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VwGH vom 22.01.1992, 90/13/0200

VwGH vom 22.01.1992, 90/13/0200

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der R Establishment in X, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat II, vom , Zl. 6/2 - 2043/84-06, betreffend Umsatzsteuer 1973-1980, Körperschaft- und Gewerbesteuer 1973-1979, Körperschaft- und Gewerbesteuervorauszahlungen 1981, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist eine liechtensteinische Anstalt. Sie hat in Liechtenstein ihren Sitz, als Verwaltungsrat fungiert ein in Liechtenstein ansässiger Rechtsanwalt. Ihr Betriebsgegenstand ist die Werbung sowie der Verkauf von diversem Werbematerial für motorsportliche Veranstaltungen, wie etwa Aufkleber, Kappen, Schirme und Poster. Darüber hinaus beschäftigte sie sich auch mit der Werbung für und der Vermittlung von Lesezirkelabonnements.

Im Zuge einer Hausdurchsuchung durch die Steuerfahndung im Jahre 1980 wurden in Büroräumlichkeiten in der X-Gasse in Wien sowie in der Wohnung der Ursula A. in der M-Straße in Wien und in der Wohnung des Herbert K. in der S-Straße in W zahlreiche Unterlagen der Beschwerdeführerin beschlagnahmt. Darunter fanden sich Stampiglien verschiedener liechtensteinischer Firmen, Briefumschläge, aus denen sich die Nachsendung ungeöffneter Post der Beschwerdeführerin an das Wiener Büro ergab, eine vom Verwaltungsrat der Beschwerdeführerin gezeichnete Generalvollmacht für Ursula A., Korrespondenz des Verwaltungsrates der Beschwerdeführerin und seines Kanzleipartners mit Herbert K. und Ursula A., Auftragsscheine und Abrechnungen im Zusammenhang mit der Firma "W" sowie nach Werbern, Abonnenten, Auftragsnummern und Auftragsdaten gegliederte Listen mit weiterer Korrespondenz im Zusammenhang mit der Firma "W".

Auf Grund der Feststellungen der Betriebsprüfung erließ das Finanzamt die Umsatzsteuerbescheide 1973 bis 1980, die Bescheide betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer 1973 bis 1979 sowie die Vorauszahlungsbescheide für Körperschaft- und Gewerbesteuer 1981, wobei es die Besteuerungsgrundlagen mangels Vorliegens einer Buchhaltung gemäß § 184 BAO auf der Grundlage des gegenüber dem Finanzamt Graz-Stadt von der Beschwerdeführerin erklärten Umsatzes unter Hinzurechnung eines Sicherheitszuschlages von 10 % durch Schätzung ermittelte. Die Beschwerdeführerin sei in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig, weil sie ihre Geschäfte von Wien aus tätige.

In ihren Berufungen bekämpfte die Beschwerdeführerin die Sachverhaltsannahmen des Finanzamtes, indem sie die Auffassung vertrat, daß die Schlußfolgerungen des Finanzamtes nicht zwingend seien. Das Wiener Büro sei in Wahrheit lediglich für Ausstellungszwecke angemietet und verwendet worden und stelle danach keine Betriebsstätte im Sinne des zwischen Österreich und Liechtenstein abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens dar. Sowohl Sitz als auch Geschäftsleitung der Beschwerdeführerin befänden sich in Liechtenstein, es fehle an einer in Österreich befindlichen Betriebsstätte, was den Bescheiden die Grundlage nehmen müsse.

