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VwGH vom 28.06.2006, 2002/13/0229

VwGH vom 28.06.2006, 2002/13/0229

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Keidel, LL.M., über die Beschwerde der B GmbH in W, vertreten durch Weiss-Tessbach, Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Rotenturmstraße 13, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IX) vom , Zl. RV/143- 06/05/2002, betreffend Körperschaftsteuer für das Jahr 2000, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Beschwerdefall ist strittig, ob lt. Beilage zur Körperschaftsteuererklärung 2000 "anrechenbare inländische Kapitalertragsteuern" von 32.510 S (das sind 25 % eines - als steuerfrei - erklärten "Beteiligungsertrages" gemäß § 10 KStG 1988 der P. GmbH in Höhe von 130.041 S) auf die sich für dieses Jahr ergebende Körperschaftsteuerschuld der Beschwerdeführerin gemäß § 24 Abs. 3 KStG 1988 iVm § 46 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 anzurechnen sind.

Die Versagung der begehrten Anrechnung begründete das Finanzamt im Körperschaftsteuerbescheid 2000 vom damit, dass es nach den Bestimmungen der einschlägigen Genussrechtsvereinbarung (Punkt 4.1, Absatz 3) für das Veranlagungsjahr 2000 zu keiner Gewinnauszahlung von Seiten der P. GmbH an die Beschwerdeführerin gekommen sei. Die P. GmbH habe demnach auch keine Kapitalertragsteuer einzubehalten gehabt. Eine Anrechnung der Kapitalertragsteuer auf die Körperschaftsteuer des Empfängers der Kapitalerträge könne aber nur dann erfolgen, wenn der Schuldner der Kapitalertragsteuer diese einbehalten bzw. abgeführt habe.

In der dagegen erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, in den Genussrechtsbedingungen sei u. a. festgelegt, dass dem Genussrechtsinhaber ein Mindestgewinnanteil in Höhe von 6,5 % des Genussrechtskapitals per anno zustehe, soweit der Mindestgewinnanteil im Bilanzgewinn der P. GmbH vorhanden sei. Werde der Mindestgewinnanteil für einzelne Geschäftsjahre nicht oder nicht zur Gänze ausbezahlt, sei der Rückstand des Mindestgewinnanteils aus dem Jahresgewinn der Folgejahre nachzuzahlen. Der Rechtsanspruch auf den Mindestgewinnanteil entstehe demnach jedenfalls jährlich, auch wenn er mangels eines ausreichenden Bilanzgewinns der P. GmbH noch nicht ausbezahlt werde. Der jährliche Gewinnanteil sei daher bereits im Jahresabschluss des Genussrechtsinhabers als Forderung zu aktivieren, ohne dass ein tatsächlicher Zufluss bereits stattgefunden habe. In diesem Sinne habe die Beschwerdeführerin ihren für das Jahr 2000 anfallenden Mindestgewinnanspruch im Jahresabschluss 2000 als Forderung aktiviert.

Das gegenständliche Genussrecht stelle, zumal es mit einer Beteiligung am Vermögen der P. GmbH einschließlich Firmenwert und stillen Reserven verbunden sei, ein Substanzgenussrecht dar. Bezüge aus Substanzgenussrechten unterlägen nach "§ 93 Abs. 2 Z. 1c EStG" der Kapitalertragsteuer. Die Befreiungsbestimmung des § 94 Z 2 EStG komme nicht zum Tragen, weil Ausschüttungen aus Genussrechten dort nicht angeführt seien.

Gemäß § 95 Abs. 4 EStG sei die Kapitalertragsteuer im Zeitpunkt des Zufließens abzuziehen. Da der auf Grund des gegenständlichen Genussrechts zu gewährende Mindestgewinnanteil nicht eines Ausschüttungsbeschlusses durch die P. GmbH bedürfe, "gilt er für Zwecke der Einbehaltung der Kapitalertragsteuer nach Maßgabe des § 19 EStG, somit im Zeitpunkt der tatsächlichen Auszahlung, als zugeflossen". Da die P. GmbH mangels Bilanzgewinns bis dato keine Auszahlung des Mindestgewinnanteils vorzunehmen gehabt habe, habe für sie auch noch kein Anlass bzw. keine Verpflichtung bestanden, Kapitalertragsteuer für die Mindestgewinnanteile abzuführen. Auf Grund der unterschiedlichen Grundsätze, die für den Zeitpunkt der Aktivierung eines Gewinnanspruchs im Rahmen der Buchführung einerseits und für den Zeitpunkt des Kapitalertragsteuerabzuges andererseits maßgebend seien, weiche im konkreten Fall der Veranlagungszeitraum, in dem die Erträge aus dem Genussrecht zu erfassen seien, von jenem ab, in dem die Kapitalertragsteuer einzubehalten und abzuführen sei. Dessen ungeachtet sei die Kapitalertragsteuer, die von der P. GmbH im Zeitpunkt der tatsächlichen Auszahlung der Mindestgewinnanteile abzuziehen sein werde, bereits in dem Veranlagungszeitraum anzurechnen, in dem die Beschwerdeführerin den Gewinnanteil als Ertrag auszuweisen habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Nach § 46 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 seien die durch Steuerabzug einbehaltenen Beträge, soweit sie auf die veranlagten Einkünfte entfielen, auf die Einkommensteuerschuld anzurechnen. Die Anrechnung könne nur Steuerbeträge umfassen, welche auf solche Einkünfte entfielen, mit denen ein Abgabepflichtiger in der betreffenden Veranlagung erfasst werde. Nach § 10 Abs. 1 Z 3 KStG 1988 seien Gewinnanteile jeder Art auf Grund einer Beteiligung an inländischen Körperschaften in Form von Genussrechten (§ 8 Abs. 3 Z 1) Beteiligungserträge, die von der Körperschaftsteuer befreit seien. Da eine Anrechnung der durch Steuerabzug einbehaltenen Beträge nur insoweit in Betracht komme, als die Abzugssteuern eine Vorentrichtung der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer darstellten, die in Rede stehenden Gewinnanteile in Form von Genussrechten aber von der Körperschaftsteuer befreit und daher bei der Körperschaftsteuerveranlagung für das Jahr 2000 auch nicht im zu versteuernden Einkommen erfasst worden seien, stellten die von der P. GmbH "durch Steuerabzug einzubehaltenden Beträge keine Vorentrichtung der von der Bw zu tragenden Körperschaftsteuer dar und sind daher nicht auf die Körperschaftsteuer anzurechnen".

