VwGH vom 05.07.1999, 98/16/0391
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde des T in M, vertreten durch Dr. Helfried Krainz, Rechtsanwalt in Linz, Landstraße 57, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. ZRV 146/1-3/1998, betreffend Eingangsabgaben, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte als Anmelder am beim Zollamt Braunau die Abfertigung eines ("Unfall"- ) PKW der Marke Mercedes 230 E, Baujahr 1986, zum freien Verkehr, gab in der Anmeldung den im beigelegten Kaufvertrag vom festgehaltenen Kaufpreis von DM 8.900,-- als Wert frei Grenze an und bezahlte den festgesetzten Abgabenbetrag von S 20.211,40 bar.
Mit Bescheid vom schrieb das Hauptzollamt Linz dem Beschwerdeführer gemäß § 174 Abs. 3 lit. c und Abs. 4 i.V.m.
§ 3 Abs. 2 ZollG 1988 die kraft Gesetzes entstandene Eingangsabgabenschuld (Einfuhrumsatzsteuer) von S 34.312,-- samt Säumniszuschlag von S 686,-- vor.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wendete der Beschwerdeführer Verjährung der Abgabenschuld ein und brachte überdies vor, die von der belangten Behörde herangezogene Bemessungsgrundlage sei unrealistisch.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise statt und schrieb dem Beschwerdeführer die Abgabenschuld (Einfuhrumsatzsteuer) von S 25.958,-- vor. Die Vorschreibung des Zolls und des Säumniszuschlages entfalle wegen Eintritts der Verjährung und der AF-Beitrag wegen § 7a AF-Beitragsgesetz. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, die Ermittlungen hätten ergeben, der österreichische Käufer hätte für den PKW S 190.000,-- inklusive Eingangsabgaben an den Beschwerdeführer bezahlt. Anlässlich der Verzollung des PKWs beim Zollamt Braunau sei ein zu geringer Zollwert erklärt und damit der Tatbestand des § 174 Abs. 3 lit. c ZollG 1988 erfüllt worden. Wegen Fehlens sonstiger Anhaltspunkte sei die Schätzung der Bemessungsgrundlage auf Grund des vom Käufer bekannt gegebenen Kaufpreises einschließlich der Eingangsabgaben erfolgt und der daraus errechnete Zollwert von S 112.243,34 sei der Abgabenbemessung zugrunde gelegt worden. Gemäß § 74 Abs. 2 ZollR-DG betrage bei hinterzogenen Eingangsabgaben die Verjährungsfrist zehn Jahre. Die kraft Gesetzes entstandene Einfuhrumsatzsteuerschuld beruhe auf einer Hinterziehung, sodass die Verjährung für die Festsetzung der Einfuhrumsatzsteuer mit dem angefochtenen Bescheid am (Zustellung am ) noch nicht eingetreten gewesen sei. Die Behauptung des Beschwerdeführers in der Berufung, wonach die "Bemessungsgrundlage von S 190.000,-- völlig unrealistisch" sei, weil der Zeitwert des PKWs im Jänner 1989 DM 21.000,--, der Schaden laut Versicherung nicht ganz DM 30.000,-- und für den beschädigten PKW von der Versicherung bloß ein Restwert von DM 1.500,-- angegeben worden sei, wurde von der belangten Behörde verworfen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nichtvorschreibung der Eingangsabgabenschuld kraft Gesetzes verletzt.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid von der Hinterziehung der Einfuhrumsatzsteuer und von einer zehnjährigen Verjährungsfrist ausgegangen. Der Beschwerdeführer vertritt hingegen die Ansicht, die Annahme einer Hinterziehung sei unzulässig, solange diese nicht durch ein rechtskräftiges Erkenntnis oder Urteil festgestellt worden sei.
Damit zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. Für vor dem Beitritt Österreichs zu den Europäischen Gemeinschaften entstandene Eingangsabgabenschuldigkeiten blieben mit den Rechtsvorschriften des ZollG 1988 auch die damaligen Verjährungsfristen anwendbar (vgl. hg. Erkenntnisse vom , Zl. 98/16/0018, und vom heutigen Tag, Zl. 96/16/0073). Die von der belangten Behörde vertretene Ansicht, das ZollR-DG regle nicht nur die Durchführung des Zollrechts der Europäischen Gemeinschaften im Anwendungsbereich, sondern auch die Verjährungsfristen für die vor dem Beitritt entstandenen Abgabenschuldigkeiten verletzt den Beschwerdeführer im Beschwerdefall nicht in seinen Rechten. In beiden Fällen beträgt nämlich die Verjährungsfrist bei hinterzogenen Eingangsabgabenschuldigkeiten zehn Jahre (nach § 74 Abs. 2 ZollR-DG sogar vom Zeitpunkt des Entstehens der Abgabenschuldigkeit an gerechnet) und diese war bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides nicht verstrichen.
Ob eine Abgabe gemäß § 35 Abs. 2 FinStrG hinterzogen ist, ist eine Vorfrage. Ein rechtskräftiger Schuldausspruch im Finanzstrafverfahren ist somit für die Annahme der zehn Jahre betragenden Verjährungsfrist nicht nötig. Ebenso wenig nötig ist die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens. Die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen sind, setzt eindeutige, ausdrückliche und nachprüfbare bescheidmäßige Feststellungen über die Abgabenhinterziehung voraus (vgl. Ritz, BAO-Kommentar2, Rz 15 zu § 207, mit angeführter Rechtsprechung).
Der Beschwerdeführer ist somit nicht im Recht, wenn er die Ansicht vertritt, dass die zehnjährige Verjährungsfrist nur dann zum Tragen komme, wenn die Hinterziehung durch ein rechtskräftiges Erkenntnis oder Urteil festgestellt worden wäre. Die belangte Behörde konnte auf Grund des gegebenen Sachverhaltes bei der Abgabenfestsetzung, ohne die Entscheidung in der Strafsache abzuwarten, von einer hinterzogenen Einfuhrumsatzsteuer und damit von der zehnjährigen Verjährungsfrist ausgehen, zumal auch die Beschwerde substantiiert nichts vorbringt, was geeignet wäre die von der belangten Behörde angenommene Hinterziehung als nicht gegeben erscheinen zu lassen.
Der Beschwerdeführer bekämpfte weiters die Bemessungsgrundlage des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat bei der Berechnung des Zollwertes die von ihr als glaubhaft erachteten Angaben des Käufers des PKWs herangezogen und davon ausgehend den Zollwert von ca. S 112.000,-- ermittelt. Für diesen Wert spricht auch der nach dem Unfall von seinem damaligen Besitzer für den PKW in Deutschland - nach der Aktenlage - erzielte Kaufpreis von DM 15.000,-- (ca. S 105.000,--) und der Weiterverkauf des PKWs im unfallbeschädigten Zustand durch den österreichischen Käufer mit einem Gewinn von S 5.000,-- an einen österreichischen Unternehmer. Somit erscheint der vom österreichischen Käufer genannte Kaufpreis des unfallbeschädigten PKWs mit S 190.000,-- (einschließlich aller Abgaben) auch unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Angaben über den geschätzten Unfallschaden keineswegs als unrealistisch. Überdies hat der Beschwerdeführer nie konkret in Abrede gestellt, S 190.000,-- vom österreichischen Käufer als Kaufpreis erhalten zu haben. Auch mit dem Vorbringen gegen die Höhe der Bemessungsgrundlage zeigte der Beschwerdeführer eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde und damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am