In seiner die Berufungen abweisenden Berufungsvorentscheidung legte das Finanzamt die Erwägungen dar, mit denen es aus den vorgefundenen Unterlagen auf den Ort der Geschäftsleitung der Beschwerdeführerin in Wien geschlossen habe, nachdem die inländischen Handlungsträger der Beschwerdeführerin zur Klärung des Sachverhaltes nichts beigetragen hatten. Der Verwaltungsrat der Beschwerdeführerin sei in Wahrheit lediglich Treuhänder für Herbert K., es handle sich bei der Beschwerdeführerin um eine sogenannte "Briefkastenfirma", auf welche die Bestimmungen des österreichisch-liechtensteinischen Doppelbesteuerungsabkommens nicht anzuwenden seien. Als Ort der Geschäftsleitung sei im Zweifel jener anzusehen, an dem die für die Geschäftsleitung und die Geschäftsabschlüsse wesentlichen Willenserklärungen abgegeben werden, was in der Regel die Büroräume der leitenden Personen seien. Als leitende Person müsse Herbert K. angesehen werden. Es folge daraus die unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht der Beschwerdeführerin im Inland, hinsichtlich der Gewerbesteuerpflicht sei das Vorliegen einer Betriebsstätte sowohl auf Grund der in Österreich entfalteten Tätigkeit als auch auf Grund des Vorliegens der Geschäftsleitung im Inland zu bejahen. Ebenso begründete das Finanzamt die in den Erstbescheiden angewendete Schätzungsmethode.

Nachdem sie den Antrag auf Entscheidung über die Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt hatte, erstattete die Beschwerdeführerin noch weiteres Vorbringen, mit dem sie den Schlußfolgerungen der Abgabenbehörde entgegentrat und ins Treffen führte, daß Ursula A. lediglich den Auftrag gehabt habe, in Österreich eine zweckdienliche Einrichtung zur Ausstellung der von der Beschwerdeführerin angebotenen Produktpalette zu installieren, während Herbert K. der Beschwerdeführerin die Büroräumlichkeiten in Wien nur im Wege eines Untermietverhältnisses zur Verfügung stellte. Die Ursula A. erteilte Vollmacht sei widerrufen worden, Herbert K. habe sich nur sporadisch in Österreich aufgehalten, da er seit 1973 seinen ständigen Wohnsitz in Campione in der Schweiz habe.

Nach Ergänzung des Verfahrens zum Gegenstand der vom Finanzamt angewandten Schätzungsmethode wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die Berufungen als unbegründet ab. Die belangte Behörde teilte die Beurteilung des Finanzamtes, daß es sich bei der Beschwerdeführerin um eine Sitzgesellschaft handle, die ihre kommerzielle Tätigkeit außerhalb Liechtensteins entfalte. Eine liechtensteinische Sitzgesellschaft dürfe in Liechtenstein gar keine geschäftliche Tätigkeit ausüben, weshalb sie ihre Geschäftsleitung dort nicht haben könne. Wenngleich die im Zuge der Hausdurchsuchung sichergestellten Unterlagen darauf hindeuteten, daß sich die Geschäftsleitung der Beschwerdeführerin in Wien befinde, könne dies aber doch nicht mit ausreichender Sicherheit als erwiesen angenommen werden. Lasse sich nicht feststellen, wo sich der Ort der Geschäftsleitung befinde, stehe aber fest, daß er nicht in Liechtenstein liege, erweise sich das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Liechtenstein als nicht anwendbar. Dies führe zu einer beschränkten Körperschaftsteuerpflicht der Beschwerdeführerin mit ihren inländischen Einkünften und zur Bejahung ihrer Körperschaft- und Gewerbesteuerpflicht aus dem Grunde des Vorliegens einer Betriebsstätte in den Wiener Räumlichkeiten. Das vom Finanzamt gefundene Schätzungsergebnis sei zu billigen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zutreffend hält die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift der Beschwerdeführerin entgegen, daß diese den formell angeführten Aufhebungsgrund der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides in der Beschwerdeschrift nicht darstellt, weil sie sich - wie schon im Verwaltungsverfahren - darauf beschränkt, die zu den Sachverhaltsannahmen des bekämpften Bescheides führenden Schlußfolgerungen der Behörde als unzutreffend abzutun. Hiezu ist der Beschwerdeführerin zunächst grundsätzlich folgendes vor Augen zu führen:

