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VwGH vom 22.01.1992, 90/13/0242

VwGH vom 22.01.1992, 90/13/0242

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der M-GmbH in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. 6/2-2459/88-09, betreffend Investitionsprämie für das zweite Kalendervierteljahr 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin hatte in ihrer vormaligen Gesellschaftsform als Aktiengesellschaft für das zweite Kalendervierteljahr 1987 eine Investitionsprämie unter anderem auch für ein von ihr entwickeltes Softwarepaket mit Entwicklungskosten von S 21,646.330,-- geltend gemacht.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde lehnte diese die Gewährung der Investitionsprämie für das Softwarepaket mit der Begründung ab, daß der überwiegende Einsatz des Softwarepakets im Ausland der Geltendmachung der Investitionsprämie aus dem Grunde des § 2 Abs. 2 des Investitionsprämiengesetzes entgegenstehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, welche Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht und Bescheidaufhebung beantragt; die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Durchführung eines mangelfreien Verwaltungsverfahrens und auf Zuerkennung der Investitionsprämie verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst ist klarzustellen, daß die beschwerdeführende Gesellschaft m.b.H. gemäß den Bestimmungen der §§ 239 ff Aktiengesetz als mit der Bescheidadressatin rechtlich identisch anzusehen und zur Beschwerde legitimiert ist, wie auch die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift erkennbar einräumt.

Gemäß § 2 Abs. 2 des Investitionsprämiengesetzes in der hier anzuwendenden Fassung konnte eine Investitionsprämie nur für Wirtschaftsgüter geltend gemacht werden, die in einer im Inland gelegenen Betriebsstätte verwendet werden, die der Erzielung von Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 3 EStG 1972 dient, wobei Wirtschaftsgüter, die auf Grund einer entgeltlichen Überlassung überwiegend im Ausland eingesetzt werden, nicht als in einer im Inland gelegenen Betriebsstätte verwendet galten. Den Gesetzesmaterialien zu dem mit dem Bundesgesetz BGBl 1987/312 normierten Ausschluß der letztgenannten Wirtschaftsgüter als Tatbestand der Investitionsprämiengewährung ist zu entnehmen, daß mit der vorgenommenen Regelung die Gewährung von Investitionsbegünstigungen für Fälle hintangehalten werden sollte, in denen der Nutzen der Investition für die österreichische Volkswirtschaft infolge entgeltlicher Überlassung des Wirtschaftsgutes zum überwiegenden Einsatz im Ausland zu gering wäre, um die Investitionsbegünstigung zu rechtfertigen. Die in letzter Zeit verstärkt zu beobachtende Inanspruchnahme von Investitionsbegünstigungen zum Zwecke der Finanzierung ausländischer Investitionsvorhaben im Wege der Zwischenschaltung eines inländischen Vermieters widerstreite dem Gesetzeszweck solcher Begünstigungen (vgl. die EB 108 der Beilagen XVII. GP).

Neben der Frage, ob die behördliche Sachverhaltsannahme über den überwiegenden Auslandseinsatz des Softwarepaketes auf einem mangelfreien Verfahren beruht, steht zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vor allem in Streit, ob die von der Beschwerdeführerin vorgenommene Art der Überlassung des Softwarepakets an Abnehmer rechtlich überhaupt geeignet sein konnte, die eine Investitionsprämie ausschließenden Rechtsfolgen des § 2 Abs. 2 des Investitionsprämiengesetzes auszulösen. Die Entscheidung dieser Frage hat bei der Betrachtung dessen anzusetzen, was die Software zum Wirtschaftsgut macht. Wirtschaftsgüter sind alle im wirtschaftlichen Verkehr nach der Verkehrsauffassung selbständig bewertbaren Güter jeder Art, nicht bloß Sachen (körperliche Gegenstände), sondern auch rechtliche und tatsächliche Zustände (vgl. Schubert/Pokorny/Schuch/Quantschnig, Einkommensteuerhandbuch2 TZ 20 zu § 6 EStG 1972 mit weiteren Nachweisen). Ausgehend von der in der Verfahrensrüge bekämpften behördlichen Annahme, die Beschwerdeführerin habe das von ihr entwickelte Softwarepaket überwiegend ausländischen Anwendern überlassen, erwiese sich die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Bescheides über das Vorliegen des Ausschlußtatbestandes des zweiten Satzes des § 2 Abs. 2 des Investitionsprämiengesetzes unter der Voraussetzung als zutreffend, daß jenes Wirtschaftsgut, welches den (überwiegend ausländischen) Anwendern überlassen wurde, mit dem Wirtschaftsgut ident ist, für dessen Herstellung die Investitionsprämie in Anspruch genommen wurde. Dies ist aber nicht der Fall.

