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VwGH vom 23.05.1996, 93/15/0242

VwGH vom 23.05.1996, 93/15/0242

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Steiner, Dr. Mizner und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde des W in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom , Zl. 16/113-GA3-Emh/89, betreffend Eintragung eines steuerfreien Betrages auf der Lohnsteuerkarte für das Jahr 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, welcher im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezog, beantragte die Berücksichtigung eines seiner Tochter, die am geheiratet hatte, in zwölf gleichen, ab Jänner 1987 jeweils zur Monatsmitte bar in Raten hingegebenen Heiratsgutes in Höhe von S 180.000,-- und einer seinem Sohn, der am geheiratet hatte, am durch Überweisung auf ein Bankkonto des Empfängers bezahlten Ausstattung in Höhe von S 140.000,-- als außergewöhnliche Belastung durch Eintragung eines entsprechenden Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte für das Jahr 1987. Die Ausstattung für den Sohn finanzierte der Beschwerdeführer teilweise aus einem ihm von seinem Dienstgeber gewährten, in zwölf Monatsraten a S 10.000,-- ab rückzahlbaren "Gehaltsvorschuß" (in der Folge kurz: "Vorschuß") in der Höhe von S 120.000,--. Vom Dienstgeber des Beschwerdeführers vorbehalten war, daß bei vorzeitiger Beendigung des Dienstverhältnisses der gesamte "Vorschuß" mit Beendigung des Dienstverhältnisses vollständig zurückzuzahlen ist.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde diesem Antrag hinsichtlich des Heiratsgutes insoweit statt, als sie 56,15 % (der in den Monaten August bis Dezember 1987 vom Beschwerdeführer an seine Tochter geleisteten Ratenzahlungen) von S 75.000,--, sohin also einen Betrag von S 42.113,--, als außergewöhnliche Belastung anerkannte. Der angeführte Prozentsatz wurde ausgehend vom unbestrittenen "zivilrechtlichen Nettoeinkommen" des Beschwerdeführers im Streitjahr wie folgt ermittelt:

"zivilrechtliches Nettoeinkommen" S 594.531,40

abzüglich Unterhaltsleistungen

für die Ehegattin (ein Drittel) - S 198.177,40

für den Sohn (10 %) - S 59.453,--

Ausmessungsgrundlage für das

Heiratsgut S 336.901,--

hievon 30 % S 101.070,--

hingegebenes Heiratsgut S 180.000,--

S 101.070,--: S 180.000,-- = 56,15 %:100 %

Von der an den Sohn des Beschwerdeführers bezahlten Ausstattung anerkannte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid lediglich S 20.000,-- (Ausstattung von S 140.000,-- abzüglich Gehaltsvorschuß von S 120.000,--) als außergewöhnliche Belastung im Streitjahr. Die Ausmessungsgrundlage für den Sohn des Beschwerdeführers wurde wie folgt ermittelt:

Ausmessungsgrundlage der Tochter S 336.901,--

abzüglich Heiratsgut an die Tochter - S 101.070,--

Ausmessungsgrundlage für den Sohn S 235.831,--

hievon 30 % = S 70.749,--

hingegebene Ausstattung S 140.000,--

S 70.749,--: S 140.000,-- = 50,535 %:100 %

Hinsichtlich des um S 20.000,-- verminderten Betrages von S 70.749,-- führte die belangte Behörde aus, dieser Betrag betreffe nicht das Jahr 1987, sondern das Jahr 1988, da das Einkommen des Beschwerdeführers nicht schon im Zeitpunkt der Aufnahme des "Vorschusses", sondern erst bei dessen Rückzahlung belastet werde.

Die von der belangten Behörde anerkannten außergewöhnlichen Belastungen des Beschwerdeführers von S 42.113,-- (Heiratsausstattung für die Tochter) und von S 20.000,-- (Ausstattung für den Sohn) wurden wegen der dem Beschwerdeführer zumutbaren Mehrbelastung von S 47.208,-- bei Eintragung eines steuerfreien Betrages auf der Lohnsteuerkarte für das Streitjahr bloß mit S 14.905,-- wirksam.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1972 werden auf Antrag außergewöhnliche Belastungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen, insoweit vor Berechnung der Steuer vom Einkommen abgezogen, als sie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.

Der zweite Satz des § 34 Abs. 2 EStG 1972 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 587/1983, wonach die Leistung eines Heiratsgutes (einer Ausstattung) keine außergewöhnliche Belastung ist, wurde durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 52/87, als verfassungswidrig aufgehoben. Die Aufhebung wurde in dem am ausgegebenen Bundesgesetzblatt Nr. 380/1987 kundgemacht und gemäß Art. 140 Abs. 5 B-VG am Tag der Kundmachung wirksam. Für Zuwendungen des Beschwerdeführers an seine Tochter und an seinen Sohn ab gilt sohin der zweite Satz des § 34 Abs. 2 EStG 1972 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 587/1983 nicht mehr.

