VwGH vom 26.11.1998, 98/16/0346

VwGH vom 26.11.1998, 98/16/0346

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

98/16/0345 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zeller, über die Beschwerde der Ö in W, vertreten durch Hügel, Dallmann & Partner, Rechtsanwälte in Mödling, Lerchengasse 14, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 9-768/95, betreffend Rechtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit zwei Bescheiden des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien vom wurden der Beschwerdeführerin betreffend zwei Darlehensverträge als Haftungspflichtige Rechtsgebühren gemäß § 33 TP 8 GebG und für einen Kreditvertrag Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 19 leg. cit. vorgeschrieben.

Die belangte Behörde wies die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung als unbegründet ab, wobei sie die von der Beschwerdeführerin gestützt auf § 19 Abs. 1 Z. 1 BundesbahnG 1992, BGBl. Nr. 825, angestrebte Anwendung der Gebührenbefreiungsbestimmung des § 1 des BG vom , BGBl. 1949 Nr. 24 verneinte.

In ihrer dagegen zunächst an den Verfassungsgerichtshof erhobenen und von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Bescheidbeschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin zufolge der in § 19 Abs. 1 Z. 1 BundesbahnG 1992 BGBl. Nr. 825 angeordneten Anwendung der dem Bund auf Grund bundesgesetzlicher Bestimmungen eingeräumten gebührenrechtlichen Begünstigungen auf sie in ihrem gemäß § 1 des BG vom , BGBl. 1949/24, begründeten Recht auf Befreiung von der Darlehensgebühr gemäß § 33 TP 8 GebG und von der Kreditgebühr gemäß § 33 TP 19 GebG verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.

Für den Verwaltungsgerichtshof war daher § 19 Abs. 1 Z. 1 BundesbahnG präjudiziell und stellte er auf Grund verfassungsrechtlicher Bedenken mit Beschluß vom , Zl. A 63/97, an den Verfassungsgerichtshof den Primärantrag, in § 19 Abs. 1 Z. 1 BundesbahnG 1992 BGBl. 825 die Wortfolge "- und gebühren" sowie "ausgenommen die Begünstigungen nach dem Gebührengesetz 1957" als verfassungswidrig aufzuheben. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Begründung des zitierten Beschlusses verwiesen.

In Entsprechung des vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Gesetzesprüfungsantrages hob der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Zlen. G 72/97-7 und G 247/97-8 in § 19 Abs. 1 Z. 1 BundesbahnG 1992, BGBl. Nr. 825 die Wortfolgen "- und gebühren" sowie "ausgenommen die Begünstigungen nach dem Gebührengesetz 1957" als verfassungswidrig auf. Hiebei sprach er aus, daß die Aufhebung mit Ablauf des in Kraft tritt und daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Art. 140 Abs. 7 erster und zweiter Satz B-VG lauten:

"Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden oder hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Abs. 4 ausgesprochen, daß ein Gesetz verfassungswidrig war, so sind alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlaßfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht."

Der Beschwerdefall bildete einen der Anlaßfälle für die verfassungsgerichtliche Aufhebung der vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendenden Gesetzesstelle.

Die Aufhebung einer Gesetzesstelle durch den Verfassungsgerichtshof belastet im Anlaßfall den angefochtenen Bescheid dann mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, wenn die belangte Behörde ihren Bescheid auf diese die Abgabenvorschreibung allein tragende Gesetzesstelle gestützt hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/17/0008).

Im Beschwerdefall hingegen hat die belangte Behörde gerade die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Bestimmung nicht angewendet und ausgehend davon die von der Beschwerdeführerin gewünschte Anwendung der Gebührenbefreiungsbestimmung des § 1 des BG vom BGBl. 1949 Nr. 24 verneint.

Daraus ergibt sich vor dem Hintergrund der durch das zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes bereinigten gebührenrechtlichen Rechtslage, daß die belangte Behörde ihren Bescheid im Ergebnis nicht mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet hat, weil die von § 19 Abs. 1 Z. 1 BundesbahnG im Wege seiner durch den Spruch des Verfassungsgerichtshofes bereinigten Fassung angeordnete Anwendung der dem Bund auf Grund bundesgesetzlicher Bestimmungen eingeräumten abgabenrechtlichen Begünstigungen auf das Unternehmen Österreichische Bundesbahnen nicht mehr generell die Anwendung gebührenrechtlicher Begünstigungen umfaßt. Aus der in der zitierten Vorschrift ursprünglich vorgenommenen Differenzierung zwischen abgabenrechtlichen und gebührenrechtlichen Begünstigungen ergibt sich nämlich, daß im Anwendungsbereich des § 19 Abs. 1 Z. 1 BundesbahnG gebührenrechtliche Begünstigungen nicht bereits im Begriff abgabenrechtlicher Begünstigungen enthalten waren, weil sonst die vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgenommene Differenzierung von vornherein keinen Sinn gemacht hätte und dem Gesetzgeber nicht zu unterstellen ist, eine überflüssige Differenzierung vorgenommen zu haben (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 3374/78, Slg. N.F. 10.402/A).

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994. Anders als im Verfassungsgerichtshofverfahren (vgl. z.B. das Erkenntnis des Zl. B 2202/95), in dem ein Beschwerdeführer betreffend eine gemäß Art. 144 B-VG erhobene Beschwerde insoweit als erfolgreich angesehen wurde, als die Beschwerde zur Aufhebung einer im Beschwerdefall präjudiziellen Gesetzesbestimmung führte, kommt es gemäß § 48 Abs. 1 VwGG ausschließlich darauf an, ob der Beschwerdeführer obsiegende Partei ist. Davon kann im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren hinsichtlich der vorzunehmenden Abweisung der Beschwerde als unbegründet aber keine Rede sein.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung war aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen.

Wien, am