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Leugnet eine Partei im Abgabenverfahren eine für sie nachteilige Tatsache, so ist der Behörde nicht aufgegeben, im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn den Bestand der in Abrede gestellten Tatsache nachzuweisen. Es genügt vielmehr, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen möglichen Ereignissen eine überragende Wahrscheinlichkeit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen läßt. Es trägt zwar die Abgabenbehörde die Feststellungslast für alle Tatsachen, die vorliegen müssen, um einen Abgabenanspruch geltend machen zu können, doch befreit dies die Partei nicht von der Verpflichtung, ihrerseits zur Klärung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen und die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht bedeutsamen Umstände vollständig und wahrheitsgemäß im Sinne des § 119 Abs. 1 BAO offenzulegen. Auf die Mitwirkung des Abgabepflichtigen an der Aufklärung kann im besonderen dann nicht verzichtet werden, wenn ungewöhnliche Verhältnisse vorliegen, die nur der Abgabepflichtige aufklären kann, oder wenn die Behauptungen eines Abgabepflichtigen mit den Erfahrungen des täglichen Lebens in Widerspruch stehen. Stellt das Verhalten des Abgabepflichtigen das Gegenteil dessen dar, was § 119 Abs. 1 BAO von ihm verlangt, so hat die Aufklärungspflicht der Abgabenbehörden ihre Grenzen; sie sind in einem solchen Fall berechtigt und verpflichtet, im Rahmen ihrer freien Beweiswürdigung den Sachverhalt festzustellen (vgl. zu all dem das hg. Erkenntnis vom , 89/16/0204 mit weiteren Nachweisen). Wenn Sachverhaltselemente im Ausland ihre Wurzeln haben, ist die Mitwirkungs- und Offenlegungspflicht der Partei in dem Maße höher, als die Pflicht der Abgabenbehörde zur amtswegigen Erforschung des Sachverhaltes wegen des Fehlens der ihr sonst zu Gebote stehenden Ermittlungsmöglichkeiten geringer wird. Tritt in solchen Fällen die Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen in den Vordergrund, so liegt es vornehmlich an ihm, Beweise für die Aufhellung auslandsbezogener Sachverhalte beizuschaffen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 89/16/0069, und vom , 85/13/0179, je mit weiteren Nachweisen).

Ins Licht dieser Grundsätze sind zunächst die Tatsachen zu rücken, daß die Beschwerdeführerin mit Ausnahme des dem Finanzamt Graz-Stadt bekanntgegebenen Umsatzes in den Streitjahren keinerlei Abgabenerklärungen erstattete, daß sie für die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen in keiner Weise ausreichende Aufzeichnungen führte, daß sich der den Unterlagen nach für sie handelnde Herbert K. seiner Vernehmung durch die Abgabenbehörden vollständig entzog, während die im Zuge der Hausdurchsuchung vernommene Ursula A. trotz einer auf sie ausgestellten Generalvollmacht der Beschwerdeführerin sich als weitgehend uninformiert gebärdete, und daß die Beschwerdeführerin in ihren im Verwaltungsverfahren erstatteten Schriftsätzen außer der wiederkehrenden Bestreitung der Triftigkeit der Sachverhaltsannahmen der Abgabenbehörde über die Geschäftstätigkeit der Beschwerdeführerin in Österreich nur einen mit den vorgefundenen Unterlagen nicht zu vereinbarenden Sachverhalt zu behaupten wußten, eine Behauptung, die in offensichtlicher Weise darauf abzielte, eine Unterstellung der Wiener Büroräumlichkeiten unter die Bestimmung des Art. 5 Abs. 3 lit. a des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Österreich und Liechtenstein zu erreichen.

