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VwGH vom 07.07.2004, 2002/13/0159

VwGH vom 07.07.2004, 2002/13/0159

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL.M., über die Beschwerde der K in W, vertreten durch Mag. Martina Flitsch, Rechtsanwältin in 1020 Wien, Obere Donaustraße 63, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/297-15/05/2001, betreffend Ablehnung eines geschäftsmäßigen Parteienvertreters gemäß § 84 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Finanzamtes vom wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 84 Abs. 1 BAO als Bevollmächtigte der L GmbH abgelehnt. Ihre dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit der Begründung ab, dass die Beschwerdeführerin ab ihre Berufsberechtigung als Buchprüferin und Steuerberaterin ruhend gemeldet habe und daher nicht mehr zur geschäftsmäßigen Vertretung der L GmbH befugt sei.

Die Beschwerdeführerin habe - wie im angefochtenen Bescheid weiter ausgeführt wird - in der Berufung vorgebracht, bei ihrer Vorsprache beim Finanzamt am "in privater Funktion und keinesfalls geschäftsmäßig" aufgetreten zu sein und dabei auch keine Angelegenheiten der L GmbH, sondern solche einer anderen Mandantin aus näher dargestellten Gründen wahrgenommen zu haben. Mit diesem Vorbringen werde nach Ansicht der belangten Behörde nicht aufgezeigt, dass ihre Ablehnung als Vertreterin der L GmbH zu Unrecht erfolgt sei. Die Beschwerdeführerin habe dem Finanzamt eine mit datierte, von der L GmbH erteilte (im Wortlaut wiedergegebene) uneingeschränkte Vollmacht vorgelegt und die L GmbH bis zur Ruhendmeldung ihrer Befugnis unstrittig geschäftsmäßig vertreten. Die Berufungsausführungen, "Aus standesrechtlichen Gründen betrachte ich mich jedoch als Wirtschaftstreuhänder verpflichtet jede nicht aufschiebbare oder gelegentliche Maßnahme zu ergreifen, um einerseits Schaden von meinen Mandanten abzuwenden, und auch aus verfahrensökonomisch bedingter Notwendigkeit heraus fallweise und nicht geschäftsmäßig zu vertreten" ließen erkennen, dass die Beschwerdeführerin sehr wohl die Absicht habe, ungeachtet ihrer ruhenden Berufsbefugnis weiterhin Vertretungshandlungen zu setzen. Solcherart sei es nicht erforderlich, dass die Beschwerdeführerin in Angelegenheiten der L GmbH nach Ruhendmeldung ihrer Berufsbefugnis bereits tätig geworden sei. Der in der Berufung vertretenen Ansicht, eine geschäftsmäßige Vertretung könne schon deshalb nicht vorliegen, weil die Beschwerdeführerin ihre Berufsbefugnis als ruhend gemeldet habe, könne sich die belangte Behörde nicht anschließen. Auch sei nicht zu erkennen, welche Verfahrensvorschriften das Finanzamt verletzt oder welche zusätzlichen Erhebungen die Abgabenbehörde hätte durchführen müssen.

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluss vom , B 652/02-4, ablehnte und sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die ergänzte Beschwerde erwogen:

Gemäß § 83 Abs. 1 BAO können sich die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen habe. Nach Abs. 2 richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten nach der Vollmacht.

Die Abgabenbehörde hat gemäß § 84 Abs. 1 BAO solche Personen als Bevollmächtige abzulehnen, die die Vertretung anderer geschäftsmäßig, wenn auch unentgeltlich betreiben, ohne hiezu befugt zu sein.

Wer zur geschäftsmäßigen Vertretung befugt ist, richtet sich nach Berufsrecht (vgl. Ritz, BAO2, Tz. 3 zu § 84).

Gemäß § 7 Abs. 2 Wirtschaftstreuhandberufsgesetz (WTBG), BGBl. I Nr. 58/1999, ist eine natürliche Person berufsberechtigt und somit zur selbständigen Ausübung eines Wirtschaftstreuhandberufes berechtigt, nachdem sie durch die Kammer der Wirtschaftstreuhänder öffentlich bestellt wurde.

Gemäß § 97 Abs. 1 WTBG sind Berufsberechtigte berechtigt, auf ihre Befugnis zur selbständigen Ausübung ihres Wirtschaftstreuhandberufes vorübergehend mit der Rechtsfolge zu verzichten, dass hierdurch Ruhen der Berufsbefugnis eintritt. Der Eintritt und die Beendigung des Ruhens ist der Kammer der Wirtschaftstreuhänder unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Die Kammer hat den Eintritt und die Beendigung des Ruhens im Amtsblatt der Kammer der Wirtschaftstreuhänder zu veröffentlichen (Abs. 2). Nach Abs. 3 sind Berufsberechtigte während des Ruhens ihrer Berufsberechtigung nicht verpflichtet, die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung aufrecht zu halten.

