VwGH vom 19.01.1994, 93/16/0086
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde der A-Beteiligungen Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GA 11-1405/91, betreffend Gesellschaftsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist Rechtsnachfolgerin der AS. Großhandelsbeteiligungs GmbH. Bei Gründung dieser GmbH mit Notariatsakt vom wurden von den Gesellschaftern unter anderem Geschäftsanteile an der V. GmbH in Linz als Sacheinlagen eingebracht.
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien setzte daraufhin mit einem vorläufigen Bescheid vom Gesellschaftsteuer fest.
Bereits mit einem Feststellungsbescheid vom hatte das Finanzamt Linz den gemeinen Wert der Anteile der V. GmbH mit S 411,-- je S 100,-- des Stammkapitals festgesetzt.
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien richtete am eine Anfrage an das Finanzamt Linz um Mitteilung des gemeinen Wertes der Anteile der V. GmbH.
Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien die Gesellschaftsteuer schließlich endgültig vor.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die mit dem Einwand der Verjährung erhobene Berufung gegen diesen endgültigen Gesellschaftersteuerbescheid als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, die Ungewißheit (über den Umfang der Abgabepflicht) sei erst durch das Einlangen der Mitteilung des Finanzamtes Linz über den gemeinen Wert der Geschäftsanteile der V. GmbH am beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien beseitigt worden.
Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom , B 1609, B 1610/92, abgelehnt; die Beschwerde wurde gleichzeitig dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof wird gegen den Bescheid der belangten Behörde dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, daß ihr keine verjährten Abgaben vorgeschrieben werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 200 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde die Abgabe vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht zwar noch ungewiß, aber wahrscheinlich oder wenn der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiß ist.
Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt gemäß § 207 Abs. 1 BAO der Verjährung. Aus Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist ersichtlich, daß die Verjährungsfrist bei der Gesellschaftsteuer fünf Jahre beträgt.
Die Verjährung beginnt gemäß § 208 Abs. 1 lit. d BAO in den Fällen des § 200 BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem die Ungewißheit beseitigt worden ist.
Die Verjährung wird gemäß § 209 Abs 1 BAO durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen.
Eine Ungewißheit im Sinne des § 200 BAO - im Beschwerdefall in bezug auf den Umfang der Abgabepflicht - ist dabei allein aus der Sicht des von der zuständigen Abgabenbehörde geführten konkreten Verfahrens zu beurteilen. Welche Organisation innerhalb der (Bundes-)Abgabenverwaltung dabei für sich als Abgabenbehörde anzusehen ist, richtet sich nach den Bestimmungen des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes und seiner Anlage 1, BGBl. Nr. 18/1975. Bei Festsetzung der Gesellschaftsteuer auf Grund der in Rede stehenden Gründung einer Kapitalgesellschaft bestand für das hiefür zuständige Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien eine Ungewißheit hinsichtlich des Umfanges der Abgabepflicht. Diese Ungewißheit wurde erst durch die im Jahre 1991 erfolgte Mitteilung des Finanzamtes Linz - also einer anderen als der für die Erhebung der Gesellschaftsteuer zuständigen Abgabenbehörde - beseitigt. Der Erlassung des endgültigen Gesellschaftsteuerbescheides im Jahre 1991 stand daher eine Verjährung nicht entgegen.
Bei dieser Sach- und Rechtslage war nicht weiter von Bedeutung, daß die im Jahre 1989 unternommene Anfrage des für die Erhebung der Gesellschaftsteuer zuständigen Finanzamtes an das Finanzamt Linz - also an eine im Sinne des AVOG andere Abgabenbehörde - als eine aus der Sicht des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien nach außen erkennbare Amtshandlung im Sinne des § 209 Abs. 1 BAO zu verstehen war.
Da somit der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.