Im einzelnen sei den Ausführungen der Beschwerde erwidert:

An der Mutwillensgrenze liegt das Beschwerdevorbringen über den angeblichen Inhalt der Ursula A. erteilten Vollmacht und die angebliche Aktenkundigkeit eines nach vier Monaten getätigten Vollmachtswiderrufs. Die Aktenlage erweist die Unrichtigkeit der einen Behauptung ebenso wie der anderen. Die im Akt erliegende Generalvollmacht an Ursula A. enthält nicht die geringsten Einschränkungen, sondern gewährt ihr die umfassendsten Befugnisse mit der abschließenden Anführung der Berechtigung zu allem, zu dem der Verwaltungsrat befugt wäre. Der Schriftsatz vom zur Steuernummer 360/4155 war entgegen den Beschwerdebehauptungen weder sehr ausführlich, noch war ihm eine Kopie des angeblichen Vollmachtswiderrufes vom angeschlossen, es ist in diesem Schriftsatz ein solcher Vollmachtswiderruf nicht einmal erwähnt. Der in seiner Weitwendigkeit tatsächlich umfangreiche Schriftsatz der steuerlichen Vertreterin der Beschwerdeführerin vom enthält wohl die Behauptung eines Widerrufes der Ursula A. erteilten Vollmacht, datiert diesen Widerruf aber im selben Schriftsatz einmal mit "Ende Juli 1983", das andere Mal mit "am "; ein urkundlicher Nachweis des angeblichen Vollmachtswiderrufes war auch diesem Schriftsatz, wie sich schon aus seinem Beilagenverzeichnis ergibt, nicht angeschlossen, sodaß die Beschwerdeführerin es bei einer unbewiesenen Behauptung belassen hatte. Die durch die an Ursula A. ausgestellte Generalvollmacht indizierte Eigenschaft der Genannten als eine ständige Vertreterin der Beschwerdeführerin in Wien blieb danach unwiderlegt.

Ebensowenig überzeugen die Argumente, mit welchen die Beschwerdeführerin jenen Schlußfolgerungen der Behörde entgegentritt, die sie in den Büroräumlichkeiten in Wien eine Betriebsstätte erkennen ließ. Die Beschwerdeführerin meint, daß nach Werbern geordnete Abonnements in Aufzeichnungen im Büro in der X-Gasse vorgefunden wurden, erlaube den von der Behörde gezogenen Schluß deswegen nicht, weil nicht festgestellt habe werden können, daß der Unternehmensinhaber oder sein Machthaber diese Aufzeichnungen angefertigt und für sich in Ausübung einer planmäßigen, organisierten Tätigkeit in den Betriebsräumlichkeiten gebraucht hätten. Nun ist aber der Schluß vom Vorhandensein der vorgefundenen Unterlagen auf die von der Beschwerdeführerin vermißte Feststellung so offensichtlich zwingend, daß er wegen seiner Selbstverständlichkeit einer ausdrücklichen Erwähnung nicht bedurfte. Läßt doch auch die Beschwerdeführerin völlig unerklärt, was anderes denn das Vorhandensein der vorgefundenen Unterlagen im Büro in der X-Gasse bedeuten könnte. Daß sich unter den vorgefundenen Unterlagen auch Aufzeichnungen über eine andere von der Beschwerdeführerin ausgeübte Tätigkeit befanden, spricht nicht im geringsten gegen den Betriebsstättencharakter der Büroräumlichkeiten, sondern hätte allenfalls als Indiz für die Annahme des Vorliegens der Geschäftsleitung in Wien getaugt, was in gleicher Weise für das Vorhandensein von Firmenstampiglien solcher Unternehmungen gilt, deren Verwaltungsratsfunktionen in den Händen des Verwaltungsrats der Beschwerdeführerin vereinigt waren.