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist in erster Linie strittig, ob der dem Beschwerdeführer im Streitjahr von seinem Dienstgeber gewährte "Vorschuß" als Zahlung von Arbeitslohn (gemäß § 78 Abs. 1 EStG 1972) oder als Hingabe eines Darlehens zu beurteilen ist. Diese Unterscheidung ist im Hinblick darauf (einkommensteuer-)rechtlich bedeutsam, daß nach der hg. Rechtsprechung (siehe hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/13/0261, mwN) mit Fremdmitteln finanzierte Zahlungen eines Steuerpflichtigen erst bei Rückzahlung der Fremdmittel eine (außergewöhnliche) Belastung darstellen, während bei Leistung des Aufwandes aus bloß vorschußweise gewährtem Arbeitslohn die Belastung beim Steuerpflichtigen sofort und nicht erst bei Gegenverrechnung des Vorschusses mit späteren Lohnzahlungen eintritt. Weiters ist im Rahmen des § 34 EStG 1972 bei der Berechnung der zumutbaren Mehrbelastung vom Einkommen des Abgabepflichtigen auszugehen. Für dessen Ermittlung ist entscheidend, ob ein einem Abgabepflichtigen von seinem Dienstgeber (außerhalb seines vereinbarten üblichen Arbeitslohns) zugeflossener Betrag als (echter) Gehaltsvorschuß - und damit als Einkommen - oder als Darlehen zu qualifizieren ist. Anders als im Fall einer Darlehensgewährung trägt der Abgabepflichtige bei Gewährung eines Gehaltsvorschusses durch den Dienstgeber eine allfällige Belastung aus dem - um den Gehaltsvorschuß erhöhten - wirtschaftlichen Einkommen eines bestimmten Jahres. Dies ist im Sinne der hg. Rechtsprechung Voraussetzung für die Anerkennung einer außergewöhnlichen Belastung in diesem bestimmten Jahr (vgl. hiezu beispielsweise das hg. Erkennntnis vom , Zl. 88/14/0163, mwN).

Maßgebendes Kriterium für die in wirtschaftlicher Betrachtungsweise vorzunehmende einkommensteuerrechtliche Abgrenzung des von einem Dienstgeber einem Dienstnehmer gewährten Gehaltsvorschusses als Zahlung von Arbeitslohn oder als Hingabe eines Darlehens ist, ob der Vorschuß zu den seiner Hingabe unmittelbar nachfolgenden Lohnzahlungszeitpunkten zurückgezahlt wird (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/14/0056); ist dies nicht der Fall, kommt dem "Vorschuß" in Wahrheit der Charakter eines Darlehens zu.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die Rückzahlung des dem Beschwerdeführer im Jahr 1987 gewährten "Vorschusses" nicht zu den unmittelbar an die Auszahlung anschließenden Lohnzahlungszeitpunkten, sondern in zwölf Monatsraten a S 10.000,-- ab erfolgte. Bei diesem Sachverhalt durfte die belangte Behörde daher im angefochtenen Bescheid mit Recht vom Darlehenscharakter des dem Beschwerdeführer von seinem Dienstgeber gewährten "Vorschusses" ausgehen. Damit stimmt auch überein, daß der Dienstgeber des Beschwerdeführers anläßlich der Auszahlung des "Vorschusses" keine darauf entfallenden lohnabhängigen Abgaben einbehalten (und abgeführt) hat, sodaß dem Beschwerdeführer der Bruttobetrag des "Vorschusses" auch netto verblieb. Der angefochtene Bescheid weist daher in diesem Punkt die behauptete Rechtswidrigkeit nicht auf.

Soweit die Ausmessungsgrundlagen für die außergewöhnlichen Belastungen des Beschwerdeführers in Streit stehen, bringt die Beschwerde unter Berücksichtigung des Umstandes, daß gemäß § 1221 ABGB das Heiratsgut "ohne strenge Erforschung des Vermögensstandes" zu bestimmen ist, nichts Substantielles vor, dessentwegen die Prozentsatzberechnungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid als zu Lasten des Beschwerdeführers unrichtig angesehen werden könnten. Auch der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vertretenen Rechtsansicht, bei Ausmessung der Ausstattung für den Sohn des Beschwerdeführers wirke sich das im gleichen Jahr von letzterem an die Tochter geleistete Heiratsgut mindernd auf die Ausmessungsgrundlage aus, ist zuzustimmen (vgl. die bei Dittrich-Tades, ABGB34, E 148 zu § 140, angeführte Rechtsprechung der Zivilgerichte, wonach außergewöhnliche Belastungen die Bemessungsgrundlage von Unterhaltsansprüchen von Kindern gegen ihre Eltern mindern).

Auf Grund des Gesagten mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere auf deren Art. III Abs. 2.