Nach § 120 Z 20 WTBG begeht ein Berufsvergehen, wer trotz Anzeige des Ruhens seiner Berufsberechtigung seinen Wirtschaftstreuhandberuf selbständig ausübt.

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass sie (vorübergehend) auf die Ausübung ihrer Berufsberechtigung verzichtet hat und solcherart nicht (mehr) zur geschäftsmäßigen Parteienvertretung vor der Abgabenbehörde berechtigt war. Sie rügt unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften, dass es "gewisser Ermittlungstätigkeiten" bedurft hätte, um zu klären, ob sie während des Ruhens ihrer Berufsbefugnis tatsächlich Vertretungshandlungen für die L GmbH habe setzen wollen und ob diese nur vereinzelt und auf bestimmte Inhalte beschränkt erfolgen sollten. Ihre Vorsprache beim Finanzamt habe jedenfalls nicht die L GmbH, sondern die Steuerangelegenheit der Brigitte L. betroffen. Die (namensgleiche) L GmbH habe ihr vor nahezu zehn Jahren eine Vollmacht erteilt, wobei kein Anlass bestanden habe, darauf gestützt Vertretungshandlungen für die L GmbH vorzunehmen. Hätte die Abgabenbehörde die notwendigen Ermittlungen angestellt, wäre sie zum Ergebnis gekommen, dass die Beschwerdeführerin keine geschäftsmäßigen Vertretungshandlungen für die L GmbH vorgenommen habe.

Eine geschäftsmäßige Vertretung im Sinne des § 84 Abs. 1 BAO liegt schon dann vor, wenn aus den jeweiligen Umständen zu schließen ist, dass sich die Vertretung anderer Personen vor den Abgabenbehörden nicht nur auf einige bestimmte oder zumindest in einem bestimmten Zusammenhang anfallende Vertretungshandlungen bezieht, sondern einen Agendenkreis umfasst, der verschiedene, nicht näher spezifizierte Vertretungshandlungen mit einer gewissen Häufigkeit erwarten lässt. Die Feststellung des geschäftsmäßigen Charakters einer Vertretungstätigkeit setzt sohin nicht voraus, dass der Vertreter bereits tatsächliche Handlungen gesetzt hat, deren Häufigkeit es ausschließt, von einer bloß gelegentlichen Vertretung zu sprechen. Eine andere rechtliche Beurteilung würde zu dem zweifellos unrichtigen Ergebnis führen, dass die erstmalige Vertretung einer Person im Sinne des § 84 Abs. 1 BAO von vornherein nie geschäftsmäßig wäre, sondern diesen Charakter erst allmählich nach Maßgabe der Häufigkeit der gesetzten Vertretungshandlungen annehmen könnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 898/79, Slg. Nr. 5548/F). In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof weiter ausgeführt, eine Vollmacht, mit der der Bevollmächtigte berechtigt wird, einen selbständig Erwerbstätigen in allen Steuerangelegenheiten beim zuständigen Finanzamt zu vertreten, lasse eine Vielzahl künftiger Vertretungshandlungen und damit eine geschäftsmäßige Vertretung erwarten.

Die von der Beschwerdeführerin ausdrücklich als "aufrecht" bezeichnete Vollmacht umfasste nach dem im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen, von der Beschwerdeführerin nicht bestrittenen Umfang u.a. auch die Ermächtigung zum Empfang von Schriftstücken der Abgabenbehörde, wobei gleichzeitig bestimmt wurde, dass die Schriftstücke "nunmehr ausschließlich dem Bevollmächtigten" zuzustellen seien. Schon aus diesem Grund hatte die - wenn auch vor Jahren dem Finanzamt vorgelegte - Vollmacht eine aktuell fortdauernde Befassung der Beschwerdeführerin mit den steuerlichen Agenden der L GmbH zur Folge. Dass sich die Tätigkeit der Beschwerdeführerin nicht auf die bloße Weiterleitung der behördlichen Schriftstücke beschränken würde, durfte die belangte Behörde überdies aus dem im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Berufungsvorbringen, sie werde auch weiterhin "nicht aufschiebbare Maßnahmen" für ihre Klienten setzen, in Verbindung mit ihrem - wenn auch in Vertretung einer anderen Mandantin - tatsächlichen Auftreten gegenüber dem Finanzamt folgern. Im Übrigen lässt auch das Beschwerdevorbringen nicht erkennen, dass der Vertretungsumfang im Innenverhältnis eine dem Ruhen der Berufsbefugnis entsprechende Wandlung erfahren hätte und dies durch behördliche Ermittlungen hätte festgestellt werden können. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin die Ausübung ihrer Berufsbefugnis wieder aufnehmen könnte, stand ihrer Ablehnung als Bevollmächtigte im Zeitraum des Ruhens der Berufsbefugnis nicht entgegen.

Vor dem Hintergrund der aufgezeigten Rechtslage fehlt es den von der Beschwerdeführerin behaupteten Verfahrensmängeln an Relevanz.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin gerügte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Wien, am