Ebenso zu Unrecht tritt die Beschwerdeführerin der behördlichen Annahme einer Tätigkeit der Ursula A. und des Herbert K. für die Beschwerdeführerin in Wien im gesamten Zeitraum der Streitjahre entgegen. Es übergeht die Beschwerdeführerin den Umstand, daß Ursula A. noch in ihrer Vernehmung am angab, ebenso wie Herbert K. Firmenbeauftragte zu sein, ihre Anweisungen von Herbert K. zu erhalten, welcher ebenso wie seine Gattin und sie selbst die im Büro verwendeten Schreibtische benütze. Ein deutliches Indiz für die Richtigkeit der bekämpften behördlichen Sachverhaltsannahmen über die Tätigkeit des Herbert K. für das Unternehmen der Beschwerdeführerin in Wien ist nicht zuletzt auch die mit dem Verwaltungsrat und von seinem Kanzleipartner geführte Korrespondenz betreffend den Rechtsstreit der Beschwerdeführerin mit Wilfried W. So ist vor allem das für die Beschwerdeführerin von Ursula A. gezeichnete Schreiben an den Verwaltungsrat der Beschwerdeführerin vom hervorzuheben, in welchem es heißt, daß Herr K. "momentan" geschäftlich verreist sei, weshalb Ursula A. ihm ein vorangegangenes Schreiben telefonisch zur Kenntnis gebracht habe. Herr K. - so heißt es in dem Schreiben weiter - gebe dem Verwaltungsrat hiemit die schriftliche Ermächtigung, in der Streitsache (der BeschwerdeführerinÜ) einem vom Verwaltungsrat ausgewählten Kollegen eine Prozeßvollmacht zu erteilen, wobei es "uns" sehr recht wäre, wenn der Kanzleipartner des Verwaltungsrates das Mandat übernehmen würde. Hinreichend deutlich bringt der Text dieses Schreibens zum Ausdruck, wer in der Beschwerdeführerin das Sagen hatte, und von wo aus geredet wurde. Auch der Umstand, daß Herbert K. Post nach Wien nachgeschickt wurde, ist im rechten Licht zu sehen. Den Feststellungen der Steuerfahndung nach handelte es sich nicht etwa um Post für Herbert K., sondern um Geschäftspost der Beschwerdeführerin, die Herbert K. ungeöffnet nach Wien nachgesandt wurde. Wenn die Beschwerdeführerin dies im Verwaltungsverfahren damit erklären wollte, daß es sich dabei um für Herbert K. als den Einkaufsbeauftragten des Unternehmens bestimmte Schriftstücke gehandelt haben mußte, ist dies deswegen nicht überzeugend, weil nicht leicht vorstellbar ist, daß der Nachsender den Inhalt der Schreiben durch das ungeöffnete Kuvert als einen für den Einkaufsbeauftragten bestimmten erkannt haben könnte.

Zu Unrecht wirft die Beschwerdeführerin der Behörde auch vor, die Tatbestandsmerkmale des Wohnsitzes der Herbert K. in Wien nicht geprüft zu haben. Einen Wohnsitz im Sinne der Abgabenvorschriften hat nach § 26 Abs. 1 BAO jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Daß Herbert K. an der im angefochtenen Bescheid genannten Adresse über eine Wohnung verfügt, gesteht die Beschwerdeführerin zu, daß er sie weder beibehalten noch benützen wollte, hat sie nicht behauptet; es ergibt sich das Gegenteil aus der Aussage der Ursula A.