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde nach Erstattung einer Gegenschrift und Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Nach § 46 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 idF BGBl. Nr. 818/1993 werden auf die Einkommensteuerschuld die durch Steuerabzug einbehaltenen Beträge angerechnet, soweit sie auf veranlagte Einkünfte entfallen.

Nach § 24 Abs. 1 KStG 1988 wird die Körperschaftsteuer nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraum) nach dem Einkommen veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat. Es sind die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes 1988 über die Veranlagung und Entrichtung der Körperschaftsteuer sinngemäß anzuwenden (§ 24 Abs. 3 Z 1 KStG 1988 idF BGBl. I Nr. 142/2000).

Gemäß § 4 Abs. 2 lit a Z 3 BAO entsteht der Abgabenanspruch für Steuerabzugsbeträge im Zeitpunkt des Zufließens der steuerabzugspflichtigen Einkünfte, wobei sich dieser Zeitpunkt nach den diesbezüglichen Regelungen in den Abgabengesetzen (z.B. §§ 19 und 95 Abs. 4 EStG 1988) richtet (vgl. Ritz, BAO3, § 4 Tz 5).

In der Beschwerde wird vorgebracht, "im konkreten Sachverhalt" seien die Erträge aus den Genussrechten wegen des Entstehens des diesbezüglichen Anspruches bei der Beschwerdeführerin schon durch Aktivierung der Forderung berücksichtigt worden. Die P. GmbH als zum Abzug Verpflichtete habe aber die Kapitalertragsteuer noch nicht abgezogen und an das Finanzamt weitergeleitet, weil die P. GmbH entsprechend der Genussrechtsvereinbarung noch keine Auszahlung des Mindestgewinnanteiles vorzunehmen gehabt habe. Der Zeitpunkt der Einbehaltung ergebe sich aus § 95 Abs. 4 EStG 1988. Darin werde normiert, dass die Kapitalertragsteuer im Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge abzuziehen sei. Weil der auf Grund des gegenständlichen Genussrechtes zu gewährende Mindestgewinnanteil nicht eines Ausschüttungsbeschlusses durch die P. GmbH bedürfe, gelte er für Zwecke der Einbehaltung der Kapitalertragsteuer nach Maßgabe des § 19 EStG 1988, somit im Zeitpunkt der tatsächlichen Auszahlung, als zugeflossen. Die P. GmbH habe indessen die "in dem Kapitalertrag anteilige KESt in Wahrheit schon 'einbehalten', insofern sie nach der Genussrechtsvereinbarung zwar bereits eine entsprechende Forderung auf den Kapitalertrag gegen sich hat, diesen aber mangels Fälligkeit schlicht noch nicht auszahlen muss. Indem sie den gesamten Betrag noch nicht ausgezahlt hat, behält sie der Sache nach freilich gleichermaßen auch die anteilig enthaltene KESt zurück, auf deren Auszahlung die Bf doch schon jetzt (ideell) keinen zivilrechtlichen Anspruch hat".

Bei diesem Vorbringen übersieht die Beschwerdeführerin, dass die Regelungen des § 95 Abs. 4 EStG 1988 über den Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge (wobei etwa bei Auszahlungen/Ausschüttungen aus Substanzgenussrechten, die keiner Beschlussfassung bedürfen, der Zuflusszeitpunkt nach Maßgabe des § 19 EStG 1988 zu beurteilen ist, vgl. Doralt/Kirchmayr, EStG8, § 95 Tz 22), nicht nur den Zeitpunkt des Abzuges bzw. der Einbehaltung der Kapitalertragsteuer bestimmen, sondern sich daran gemäß § 4 Abs. 2 lit a Z 3 BAO auch die Entstehung des Abgabenanspruches selbst knüpft. Wurde aber für die betroffenen Einkünfte Einkommensteuer (in der Erhebungsform der Kapitalertragsteuer) dem Abgabengläubiger noch nicht geschuldet, handelte es solcherart bei dem dafür "einbehaltenen" Betrag auch nicht um Abzugssteuern, die einer Anrechnung auf eine Einkommensteuerschuld nach § 46 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 zugänglich waren.

Der Beschwerde konnte schon aus diesem Grund kein Erfolg zukommen. Auf die Frage, ob die begehrte Steueranrechnung (auch) wegen der im angefochtenen Bescheid enthaltenen Begründung deshalb zu versagen war, weil die betroffenen Einkünfte wegen der Beteiligungsertragsbefreiung des § 10 Abs. 1 Z 3 KStG 1988 nicht in die veranlagten Einkünfte der Beschwerdeführerin Eingang gefunden haben, war damit nicht mehr einzugehen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am