörde auf Grund der durchgeführten Ermittlungen und der dabei festgestellten Einrichtung des in Rede stehenden Musikzimmers einerseits und der Funktion der übrigen Zimmer des Hauses anderseits zu der Auffassung kam, daß dieses Zimmer (auch) privat genutzt werde, so steht dieses Ergebnis der von der belangten Behörde vorgenommenen Beweiswürdigung mit den Denkgesetzen und den Erfahrungen des täglichen Lebens im Einklang.
Die gegen die Erhebungen der Abgabenbehörden in der Beschwerde erhobenen Einwendungen, sie seien ungeeignet gewesen, es sei dem Beschwerdeführer kein Parteiengehör zu den Erhebungsergebnissen gewährt worden, und das Behördenorgan habe keine Niederschrift ausgefertigt, aus der der Beschwerdeführer die Richtigkeit und Vollständigkeit der Wahrnehmungen hätte erkennen können, finden im Akteninhalt keine Deckung. Vielmehr hat der Organwalter des Finanzamtes nach Durchführung des Augenscheines sowohl eine vom Beschwerdeführer unterfertigte Niederschrift aufgenommen als auch anhand eines Bauplanes nähere Erläuterungen über die Einrichtung des Musikzimmers gemacht. In der Beschwerde selbst ist die Richtigkeit dieser Angaben bestätigt. Die Sachverhaltsannahmen der Behörde wurden somit in einem im wesentlichen mängelfreien Verfahren gewonnen. Es wäre dem Beschwerdeführer freigestanden, im Zuge des Augenscheines auf die wohnliche Einrichtung eines Vorzimmers hinzuweisen. Die diesbezügliche Behauptung in der Beschwerde, daß das Vorzimmer vor dem Musikzimmer als Wohnzimmer eingerichtet sei und so verwendet werde, stellt demgegenüber ein im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliches neues Vorbringen dar.
Bei dieser Sach- und Rechtslage gehen die umfangreichen, überwiegend ein neues Vorbringen darstellenden Ausführungen in der Beschwerde über die tatsächliche Nutzung des "Musikzimmers" zur Unterrichtsvorbereitung einerseits und Forschung (Erschließung der Künste) und Weiterbildung - worunter die Ausübung des Gesanges durch den Beschwerdeführer zu verstehen sei - andererseits ins Leere. Für die vorliegende Streitfrage ist nämlich nicht entscheidend, ob das Musikzimmer - neben dem Arbeitszimmer - vom Beschwerdeführer tatsächlich beruflich genutzt worden ist, sondern ob dessen private Nutzung als Wohnraum praktisch ausgeschlossen ist.
Mit dem Hinweis in der Beschwerde auf den Aktenvermerk des Erhebungsorgans über eine vorerst erfolglose Amtshandlung, wonach nach Aussage der Ehegattin des Beschwerdeführers das Musikzimmer versperrt sei und der Schlüssel vom Beschwerdeführer mit sich geführt werde, kann ein wesentlicher Verfahrensmangel nicht dargetan werden. Anläßlich des sodann durchgeführten Augenscheines stellte das Erhebungsorgan fest, daß das Musikzimmer unversperrt war und der Schlüssel dazu im Türschloß steckte. Da entsprechende Behauptungen vom Beschwerdeführer im Abgabenverfahren nicht vorgebracht worden waren, hat die belangte Behörde Verfahrensvorschriften nicht in wesentlicher Weise verletzt, wenn sie auf diesen Umstand nicht näher eingegangen ist.
4. Ausstattung des Arbeitszimmers
a) Aus § 16 Abs. 1 Z. 8 EStG 1972 bzw. EStG 1988 und auch aus der dort vorgesehenen Anwendung des abnutzbare Anlagegüter betreffenden § 13 EStG 1972 bzw. 1988 ergibt sich, daß Wirtschaftsgüter mit einer länger als einjährigen Nutzungsdauer nur dann, und zwar im Wege der AfA oder eben nach § 13 EStG 1972 bzw. 1988, als Werbungskosten Berücksichtigung finden können, wenn sie abnutzbar sind. Dies trifft aber auf Bilder (Gemälde) grundsätzlich nicht zu (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 1231/63). Schon aus diesen Überlegungen können die gegenständlichen Bilder keine steuerliche Berücksichtigung finden.
b) Der Beschwerdeführer machte gegenüber dem Finanzamt eine Position "AfA-Büromöbel S 5.000,--" als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt betrachtete diese Aufwendungen als "nicht belegbar" und versagte ihnen eine Anerkennung als Werbungskosten. In der Berufung wurde dazu ausgeführt, die Rechnungen für ältere Büromöbel seien nicht mehr auffindbar, deren Wert könne nur glaubhaft gemacht werden.
Diese Glaubhaftmachung hat der Beschwerdeführer aber nicht vorgenommen, weil er keinerlei Anhaltspunkte dafür zu geben vermochte, welche "älteren Büromöbel" konkret welche AfA-Beträge rechtfertigen sollten. Dahingestellt bleiben kann nach der Lage des Beschwerdefalles, ob eine Glaubhaftmachung überhaupt ausreicht, um eine AfA in Anspruch zu nehmen.
5. Radio im Arbeitszimmer
Unabhängig von dem im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Umstand, daß der gegenständliche Radioapparat im Arbeitszimmer aufgestellt ist, stellen die Anschaffungskosten eines Radios typischerweise Aufwendungen der Lebensführung dar, die unter das Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 Z. 1 und 2 EStG 1972 bzw. EStG 1988 fallen. Daran ändert auch das erstmalige Vorbringen in der Beschwerdeschrift nichts, wonach der Beschwerdeführer das Radio ausschließlich dafür verwende, neben seiner "Verwaltungstätigkeit" gleichzeitig gesendete Opern- oder Konzertaufnahmen anzuhören.
6. Geschenke und Trinkgelder an Mitarbeiter
Kleinere Sachgeschenke und Trinkgelder, die auf Grund bestehender beruflicher Beziehungen bei besonderen Gelegenheiten hingegeben werden, sind durch die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Geschenkgebers bedingte Aufwendungen der Lebensführung; sie sind nach § 20 Abs. 1 Z. 3 EStG 1972 bzw. 1988 nicht abzugsfähige Repräsentationsaufwendungen, für die es ohne Bedeutung ist, daß sie möglicherweise geeignet sind, auch den Beruf des Geschenkgebers oder seine Tätigkeit zu fördern (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 89/14/0088, mit weiteren Hinweisen). Die von dem im öffentlichen Dienst stehenden Beschwerdeführer geltend gemachten "Geschenke und Trinkgelder" an "Mitarbeiter" - um welchen Personenkreis es sich dabei handelte, wurde von ihm nicht dargelegt - fallen daher unter das Abzugsverbot des § 20 EStG 1972 bzw. 1988.
Soweit vom Beschwerdeführer abschließend eine Verletzung des Rechtes auf Parteiengehör geltend gemacht wird, ist ihm entgegenzuhalten, daß ihm im Abgabenverfahren von den Abgabenbehörden ausreichend Gelegenheit gegeben wurde, den für die Entscheidung der Abgabenbehörden maßgeblichen Sachverhalt darzulegen und seine Rechtsauffassung hiezu zu begründen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist im Verfahren über eine Berufung betreffend die Eintragung eines Lohnsteuerfreibetrages nicht vorgesehen (vgl. insbesondere die Bestimmungen des § 260 Abs. 2 und der §§ 282 ff BAO).
Aus den dargestellten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.