Wenn die belangte Behörde anders als die Abgabenbehörde erster Instanz ungeachtet der vorhandenen Indizien es nicht mit ausreichender Sicherheit als erwiesen erachtete, daß sich der Ort der Geschäftsleitung der Beschwerdeführerin in Wien befinde, ist ihr im Ergebnis jedenfalls beizupflichten, wenn sie den Ort der Geschäftsleitung auch nicht in Liechtenstein angesiedelt fand. Daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid diese ihre Feststellung auf rechtliche Überlegungen stützte, die in dieser Form zumindest mißverständlich formuliert waren, ändert an der Richtigkeit des Ergebnisses der getroffenen Feststellung deswegen nichts, weil sich für die Annahme des Ortes der Geschäftsleitung in Liechtenstein nicht der geringste Hinweis im Verfahren ergeben hat. Deuteten die Verfahrensergebnisse gewichtig auf das Vorliegen der Geschäftsleitung in Wien, bestand mangels jeglicher anderslautender Indizien für die Annahme eines Ortes der Geschäftsleitung in Liechtenstein kein Anlaß. Die in der Beschwerde erstmals aufgestellte Behauptung, die Beschwerdeführerin bilanziere regelmäßig in Liechtenstein und lege der dortigen Steuerbehörde ihre Jahresabschlüsse vor, ist eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unbeachtliche Neuerung.

Die Schlußfolgerungen der belangten Behörde, die sie zur Einsicht führten, daß die Büroräumlichkeiten in Wien - zumindest - eine Betriebsstätte der Beschwerdeführerin bildeten, sind angesichts der vorgefundenen Unterlagen völlig unbedenklich. Nicht recht verständlich ist die Bemerkung der Beschwerde, daß die Beschwerdeführerin der Art ihrer Geschäftstätigkeit nach diese auch von einem Kaffeehaus aus hätte betreiben können; verfügte sie über die von Herbert K. angemieteten Büroräumlichkeiten, in denen auch nach den Aussagen der Ursula A. Schreibtische für sie, für Herbert K. und dessen Gattin zur Benützung vorhanden waren, war sie auf gastronomisches Raumangebot eben nicht angewiesen.

Die von der Beschwerdeführerin vermißten Feststellungen über die Qualifizierbarkeit der Büroräume in Wien als Betriebsstätte im Sinne des österreichisch-liechtensteinischen Doppelbesteuerungsabkommens waren auf der Basis der Feststellungen des angefochtenen Bescheides deswegen entbehrlich, weil das Doppelbesteuerungsabkommen nach Art. 1, Art. 4 Abs. 1 lit. b auf die Beschwerdeführerin nicht anwendbar war. Der Vollständigkeit halber sei der Beschwerdeführerin nur noch eröffnet, daß auch aus der Anwendbarkeit des Doppelbesteuerungsabkommens für sie nichts zu gewinnen gewesen wäre, weil die aus den vorgefundenen Unterlagen zu erschließende Art der in den Büroräumlichkeiten in Wien entfalteten Tätigkeit diese Räume weder unter die Bestimmung des Art. 5 Abs. 3 lit. a noch unter jene des Art. 5 Abs. 3 lit. d des genannten Abkommens subsumieren hätte lassen; vielmehr hätte der erschlossene Sachverhalt auf das Vorliegen zumindest einer Geschäftsstelle im Sinne des Art. 5 Abs. 2 lit. c des Abkommens ausreichend hingewiesen.

Aus der Annahme eines Ortes der Geschäftsleitung in Campione wäre für die Beschwerdeführerin schließlich ebenfalls nichts zu gewinnen, weil die Büroräumlichkeiten in Wien als Betriebsstätte hätten gelten müssen, ob nun, wie die belangte Behörde meint, das Doppelbesteuerungsabkommen mit Italien zum Zuge käme (Art. 3 des Abkommens vom zwischen dem Deutschen Reiche und Italien, DRGBl 1925, S 1146, sowie Z 5 des zugehörigen Schlußprotokolls), oder wie die Beschwerdeführerin meint, die Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz (Art. 4 Abs. 2 und 3 des Doppelbesteuerungsabkommens vom mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft, BGBl. Nr. 251/54, sowie Schlußprotokoll zu Art. 4 einerseits und Art. 5 und 7 des Doppelbesteuerungsabkommens vom mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft, BGBl. Nr. 64/75, andererseits).

Es war die Beschwerde somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.