Software als das geheimgehaltene Entwicklungsprodukt, das durch Vergabe von Lizenzrechten an Anwender vermarktet wird, ist ein anderes Wirtschaftsgut als jenes, welches der lizenzberechtigte Anwender erwirbt. Deutlich wird dies im Beschwerdefall durch den von der Beschwerdeführerin im Vorhalteverfahren der belangten Behörde vorgelegten Lizenzvertrag mit ihrem ausländischen Abnehmer. Der Inhalt dieses Vertrages verbietet dem Lizenznehmer nicht bloß die Weitergabe der Software oder der Bedienungsanleitung oder sonstiger Unterlagen an Dritte, sondern beläßt auch "Eigentumsrecht", Urheberrechte sowie gewerbliche Schutzrechte bei der Lizenzgeberin und verpflichtet den Lizenznehmer, nicht nur die Software, sondern auch Betriebsanleitung und sonstige zur Verfügung gestellte Unterlagen als Eigentum der Lizenzgeberin zu behandeln. Das vom Abnehmer der Software erworbene Wirtschaftsgut besteht danach - wie der vorgelegte Lizenzvertrag in typischer Weise zeigt - nur in der Verfügbarkeit der Anwendung des vom Softwareproduzenten entwickelten Verfahrens für eigene Zwecke. Das beim Softwareproduzenten verbleibende Wirtschaftsgut hingegen besteht in der Möglichkeit, das entwickelte Verfahren durch Vergabe von Lizenzen an interessierte Anwender zu vermarkten. Ebenso deutlich wird dies im Beschwerdefall durch den gleichfalls in den Verwaltungsakten erliegenden Kaufvertrag vom , mit welchem die Beschwerdeführerin das von ihr entwickelte Softwarepaket an die B. Gesellschaft m.b.H. veräußert hat. Nicht nur der im Verhältnis zum oben erwähnten Lizenzvertrag unvergleichlich höhere Preis, sondern auch die Andersartigkeit der damit übertragenen Rechte zeigen die Unterschiedlichkeit der im Begriff "Software" hier verborgenen Wirtschaftsgüter eindrücklich auf. Es hat der Gerichtshof die dem Wesen der Software innewohnenden rechtserheblichen Elemente in einer zu einem anderen Problemkreis ergangenen Entscheidung schon in vergleichbarer Weise dargestellt und dabei aufgezeigt, daß Software zwei Komponenten aufweist: Die eine Komponente bildet die bei der Produktion der Software erbrachte geistig schöpferische Leistung, die nach Möglichkeit geheimgehalten werden soll, um den wirtschaftlichen Erfolg der Verwertung der Software nicht zu gefährden. Die andere Komponente bildet die dem jeweiligen Anwender bekanntgegebene Möglichkeit der Verwendung dieser Software und ihrer Umsetzung im praktischen Arbeitsablauf. Aus dieser Komponente erfließt der wirtschaftliche Erfolg der Softwareproduktion; sie wird in der Regel vervielfältigt, ist aber nicht identisch mit dem geheimgehaltenen geistigen Produkt, welches die Voraussetzung dafür ist, bestimmte Aufgabenstellungen mit Hilfe eines Computers zu lösen (siehe das hg. Erkenntnis vom , 88/13/0206).

Die dargestellten Überlegungen müssen zur Einsicht führen, daß jenes Wirtschaftsgut "Software", für welches die Beschwerdeführerin eine Investitionsprämie geltend machte, mit dem Wirtschaftsgut "Software", welches sie den Sachverhaltsannahmen der Behörde nach an überwiegend ausländische Abnehmer entgeltlich überließ, nicht identisch ist.

Der oben dargestellte Gesetzeszweck der den zweiten Satz des § 2 Abs. 2 des Investitionsprämiengesetzes einfügenden Novelle BGBl. 1987/312 steht der so gefundenen rechtlichen Betrachtung nicht entgegen: Erkennt man das von der Inanspruchnahme der Investitionsprämie betroffene Wirtschaftsgut in der rechtlichen Befugnis, die hergestellte geistige Leistung durch Vergabe von reinen Nutzungsrechten an beliebige Anwender zu vermarkten, trägt die in der Entwicklung der Software gelegene Investitionsleistung dort ihre wirtschaftlichen Früchte, wo sich das Vermarktungsrecht durch die Vereinnahmung der Lizenzentgelte zu Buche schlägt. Der Nutzen aus der Entwicklung der Software durch die Beschwerdeführerin kam somit der österreichischen Volkswirtschaft unabhängig davon zugute, ob die der Beschwerdeführerin zufließenden Entgelte für den Erwerb des andersartigen Wirtschaftsgutes des Lizenzrechtes durch überwiegend ausländische oder inländische Anwender entrichtet wurden. Dies verkannt zu haben, belastet den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Unübersehbar hat gerade die Vermengung der beiden Begriffe von Software mit der Behandlung als ein und dasselbe Wirtschaftsgut zu jenen Auslegungsschwierigkeiten geführt, die den Gegenstand des Beschwerdefalles bildeten. Daß die Beschwerdeführerin jenes Wirtschaftsgut, für dessen Herstellung sie die Investitionsprämie geltend gemacht hat, zum überwiegenden Auslandseinsatz entgeltlich überlassen hätte, ist im Verfahren nicht hervorgekommen. Der in den Verwaltungsakten erliegende Kaufvertrag vom übertrug das Wirtschaftsgut der Herstellerleistung an eine inländische Gesellschaft. Ob die Sachverhaltsannahmen der Behörde über den Kreis der Lizenzberechtigten von Verfahrensmängeln betroffen sind, hatte nach den dargelegten Erwägungen nicht zu interessieren.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.